Wegen falscher Einstellung: Arzt aus dem Saarland verweigert Behandlung

Das Dritte Reich war, ebenso wie die DDR und die Sowjetunion, durch ein Klima der Angst und der Anbiederung gekennzeichnet. Wer sich die Mühe macht, entsprechende Literatur zu lesen, die es in großer Zahl gibt, wir erinnern z.B. an unsere Leseliste, die wir hier veröffentlicht haben und ergänzen noch ein paar Einträge von Richard Evans, Robert Gellately und Laurence Reece, der wird schnell feststellen, dass im Prinzip zwei Arten von Menschen das öffentliche Leben in totalitären Systemen bestimmen:

  • Die Opportunisten, die sich auf Teufel komm’ raus an der Ideologie der totalitären Herrscher anbiedern wollen;
  • Die Ängstlichen, die versuchen, “in nichts hinein zu kommen”, wie es einst ein Leipziger Handwerker ausgedrückt hat;

Beide tragen ihren Teil dazu bei, dass menschenverachtende Regime, die Bürgerrechte zerstören und versuchen, eine Gesellschaft auf Intoleranz und Aversion zu bauen, erfolgreich sind. Die ersten, weil sie munter dabei mitmachen, Letztere, weil sie aus Angst nichts dagegen tun. Opportunismus, das zeigen vor allem die Arbeiten von Gellately und Reece, hat eine Vielzahl von Motiven, sie reichen von persönlicher Rache, dem Versuch, sich persönlich zu bereichern bis zu dem Bemühen, der Parteiführung zu signalisieren, dass man ein ganz besonders verlässlicher Parteigenosse ist, der die Beschlüsse der Partei übergenau ausführt und als Blockwart in seiner Umgebung für Ordnung sorgt.

Alles zusammen ist ein Grund dafür, dass die totalitären Systeme von Hitler, Stalin oder Mao zumindest zeitweise stabil beglieben sind.


Die Frage, wie konnte es soweit kommen, wie konnte es den Nazis gelingen, manche Deutsche zu zunächst Stützen und dann massenmordenden Handlangern ihres menschenverachtenden Systems zu machen, wie konnte es soweit kommen, dass Stalin ein System des Terrors nicht nur errichten, sondern über Jahrzehnte aufrecht erhalten konnte, trotz Massensterben und Genozid oder wie konnte es dazu kommen, dass im Rahmen einer “Kulturrevolution” Kannibalismus und Mord zu den herausragenden Eigenschaften der kommunistischen Gefolgschaft Maos werden konnte, diese Frage hat Generationen von Historikern, Politikwissenschaftlern uvm beschäftigt. Die meisten sind zu dem Schluss gekommen, dass es die kleinen Schritte in den Totalitarismus, die täglich aufs Neue stattfindende Normalisierung des Unnormalen, die Legitimierung von a-Moral, die Banalität des Bösen, wie dies Hannah Arendt formuliert hat, waren, die peu-a-peu aus normalen Menschen rasende Mörder gemacht haben.

Und natürlich muss man aus Sicht der Psychologie und Psychatrie und wohl auch der Neurologie ergänzen, dass diejenigen, die die Transformation von Normalität zu A-Normalität, zu Intoleranz, Feindschaft gegenüber Anderen, zu Anbiederung und oftmals Mord gegangen sind, eine entsprechende Disposition mitgebracht haben müssen. Vor allem Christopher R. Browning hat den Prozess der Radikalisierung von “ordinary men”, von normalen Polizeibeamten zur Kolonne der Massenmörder eindringlich beschrieben und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Teilnahme an Erschießungskommandos freiwillig war, gezeigt, dass eine besondere psychologische Disposition notwendig war, um “mitzumachen”, eine besondere Anfälligkeit für “peer druck”, eine besondere Unfähigkeit, die eigene Moral gegen a-Moral zu verteidigen – und das ist die Beschreibung für diejenigen, die nicht mit Feuer und Flamme dabei waren. Diejenigen, die keine Skrupel hatten, die sofort dabei waren, haben das psychologische Make-up von Kriminellen. Dass sie – im Falle der von Browning untersuchten Einheit, Polizeibeamte geworden sind, war ein Zufall ihrer Biographie, wie ihr späterer Werdegang zeigt.

Damit sind wir bei den modernen Formen der Anbiederung und des Opportunismus angekommen, die deshalb bedenklich sind, weil sie wieder – wie im Dritten Reich, im Stalinismus und der chinesischen Kulturrevolution – darauf basieren, eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung zu dämonisieren, sie komplett und ohne Rücksicht auf Verluste aus der Gesellschaft auszugliedern, sie auf genau einen Punkt der Unterscheidung zu reduzieren und ihnen jede Form von Individualität und Menschlichkeit abzusprechen. Diese neue Form des Faschismus, der Intoleranz gegen Abweichung nimmt heute u.a. die folgende Form an:

Das hängt an der Tür zur Praxis eines Arztes aus dem Saarland, der uns namentlich bekannt ist. Wenn Sie wissen wollen, wie das Dritte Reich möglich war, dann haben sie hier ein eklatantes Beispiel dafür. Nicht nur, wird eine Bevölkerungsgruppe willkürlich herausgegriffen und dämonisiert, nicht nur werden all die Signalbegriffe genutzt, von denen dieser Arzt denkt, sie würden ihn auf der Seite der Guten verorten, es wird den Ausgegrenzten, den Bösen, den Neujuden, wie man sagen könnte, ein elementarer Service verweigert, was nur auf Basis der Prämisse, es hier mit Untermenschen zu tun zu haben, möglich ist.

Menschenverachtung, die willkürliche Einteilung in Gruppen, die Dämonisierung der “anderen Gruppe” und die Verweigerung von grundlegenden Menschenrechten ist der Anfang allen Faschismus. Der Arzt aus dem Saarland, der hier offenkundig sein eigenes ärztliches Gelöbnis vergessen hat, und zudem Artikel 3 des Grundgesetzes mit Füßen tritt, er ist ein Prototyp für das, was totalitäre Systeme erst möglich macht:

  • Feindschaft gegenüber Menschen, die eine andere Meinung, Überzeugung, einen anderen Glauben haben;
  • Ausgrenzung dieser Menschen, um sich anzubiedern, in der Regel bei denen, die man für die politischen Machthaber hält;
  • Keinerlei moralische Skrupel und keinerlei Zweifel, man könne mit der eigenen Ansicht daneben liegen, man könne sich irren, anderen Unrecht tun;
  • Ein Sendungsbewusstsein, das nicht umsonst an das erinnert, was von Mitgliedern fanatischer religiöser Sekten bekannt ist;
  • Eine autoritäre Persönlichkeit, wie sie Adorno et al. beschrieben haben;
Danke an einen Leser!

Nun ist die Einstellung der Patienten eines Arztes für den Behandlungserfolg vollkommen irrelevant. Ebenso ist ein AfD-Mitglied oder ein Impfgegner oder ein “Faschist” nicht auf den ersten Blick, jedenfalls solange sie noch nicht zum Tragen irgendwelcher Sterne verpflichtet sind, erkennbar. Die gesamte Mitteilung dieses Arztes ist somit irrelevant und undurchsetzbar. Sie dient ausschließlich der psychologischen Hygiene und dem Andienen an das, was dieser Arzt wohl als politisch-korrekte Mehrheitsmeinung warhnimmt. Er will sich selbst somit als “Guten” inszenieren und man muss unwillkürlich die Frage stellen: Hat er das nötig? Denn: Ein guter Arzt, der in seinem Fachbereich und in seinem medizinischen Können mindestens den Standard der ärztlichen Kunst erreicht, hat genug damit zu tun, diesen Standard zu halten, er hat keine Zeit, um Patienten nach ihrer politischen und sonstigen Einstellung zu sezieren. 

Wie dem auch sei, das Beispiel aus dem Saarland zeigt die Anfänge dessen, was gewöhnlich als Faschismus in die Geschichte eingeht, sehr deutlich. Witzigerweise sind Faschisten bei diesem Arzt nicht willkommen. Er muss sich somit selbst aus seiner Praxis entfernen, was zeigt, dass er nicht einmal die Konsequenzen seiner Anbiederung, die sich aufdrängen, überschauen kann. Vielleicht sollter er sich einen guten Neurologen oder einen guten Psychiater suchen …


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