Der Kampf um Hearts and Minds in Klassenzimmern: Bundesinnenministerium untersagt Auslieferung von Unterrichtsmaterialien
Der Kampf um Hearts und Minds, er findet nicht nur im Irak oder in Afghanistan statt, wo versucht wird, Inländer von den Vorzügen westlicher Lebensweise zu überzeugen. Der entsprechende Kampf wird auch an der Heimatfront geführt. Einer der Hauptkriegsschauplätze sind Klassenzimmer.
Denn, wie es bei der IG-Metall heißt:
“Die Schule hat eine wichtige Bildungs- und Sozialisationsfunktion. Dabei sind [gemeint ist ist] nicht unwichtig, welche Theorien zur Erklärung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Zusammenhänge herangezogen, ob Kontroversen sichtbar und Schüler… zu eigenem Urteil befähigt werden.”
Und damit Schüler nicht – wie das im Dritten Reich der Fall war – in Deutschlands Schulen indoktriniert werden, damit ihnen nicht eine Weltsicht als alleine heilbringend verkauft wird, sie nicht zum Sozialismus erzogen und auch nicht zu Marktwirtschaft oder Freiheit verführt werden, deshalb gibt es den Beutelsbacher Konsens, den man sich in den Bundesländern, die derzeit neue Bildungspläne auflegen, vielleicht noch einmal genauer ansehen sollte.
Der Beutelsbacher Konsens, er stammt aus einer Zeit, in der Menschen mit unterschiedlichen Ansichten noch miteinander geredet haben, aus dem Jahre 1976 um genau zu sein. Er stammt aus der Feder von Hans-Georg Wehling, einem der alten Politikwissenschaftler, von denen man gerne wüsste, wo sie und ihre Lehre hinverschwunden sind, und er gibt den Konsens zur politischen Bildung in Schulen wieder, auf den sich die Vertreter unterschiedlicher Interessen geeignigt haben. Es sind derer drei Punkte, es ist eben ein Minimalkonsens, zwei davon lauten:
Es ist nicht erlaubt, den Schüler – mit welchen Mitteln auch immer – im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der “Gewinnung eines selbständigen Urteils” zu hindern . Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen Politischer Bildung und Indoktrination. Indoktrination aber ist unvereinbar mit der Rolle des Lehrers in einer demokratischen Gesellschaft und der – rundum akzeptierten – Zielvorstellung von der Mündigkeit des Schülers.”
Eine sehr schöne Formulierung, die allen, die z.B. den Baden-Württembergischen Bildungsplan kritisieren, neue Munition verschafft. Es geht also darum, Schüler nicht mit einseitigen Darstellungen zu indoktrinieren, ihnen die Welt auf links oder auf rechts zu wenden und dies als einzig denkbare Wendung zu verkaufen.
“2. Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.
Diese Forderung ist mit der vorgenannten aufs engste verknüpft, denn wenn unterschiedliche Standpunkte unter den Tisch fallen, Optionen unterschlagen werden, Alternativen unerörtert bleiben, ist der Weg zur Indoktrination beschritten. Zu fragen ist, ob der Lehrer nicht sogar eine Korrekturfunktion haben sollte, d. h. ob er nicht solche Standpunkte und Alternativen besonders herausarbeiten muss, die den Schülern (und anderen Teilnehmern politischer Bildungsveranstaltungen) von ihrer jeweiligen politischen und sozialen Herkunft her fremd sind.”
Auch der zweite Punkt des Beutelsbacher Konsenses ist ein Punkt, den man sich merken muss, stellt er doch die Bedeutung der Informationsbasis dar, die notwendig ist, um eine Entscheidung zu treffen: Wer denkt, seine Wahl bestehe zwischen roten und grünen Stiefeln, der wird kaum auf die Idee kommen gelbe Stiefel zu wählen. Eigentlich simpel und man sollte denken, dass es kein Problem ist, diesen Konsens einzuhalten.
Und schon hat man sich geirrt.
Denn: Das Bundesinnnenministerium hat gerade Unterrichtsmaterialien seiner nachgeordneten Behörde, der Bundeszentrale für politische Bildung, aus dem Verkehr gezogen und die Auslieferung untersagt, und zwar deshalb, weil die Unterrichtsmaterialien gegen die beiden oben dargestellten Punkte des Beutelsbacher Konsens verstoßen, also einseitig darstellen, was kontrovers diskutiert werden muss und die Schüler mit der Wucht der einseitigen Darstellung zu überfahren suchen. Anstoß zum Vertriebsverbot gab der Bund deutscher Arbeitgeber (BDA), der die Einseitigkeit der Unterrichtsmaterialien gerügt hat.
Der Titel der Unterrichtsmaterialien lautet: “Ökonomie und Gesellschaft”. Die Publikation besteht aus 12 Bausteinen zu unterschiedlichen Themen aus Wirtschaft und Gesellschaft. Viel mehr ist uns derzeit leider noch nicht bekannt, denn die Bundeszentrale für Politische Bildung stellt nicht einmal ein Inhaltsverzeichnis bereit. (Aber wir arbeiten an der Gewinnung weiterer Informationen.)
Gut informiert ist man dagegen bei der IG-Metall und beim Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS).
Der Vorstand der DGS poltert in einer Pressemeldung und erregt sich über das Vorgehen des Bundesinnenministeriums bzw. des BDA, dem eine “skandalisierende Absicht” unterstellt wird und vorgeworfen wird, Zitate aus dem Buch gefälscht zu haben. Belege bleibt die DGS schuldig, wird sie aber sicher noch nachliefern, denn der Vorwurf ist erheblich, wobei die Frage, wie der Vorstand der DGS, die “skandalisierende Absicht” erschlossen haben will, von besonderem Interesse ist. Offensichtlich setzt sich der Vorstand der DGS aus Mind-Readern zusammen, die die Fähigkeit haben, die Absichten, die in kilometerweit entfernten Gehirnen vor Monaten vorhanden waren, auch nachträglich und per Ferndiagnose zu erschließen.
Aber lassen wir das.
Relevanter ist das Folgende:
“Der DGS-Vorstand kritisiert den politischen Vorstoß der BDA und des Bundesinnenministeriums gegen den Anspruch der soziologischen Disziplin, ökonomische Phänomene wie den Lobbyismus auch aus soziologischer Perspektive zu analysieren und diese Erkenntnisse in Lehr-Lern-Materialien zu ökonomisch geprägten gesellschaftlichen Problemen für sozialwissenschaftliche Bildungsprozesse angemessen zu repräsentieren. Der Soziologie das Recht auf Beschäftigung mit ökonomischen Themen abzusprechen und den Schülerinnen und Schülern soziologische Erkenntnisse über Wirtschaft vorzuenthalten, ignoriert die wissenschaftliche Expertise der Disziplin und den Beitrag der soziologischen Aufklärung zur allgemeinen Bildung. Vor allem aber missachtet er das Gebot der Wissenschaftsorientierung von Bildung.”
Das ist eine erstaunliche Verteidigung auf eine bislang unbekannte Anklage, sind doch die Vorständler selbst der Meinung, der Vertriebsstopp sei auf den Verstoß gegen die beiden oben genannten Punkte des Beutelsberger Konsenses zurückzuführen. Wenn dennoch an dieser Stelle ein derartiger Appell an das Recht der Soziologie, sich mit ökonomischen Themen zu beschäftigen, gerichtet wird, das im übrigen niemand bestritten hat, dann stellt sich automatisch die Frage, warum reagieren die Vorständler so über?
Zumal sie keinerlei inhaltliche Informationen über die Punkte des Anstosses geben. Man muss mühselig die wenigen Informationen aus der Masse der Erregungs-Worte herauskauben, z.B. dass die drei Beiträge unter den 12 Beiträgen im Materialband “Ökonomie und Gesellschaft”, die vom BMI beanstandet werden, mindestens einen Beitrag eines Autoren enthalten, der sich als Soziologie geriert. Weitere Informationen sind vom Schaum der Erregung, in der die Pressemeldung entstanden ist, erstickt worden.
Inhaltliche Informationen gibt es dagegen bei der IG-Metall. [Es ist schon interessant, wenn die DGS von der IG-Metall in Fragen der Information und Bereitstellung von Argumenten überholt wird, wenn man auf Gewerkschaftsseiten Erklärungsversuche findet, für die sich der Vorstand der DGS entweder zu fein ist oder zu denen er schlicht nicht in der Lage ist.]
Nun, bei der IG-Metall findet man die folgenden Informationen:
Die Unterrichtsmaterialien wollen eine “ganzheitliche Perspektive auf gesellschaftliche und wirtschaftspolitische Probleme sowie auf ökonomisch geprägte Lebenssituationen” eröffnen. Man liest es und befürchtet Schlimmes, mangels Informationen kann man derzeit aber nur befürchten.
Weiter heißt es bei der IG-Metall:
“Heute wird an Schulen oft ein sehr einseitiger und an den Modellen der Betriebswirtschaftslehre ausgerichteter Wirtschaftsunterricht erteilt. Das Leitbild ist der “homo oeconomicus”, der wirtschaftsrational und nutzenorientiert handelnde egoistische Mensch. Vertreterinnen und Vertreter der sozioökonomischen Bildung kritisieren diesen Ansatz. Mit ihm lassen sich soziale und gesellschaftliche, selbst wirtschaftliche Zusammenhänge nicht umfassend erklären. Sie taugen nur bedingt als gesellschaftliches Orientierungswissen für junge Menschen. Deshalb müssten auch alternative wirtschaftstheoretische Ansätze im Unterricht aufgegriffen werden. Das geschieht nur unzureichend.”
Die Befürchtungen werden schlimmer, zumal der homo oeconomicus mit der Betriebswirtschaft und ihren Modellen (?) so viel zu tun hat, wie Tacitus mit dem Nibelungenlied. Aber lassen wir das an dieser Stelle. Aus dem, was wir bislang rekonstruieren können, geht hervor, dass der Materialband der Bundeszentrale für Politische Bildung Schülern das Leitbild des “homo oeconomicus” als unvollständig darstellen will, als nicht geeignet, “soziale, gesellschaftliche … und wirtschaftliche Zusammenhänge … umfassend zu erklären”.
Ob der Unsinn der umfassenden Erklärung auf dem Mist desjenigen gewachsen ist, der den Beitrag für die IG-Metall geschrieben hat, auf den wir uns hier beziehen, oder tatsächlich in “Ökonomie und Gesellschaft” zu finden ist, ist eine Frage, die wir bislang nicht beantworten können, weshalb es uns derzeit nur fröstelt und noch nicht friert. Dass der homo oeconomicus ein Handlungsmodell ist, das menschliches Handeln und keine wirtschaftlichen Zusammenhänge erklären will, ist dem Schreiber offensichtlich ebenfalls unbekannt. Bleibt zu hoffen, dass diese fehlende Kenntnis dessen, was kritisiert werden soll, nicht auch die Autoren des Materialbandes der Bundeszentrale eint.
Wie gesagt, wir sind dabei uns die Materialien zu besorgen. Sobald sie uns vorliegen, werden wir Genaueres dazu schreiben. Derzeit bleiben daher nur noch die Feststellungen, (1) dass die politischen Eingriffe in den schulischen Unterricht von allen Seiten kommen, (2) dass das Klassenzimmer zum ideologischen Battleground geworden ist, (3) dass die Deutsche Gesellschaft für Soziologie einen Vorstand hat, der sich in Pressemeldungen echauffiert und seinen Lesern dann, wie der sprichwörtliche Imperator, die eigene Bewertung vorgibt, in der Hoffnung, die Leser seien keine rationalen Menschen, sondern affektive Deppen, die mitfühlen, aber nicht denken wollen und (4) dass es ungeheuerlich ist, wenn ein Ministerium die Auslieferung von Unterrichtsmaterialien untersagt, weil sie den Kriterien des Beutelsbacher Konsens entsprechend als Indoktrinationsmaterialen gelten müssen.
Zum einen kommt es auf eine oder zwei mehr Unterrichtsmaterialien, die die Indoktrination von Schülern anstreben, in deutschen Schulen kaum mehr an, zum anderen ist anzunehmen, dass deutsche Schüler sowieso längst indoktrinationsmüde sind, angesichts der vielen politischen und gesellschaftlichen Ziele, denen sie ausgesetzt und unterworfen werden, so dass sie eine entsprechende Abwehrhaltung entwickelt haben werden, die entweder in einer konsequenten Abwehr von allem, was an sie herangetragen wird oder einem entsprechenden Zynismus gegenüber Bildungsangeboten besteht.
Schließlich macht es das Bundesministerium des Innern durch seine Enstcheidung kritischen Bürgern unmöglich, die entsprechende Publikation zu lesen, zu kritisieren, eventuelle Fehler aufzuzeigen und Schülern über das Internet zugänglich zu machen, kurz: Sie verhindert, dass sich eine Zivilgesellschaft ausbreitet, setzt statt dessen das Bild des guten Hirten im BMI, der über seine Schäfchen wacht, durch, auf dass sie nicht (mit dem Falschen) indoktriniert werden.
Zu guter letzt muss noch festgestellt werden, dass unsere Neugier auf diese Publikation der Bundeszentrale sehr groß ist. Angesichts dessen, was als Unterrichtsmaterialien kursiert, ist es schon spannend zu sehen, was das BMI als verbietenswert ansieht.
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Ein echter Klassenkampf. Am effektivsten ist übrigens die Klimasekte mit Al Gores Film. Die Gewerkschaften locken keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor.
Man kann natürlich nur spekulieren, aber die Wahrscheinlichkeit ist doch sehr groß, dass es etwas mit dem Leistungsprinzip zu tun hat, was Grundlage einer gesunden und selbsttragenden Wirtschaft sein sollte. Möglicherweise wurde in den Materialien nicht gesondert darauf achtgegeben “alternative Wirtschaftsmodelle” zu lobpreisen, wie man sie zum Beispiel von staatlich geförderten und alimentierten “Lebenshilfe” Werkstätten her kennt, in denen sich wesentliche Elemente der Helferindustrie ein Auskommen sichern. Ist jedoch nur eine Möglichkeit von vielen. Wir dürfen also gespannt sein.
Sie schreiben: “Dass der homo oeconomicus ein Handlungsmodell ist, das menschliches Handeln und keine wirtschaftlichen Zusammenhänge erklären will…”, als Hauptargument, um das Statement der IG-Metall in Bausch und Bogen als Unsinn zu diskreditieren.
Man kann aber “wirtschaftliche Zusammenhänge” nicht erklären, ohne “menschliches Handeln” zu erklären; “wirtschaftliche Zusammenhänge” ergeben sich erst aus “menschlichem Handeln”.
Somit ist meiner Ansicht nach eine modellhafte Vorstellung – wie die des “homo oeconomicus” – , als Versuch, den handelnden Menschen in seiner Motivation zu beschreiben, für die Analyse und Erkenntnisgewinnung wirtschaftlicher Zusammenhänge nicht nur hilfreich, sondern notwendig.
(Meines Wissens nach ist dies auch eine der Kernthesen Ludwig von Mises und der Wiener Schule, die mit den heutigen “Wirtschaftswissenschaften” so viel zu tun hat, wie die Eiche mit einem Moosgeflecht…)
Aber ich befürchte, sie werden mir in ihrer gewohnt barschen Art meine schüchterne Kritik ihrer Argumentationsweise an dieser Stelle als “Unsinn” um die Ohren hauen.
Warum sollte ich Ihnen Ihre Kritik auf meine gewohnt barsche Art um die Ohren hauen.
Sicher braucht man ein Handlungsmodell. um gesellschaftliche Zusammenhänge zu erklären, aber eben nicht nur. Ein Handlungsmodell reicht nicht, wie James Coleman schön gezeigt hat, es braucht eine Modellierung der Randbedingungen, unter denen gehandelt wird und es braucht eine Aggregierungsregel, die aus den vielen Einzelhandlungen ein soziales Phänomen, einen “wirtschaftlichen Zusammenhang” macht. Das können Sie alle in einem Paper nachlesen, das Dr. habil. Heike Diefenbach und ich geschrieben und beim ISA-Kongress in Montreal in Teile vorgetragen haben. Sie finden es hier:
https://sciencefiles.files.wordpress.com/2012/10/brueckenhypothesen.pdf
Aber es ist ja noch viel schlimmer, denn behauptet wird ja, dass das
Leitbild des “homo oeconomicus” wegen Unvollständigkeit nicht geeignet sei, “soziale, gesellschaftliche … und wirtschaftliche Zusammenhänge … umfassend zu erklären”.
Dass ein “Leitbild” als solches (!) unvollständig ist und allein keine umfassende Erklärungen von sozialen Phänomenen liefern kann, darf doch wohl als Trivialität gelten, so dass sich die Frage stellt, was das einem halbwegs vernünftigen Menschen und insbesondere einem Soziologen sagen soll.
Außerdem hat das überhaupt nichts mit dem Gehalt des “Leitbildes”, hier: dem homo oeconomicus, zu tun; das würde genauso für jedes andere “Leitbild” gelten.
Nur – an welches alternative “Leitbild” ist denn gedacht? Vielleicht das des sozialistischen Menschen, das keinerlei Fundierung in der Sozialpsychologie hat und (deshalb) trotz relativ zahlreicher Versuche in sozialistischen und kommunistischen (und totalitären) Systemen nicht hergestellt werden konnte?
Aber wie gesagt: Selbst dann, wenn sich Soziologen, die es besser wissen sollten, tatsächlich dazu versteigenj sollten, ein solches oder ähnliches Menschenbild zugrunde legen zu wollen, dann wäre dies selbstverständlich auch unvollständig und würde allein kein soziales Phänomen erklären können, weil soziale Phänomene nicht einfach aus dem Aggregat der Eigenschaften, Präferenzen und Handlungen von einzelnen Menschen erklärt werden können.
Das sollte doch eigentlich jedem Soziologen klar sein!
Und klar sollte jedem Soziologen auch sein, dass DIE SozioloGIE keine feststehenden Erkenntnisse zu DER Wirtschaft erbracht hat, abgesehen vielleicht von der Tatsache, dass Menschen Güter miteinander austauschen (müssen), um zu überleben. (Aber das wissen auch alle anderen Leute.) Es mag sein, dass sich bestimmte Soziologen aus bestimmten Perspektiven heraus für bestimmte Aspekte bestimmter Arten des Wirtschaftens interessieren, und vielleicht haben sie sogar darüber geforscht, aber wenn das als “Erkenntnisse” DER Soziologie zu WIRTSCHAFT ausgegeben wird, dann zeugt das von der Abwesenheit jeden Urteilsvermögens auf Seiten des Schreibers, und ich halte mich lieber weiterhin an die Sozialökologie und die Wirtschaftsethnologie.
Zumindest ist man sich in diesen Fächern darüber im Klaren, dass es schon schwierig ist, überhaupt wirtschaftliche Phänomene von anderen Arten von Phänomenen abzugrenzen, und dass dies oft auch gar nicht sinnvoll ist wie z.B. mit Bezug auf das Phänomen des Potlach.
Wer meint, dass DIE Wirtschaft und DAS Soziale Gegensatzpaare darstellen würden oder einander korrigieren oder ergänzen müssten oder sonst etwas in der Art, dem würde ich einen Grundkurs in Wirtschaftethnologie dringend empfehlen – besonders, wenn er sich als Soziologe äußern möchte. Vielleicht könnte er bei Malinowski und Boas anfangen, sich kundig zu machen ….
Mir bleibt schleierhaft, waurm sie sich die Gelegenheit haben entgehen lssen, dieses Theater unter dem dritten Punkt des Beutelbacher Konsenses anzusehen, der da lautet:
3. Der Schüler muss in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und seine eigene Interessenlage zu analysieren,
sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefundene politische Lage im Sinne seiner Interessen zu beeinflussen. Eine solche Zielsetzung schließt in sehr starkem Maße die Betonung operationaler Fähigkeiten ein, was eine logische Konsequenz aus den beiden vorgenannten Prinzipien ist. Der in diesem Zusammenhang gelegentlich – etwa gegen Herman Giesecke und Rolf Schmiederer – erhobene Vorwurf einer “Rückkehr zur Formalität”, um die eigenen Inhalte nicht korrigieren zu müssen, trifft insofern nicht, als es hier nicht um die Suche nach einem Maximal-, sondern nach einem Minimalkonsens geht.
Dabei kommt es mir v.a. auf den ersten Satz an.
Ein vorenthalten von Informationen, wie sie hier stattfindet, verhindert jedenfalls, dass der Schüler in der Lage wäre, die Situation zu analysieren, und auch, sie in überhaupt irgend einem Sinne beeinflussen zu können.
Vielmehr erlebt der Schüler, dass er dem paternalismus irgendwelcher höherer Instanzen ausgeliefert ist in dem, was er zu sehen bekommt und was nicht, und worüber er sich ein Bild machen darf und worüber nicht.
Ich musste während der Gymnasialzeit (Oberstufe) ganz konkret im Fach Englisch feststellen wie massiv die Schülerschaft manipuliert wurde. Meine Tochter erklärte mir damals, dass es nicht um die Sprache alleine ging, sondern vorallem in debates einzig und allein die politisch konforme Meinung zur guten Benotung berücksichtigt wurde, sodass im Umkehrschluss eine andere politische Meinung zum Thema als schlecht verstandene Interpretation galt. Bayerisches Gymanasium!
Darf das BMI die Publikation einfach im Internet veröffentlichen? Man denke an das Urheberrecht.
Wir, und ich schreibe WIR!, sind Indoktrinationsresistent, können Werbung ausblenden, erkennen schnell PR, aber können das die jungen Menschen schon?
Wenn ich daran denke, wie naiv ich mit 18 Jahren war, da könnte ich mir den ganzen Tag auf den Kopf hauen. Und da wären wir bei politischen Aktivitäten, insbesondere Demonstrationen. Die Steinewerfer und Pöbler sind junge naive Menschen, die von einen vergreissten alten Ideologen (einen ewigen Studenten im Klassenkampf) verführt werden.
Sobald die jungen Menschen etwas älter geworden sind und Erfahrungen gesammelt haben, ist diese Phase schnell vorbei. Aber es gibt da halt einige, die da nie rauskommen. Diese “Insitutionen” wie die IG Metall nutzen das für ihre Netzwerkbildung aus.
BETRIEBSWIRTSCHAFT MIT KOPF UND HERZ
Danke für den Bericht. Vorab: Einen schlotzigen „Beutelsbacher“ könnt ich jetzt gut vernaschen.
Ich stimme zu: Zum betriebswirtschaftlichen Verständnis braucht es neben Handlungsmodellen auch handlungsorientierte Randbedingungen. Dazu zählen allerdings auch die harten und weichen Attraktoren für alle Leistungsträger. Das ist bestimmt kein Phänomen. Das ist Lebenssaft für die Motivation.
Mich haut es um, wenn Abiturienten zum Finale erfahren, welche Fördermittel es in diesem Land gibt. Wie ein Unternehmen funktioniert und wie Ertrag entsteht oder vernichtet wird, das erfahren die Schüler nicht. Warum auch? Solange es noch genug zu verteilen gibt, beherrscht uns das kopflose Weitermachen in prinzipienlosen Verteilungsorgien. Und wo bleibt die Wertschöpfung?
Die Realität in Unternehmen ist nicht kopflos; wohl didaktisch hilflos. Die trockene Betriebswirtschaft erreicht die Herzen der Menschen viel zu schwach. Es fehlt das Erleben der Unterschiede aus den eigenen Erfahrungen. Aus weit über 100 Workshops mit Mitarbeitern (und vielen Unternehmern) habe ich erfahren: Der Gewinn (die Bruttoumsatzrendite) wird im Durchschnitt zehn Mal so hoch eingeschätzt wie die Realität. Versteht man den Verlauf in der Ertragsbildung, dann sind „starke Veränderungen/Verbesserungen“ möglich. Und zwar „aus dem Stand heraus“. Hier geht es um einen Bewusseinswandel. Mein Weg und Vorschlag führt über eine erlebnisorientierte Betriebswirtschaft. Der Ansatz sind Reframings. Ich rede hier zuerst von einer Sprache, die Bilder erzeugt, die unser Unterbewusstsein erreicht. Danach sind es Prinzipien, die einfach umzusetzen sind.
Es ist eine Schande, wenn bekannte Pressemedien zweistellige Rabatte für jeden propagieren und nichts vom Prinzip der erforderlichen Mehrumsätze schreiben. Noch schlimmer: Diebstahl und Vandalismus werden auch in Gerichtsurteilen verharmlost. Das Leistungsprinzip und die Wertschöpfung fallen Schritt für Schritt unter den Tisch. Die Frage muß doch sein: „Was man dafür tun müsste, um den Schaden wieder auszugleichen?“ Wie zum Beispiel einen fixen Zusatzumsatz realisieren.
Eine IG-Metall-Befragung ergab krasse, überhöhte Falscheinschätzungen der Unternehmenserträge. Meine „Straßenbefragungen“ waren nicht besser. Wir das durch Bildung verändert? Ist das Arbeitgebersache? Wohl kaum!
Und vor diesem Hintergrund der Unwissenheit über Leistungsprinzipien verstehe ich eine Modellierung der Randbedingungen, hin zu einfachen Handlungsprinzipien, in beschreibbaren Bildern. Daran hat die Helfer- und Verteilungs-Industrie wohl kaum ein Interesse.
Ich bin gespannt, ob ein Beutelsbacher Konsens auf den Tisch kommt. Es ist Zeit für Veränderungen! Denn, jede Übertreibung einer Tugend führt in eine Untugend! Dazu zählt auch die bedingungslose Verteilungskrankheit, die um sich greift sich!