Warum Regierungen nicht nur die Organ-Spendebereitschaft beseitigen
Je mehr Studenten Hochschulen entlassen, umso mehr hat man das Gefühl, dass Erkenntnis, die einst Fachbereiche stolz in Sammelbänden und Zeitschriften publiziert haben, verloren gehen.
Die Verschulung der Hochschulen durch Bologna hat hier ganze Arbeit geleistet und sichergestellt, dass bestenfalls Fachidioten, schlimmstenfalls umfänglich Ahnungslose an Hochschulen in Menge hergestellt werden, ganz abgesehen von den Ideologen, den Kämpfern für das, was sie gerade für richtig halten, den auf Gender Beschränkten und – ja, zuweilen dem ein oder anderen, dem sein Studium nicht geschadet hat.
Ein Ergebnis, das man noch in den 1990er Jahren in vielen Publikationen vorfinden konnte, war unter dem Begriff „motivation crowding out“ bekannt. Die Erzählung ist einfach: Man kann die Motivation von Menschen, etwas zu tun, zerstören, wenn man sie bezahlt, so lautet sie. Die Erzählung ist zu einfach, wie die Forschung gezeigt hat, die vor allem von Urs Gneezy und Aldo Rusticchini zusammengetragen wurde: Geld zerstört die Motivation nur dann, wenn es zu gering ausfällt. “Pay enough or don’t pay at all”, war die Konsequenz, die Gneezy und Rusticchini auf ein Motto gebracht haben.
Nun kann man diese Ergebnisse sozialpsychologisch fassen und formulieren, dass Menschen, denen man zu sehr auf die Pelle rückt, im Bemühen sie zu einer bestimmten Handlung zu bewegen, misstrauisch werden, ein Effekt, den z.B. Frey und Oberholzer-Gee berichtet haben und der dazu führt, dass Menschen, die etwas befürwortet haben, dieses etwas plötzlich nicht mehr befürworten, weil ihnen Geld geboten wird oder allgemeiner, weil ihre Befürwortung plötzlich zum Gegenstand öffentlicher Einflussnahme gemacht wird.
Ergänzt man diese Ergebnisse nun noch um die Erkenntnis, dass z.B. zwischenmenschliche Hilfe eher erfolgt, wenn Helfer und Hilfesuchender in direktem Kontakt zueinander stehen, wenn der Helfer mit dem Bedarf des Hilfesuchenden konfrontiert ist, dann ergibt sich daraus die Erklärung dafür, dass Staaten Spendenbereitschaft ruinieren und dafür, dass Nudging nicht funktionieren kann.
Sozialisten aller Länder haben sich auf Nudging gestürzt, weil sie damit die Hoffnung verbunden haben, sie könnten ihre Bevölkerung endlich zu den Handlungen bringen, die sie, also die Sozialisten, für die richtigen halten.
Organspende ist eine solche Handlung.
Aus nicht näher erläuterten Gründen mischen sich Regierungen in die Organspende ein und haben in der Konsequenz die Organspende von einem inter-individuellen Akt zu einem anonymen Geschäft gemacht, das vollkommen intransparent und unter Ausschluss von Öffentlichkeit und Rechenschaft verläuft (Daten zur Erfolgs- und Überlebensquote bei Transplantationen muss man suchen, wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen) und einzig durch dem Hinweis auf die Nächstenliebe funktionieren soll.
Nächstenliebe zu einem anonymen Organempfänger, den der Spender in der Regel nicht kennt / kennen kann.
Nächstenliebe eines Spenders, der umsonst ein, zwei, mehrere Organe spendet, damit sie in Empfänger transplantiert werden und die Transplantationsindustrie sich daran gesund stoßen kann.
Nächstenliebe ist aber ein individuelles Konzept.
Man kann keinen Nächsten lieben, den man nicht kennt.
Man kann sich einbilden, einen Nächsten zu lieben, den man nicht kennt, so wie die Demonstranten, die derzeit durch deutsche Straßen ziehen, sich einbilden, sie würden irgendeine Form der Nächstenliebe für Flüchtlinge empfinden. Dass sie das nicht tun, zeigt sich schon daran, dass ihr Engagement für die Flüchtlinge zum einen ausschließlich verbaler und aktivistischer Natur ist, zum anderen alle Kosten und weiteren Notwendigkeiten, die sich mit der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland verbinden an den Staat und die von ihm bezahlten Helfer delegiert werden. Das ist keine Nächstenliebe, das ist Heuchelei.
Heuchelei, die schnell als solche offenbar wird, wenn die entsprechenden Demonstranten mit den Kosten ihres Tuns, die z.B. darin bestehen, dass Ämter von ihnen Geld fordern, weil sie für Flüchtlinge gebürgt haben, konfrontiert werden. Dann ist das Jammern groß.
Mit Organspende ist es so ähnlich.

Regierungen und Ärzteverbände versuchen, anonyme Nächstenliebe mit denen, die vermeintlich durch eine Organspende gerettet werden können, zu wecken, um auf diese Weise eine hohe Spendebereitschaft zu schaffen. Ärzteverbände sind als Lobby für ihre Mitglieder unterwegs, die einen direkten (finanziellen) Nutzen aus jeder Transplantation ziehen. Die Motivation der Regierung ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass man sich durch die Beförderung der Organspende als vermeintlich guter Mensch, der an anderen Menschen interessiert ist, inszenieren kann. (Aber vielleicht werden Politiker für ihr Engagement auch bezahlt.)
Nun gibt es sicher Menschen, die aus welchen Gründen auch immer, eine Nächstenliebe zu Unbekannten entwickeln zu können glauben und auf dieser Grundlage bereit sind, Organe zu spenden, wenn sie erst einmal hirntot sind
Aber das sind nur wenige.
Zu wenige.
Also versuchen Regierungen, aus welcher Motivation heraus auch immer, die Organspende zu einer Art moralischer Verpflichtung zu erklären, die einzelne ihren Mitmenschen gegenüber hätten. Eine Variante anonymer Nächstenliebe und deshalb wenig erfolgreich, denn wie immer in solchen Fällen, sinkt die Bereitschaft, sich einer Handlung, die andere erwarten, auszuführen, je direkter man mit dieser Handlung konfrontiert wird.
Also immer noch zu wenige.
Nudging soll hier Abhilfe schaffen. Ärzteverbände und all diejenigen, die erzählen, sie wären aus Nächstenliebe an Organspendern interessiert, sind Feuer und Flamme für Nudging. Man solle alle Bürger zu Organspendern machen. Wer nicht wolle, müsse dies explizit erklären, so die Variante, mit der mehr Hirntote auf nutzenbringende Organe ausgeweidet werden sollen.
Die sozialistische Regierung in Wales hat es versucht.
Der Versuch ist, wie leicht vohersehbar war, gescheitert.
Die Anzahl der Spender hat sich durch Nudging von 101 auf 104 in ganz Wales erhöht. Das entspricht den jährlichen Schwankungen, die vor Einführung des Nudging normal waren.
Kein Effekt. Zahl immer noch zu gering.
Und über Zeit betrachtet scheint die Zahl der Spender eher zu sinken als zu steigen.
Die Erklärung dafür ist einfach. Viele Studien aus den 1990er Jahren haben die Dynamik dargestellt, die dazu führt, dass dann, wenn sich Regierungen ganz besonders um gesellschaftliche Bereiche kümmern, sich die entsprechenden Bereiche zum Schlechteren entwickeln.
Je mehr Geld die deutsche Regierung in Fertilität investiert, desto geringer ist die Fertilität. Je mehr Geld für Kinder bezahlt wird, desto weniger Kinder gibt es, weil die Zahl derer, die sich vom Staat dafür bezahlen lassen wollen, dass sie Kinder in die Welt setzen, zurückgeht, aufgrund offensichtlicher Übereinstimmungen mit dem Rotlichtgewerbe.
Je mehr die Werbetrommel für Organspende gerührt wird, je mehr Politiker und Regierungen sich die Organspende zur Aufgabe machen, desto weniger Spender gibt es. Der Grund dafür ist leicht zu benennen: Misstrauen.
Es ist eine der grundlegendsten menschlichen Eigenschaften dann, wenn man von anderen zu sehr in Richtung eines bestimmten Verhaltens gelenkt oder gelobt wird, misstrauisch zu werden und damit haben diejenigen, die ein bestimmtes Verhalten erwirken wollen, verloren.
Wer misstrauisch wird, der kümmert sich plötzlich um ein Thema, das ihn zuvor kaum interessiert hat.
Wer misstrauisch wird, der sucht Informationen zur Organspende und stellt fest: Ess gibt kaum welche, oder die, die es gibt, die muss man suchen, wie die
Nadel im Heuhaufen.
Viele Fragen, die sich nun einstellen, bleiben offen:
- Wer verdient wie viel durch Organspende?
- Wie hoch ist die Akzeptanzrate bei Transplantation von bestimmten Organen?
- Wie sieht ein typisches Leben mit Spenderorgan aus?
- Welche Überlebenswahrscheinlichkeit haben die Empfänger von Organen?
- Welche Unterschiede in der Überlebenswahrscheinlichkeit gibt es mit Bezug auf unterschiedliche Organe?
- Wie sicher ist die Diagnose „Hirntod“?
- Welchen Einfluss haben Lobbyverbände von Ärzten auf die Entscheidung von Regierungen, sich für Organspende ins Zeug zu legen?
Wir haben vor einiger Zeit Informationen zum Thema „Organspende“ zusammengetragen.
Hier die Ergebnisse:
Wer misstrauisch geworden ist und keine Antworten auf seine Fragen findet oder keine glaubwürdigen Antworten erhält, der wird das von ihm gewünschte Verhalten nicht zeigen. Deshalb sinken die Zahlen der Organspender.
Auf diese Weise ruinieren Regierungen jede zwischenmenschliche Interaktion. Mit Regierungen, die sich in zwischenmenschliche Interaktionen einmischen, werden die Interkationen anonymisiert und auf eine Gruppenebene übertragen, weg vom individuellen Spender und Empfänger, hin zur Gruppe der guten Spender und der freudigen Empfänger, beides natürlich Travestien auf die Wirklichkeit, denn der Kriminelle findet sich unter den Spendern, der Gewissenlose, der mit seinem Geld nicht nur die benötigten Organe, sondern auch gleich den korrupten Arzt kauft, er findet sich unter den Empfängern.
Anonyme Transaktionen gelebter Menschlichkeit oder Nächstenliebe wie die Floskeln gewöhnlich lauten, die benutzt werden, bedürfen eines besonderen Anreizes, um für die Menschen, die auf individueller Ebene in zwischenmenschlicher Interkation noch eine Handlungsmotivation gehabt hätten, interessant zu werden. Denn während Situationen eines direkten menschlichen Miteinanders eine entsprechende Handlungsaufforderung enthalten (Onkel gibt Niere für Enkel), ist dies in anonymen Situationen, wie sie Regierungen schaffen, nicht der Fall. Sie erfordern deshalb ein Mehr an Anreiz, um die gewünschte Handlung „Organspende“ zu erreichen. Mit jedem zusätzlichen Anreiz, den Regierungen einsetzen müssen, um Bürger zur Handlung „Organspende“ zu bewegen, wird aber die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Motivation, die vielleicht noch vorhanden war, vollständig beseitigt wird, weil die Bürger misstrauisch werden, ob der vielen Aufmerksamkeit, die ihre Regierung einer bestimmten gewünschten Handlung widmet.
Werden Menschen misstrauisch, haben Regierungen verloren. Das haben wir oben bereits ausgeführt.
Deshalb scheitern Regierungen regelmäßig in ihrem Bemühen, zwischenmenschliche Transaktionen an sich zu reißen und in ihrem Sinne und im Sinne der Lobbyisten, die Regierungen beeinflussen, zu gestalten.
Die Organspende ist nur ein Beispiel dafür, wie Regierungen freiwilliges menschliches Engagement vernichten, wenn sie versuchen, es zu fördern.
Die beste Politik wäre keine Politik, keine Eingriffe ins Private. Aber zu dieser Einsicht, die man haben könnte, wenn man die Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Forschung zur Kenntnis nähme, die in den 1980er und 1990er Jahren veröffentlicht wurden, gelangen Politiker natürlich nicht. Zum einen setzt dies Kompetenzen, vor allem intellektuelle Kompetenzen voraus, die die meisten Politiker nicht haben, zum anderen: Was bleibt Polit-Darstellern als Möglichkeit der Inszenierung, wenn sie sich nicht mehr in zwischenmenschliche Beziehungen, die sie nun einmal überhaupt nichts angehen, einmischen können?
Nichts.
Deshalb werden Politiker weiterhin versuchen, sich zu kleinen sozialistischen Planern und Herrschern aufzuschwingen und ihre Bevölkerung zu von ihnen gewünschten Handlungen zu bewegen, und deshalb werden sie auch (tröstlicherweise) weiterhin mit diesem Bemühen scheitern.
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Danke. Im Felde der Medizin ist die Neigung, durch gesetzliche Maßnahmen vorzuschreiben, wie man sich zu verhalten hat, inzwischen fast schon der Standard. Sie ist nicht nur ein Indiz, sondern, wie Sie m.E. ganz zu Recht schreiben, auch ein Motor der zivilisatorischen Erosion auf individueller Ebene, allerdings haben viele Mediziner m.E. einen zu engen Horizont, um das zu erkennen. Sicher hat die medizinische Forschung wesentlich zum Ziel ihre Anwendbarkeit und ist insofern immer in Gefahr, extern funktionalisiert zu werden. Durch die Reduktion der Basisfinanzierung und Ausweitung der projektbezogenen Förderung ist es der Politik, Interessensverbänden, Weltanschauungsrittern usw. inzwischen gelungen, auf der Basis des unter sog. Gebildeten besonders verbreiteten Opportunismus eine weitgehende Hörigkeit zu erzielen. Man sieht Ausschreibungen schon an, welche Ergebnisse gewünscht werden und welches Tamtam zu machen ist.
Die Komplikations- und Überlebensrate nach Transplantation ist im Übrigen außerordentlich unterschiedlich zwischen verschiedenen Organen, und jede Studie müsste da differenzieren, weil es ja auch um das Versprechen an den Transplant-Patienten geht, damit länger als ohne Transplantation mit akzeptabler Lebensqualität zu überleben. Dieses Versprechen dient ja als Hebel für die vorgebliche ethische Verpflichtung. Man wird sehen, inwieweit in Zukunft die in vitro-Produktion von Ersatzorganen aus körpereigenen Zellen Erfolg haben wird, in einfachen Fällen wie Haut und Trachea wurde das m.W. schon erprobt.
Von mir aus können die mich ausschlachten wie sie wollen. Raucherlunge; Säuferleber ,und Zuckerniere, da Diabetiker. Ich möchte aber nicht verbrannt werden, deswegen habe ich mich nicht für die hiesige Anatomie zur Verfügung gestellt!
Ich hoffe, Sie haben Angehörige, die sich um die Grabpflege kümmern. Die ist nämlich sehr teuer, und noch viel teurer, wenn das die Friedhofsgärtner übernehmen.
Der ganze Bericht ist ein einziger Volltreffer. Man sieht es ja nicht nur da. Man denke einfach nur an unser Krankenwesen. Wir sehen es auch an der “Mietpreisbremse” Überlall wo es keine Konkurrenz für staatliches Dienste gibt wird es schlechter. Wenn man sich dazu noch um Nebensächlichkeiten kümmert bleiben wichtigere Dinger auf der Strecke. Wie wäre es hier mal mit einem Berich über Rechtssicherheit?
Ein Plädoyer für eine gesetzlich klar geregelte Leichenfledderei
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 14
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Irgendwie ganz einfach, verschieben wir die Problemlösung doch einfach ins Erbrecht.
Art. 1 Eigentumsfrage geklärt !
Art. 2 geklärt, da sowohl Ärzteschaft als auch Empfänger der Allgemeinheit angehörenund auch der Empfänger über Behandlungskosten und damit verbundene Steuerleistungen für das Wohl der Allgemeinheit etwas beiträgt, schließlich zahlen Ärzte ihre Steuern in der höchsten Klasse.
Art. 3 Satz 1 die SPD als zuständige Partei für das Wohl der Allgemeinheit klärt die Enteignungsfrage, falls der Spender nicht willig ist, zur Not mit einer Koalition der Willigen aus Linke und Ärzteschaft !
Art. 3 Satz 3 empfehle Versteigerungsverfahren, gesetzliche Kassen dürfen auch mitbieten.
Jetzt bekommt der Staat auch noch allgemeinwohlfördernd Erbschaftssteuer !
…und wenn ich mir das ganze Sammelsurium so anschaue, was da an Erbschafts- + Einkommen- + Mehrwert + Randsteuern zusammen kommt, würde ich das politische Ja oder Nein zur Transplantationsmedizin auf die Steuerebene verschieben, damit können dann alle Parteien gut und gerne leben.
Übrigens, kann eine Genderistin ein Männerorgan ohne Abstoßungsreaktion vertragen ?
Es wäre schön, wenn sich auch sciencefiles endlich der korrekten Sprachregelung bedienen würde:
Man spricht schon lange nicht mehr vom “Hirntod” sondern vom “irreversiblen Hirnfunktionsausfall”. Wenn die Hirnfunktion irreversibel ausgefallen ist, fehlt die komplette Steuerung sämtlicher Lebensfunktionen (Atmung, Herz/Kreislauf…), womit der Tod unweigerlich eintritt. (näheres kann man unter dem Stichwort googeln)
Rechnen Sie bitte auch, wenn Sie Berechnungen anstellen, z.B. bei Nierentransplantationen die Kosten einer lebenslangen Dialyse gegen.
Übrigens: Die Zwangseinführung von Motorradhelmen und die Stabilisierung der Fahrgastzelle von Autos war einer der größten Ursachen für den Rückgang von Spendern.
Ist jetzt die Einführung dieser technischen Maßnahmen per Zwang zu verurteilen?
Warum sollen wir uns an politisch-korrekte Sprachvorgaben wie “irreversiblen Hirnfunktionsausfall” halten, die nur dazu geschaffen wurden, etwas vorzugaukeln, was sich nicht sicher feststellen lässt?
Weil “Hirntod” auch medizinisch-wissenschaftlich falsch ist, Herr Klein.
Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Klein, bin ich Mediziner. Deshalb versuche ich eine Erklärung aus der medizinisch-biologischen Sichtweise. Ich gehe bewußt nicht in die ganz kleinen Details. Ein Neurobiologe/-physiologe könnte das vermutlich noch besser.
Jede Nervenzelle besteht aus Dendriten, dem Soma und dem/den Axon/en.
Vereinfacht stellt sich die Sache so dar, daß die Dendriten Reize aufnehmen, das Soma die verarbeitet und das Axon sie weiterleitet. Das können sie an Muskelzellen oder an andre Nervenzellen, dort wieder an die Dendriten dieser Zellen. Das geschieht an den so genannten Synapsen.
Von der rein biologischen Seite her, hat jede Nervenzelle, ob peripher oder zentral, die gleichen Eigenschaften.
Die basieren auf ihrem Stoffwechsel, der zum einen von dem Vorhandensein von Sauerstoff und zum anderen im wesentlichen von Glucose abhängt. Die Speicherfähigkeit für beides ist in der Zelle nur sehr gering. (Deshalb ist zum Beispiel auch die neue Mode des Zuckernudgings Unsinn, weil man einfach Zucker braucht, hier Glukose, sonst funktioniert das ganze Hirn/die Nerven nicht nicht.) (Es gibt noch einen Hilfsmechanismus durch Ketone, der aber eher schlecht als recht funktioniert.)
Wenn Sie einer Nervenzelle Sauerstoff entziehen, ob durch Ausfall der Atmung oder des Kreislaufes oder beidem, fehlt der Nervenzelle, und ihren vielen Mitochondrien, an sich, eine wesentliche Grundlage des Stoffwechsels. Nervenzellen, dort besonders die Mitochondrien, sind für solche Sauerstoffentzüge nur begrenzt widerstandsfähig.
3 bis 5 Minuten ist, und das kann und konnte man im Experiment nachweisen, eine solche vollständige (!) Sauerstoffzufuhrunterbrechung voll reversibel. Danach nimmt diese Reversibilität mit zunehmender Dauer des Sauerstoffmangels ab. Die Nervenzelle hat nur ganz geringe Stoffwechselreserven, da sie kaum Speicher hat.
Wie schnell das geht, ist immer davon abhängig ob a) die Versorgung vollständig oder unvollständig unterbrochen ist und b) wie kühl das Gehirn ist (Im unterkühlten Organ geht das langsamer, deshalb kühlt man z.B. Patienten bei einigen Herz-OPs künstlich runter.)
Das hat damit zu tun, daß kein ATP mehr produziert wird, was den empfindlichen intrazellularen Raum in ein Ungleichgewicht der Ionenkonzentrationen bringt.
Es kommt zu einem Einstrom von Natrium und Calzium in den Intrazellularraum und einem Ausstrom von Kalium in den Extrazellularraum. Damit kommt das gesamte intrazelluläre Plasma durcheinander.
Und es bricht unter anderem auch das Membranpotential der Zelle zusammen, die Zelle “depolarisiert”. Das ist für die Reizweiterleitung entscheidend. (Das kann man übrigens prima elektrophysiologisch messen.)
Letztlich, so nimmt man an, daß vor allem das Calzium die Zelle regelrecht “vergiftet” und zum Absterben bringt, da forscht man aber noch fleißig. Fakt ist: Irgendwann ist die Zelle unwiederbringlich wegen dieser Verschiebungen hinüber.
Nervenzellen haben, im Gegensatz zu vielen anderen Zellen, ab einem bestimmten Punkt der embryonalen Entwicklung die Fähigkeit zur Zellteilung verloren. Ab diesem Zeitpunkt muss also der Körper mit der immer gleichen Zahl an Nervenzellen auskommen, Aus den Resten erwächst also nichts neues.
Je länger dieser Zusammenbruch der für die Existenz der Zelle wichtigen Ionenverteilung anhält, desto größer ist der Schaden in der Zelle bis hin zum Absterben der Zelle.
Besonders anfällig für diese Prozesse sind auch die sogenannten Synapsen, also die Schaltstellen zwischen den einzelnen Nervenzellen.
Diese Verbindungsstellen sterben mit als erstes ab. Synapsen zwischen den Nervenzellen sind aber für alle Vorgänge im Hirn entscheidend, da nur durch sie die Zellen interagieren können.
Vereinfacht könnte man sagen: Je mehr Synapsen, desto besser funktioniert das Gehirn/Nervensystem. Oder: Ohne Synapsen ist das Hirn nur eine hilflose Ansammlung von Nervenzellen ohne Funktion, da das Interagieren fehlt.
Synapsen können durchaus aufgebaut werden, aber nur, wenn die Zelle noch lebt. Das ist die Grundlage aller Lernprozesse. jedoch ist dieser Aufbauprozeß langwierig.
Am anfälligsten für den Verlust der Funktion/den Zelltod, sind die embryonal zuletzt ausgebildeten Hirnanteile, also die Großhirnrinde, am wenigsten der Hirnstamm, der embryonalgeschichtlich der älteste Teil ist.
Wenn Sie einen Funktionsverlust der Großhirnrinde haben, spricht man vom “apallischen Syndrom”. Diese Patienten haben dadurch, daß noch die Stationen Zwischenhirn und Hirnstamm funktionieren, in der Regel auch noch Spontanatmung, da das Atemzentrum, die Regulation des Blutdruckes und die Reflexe im Hirnstamm (Cave: Das ist etwas anders als das Stammhirn) geschaltet werden.
“Apallisches Syndrom” und “vollständiger Hirnfunktionsverlust” werden gerne mal gleichgesetzt, sind aber grundverschiedene Dinge! Und ich spreche da aus einem Vierteljahrhundert Erfahrung im Umgang mit Patienten und Angehörigen.
Und nun kommt das wesentliche für den Begriff des “irreversiblen (völligen) Hirnfunktionsverlustes” vs. “Hirntod”:
Was passiert, wenn durch fehlende Durchblutung, und damit Glucose- und Sauerstoffversorgung, die Nervenzelle abstirbt.
a) Die Zelle kann nicht ersetzt werden.
b) Die Synapsen und damit die Interaktion der Zellen untereinander brechen zusammen, (kann man sich vereinfacht vorstellen wie bei einer Brücke, wo ein Segment zusammenbricht, da ist dann eine Lücke).
c) Da die Zelle tot ist, kann sie auch keine neuen Synapsen aufbauen. Für Ersatz könnten maximal sehr nahegelegen Zellen sorgen. Wenn die auch hinüber sind, wird das nichts.
Was bedeutet das für einen Teil des Hirns (also nur einen Teil der Nervenzellen)?:
Fällt nur ein Teil aus, bekommt man Symptome, wie man sie z.B. beim Schlaganfall findet, wo nur eine Region des Hirns betroffen ist. Da hier in der Umgebung noch reichlich “unbenutzte” Nervenzellen zu finden sind, sind, solange der Schaden früh durch Wiederherstellung der Versorgung mit Sauerstoff/Glucose behoben wird, Reparaturprozesse möglich, auch durch Hinzulernen (Aufbau neuer Synapsen). (Wer einmal eine Schlaganfall-Reha gesehen hat, weiß, wie mühsam und langwierig das sein kann, meist bleiben Restschäden.)
Wenn nun die Sauerstoff/Glucoseversorgung des gesamten Gehirns, einschließlich des Hirnstammes komplett ausfällt, kommt es zum Absterben aller nicht mehr versorgten Nervenzellen über kurz oder lang.
(Auch wenn eine einzelne oder vereinzelte Nervenzelle(n) noch leben sollte(n), fehlt ihr/ihnen die Möglichkeit mit anderen zu interagieren. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dafür, das wieder zu können?)
Aus a), b) und c) ergibt sich, je mehr Zellen absterben, somit irgendwann ein “völliger Funktionsverlust”, da eine einzelne, oder ein sehr geringer Prozentsatz der Zellen, nicht die Komplexität des Zellverbandes und schon gar nicht des Organs darstellen kann/können. (Zelle->Zellverband->Organ->Organismus).
Aus diesem Grund ist “irreversibler Funktionsverlust” nicht politisch korrekter sondern medizinisch-biologisch gesehen treffender und präziser, weil es die Funktion abbildet.
Wenn ein Arm gelähmt ist, sprechen sie ja auch nicht vom “Armtod”, wenn die Nieren Versagen vom “Nierenversagen” oder “Verlust der Nierenfunktion” und nicht vom “Nierentod”, oder? (Die Organe sind alle noch mehr oder weniger “am Leben”, aber sie funktionieren halt nicht mehr!)
(Kleiner Scherz am Rande: Man sagt auch nicht “Penistod” sondern “Erektionsverlust”.)
Das hat einfach etwas damit zu tun, daß man sich mehr der Funktionalität und damit der fürs (autarke) Leben notwendigen Aufgabe von Organsystemen auseinandersetzt.
Geht das mit dem Funktionsverlust bis in den Hirnstamm, dann folgt: Ohne Atemzentrums- und Kreislaufzentrumsfunktion tritt unweigerlich der Tod des Körpers ein, da alles andere zusammenbricht. (Fehlende Autarkie)
Faszinierenderweise können sie bei solchen Patienten noch periphere Reflexe auslösen, also zum Beispiel den Patellarsehnenreflex.(Das ist der, wenn Ihnen jemand unterhalb der Kniescheibe mit dem Hämmerchen anschlägt und der Unterschenkel hochzuckt.). Der wird nämlich nur im tiefen Rückenmark geschaltet! Zentrale Reflexe (z.B.Cornealreflex, das ist der, der abläuft, wenn Ihnen ein Insekt ins Auge fliegt und sich das Auge sofort schließt) kommen nicht mehr. Der kann also beim Ausfall des Hirnstammes nicht mehr erfolgen. (Da können sie, brutal gesagt, mit dem Schlagbohrer ansetzen: Da zuckt kein Augenlid!)
Und nun kommt das, was wirklich schwer ist: Wie erkennt man das mit dem Funktionsverlust der letztlich in den Tod mündet?
Geht das direkt? – JA! Aber dazu müßten Sie die Zellen unters Mikroskop halten und den Grad der Lyse beurteilen, was nicht unbedingt überlebensfördernd ist, wenn sie auf eine Heilung hoffen.
Also geht es nur indirekt:
Das das unendlich schwer ist und die Kriterien zuweilen schwammig erscheinen, ist unbestritten und wie weit man dabei für sich persönlich Konsequenzen zieht auch. Dazu muss man die Leute aber aufklären und nicht per Gesetz oder irgendwas anderem zwingen. Dazu muss man mal offen Reden, wie wird denn so ein “Hirnfunktionsverlust” festgestellt. Das weiß doch bei der Otto-Normal-Bevölkerung kaum einer!
Das hat auch etwas mit Risikokompetenz zu tun. Ein Thema, was ja völlig unterentwickelt ist in unserem Leben!
Da zerbrechen sich seit Jahrzehnten diverse Ethik-/Fachkommissionen die Köpfe und passen das an die Entwicklung der Medizintechnik fortlaufend an. (
Vor Jahren war es z.B. nicht möglich die fehlende Durchblutung per CT/MRT mit Kontrastmittel (KM) nachzuweisen, einfach weil es kein CT/MRT gab. – Dazu muss man wissen: Die Summe aus den Volumina von Hirnwasser+Hirnmasse+Blut im Kopf ist konstant. Wenn also durch hohen Hirndruck, kein Platz mehr für Blut ist, kommt auch kein Blut und damit KM mehr in den Kopf. Und dann entscheidet die Dauer dieses Zustandes über die Überlebenschance der einzelnen Zelle, deshalb kontrolliert man das mehrfach in zeitlichem Abstand und muss sich dann mit Wahrscheinlichkeiten weiter behelfen. Das ist aber nur eines der möglichen Kriterien in einer ganzen Reihe.
– Unterm Strich bleibt das, nüchtern betrachtet, alles eine schnöde Wahrscheinlichkeitsberechnung auf der Basis diverser, mehr oder weniger fehlerbehafteter Teste, ob die Funktion nun weg ist oder ne Chance hat, wiederzukommen.
Trost (möglicherweise schwach) am Ende: Diese Ethikkommissionen sind fachlich besser besetzt als die, die zum Beispiel den deutschen Atomausstieg beschlossen haben.
Wohin verbesserte Medizin in Zukunft bei der Erhaltung/Wiederherstellung der Hirnfunktion führt? Wir wissen es nicht! Wir wissen auch nicht, was die Ergebnisse sein werden: Restitutio ad integrum oder cum defectum. Also Wiederherstellung der vollständigen Hirnfunktion oder nur teilweise. Künstliche Organe aus Stammzellen als Lösung?
Und schon sind wir bei der nächsten Diskussion: Was macht das Menschsein aus und was nicht? Da kommen wir ja schon bei unserer eigenen volldementen Großmutter, die im Pflegeheim liegt und der wir doch irgendwie einen friedlichen und stillen Tod gönnen, weil wir sie zu anderen Zeiten so anders und warmherzig und und und kannten, an unsere eigenen ethischen Grenzen.
Wir haben verlernt, unsere eigene Endlichkeit als Teil unseres Lebens zu akzeptieren und uns auch mal damit auseinanderzusetzen. Das geben wir an andere ab. Uns doch schnuppe, ob unsere Angehörigen dann vorm Intensivbett stehen, und einen noch, dank zentnerweise Katecholaminen und Beatmung, rosigen Leib betrachten, der beim Ziehen der Stecker sofort in den Tod übertritt (Tod ist übrigens kein Zeitpunkt, sondern biologisch gesehen ein Prozeß. Nur fürs Standesamt und die Rentenkasse müssen wir Tag/Stunde Minute angeben, damit die auch keinen Cent mehr berappen müssen!).
Btw: So selten sind die Veröffentlichungen zum Transplantatüberleben zumindest bei Nierentransplantaten nicht: Einfach mal googlen: “Nierentransplantation organüberleben”.
Selbst wenn man die Beiträge aus der “Laienpresse” abzieht, sollten bei 7130 Ergebnissen noch ne Menge übrig bleiben.
PS: Ich weiß, ich hab wieder “pro” geschrieben, das mögen Sie und Frau PD Dieffenbach bei dem Thema nicht sonderlich. Mir egal ob es veröffentlicht wird oder nicht.
Ich mag Sie trotzdem.
Der Artikel beschreibt haargenau den Weg, den ich genommen habe:
ich hatte jahrelang einen Organspendeausweis im Geldbeutel, in dem ich meine Bereitschaft zur Organspende bekundet hatte. Seit mir die Obrikeit über meine Krankenkasse auf die Pelle gerückt ist, daß ich eine solche Karte bei mir tragen sollte, habe ich die Entscheidung umgestellt und bin jetzt kein Organspender mehr