Naidoo gegen AAS-Stiftung II: Codes, Chiffren und Irrsinn

Etliche Leser haben gefragt, wie die Verhandlung vor dem Landgericht Regensburg, ausgegangen ist, ob, die ungenannte Mitarbeiterin der AAS-Stiftung zur strafbewerten Unterlassung der Behauptung verurteilt wurde, dass Xavier Naidoo ein Antisemit sei. Nun, das Urteil ist noch nicht ergangen, aber aus dem, was der Richter den Parteien mit auf den Weg gegeben hat, kann man ableiten, dass er der Klage Naidoos stattgeben und der Mitarbeiterin der AAS-Stiftung auferlegen wird, die Beleidigung Naidoos als Antisemiten in Zukunft zu unterlassen.

Für alle, die im Prozedere an Landgerichten nicht so bewandert sind: Die Verhandlung fand vor einem Einzelrichter statt. In der mündlichen Verhandlung lässt sich der Richter von den Parteien noch einmal ihre Sicht der Dinge vortragen und sagt dann, was er von dem ganzen hält, welches Urteil also zu erwarten wäre, wenn er eines sprechen müsste. Im vorliegenden Fall hat der Richter angeregt, dass die Mitarbeiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung sich verpflichtet, Naidoo nicht mehr als Antisemiten zu bezeichnen. Das hat die Mitarbeiterin, deren Anwaltskosten vermutlich die AAS-Stiftung und somit die Steuerzahler tragen, abgelehnt. Am 17. Juli wird der Richter daher das wenig überraschende Urteil verkünden.

Während wir für diesen Post recherchiert haben, sind wir aus dem Kopfschütteln kaum herausgekommen.

Fangen wir mit dem an, was vor Gericht in Regensburg nach übereinstimmenden Berichten erzählt wurde. Naidoo hat erzählt, dass er kein Antisemit sei, jüdische Freunde habe und ansonsten der Ansicht sei, ein Antisemit sei jemand, der „aktiv Menschen mit semitischer Herkunft diskriminiere“. Damit beweist Naidoo mehr Einsicht in wissenschaftliche Konzepte als die meisten der bezahlten Schergen der Bundesregierung.

Die immer noch namentlich ungenannte Mitarbeiterin der AAS-Stiftung, die durchsetzen will, dass sie Naidoo als Antisemiten bezeichnen darf, hat in der Verhandlung allen Ernstes ausgesagt, dass in der rechtsextremen Szene Codes und Chiffren verwendet würden, die man entziffern könne, wenn man in der Szene sei. Naidoo, so die von Zweifeln nicht zu Plagende, verwende diese Codes und Chiffren. Naidoo selbst sagt, dass er von entsprechenden Codes und Chiffren nichts wisse.

Das ist der Gipfel des Irrsinns.

Fangen wir hinten an.

Eine Mitarbeiterin der AAS-Stiftung behauptet, was X singt seien rechtsextreme Chiffren und Codes. Die logische Konsequenz dieser Behauptung ist, dass außer denen, die die Codes und die Chiffren kennen, niemand versteht, was X da singt, außer denen also, die sich manisch in diese Chiffren und Codes verrannt haben. Es gibt keinerlei Schaden, weil diejenigen, die die angeblichen Chiffren und Codes verstehen, sowieso diejenigen sind, die nicht mehr alle Tassen im Schrank haben und alle anderen, die Codes und Chiffren nicht verstehen.

Dessen ungeachtet will die Mitarbeiterin der AAS-Stiftung allen Ernstes argumentieren, dass die Chiffren und Codes, die nur Eingeweihte verstehen, Antisemitismus darstellen und deshalb derjenige, der sie benutzt, Antisemit sein müsse.

Ein klassischer Fehlschluss (Bejahung des Konsequens, einmal mehr), denn die Verwendung von Worten lässt nicht darauf schließen, dass der Verwender einen geheimen Sinn damit verbindet. Nehmen wir z.B. die AAS-Stiftung, die sich als Stiftung bezeichnet und damit suggeriert, dass ein Stiftungskapital in so großer Höhe vorhanden ist, dass alle Ausgaben der Stiftung daraus gedeckt seien. Manche von uns, die Stiftung noch in der Bedeutung verwenden (oder als die sprachliche Chiffre verstehen), die der Begriff einmal hatte, könnten daraus den Schluss ableiten, dass sich die AAS-Stiftung fälschlicherweise Stiftung nennt, obwohl die meisten Mittel der Stiftung von Steuerzahlern aufgebracht und von Ministerien freigiebig überwiesen werden. Die Bezeichnung Chiffre sei also ein Code, um die Öffentlichkeit zu täuschen. Im Gegensatz zu MitarbeiterINNEN der AAS-Stiftung würden wir einen solchen Fehlschluss jedoch nie begehen.

So wie wir auch davor zurückschrecken, eindeutige Verdikte über Menschen zu verhängen und sie pauschal zu Antisemiten zu erklären. Das, so haben Adorno et al. und nach ihnen Rokeach und viele andere festgestellt, ist Ausdruck von Dogmatismus, wie ihn meist nur eine autoritäre Persönlichkeit aufweist, die ihre Welt in apodiktischer Weise strukturieren muss, in Freund und Feind einteilen muss, um handlungsfähig zu sein und sich nicht vor der Komplexität, die die Welt nun einmal auszeichnet, so zu ängstigen, dass die bereits vorhandene Neurose zur Manie wird.

Wir würden nie soweit gehen zu sagen, Menschen, die sich ein apodiktisches Urteil über andere herausnehmen, ohne dieses Urteil sachlich und prüfbar zu begründen, seien human trash, wie die US-Amerikaner dies tun, aber wir haben Zweifel daran, dass derartige Menschen viel taugen können.

Während wir recherchiert haben, sind wir auf einen Beitrag von Matern Boeselager (nomen est omen) gestoßen, der in Vice veröffentlicht wurde. Wenn man den Beitrag klassifizieren sollte, dann wäre die Bezeichnung Hetz-Journalismus wohl am treffendsten für dieses Machwerk, in dem jeder Versuch zu berichten, aufgegeben wird. Das Ziel, das Boeselager mit seinem Beitrag verfolgt, ist bereits in der Überschrift deutlich: er will Naidoo zum Antisemiten erklären und lächerlich machen. Das scheint manchen, die man widerwillig zur Spezies „Mensch“ zählen muss, wohl etwas zu geben. Wenn sie andere mit Begriffen belegen können und sich schriftlich über diese anderen ereifern können, dann ist dies wahrscheinlich eine Form Surrogat-Orgasmus: Ich beleidige, also bin ich.

Wer sich der Tortur unterzieht, das zu lesen, was man bei Vice für veröffentlichungswürdig hält und was Beleg dafür ist, dass Vice seinen Mitarbeitern einen Hungerlohn bezahlt, dem sei geraten auf die bewertenden Aussagen zu achten, ohne die Boeselager nicht auskommt. Das Böse lagert im Adjektiv, wenn man so will. „Der Sänger“, so urteilt Boeselager, „versteht von Politik ungefähr soviel wie ein 14-Jähriger mit Fieber, der die Nacht auf Verschwörungs-YouTube verbracht hat“. Dieser Satz ist nicht nur deshalb, weil er auf genau einer Beobachtung von Boeselager basiert, obwohl er allgemeine Gültigkeit beansprucht, Unsinn, er ist es auch deshalb, weil Boeselager so jämmerlich wenig stilistische Mittel zur Verfügung hat, um sein Ziel „Naidoo diskreditieren“ zu erreichen. Würden wir jetzt die selbe Logik anlegen, die die Mitarbeiterin der AAS-Stiftung allen Ernstes vor Gericht vertreten hat, dann müssten wir Boeselager zum Rassisten erklären, schließlich ist Naidoo nicht-weißer Hautfarbe und das Bemühen von Boeselager, ihn zu diskreditieren und zu beleidigen, offenkundig.

Aber derartige Fehlschlüsse, die ja Aufschluss über die geistigen Fähigkeiten dessen, der sie macht, geben, überlassen wir lieber den MitarbeiterINNEN der AAS-Stiftung.

Widmen wir uns lieber dieser Aussage:

„Einmal ist die Rede davon, die Politiker ‚mit scharfer Schere von der Nabelschnur Babylons‘ zu trennen, was das Ganze auf jeden Fall in Richtung jüdische Geschichte lenkt.“ Babylon als Begriff sei also ein Beleg für Antisemitismus.

Der Boeselager hat keine Ahnung.

Babylon-System:

Babylon system is the vampire, yea! (vampire)
Suckin’ the children day by day, yeah!
Me say de Babylon system is the vampire, falling empire,
Suckin’ the blood of the sufferers, yeah!
Building church and university, wooh, yeah! 
Deceiving the people continually, yeah!
Me say them graduatin’ thieves and murderers
Look out now they suckin’ the blood of the sufferers (sufferers)
Yea! (sufferers)

Bob Marley war nach der Unlogik, die in der engen Welt von Herrn Boeselager anzutreffen ist, ein Antisemit.

Manche erzählen wirklich jeden Schei… und machen sich wirklich in jeder nur erdenklichen Art und Weise lächerlich, wenn sie die, die sie zu ihren Feinden erklärt haben, diskreditieren wollen.

 

Und so schreibt sich auch der Herr Boeselager in Wut, und Wut, dass wissen wir aus den Veröffentlichungen der AAS-Stiftung führt zu Hate Speech, die, wie uns Forschung zu Hate Speech erklärt, vornehmlich unter Dummen verbreitet ist.

Boeselager im Orginalton:

“Ich verfolge das Politische und mache mir dazu so meine Gedanken”, erklärte Naidoo am Dienstag vor Gericht. “Codes und Chiffren sind mir nicht bekannt.” Für ihn bedeute Antisemitismus, wenn man “aktiv Menschen mit semitischer Herkunft diffamiert”. Das ist schonmal eine ziemlich hinterhältige Definition, denn das würde theoretisch sogar Araber mit einschließen – im Prinzip also dasselbe dämliche Argument, wie zu behaupten, Araber könnten keine Antisemiten sein könnten, weil sie “ja auch Semiten sind“. Genau das bedeutet Antisemitismus aber nicht – der richtet sich ausschließlich gegen Juden.”

Für Boeselager gibt es keinen Zweifel daran, dass der Sänger, dem er oben noch den Verstand eines 14-jährigen attestiert hat, hier Qualitäten offenbart, die weit über die Fähigkeiten besagten firbigen 14jährigen hinausgehen und wissentlich und fälschlicherweise, Antisemitismus auf Semiten ausweitet.

Ein normaler Mensch, der nicht von Hass und Wut zerfressen ist und dem es nicht darum geht, andere, hier Naidoo, zu diskreditieren, der hätte hier Fairness walten lassen. Er hätte sich gesagt, ich weiß nicht, kann nicht wissen, ob Naidoo hier Araber mit einschließen will. Also gehe ich davon aus, dass Naidoo die selbe beschränkte Sichtweise auf Antisemitismus hat, die ich auch habe. Denn natürlich sind Araber auch Semiten und der Begriff „Antisemitismus“ ist mehr als unglücklich, wenn er sich nur auf Juden beziehen soll, denen dadurch die Möglichkeit genommen wird, ihrerseits antisemitisch zu sein.

Wir treffen hier auf das Problem, das wir oben schon angesprochen haben: autoritäre Persönlichkeiten, die ihre Welt nur mit apodiktischer Sprache strukturieren können, sind nicht flexibel genug, um die Moderne in ihrer Komplexität zu verstehen, geschweige denn zu verarbeiten. Sie klammern sich an ihre Sicht der Welt und unterstellen jedem, dessen Aussage sie nicht verstehen, eine böse Absicht.

So verhalten sich nur Manische, Menschen, die die Normalität menschlicher Interaktion, die auf gutem Willen und der Bereitschaft, anderen etwas zu Gute zu halten, basiert, längst verlassen haben und in der Unnormalität ihrer eingebildeten Welten leben.

Früher waren diese Welten geschlossen. Aber vermutlich wäre es für manche Diskriminierung, wenn man versuchte, Irre aus dem öffentlichen Leben zu entfernen. Denn wir sind doch alle gleichwertig – wie wir abermals von der AAS-Stiftung wissen, deren MitarbeiterINNEN nicht müde werden, diesen Unfug zu verbreiten, während sie andere als Antisemit beschimpfen.

Mehr dazu:

https://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/xavier-naidoo-erscheint-vor-gericht-21179-art1663152.html

https://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/Xavier-Naidoo-wehrt-sich-gegen-Antisemitismus-Vorwuerfe-id51482251.html

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