„Basta!“ – Auf Lampedusa gehen die Leute auf die Straße

Auf Lampedusa haben die Leute, so scheint es, endgültig genug von den Booten, die illegale Einwanderer auf die Insel bringen. Nachdem gestern weitere fünfzehn Boote mit 527 Personen auf Lampedusa gelandet sind, heute bereits sieben Boote mit 225 illegalen Migranten gelandet sind, und Pläne für eine neue Zeltstadt auf Lampdusa die Runde machen, sind die Bewohner von Lampedusa heute auf die Straßen gegangen, um „Basta!“ zu sagen – „Es reicht!“.

Dies hat u.a. der Vize-Bürgermeister unter Beifall und Zustimmungsrufen getan und bemerkt, dass Lampedusa nicht die Kapazitäten oder die Infrastruktur dafür hätte, die für die Aufnahme und Unterbringung der ständig wachsenen Zahl an illegalen Migranten notwendig seien. Man wolle, so der Vize-Bürgermeister, auf einem freien Lampedusa leben, wo man von Tourismus und Fischerei lebe; die Boots-Migranten, die auf Lampedusa ankommen, sollten wieder auf Schiffe gebracht und dahin zurück zurückgeschickt werden, von wo aus sie ihre Seereise nach Lampedusa gestartet hätten. Die Regierung unter Meloni sei eine gescheiterte Regierung.

Die Gründe, die die Menschen auf Lampedusa dafür haben, heute auf die Straße zu gehen und „Basta!“ zu sagen, sind durchaus unterschiedlich. Ökonomische Motive wie die (relativ) ausbleibenden Touristen spielen zweifellos eine wichtige Rolle, aber sie sind keineswegs die einzigen. Es besteht das schlichte Bedürfnis nach „normalità, non chiediamo altro“, nach Normalität, nichts anderem.

Und dementsprechend ist es nicht die illegale Migration an sich, die die Menschen, die heute auf die Straße gegangen sind, im Grunde bewegt. Tatsächlich lehnen einige der Demonstranten die Pläne für eine neue Zeltstatt ab, weil sie sie als „carcere a cielo aperto“, als Gefängnis unter freiem Himmel, ansehen, und sie kein Internierungslager auf Lampedusa haben wollen. Fahrzeuge des Roten Kreuzes wurden von einigen Lampedusanern eben deshalb an der Fahrt gehindert; in ihnen werden (wohl u.a.) Zelte transportiert, um ein solches Lager zu errichten.

Folgen Sie uns auf TELEGRAM

Es besteht eine große Bereitschaft in der Bevölkerung auf Lampedusa, sich zu organisieren, um die bereits angekommenen illegalen Migranten mit Wasser und Lebensmitteln zu versorgen. „Wir bringen, was wir können“, sagen sie. Einige bereiten extra große Pasta-Ladungen zu, um sie den illegalen Migranten zu bringen, und Bäckereien spenden das, was nach Ladenschluss übrig ist, denn: „Die Migranten sollen nicht leiden“, so sagt ein Mann, der Leute per Mikrophon um Spenden bittet, um Wasser und „cornetti“, d.h. Croissants, für die illegalen Migranten zu kaufen.

Aber, wie er anfügt: „… wir auch nicht … Die Migranten sind unsere Brüder, in Ordnung, aber wir sind auch kein Volk von Idioten“ [wörtl.: hier gibt’s kein Volk von Idioten].

Und veräppelt fühlen sich anscheinend viele Menschen auf Lampedusa. So weisen Demonstranten darauf hin, dass die Insel mit dem Ansturm illegaler Migranten einfach überfordert sei, aber keine Entlastung in Sicht sei, weil die lokale Verwaltung mit der Regierung in Rom und diese wiederum mit der europäischen Verwaltung in Brüssel herumjonglieren müsse. Immer wieder ist die Rede von „libertà“, Freiheit, bzw. einem freien Lampedusa. Die Bewohner Lampedusas möchten selbst darüber entscheiden, wie sie auf ihrer Insel leben möchten; sie haben genug davon, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse keine Beachtung finden, wenn es um das politische Geschachere um illegale Migration geht. Eine Frau drückt im Interview ihr verletztes Gerechtigkeitsgefühl aus, wenn sie bemerkt, dass die illegalen Migranten ihre Freiheiten hätten, aber die Staatsbürger Italiens wollten eben auch ihre Freiheiten und Rechte respektiert sehen. Italiener müssten Steuern bezahlen, ihren Pass/Personalausweis haben, damit sie als Italiener ihre Rechte in Anspruch nehmen könnten, und sie fügt sarkastisch an: „Laßt uns unsere Pässe/Personalausweise abgeben und selbst Gäste [‚invitati‘], werden!“

Diejenigen in politischer Verantwortung und die bei ehemaligen mainstream-Medien Angestellten stellen Demonstrationen wie diejenige von heute auf Lampedusa oder Demonstrationen gegen die Unterbringung von illegalen Migranten in 4-Sterne-Hotels im Vereinigten Königreich gerne als Ausdruck von Rassismus oder irgendwie „rechtem“ Gedankengut dar. Wenn sie das tun, verfehlen sie das Thema auf grundlegende Weise. Es geht den Menschen dabei nämlich um Gerechtigkeit, um Selbstbestimmung, um Freiheit.

Wenn Ursula von der Leyen morgen auf Drängen von Griogia Meloni auf Lampedusa erscheint, um sich selbst ein Bild von der Situation auf Lampedusa zu machen, dann mag mehr Geld vom europäischen Steuerzahler für Italien in Aussicht stehen oder ein neuer Verteilungsschlüssel für illegale Migranten in/auf die EU-Länder.

Sicher dürfte sein, dass die grundlegenden Mißstände, die sozialen Ungerechtigkeiten, die mangelnde Möglichkeit zur Selbstbestimmung, der Mangel an persönlichen Freiheiten und der mangelnde Respekt vor den Rechten von Staatsbürgern, allesamt unangesprochen und unangetastet bleiben.


 


Anregungen, Hinweise, Kontakt? -> Redaktion @ Sciencefiles.org
Wenn Ihnen gefällt, was Sie bei uns lesen, dann bitten wir Sie, uns zu unterstützen. ScienceFiles lebt weitgehend von Spenden. Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen.
Wir haben drei sichere Spendenmöglichkeiten:

Donorbox

Unterstützen Sie ScienceFiles


Unsere eigene ScienceFiles-Spendenfunktion

Zum Spenden einfach klicken

Unser Spendenkonto bei Halifax:

ScienceFiles Spendenkonto: HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):
  • IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
  • BIC: HLFXGB21B24

Print Friendly, PDF & Email
11 Comments

Bitte keine Beleidigungen, keine wilden Behauptungen und keine strafbaren Inhalte ... Wir glauben noch an die Vernunft!

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Liebe Leser,

seit 2011 sind wir als zentrale Stelle zur Prüfung von nicht nur wissenschaftlichen Informationen für Sie da -

Unentgeltlich in all den Jahren.

Bislang sind wir in der Lage, unseren Aufwand über Spenden zu decken.

Damit das auch weiterhin so bleibt, benötigen wir Ihre Hilfe:

Unterstützen Sie bitte unsere Arbeit:

➡️Über Donorbox,
➡️unser Spendenkonto bei Halifax oder
➡️unsere sichere in den Blog integrierte Spendenfunktion.

Sie finden alle notwendigen Informationen hier:

ScienceFiles-Unterstützung

Vielen Dank!