Hilfsmittel Denunziation: Die Armseligkeit der linken Heilvorstellung

Totalitäre Systeme haben gemeinhin zwei Mittel, um ihre Bevölkerung im Zaum zu halten. Beide basieren auf einem Klima der Angst. Sie können ein Klima der Angst inszenieren und den Bürgern, die das glauben wollen, den Eindruck vermitteln, dass jede Abweichung vom vorgegebenen Pfad massive Folgen für sie hat, von der Zerstörung der sozialen und ökonomischen bis zur physischen Existenz. Der Witz hierbei: Das totalitäre System lebt von der Bereitwilligkeit, der ihm Unterworfenen, die Inszenierung zu glauben, sei nicht zu testen und bereitwillig die Äußerung jeder abweichenden Meinung zu unterlassen. Wenn die Inszenierung eines Klimas der Angst nicht gelingt, dann müssen härtere Maßnahmen her, dann müssen abweichende Meinungen mit physischer Gewalt unterdrückt werden. Stalin hat die Methode z.B. in seinen Säuberungen angewendet, als das Gros seiner Kritiker ermordet wurde. In der DDR wurde versucht, die Inszenierung durch die gelegentliche Inhaftierung eines Regimekritikers und ein breitgefächertes System von Inoffiziellen Mitarbeitern aufrecht zu erhalten und – nicht zu vergessen – in der DDR ist man auch nicht davor zurückgeschreckt, diejenigen, die versuchen, dem sozialistischen Paradies auf Erden per Flucht zu entkommen, zu ermorden.

Als Land, das einer demokratischen Tradition verpflichtet sein und demokratische Werte wie Meinungsfreiheit hochhalten soll, ist Deutschland ein Failed State.

Für manche ist diese Behauptung, die für uns von einer Hypothese zu einer belegten Hypothese geworden ist, schon in der Formulierung nicht zu ertragen. Bei wem dies der Fall ist, der ist ein Teil des deutschen anti-demokratischen Problems.

Deutschland hat eine lange Tradition in antidemokratischem Denken, eine viel längere als die von ein paar versprengten Liberalen in der Weimarer Republik und später von den Alliierten gestartete demokratische Tradition, und gerade mit Blick auf die Meinungsfreiheit gab es eigentlich fast immer Probleme.

Im Dritten Reich wurde aus diesen Problemen ein Klima der Angst, in dem sich Bürger nicht getraut haben, öffentlich ihre Meinung zu sagen. Die Folgen, die z.B. durch die Gestapo angedroht wurden, waren erheblich. Die Verfolgung durch die Nationalsozialisten lebte von der Denunziation, denn eine Kultur der Angst und die Denunziation von Bürgern durch Bürger gehen Hand in Hand. Gerichte der DDR haben die Denunziationskultur des Nationalsozialismus auf ihre Weise aufgearbeitet und eine Vielzahl von Angeklagten zumeist freigesprochen, z.B. das Landgericht Magdeburg am 15. April 1950, das das Verfahren gegen zwei Angeklagte eingestellt und zwei weitere freigesprochen hat: „1941 und 1943 denunzierten die Angeklagten in Magdeburg einen Arbeitskollegen wegen antifaschistischer Äußerungen. Sie machten Aussagen über dessen Hitlerwitze bei Gestapo und am Volksgerichtshof. Der Denunzierte wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet“ (Skiba & Stenzel 2016).

Die Arbeitsverweigerung der DDR-Justiz hat ihre Ursache vermutlich darin, dass die NS-Denunziationskultur in der DDR weitergeführt und mit vielen Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) von Mielkes Staatssicherheit weiterentwickelt wurde. Das Nach-Vereinigungs-Deutschland scheint nun da weiterzumachen, wo Mielke und seine Konsorten 1989 aufhören mussten.

Mit der Behauptung, man wolle Hate Speech bekämpfen, wird die Meinungsfreiheit qua Netzwerkdurchsetzungsgesetz zur willkürlich eingeschränkten Freiheit gemacht und somit abgeschafft. Wer Zweifel daran hat, der schaue sich an, was seither z.B. durch Facebook gelöscht wird, welche Kommentare und Posts angeblich nicht mit den „Community Standards“ zu vereinbaren sind. Der Eindruck, dass Willkür an die Stelle der Sicherheit, seine Meinung äußern zu können, getreten ist, wird nicht einmal von professionellen Wahrnehmungsgestörten vermieden werden können. Das Ziel dieser Gesetzgebung ist die Inszenierung von Unsicherheit. Es soll der Eindruck erweckt werden, dass man mit Konsequenzen zu rechnen hat, wenn man seine Meinung frei zum Ausdruck bringt. Und da niemand so wirklich weiß, was Hate Speech sein soll, die Unsicherheit darüber, was gelöscht wird und was nicht, dementsprechend groß ist, ziehen es viele vor, nicht zu prüfen, was passiert, wenn sie ihre demokratischen Rechte wahrnehmen und ihre Meinung frei vertreten, und nehmen nicht zur Kenntnis, dass u.a. Joachim Steinhöfel vor Gericht in vielen Fällen erreicht hat, dass die Löschung von Kommentaren und Beiträgen von Facebook zurückgenommen werden musste.

Verbreitet sich jedoch der Glaube an die herrschende Willkür, dann ist die Meinungsfreiheit dahin, denn Letztere basiert auf gefühlter Sicherheit, der Sicherheit in der Überzeugung, dass man für seine Meinung keine negativen Reaktionen zu erwarten hat, solange das, was man als Meinung ansieht, keine grundlose Beleidigung, Denunziation oder Diffamierung anderer darstellt. Ob es tatsächlich negative Reaktionen auf Meinungsäußerungen gibt, ist für dieses Gefühl belanglos. Was zählt ist die Überzeugung, dass dem so ist.

Ist die gefühlte Sicherheit dahin, bedarf es nur wenig, um ein Klima der Angst zu schaffen. In der DDR hat man mit den IM ein die Gesellschaft umspannendes Informanten-Netzwerk geschaffen. Niemand, der eine abweichende Meinung geäußert hat, konnte sicher sein, sie nicht gegenüber einem IM zu äußern; nicht einmal in seinem eigenen Haushalt. Angeblichen Stiftungen, die vom BMFSFJ finanziert, Anleitungen zur Denunziation herausgeben, scheint dies Vorbild zu sein.

Tatsächlich sind wir in einer Befragung zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst eine große Gruppe von Lesern von ScienceFiles abwägt, was sie öffentlich sagt und im Zweifelsfall schweigt. In Gesprächen mit Bekannten in Deutschland kommt immer wieder und immer öfter die Aussage, dass man sich ja nicht mehr traue, zu sagen, was man denke.

Die Zahl derer, die sich noch trauen, trotz des gefühlten Klimas der Angst, ihre von der vorgegebenen Einheitsmeinung abweichende Meinung öffentlich zu sagen, wird immer geringer. Zur Erinnerung: Ob Meinungsfreiheit vorliegt oder nicht, sieht man an der Anzahl der abweichenden, weit vom Mainstream abweichenden Meinungen, nicht am Chor der Gleichgestimmten.

Der ehemalige Handballnationalspieler Stefan Kretschmar hat in einem bemerkenswerten Interview auf Prozesse hingewiesen, die verhindern, dass Sportler eine andere als die vom Establishment positiv bewertete Meinung öffentlich vertreten. Dabei hat er eine Struktur aufgezeigt, die den Beschreibungen der Durchsetzung der Meinungsdiktatur in der DDR sehr nahe kommt. Wer es wagt, eine abweichende und vom System als falsch deklarierte Meinung zu äußern, habe mit einem Shitstorm zu rechnen, sagt Kretschmar. Als Folge des Shitstorm entstünden ihm Probleme mit seinem Arbeitgeber und mit seinen Werbepartnern. Das Konzept der Zersetzung, das die Stasi entwickelt hat, es soll in Deutschland wiederbelebt werden, durch Aufrufe zur Denunziation beim Arbeitgeber, über Versuche, die soziale Existenz durch Internetpranger zu beschädigen, wie sie die Heinrich-Böll-Stiftung oder die Amadeu-Antonio-Stiftung unternommen haben, beide werden mehr oder weniger vollständig von Steuerzahlern finanziert.

Instrumentell in diesem Zusammenhang ist abermals die Willkür. Willkürliche Behauptungen, jemand sei rechts reichen, um einen Lynchmob der Gutmenschen, die sich in wenig von den Denunzianten der NS-Zeit unterscheiden, in Bewegung zu setzen, wie man es derzeit im Shitstorm gegen David Berger beobachten kann. Ziel der Shitstormer ist es, die Ausstrahlung eines Interviews von WDR5 mit dem Betreiber von Philosophia Perennis zu verhindern. In vorderster Front: Belltower News, der Ableger der Amadeu-Antonio-Stiftung, bei dem Hellseher beschäftigt sind, denn dort weiß man schon, was David Berger im Interview sagen wird, bevor das Interview überhaupt geführt wurde.

Instrumentell in diesem Zusammenhang sind auch Abmahnungen, die von Stiftungen, die im Geld der Steuerzahler schwimmen, eingesetzt werden, um Medien oder Blogs, deren Betreiber sich noch trauen, ihre abweichende Meinung kund zu tun und zu vertreten, mundtot zu machen, wohlwissend, dass die entsprechenden Medien und Blogs zumeist in privater Initiative und zumeist mit dünner Finanzdecke betrieben werden, so dass die Stiftungen, die vom Geld der Steuerzahler mehr als üppig leben können, die entsprechenden Betreiber finanziell im Gang durch die Instanzen des Rechts ausbluten können, egal, ob ihre Abmahnung einen begründeten Anlass hat oder einen erfundenen.

Vera Lengsfeld hat gerade eine entsprechende Abmahnung unterschrieben und dabei kommentiert:

Lion Feuchtwanger und Josef Stalin als Zuschauer eines des Moskauer Schauprozesse 1937 Link zu dieser sehr interessanten Quelle

„Es hagelt seit einiger Zeit schon Anzeigen und Unterlassungserklärungen gegen alle, die es wagen, der linken Meinungsmache zu widersprechen. Es vergeht kaum noch eine Woche, in der ich keine Mitteilung von Twitter bekomme, dass einer meiner Texte als angeblicher Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards gemeldet wurde. Mir wird mitgeteilt, dass Twitter den Text geprüft und gefunden hätte, dass kein Verstoß festzustellen sei. Es wäre deshalb nichts unternommen worden. Vielen anderen Twitternutzern wird dies sehr bekannt vorkommen

Das heißt nichts anderes, als dass wir unter ständiger Beobachtung von Netz-Denunzianten stehen, die nach dem Motto handeln: Lieber eine Anzeige zu viel, als eine zu wenig. Kenner wissen, wer diese Parole herausgegeben hat. Ist ihr Stasi-Führungsoffizier heute stolz darauf, wie weit es seine IM (Inoffizielle Mitarbeiterin) gebracht hat?“

Weiter schreibt Lengsfeld:

“Danijel Majic bezeichnet mich in seinem Artikel in der Frankfurter Rundschau als eine „inzwischen politisch weit nach Rechtsaußen gedriftete Publizistin“ – Lengsfeld ergänzt, dass die Behauptung, man sei rechts, einfach so in den Raum gestellt werde.

Dort steht die Behauptung natürlich nicht ohne Grund. Dort steht sie, um zu denunzieren.

Verleumdung, so haben wir vor einiger Zeit geschrieben, ist das Mittel der Erfolglosen. Der ganze Aufwand, der mit Denunziation einhergeht, wäre nicht notwendig, wenn Bürger mit normalen, rationalen Mitteln überzeugt werden könnten. Denunziation ist der beste Beleg dafür, dass dies nicht möglich ist. Auch alle oben beschriebenen Mittel sind Anzeichen der Erfolglosigkeit. Man muss keinen Internetpranger einrichten, wenn man gute Argumente hat. Man muss keinen Shitstorm starten, um ein Interview zu verhindern, wenn man gute, die besseren Argumente hat. Man kann locker und sicher in die Debatte gehen. Dass die Linken das nicht können, zeigt, wie armselig ihr Versuch, die eigene Ideologie zum Heil zu erklären, doch ist.

Skuba, Dieter & Stenzel, Reiner (2016). Im Namen des Volkes. Ermittlungs- und Gerichtsverfahren in der DDR gegen Nazi- und Kriegsverbrecher. Berlin: Verlag des Neuen Berlin.

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