Expertendämmerung: Gesundheitsexperte Lauterbach fällt mit Long-Covid-Junk Studie auf die Nase

Genießen Sie die Hysterie, die aus dem Hause Lauterbach geschürt wird:

  • Große internationale Studie;
  • bisher beste Langzeitstudie;
  • Gegenstand: Long Covid;
  • Merkprobleme auch noch nach 6 Monaten
  • Lauterbach diagnostiziert eine dauerhafte autoimmun-Entzündung des Gehirn als Folge von COVID-19-Erkrankung;
  • Lebensqualität der Betroffenen sinkt als Folge von COVID-Erkrankung;
  • Schließlich die Panikattacke von Lauterbach:

“(4) Wenn wir jetzt, Wochen vor Impfung, Kontrolle über 3. Welle verlieren, werden hunderttausende #LongCovid erleiden und in Jahren sich fragen, weshalb man sie kurz vor Impfung nicht vor diesem Schicksal schützte. Folgen für Wirtschaft sind viel teurer als Wochen des Lockdowns”

Man sieht deutlich, wozu dem “Gesundheitsexperten” der SPD, den manche Twitterati als “Gesundheitsminister” sehen wollen, diese Studie dient. Er will Panik verbreiten. Wer an COVID-19 erkrankt sei, der leidet noch Monate später unter den Folgen der Erkrankung, der habe Gehirnprobleme und andere neurologische Probleme:

“(3) Für Lebensqualität der Betroffenen ist das schwere Krankheit, es unterschätzt jeder Laie. Viele Betroffene quälen sich durch den Tag, sind beruflich eingeschränkt. Sie leben mit dem wohl erhöhten Risiko späterer Demenz. Das trifft alle Altersgruppen. Was folgt daraus?”

Und natürlich ist Long-Covid ein endemisches Problem, das tausende Opfer fordert, wie diese große internationale Studie, die Lauterbach ausgegraben hat, weil ihm das Ergebnis in den Kram passt, die beste Langzeitstudie, wie er sagt, zeigt.

Nun, wir zeigen Ihnen nun, dass die große internationale Studie zum größten Junk gehört, den wir kennen, dass es schon deshalb nicht die beste “Langzeitstudie” sein kann, wie Lauterbach behauptet, weil es gar keine Langzeitstudie ist. Dass man über Long-Covid nichts auf Basis dieser Studie aussagen kann, liegt daran, dass Long-Covid überhaupt nicht gemessen wurde. Was gemessen wurde, wissen wir nicht wirklich, vermutlich die Neigung weiblicher Befragter alle möglichen Krankheitssymptome bei sich zu finden. Alles, was Lauterbach aus der Studie abzuleiten können glaubt, kann man aus der Studie nicht ableiten, weil es die Ergebnisse nicht hergeben.

“It is a most extraordinary thing, but I never read a patent medicine advertisement without being impelled to the conclusion that I am suffering from the particular disease therein dealt with in its most virulent form. The diagnosis seems in every case to correspond exactly with all the sensation that I have ever felt.

I remember going to the British Museum one day to read up the treatment for some light ailment of which I had a touch – hay fever, I fancy it was. I got down the book, and read all I came to read; and then, in an unthinking moment, I idly turned the leaves, and began to indolently study diseases generally. I forget which was the first distemper I plunged into – some fearful, devastating scourge. I know – and, before I had glanced half down the list of ‘premonitory symptoms’, it was borne upon me that I had fairly got it. I sat for a while frozen with horror; and then in the listlessness of despair, I again turned over the pages. I came to typhoid fever – read the symptoms – discovered that I had typhoid fever, must have had it for months without knowing it – wondered what else I had got; turned up St Vitus’s Dance – found, as I expected, that I had that too – began to get interested in my case and determined to sift it to the bottom, and so started alphabetically – read up ague, and learnt that I was sickening for it, and that the acute stage would commence in about another fortnight. Bright’s disease, I was relived to find, I had only in a modified form, and, so far as that was concerned, I might live for years. Cholera I had with severe complications; and diphtheria I seemed to have been born with. I plodded conscientiously through the twenty-six letters, and the only malady I could conclude I had not got was housemaid’s knee”.



Derjenige, den hier beim Lesen der jeweiligen Krankheiten, die Erkenntnis ereilt, an u.a. Cholera, Diphtherie und Typhus erkrankt zu sein, ist Jerome K. Jerome. Die Passage entstammt dem Buch “Three Men in a Boat”, ein lesenswertes, lustiges und für alle Hysteriker der heutigen Tage, unverträgliches Buch. Es wurde kurz nach der Jahrhundertwende geschrieben: 1900 nicht 2000. Jerome K. Jerome bringt hier etwas auf sehr lustige Weise zum Ausdruck, was wir alle wissen. Wenn man nach Krankheitssymptomen bei sich fahndet, dann kann man sich innerhalb kürzester Zeit davon überzeugen, dass man an allem Möglichen erkrankt ist, jedenfalls alle möglichen Symptome bei sich feststellen kann. Das ist Fun. Wer hätte gedacht, dass es einmal eine Horde von in empirischer Sozialforschung offenkundig Unerfahrenen, Illiteraten geben wird, die sich diese Erkenntnis zum Ausgangspunkt nehmen, um Ergebnisse über angeblich “Long-Covid” zu berichten, die man nicht anders als lächerlich bezeichnen kann? Karl Lauterbach findet sie nicht lächerlich, er denkt, die Ergebnisse seien der “besten Langzeitstudie” entsprungen.

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Eine Langzeitstudie, das ist eine Studie, die dieselben Befragten über Zeit verfolgt, um Aussagen über Entwicklungen machen zu können. Die Studie, um die es hier geht, ist keine Langzeitstudie, denn die Befragten werden zu genau EINEM Zeitpunkt gefragt und es werden ihnen Erinnerungsleistungen abverlangt. Die Erinnerungsleistung, die uns am besten gefallen hat, findet ihren Niederschlag in der Aussage, dass 72,8% der Befragten sich daran erinnern können, Erinnerungsstörungen erlitten zu haben, gar 64,8% erinnern sich daran, einen Gedächtnisverlust erlitten zu haben. Erinnern Sie sich an Ihren letzten Gedächtnisverlust? Nein? Nun, vielleicht liegt das daran, dass sie das Gedächtnis verloren hatten. Nein, Spaß beiseite, Sie sind nicht findig genug. Hier ein Beispiel für Gedächtnisverlust: “Put food on the gas stove and walked away for over an hour, only noticing when they were smoking/burning” [Ich habe Essen auf den Herd gestellt und bin davongelaufen. Erst nach mehr als einer Stunde habe ich es wieder bemerkt, weil es geraucht/gebrannt hat]. Nun, wer hat nicht auch schon einen derartigen “Gedächtnisverlust” erlitten? Oder einen solchen: “used to do the New York Times crossword puzzle every single day and I can’t even manage the mini ones now” [Ich habe das Kreuzworträtsel der New York Times jeden Tag gelöst, heute kann ich nicht einmal die kleinen Rätsel lösen].

Das sind, so behaupten die Autoren und so macht es sich Karl Lauterbach, der Gesundheitsexperte der SPD, zueigen, Gedächtnisstörungen, Gedächtnisverluste, nein Ergebnisse chronischer autoimmuner Entzündungen des Gehirns als Folge einer Erkrankung an COVID-19.

Lassen wir zunächst die Autoren, die für den Junk, dem Lauterbach auf den Leim gegangen ist, verantwortlich sind, zu ihrem vollen Recht kommen:
Hannah E. Davis, Gina S. Assaf, Lisa McCorkell, Hannah Wei, Ryan H. Low, Yochai Re’em, Signe Redfield, Jared P. Austin und Athema Akrami sind für den bemerkenswerten Junk verantwortlich, der unter dem Titel “Characterizing Long COVID in an international Cohort: 7 Months of Symptoms and Their Impact” veröffentlicht wurde. Es handelt sich dabei um kein Peer Reviewed Paper, wie Gesundheitsexperte Lauterbach sicher weiß … Wir würden diesen Junk gerne reviewen, vielleicht kommt er ja bei uns an …

Wir haben oben geschrieben, dass es sich um keine Langzeitstudie handelt. Es handelt sich tatsächlich um eine Online-Studie, die bei Qualtrics zu einem Zeitpunkt durchgeführt wurde, und die es schafft, eine unglaublich, ja eine bemerkenswert verzerrte Grundgesamtheit zusammenzutragen: Wir alle wissen, dass Männer häufiger an COVID-19 erkranken. Der Sample der oben genannte Helden umfasst 3.762 Teilnehmer, davon sind 78,9% Frauen. Wenn es um Krankheitssymptome geht, dann fühlen sich offenkundig eher Frauen als Männer angesprochen. Wir alle wissen, dass eine Erkrankung an COVID-19 vor allem die Älteren trifft, Personen über 70 Jahre sind hauptsächlich betroffen. Das Sample der oben genannten Autoren enthält nur 2,9% Befragte, die über 70 Jahre alt sind. Wir alle denken und Wissenschaftler bestätigen, dass wir recht haben, dass Long-COVID, also das Leiden an Spätfolgen einer Erkrankung an COVID-19, eine Erkrankung an COVID-19 voraussetzt. Nicht so die Herrschaften, die ihren Studien-Junk ausgeworfen haben. Für sie sind alle, die an ihrer Junk-Studie teilgenommen haben, COVID-19 Erkrankte. Tatsächlich finden sich unter den 3.762 Befragten im Sample lediglich 317, die jemals hospitalisiert wurden, von denen man also davon ausgehen kann, dass sie an COVID-19 (mittelmäßig oder schwer) erkrankt sind. Sie finden sich unter 600 Personen, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, vielleicht auch unter 683, von denen nicht klar ist, ob sie eine Schnittmenge mit den positiv PCR-Getesteten aufweisen, die einen positiven Antikörper-Test vorweisen können.

Man muss sich das einmal zu Gemüte führen, diesen Wissenschaftsbetrug: Die Autoren berichten ihre Ergebnisse so als wären sie ein Beleg für die Spätfolgen einer Erkrankung an COVID-19, was eine Erkrankung an COVID-19 voraussetzt, die in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht vorhanden gewesen ist. Tatsächlich sind die Ergebnisse das, was Jerome K. Jerome oben beschrieben hat, ein Indikator dafür, wie gerne manche Leute krank sein wollen, wie bereitwillig sie angeben, Symptome für dies und das zu haben. Und damit die Befragten auch viele Symptome angeben können, fragen die Autoren dieser Studie detailliert nach 66 Symptomen:

“The survey asked respondents to detail their experience of a subset of 66 symptoms over time. Respondents indicated whether each of these symptoms was present during a series of time intervals following the onset of their first symptoms: week 1 (days 1-7), week 2 (days 8-14), week 3 (days 15-21), week 4 (days 22-30), month 2 (days 31-60), month 3 (days 61-90), month 4 (days 91-120), month 5 (days 121-150, month 6 (days 151-180), and month 7 (days 181-210).”

Wenn man einen deratigen BS sieht, dann fragt man sich, wozu all die vielen Bücher geschrieben wurden, in denen die Methoden der empirischen Sozialforschung zusammentragen sind, die Bücher, in denen die Probleme der retrospektiven Befragung diskutiert und in der Regel nicht wirklich gelöst werden, weil sie nicht gelöst werden können. Zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere hat Dr. habil. Heike Diefenbach in einem Projekt gearbeitet, in dem es darum ging zu erklären, was zu Ehescheidung führt, welche Risikofaktoren es gibt, wie man Ehescheidung erklären kann. Teil dieses Projekts waren Interviews mit Paaren von Geschiedenen, von Leuten, die ihre Ehescheidung also hinter sich hatten und die in der Rückschau weder eine Einigkeit über die Geburtstage ihrer Kinder noch über das Datum ihrer Heirat herstellen konnten. Und diese Leute um Hannah E. Davies, die so bar jeglicher Kenntnis in empirischer Sozialforschung sind, die glauben, man könne Befragte danach fragen, ob sie am Tag 181 nach ihrer vermeintlichen Erkrankung an COVID-19 kognitive Dysfunktionen, Erinnerungsschwierigkeiten, Gedächtnisverlust hatten? Wie weltfremd muss man eigentlich sein, um einen derartigen Schrott an Befragungs-Design zusammenzubasteln.

Damit nicht genug.

Die Befragung umfasst 257 Fragen und dauert im Durchschnitt 69,3 Minuten. Wer setzt sich über eine Stunde vor einem Monitor und beantwortet Fragen nach bestem Wissen und Gewissen und erinnert sich an seinen Gedächtsverlust am Tag 169 nach keiner Erkrankung? Nach allem was wir wissen nur eine Gruppe: Personen mit psychologischen Problemen, denen der Fragebogen eine Möglichkeit bietet, ihr Leid kund zu tun, jenes Leid, für das sich kein Arzt interessiert, weil es nicht objektivierbar ist. Übrigens: 1312 der Befragten haben sich mit ihren Symptomen in einer Notaufnahme eingefunden und wurden wieder nach Hause geschickt. So manche Krankheit zerfällt unter dem Auge eines Arztes, der mit tatsächlichen Kranken konfrontiert ist, zu Staub.

Und ganz so, als könne man diesen Unfug doch noch steigern, präsentieren die Autoren die folgende Abbildung in ihrem Werk:

Was sie hier sehen, sind Abbildungen, die auf Basis von Antworten auf Rückerinnerungsfragen erstellt wurden: Hatten Sie in Woche 2 nach Ihrer “Erkrankung” Schmerzen in der Brust (Pain in chest), Brain fog (Denkschwierigkeiten), Gedächtnisprobleme. Die Abbildungen kontrastieren diejenigen, die zumindest positiv getestet wurden (orange Linie) mit allen anderen (blaue Linie). Wie man sieht, gibt es keine Besonderheit, keine Auffälligkeit (Beeinträchtigungen des Geschmacks-/Geruchssinn vielleicht ausgenommen). Ein normaler Wissenschaftler, der eine solche Abbildung sieht, der sagt: Okay, offensichtlich gibt es nichts, was die Symptome, die positiv Getestete über Zeit berichten, von den Symptomen unterscheidet, die von den anderen Befragten, die nicht positiv getestet wurden, die kein COVID-19 hatten, berichtet werden. Ergo gibt es kein Long-Covid, denn gäbe es ein solches, die beiden Kurven müssten sich deutlich voneinander unterscheiden und die positiv Getesteten, wenn wir sie kurz als Näherungswert für COVID-19 Erkrankte betrachten, sie müssten mit ihrer Kurve oberhalb der anderen Kurve liegen.

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Das würde ein Wissenschaftler aus diesen Abbildungen entnehmen, Hannah und ihre Freundinnen entnehmen diesen Ergebnissen:

“Results from this international online survey of 3,762 individuals with suspected or confirmed COVID-19 illness suggest that Long COVID is composed of heterogeneous post-acute infection sequelae that often affect multiple organ systems, with impact on functioning and quality of life ranging from mild to severe. A unique patient-led approach allowed for a thorough and systematic identification of possible symptoms based upon reports in online support networks.”

Das grenzt an Wissenschaftsbetrug, wenn es die Grenze nicht längst überschritten hat.
Aber es ist genau das, was COVID-Propagandisten wie Lauterbach gesucht haben. Deshalb wird der Junk übernommen und verbreitet. Die Alternative wäre anzunehmen, dass Lauterbach zu dumm ist, um zu einem korrekten Urteil über die Qualität wissenschaftlicher Studien zu gelangen.

Was soll es sein: Dummheit oder Opportunismus oder beides?

Wer solche Experten hat, der braucht sich nicht vor Laien zu fürchten, geschweige denn vor Verschwörungstheoretikern.


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