Der Mai ist gekommen…
Zum 1. Mai treffen Gewerkschaftsfunktionäre auf ihre Gefolgschaft und schwingen Reden, Reden in denen die Solidarität beschworen wird, Reden, deren Vorabtext Zeilen enthält wie: “Ich freue mich sehr, dass wir hier und heute so viele sind! So viele, die gemeinsam demonstrieren – für gute Arbeit in Europa, für gerechte Löhne und soziale Sicherheit”, und Reden, in denen Lösungen verkündet werden, die nicht einmal an den so oft abgewerteten Stammtischen Bestand hätten. Ich habe mir heute vorgenommen, zur Feier des 1. Mai und weil mich die “Diskursanalyse”, mit der ich im letzten Post beschäftigt war, inspiriert hat, die Rede zum 1. Mai zu analysieren, die Annelie Buntenbach, “Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands des Deutschen Gewerkschaftsbundes” in Köln gehalten hat – nicht im Hinblick auf ihre sprachliche Qualität, dafür aber im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den rudimentärsten Erkenntnissen der Ökonomie
Zuvor jedoch, will ich von einer bemerkenswerten Studie berichten, die Joris Lammers, Diederik A. Stapel und Adam D. Galinsky (2010) veröffentlicht haben. In ihrer Untersuchung gehen die Autoren der Frage nach, ob Macht bzw. das Gefühl, eine Machtposition inne zu haben, die moralischen Ansprüche der entsprechenden Personen unterminiert, ob sie zu Heuchlern werden, die andere an rigiden moralischen Maßstäben messen, die sie sich weigern, an sich selbst anzulegen. Was viele schon vermutet haben, wenn sie von z.B. Politikern erfahren, die ihre privaten Schatullen mit abgezweigten Steuermitteln füllen und gleichzeitig die Verschwendung von Steuermitteln anprangern, oder von Gewerkschaftsfunktionären, die die Arbeitslosigkeit anprangern, während sie mit überhöhten Lohnforderungen in Tarifverhandlungen gehen, das Gefühl der Macht lässt die Moral erodieren. Wer sich im Besitz von Macht wähnt, der ist eher bereit, moralische Maßstäbe für sich selbst nicht gelten zu lassen, wohl aber andere daran zu messen.
[EXKURS: Es gibt eine Vielzahl ökonomischer Analysen, die den Zusammenhang zwischen hohen Tarifabschlüssen, starken Gewerkschaften und der Höhe der Arbeitslosigkeit belegen. Hohe Tarifabschlüsse und starke Gewerkschaften sind ein ausgezeichnetes Mittel, um die arbeitsplatzbesitzende Klientel der Gewerkschaften vor der Konkurrenz durch Arbeitslose zu schützen und Arbeitslose dauerhaft von Arbeitsplätzen fern zu halten. Arbeitslosigkeit ist somit immer auch ein direktes Resultat der Wirksamkeit von Gewerkschaften. Die Reihe der Studien, die diesen Zusammenhang belegen, ist lang. Genannt seien an dieser Stelle die Analysen von Blanchard (2006), Nickell, Nunziata und Ochel (2005), Nickell (1997) oder Scarpetta (1997).]
Dieses Ergebnis von Lammers, Stapel und Galinsky ist mir wieder eingefallen, als ich gelesen habe, wie die hochbezahlte Funktionärin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Annelie Buntenbach, die folgende Passage in Ihrer Rede zum Besten gegeben hat: “Vor einigen Wochen hat mir eine Kollegin, die gerade in Rente gegangen ist, ihren Rentenbescheid gezeigt. 632 Euro – und das nach 40 Jahren Vollzeit als Floristin. 632 Euro – das ist doch ein Skandal!” Die Rente von Frau Buntenbach wird selbstverständlich höher ausfallen als die Rente der Kollegin Floristin, und das ist kein Skandal, das ist nur richtig so, schließlich wirkt Frau Buntenbach auch im Interesse der Floristin und ihrer geringen Rente – und es war noch immer so, dass diejenigen, die die Rechte anderer vertreten haben, daran besser verdient haben, als diejenigen, deren Rechte vertreten wurden.
Genug damit und genug zum Thema Heuchelei. Ich will die Passage die Frau Buntenbach zur Gesetzlichen Rentenversicherung zum Besten gegeben hat, nutzen, um den unüberbrückbaren Graben, der zwischen wissenschaftlicher Forschung und gewerkschaftlicher Ideologie verläuft, aufzuzeigen. Vielleicht gelingt es dadurch, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass gewerkschaftliche Solidaritätsträume zwar für manche schön anzuhören sein mögen, im Ergebnis aber eine elaborierte Form des rent seeking darstellen, von dem Wenige profitieren, für das aber Viele bluten müssen, wie es wohl in der Sprache der Gewerkschaften heißt.
In der Gesetzliche Rentenversicherung, so weiß Annelie Buntenbach zu berichten, “tickt eine Zeitbombe”, und zwar aus zwei Gründen: (1) weil es einen großen Niedriglohnbereich gibt und (2) weil die Rentenhöhe gekürzt und das Renteneintrittsalter erhöht wird. Um die Zeitbombe zu entschärfen, empfiehlt Frau Buntenbach, den (1) Niedriglohnbereich zu streichen oder doch zumindest stark zu begrenzen und (2) die Rentenhöhe durch eine stufenweise und jährliche Erhöhung der Rentenbeiträge auf stabilem Niveau zu halten. Eine einfache Rechnung: Wenn das Geld in der Kasse nicht reicht, dann muss mehr Geld in die Kasse. Doch so einfach, wie Frau Buntenbach es hier darstellt, ist das Ganze nicht.
Im Laufe ihrer Rede und noch bevor sie zu den Ausführungen über die Rente kommt, weiß Frau Buntenbach (fast bedauernd) zu berichten, dass die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist. Aber, so fügt sie hinzu, der Niedriglohnsektor sei gewachsen. Was Buntenbach nicht zu sehen scheint und jeder Student im ersten Semester der Ökonomie sehen würde, ist ein Zusammenhang: Der Niedriglohnsektor, das zeigen eine ganze Reihe von Evaluationsstudien zur Hartz-IV-Reform (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2006, Koch, Kupka & Steinke, 2009) ist als eine Folge der Hartz-IV-Reformen gewachsen, gleiches gilt für die Übertritte aus dem Niedriglohnsektor in eine (Voll-)Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt, und beides ist dafür verantwortlich, dass die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist. Wenn nun aber gilt, dass ein Niedriglohnsektor dazu führt, dass die Arbeitslosigkeit fällt, dann folgt daraus, dass mit einer Beseitigung des Niedriglohnsektors eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit einhergeht. Und dass dem so ist, hat eine Unzahl ökonomischer Analysen gezeigt (für einen Überblick: Neumark & Wascher, 2007): Steigen die Preise für Arbeit, dann reduziert sich das Angebot für Arbeit. Z.B. hat die Einführung eines Mindestlohns regelmäßig einen Rückgang der Arbeitsplätze zur Folge. Das ist eine einfache Frage der Rentabilität. Trotz aller Gutmensch-Tümelei im Rahmen von corporate social responsibility, niemand stellt einen Arbeitnehmer ein, weil ihm dessen Nase gut gefällt. Arbeitnehmer werden eingestellt, um die Produktivität und den Output eines Unternehmens zu erhöhen, wenn mit Produktivität und erhöhtem Output kein erhöhter Gewinn einhergeht, dann werden keine Arbeitnehmer eingestellt. Das sollte auch Frau Buntenbach wissen.
Das Problem von Buntenbach ist auch nicht eigentlich der Niedriglohnsektor, sondern die geringen Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung aus dem Niedriglohnsektor. Der Moloch “Gesetzliche Rentenversicherung” muss nämlich dauerhaft gefüttert werden, damit die Rentenhöhe der von Buntenbach erträumten Höhe enstprechen kann.
Gewerkschaften wurden vor Jahrhunderten gegründet, um die Interessen von Arbeitnehmern zu vertreten. Entsprechend haben sich Gewerkschaften vor Jahrhunderten in einem Gegensatz zum Staat und den Eigentümern der Produktionsmittel befunden. Ihr hauptsächliches Ziel bestand darin, für ihre Mitglieder gute Arbeitsbedingungen und (später) einen fairen Preis für Arbeit zu schaffen. Dass sich schon damals die Funktionäre mit ihren Interessen von den Interessen der eigenen Mitglieder entfernt haben, das ist spätestens seit Michels (1911) sein ehernes Gesetz der Oligarchiebildung aufgestellt hat, bekannt. Dass Gewerkschaften ihren Daseinszweck jedoch darin sehen, ihre Mitglieder auf staatliche Institutionen festzuschreiben und gegen jede Vernunft für den Bestand eines institutionellen Arrangements zu kämpfen, das Gewerkschaftsmitgliedern nur Nachteile bringt, ist eine neuere Entwicklung.
Wären Gewerkschaften und ihre Funktionäre nämlich an den Interessen ihre Mitglieder interessiert, sie würden gegen und nicht für die Gesetzliche Rentenversicherung kämpfen. Sie würden dafür Sorge tragen, dass ihre Mitglieder nicht gleich mehrfach die Gesetzliche Rentenversicherung unterstützen, einmal über ihre Beiträge, einmal über ihre Steuern und einmal dadurch, dass ihre Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung eine negative Rendite erwirtschaften. Beitragszahler zur Gesetzlichen Rentenversicherung erleiden entsprechend einen “Solidaritätsverlust”, der sich aus einer Vielzahl von Quellen speist:

- Die hohen Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung verhindern eine adäquate private Altersvorsorge von Arbeitnehmern und berauben die Arbeitnehmer der Möglichkeit, durch z.B. Investitionen in einen Investmentfonds eine Rendite von 6-7% zu erwirtschaften
- Die Umverteilung der Beiträge in der Gesetzliche Rentenversicherung sowie der demographische Wandel führen dazu, dass beginnend mit Beitragszahlern, die 1990 geboren sind, eine negative Rendite erwirtschaftet wird, d.h. pro eingezahltem Euro erhalten z.B. männliche Beitragszahler noch rund 0.99 Euro (1990 Geborene) bzw. 0,92 Euro (2010 Geborene) zurück.
- Gleichzeitig sind männliche Arbeitnehmer, die die meisten Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, die größten Verlierer der Gesetzlichen Rentenversicherung, denn ihre Rendite sinkt deutlich stärker als die Rendite von weiblichen Arbeitnehmern. So finanzieren Männer nicht nur die Anrechnung von Erziehungszeiten in der Rente für Frauen, sondern auch deren längere Lebenserwartung.

Die Lösung, die Frau Buntenbach zu diesen Fakten der Gesetzlichen Rentenversicherung einfällt, lautet: “Der Rentenbeitrag wird jedes Jahr ein bisschen angehoben. Dadurch entstehen in der Summe riesige Rücklagen – ein echter Schatz, der dazu genutzt werden kann und soll, die Leistungen zu verbessern”. Besser kann man eine kollektive Ideologie, die nicht die einzelnen Mitglieder, sondern eine nicht genau benennbare Entität zum Gegenstand hat, die von einem “Schatz” profitieren soll, nicht auf den Punkt bringen. Nicht die Chancen und Lebensumstände individueller Arbeitnehmer stehen somit im Zentrum der Aufmerksamkeit der Gewerkschaft, sondern eine kollektive Identität deren integrierender Kern das Aufrechterhalten institutioneller Sicherungssysteme ist. Anders formuliert: Die Lebenschancen individueller Arbeitnehmer werden auf dem Altar der Solidarität (mit wem auch immer) geopfert. Das mag heute eine vertretbare Gewerkschaftspolitik sein, ich habe aber dennoch Zweifel, dass sich Gewerkschaftler der ersten Stunde in diesen Inhalten wiederfinden. Wenigstens Frau Buntenbach findet sich in den Inhalten wieder, und angesichts eines Funktionärsgehalts, das jenseits des Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers liegt, lässt es sich auch gut über erhöhte Beiträge bei absehbar geringerer Rentenzahlung fabulieren. Man opfert immer leichter die Lebenschancen anderer als die eigenen, was zurückführt zur Untersuchung von Lammers, Stapel und Galinsky über Heuchelei …
Literatur
Blanchard, Olivier (2006). European Unemployment: the Evolution of Facts and Ideas. Economic Policy (January): 5-59.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)(2006). Die Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Bericht 2006. Berlin: BMAS.
Koch, Suzanne, Kupka, Peter & Steinke, Joß (2009). Aktivierung, Erwerbstätigkeit und Teilhabe. Vier Jahre Grundsicherung für Arbeitssuchende. Nürnberg: IAB.
Lammers, Joris, Stapel, Diederik A. & Galinsky, Adam D. (2010). Power Increases Hypocrisy: Moralizing in Reasoning, Immorality in Behavior. Psychological Science 21(5): 737-744.
Michels, Robert (1925[1911]). Zur Soziologie des Parteienwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens. Stuttgart: Alfred Kröner.
Neumark, David & Wascher, William (2007). Minimum Wages and Employment. Bonn: Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit/Institute for the Study of Labour (IZA), IZA Discussion Paper No. 2570.
Nickell, Stephen (1997). Unemployment and Labor Market Rigidities: Europe Versus North America. Journal of Economic Perspectives 11(3): 55-74.
Nickell, Stephen & Layard, Richard (1999). Labour Market Institutions and Economic Performance. In: Ashenfelter, Orley & Card, David (eds.): Handbook of Labour Economics. Amsterdam: North Holland, pp.23-98
Nickell, Stephen, Nunziata, Luca & Ochel, Wolfgang (2005). Unemployment in the OECD Since the 1960s. What Do We Know? Economic Journal 115(1): 1-27.
Scarpetta, Stefano (1997). Assessing the Role of the Labour Market Policies and Institutional Settings on Unemployment: A Cross-Country Study. OECD Economic Studies 26: 43-96
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Mal wieder eine kleine kritische Anmerkung:
Du schreibst:
“Arbeitslosigkeit ist somit immer auch ein direktes Resultat der Wirksamkeit von Gewerkschaften”
Diese Aussage ist in der Form falsch. Das Problem ist der Quantor “immer”. Das “immer” stimmt nur in sehr speziellen Theorien über (Arbeits-)Märkte. In der Praxis stimmt das halt mal mehr und mal weniger oder auch gar nicht.
Hallo Eike,
deshalb steht das auch nach dem immer. Gewerkschaften sind nicht der alleinige Grund für Arbeitslosigkeit, aber die Tarifabschlüsse von Gewerkschaften und die von Gewerkschaften durchgesetzten “Rechte”, die unter Kündigungsschutz oder Mitbestimmung subsumiert sind, tragen ihren Teil zur Erhöhung bzw. Schaffung von Arbeitslosigkeit bei.
Hallo Michael,
Ich wollte darauf hinaus, das dass aber nicht immer der Fall ist. Die Rechte und der Kündigungsschutz *können* in bestimmten Situationen auch antizyklisch wirken und somit positive Effekte haben.
Aber hier haben wir glaube ich eine grundlegende Meinungsverschiedenheit. Ich vermute, dass freie Märkte inhärent instabil sind, auch wenn freier Handel definitiv Preise stabilisieren *kann*.
(I.e. bei fallenden Preisen entschließt man sich zu kaufen, bei steigenden wird entschließt man sich zu Verkaufen. Ich schreibe *kann* weil das nicht unbedingt eine rationale Strategie darstellt, und so nicht betrieben wird.) Ferner vermute ich dass du im Gegensatz zu mir freie Märkte für stabil hältst.
Wie auch immer, mir sagt mein Wissen aus der Theorie der optimalen Steuerung, dass man im allgemeinen *nur* durch gegensteuern kein stabiles System bekommt, man kann oft sogar trotz gegensteuern Resonanzkatastrophen verursachen (Das gilt nicht unbedingt für Systeme mit 0 Reaktionszeit für das Gegensteuern). Richtig zu steuern ist schwierig, es wird einfacher in dem man die “Volatilität” reduziert, da das ausreichend Reaktionszeit verschafft richtig gegenzusteuern.
Mit anderen Worten ich denke, dass es einen gewissen Bereich für Rechte und Kündigungsschutz, oder allgemeiner für die Freiheit von Märkten, gibt den man weder nach oben noch nach unten verlassen sollte, weil sonst die Märkte nicht in der Lage sind über den Preis einen Sinnvollen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu schaffen.
Ohne das jetzt mathematisch zu untersuchen vermute ich, dass man zeigen kann, dass ein absolut freier Markt (Reaktionszeit fürs Handeln > 0) sich niemals im Gleichgewicht befindet, d.h. zu keinem Zeitpunkt Repräsentiert der Preis das “Equilibrium” für Angebot und Nachfrage.
Ich denke das, weil das wie gesagt für einen Großteil der Systeme gilt die man mit der Theorie der Optimalen Steuerung beschreiben kann. Mir ist nicht klar, woher die Hoffnung kommt, dass Märkte eines der wenigen Systeme sein sollen, bei denen es einfach sein soll diese zu Stabilisieren.
Hm, eigentlich müsste sich sogar zeigen lassen, dass Märkte (egal wie frei) nie im Gleichgewicht sind. D.h. Reduzierung der Volatilität kann nur zum Vermeiden von Resonanzkatastrophen dienen. Naja das ist halt im Detail schwirig.
… Mit “Märkte sind *nie* im “Gleichgewicht” meine ich nie für längere Zeiten. Bei als stetig angenommenen Preisen folgt die Existenz von Gleichgewichtspunkten sonst schon aus Stetigkeit und “Periodizität” (naja und “Bias”-Freiheit).
Das ist wie folgt zu verstehen, ein optimaler freier Markt kann sich von “Schocks” nicht erholen und stabilisieren, und ein nicht freier Markt hat quasi per Definition keinen Optimalen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage, da in dem Preis noch “Steuerungs-/Regulierungskosten” enthalten sind.
Ich will mich aber jetzt nicht zu sehr in Details verheddern …
Warum sollte man das zeigen wollen? Die Gleichgewichtsttheorie beschreibt ein Modell von dem ausgehend man auf die Realitäöt abstrahieren kamm. Insofern ist es wirklich wurscht, wie lange Märkte vom Gleichgewicht abweichen, so lange sie nicht zu sehr vom Gleichgewicht abweichen, dass das Modell keine Vorhersagen mehr erlaubt.
Bislang haben sich noch alle Märkte von Schocks erholt. Selbst die Finanzkrise hätte zu einer Erholung geführt, ganz ohne die staatlichen Eingriffe, aber mit einer ganzen Menge weniger Banken.
Du vermutest fast richtig, ich halte es mit Eugene Fama und sehr Märkte langfristig, egal, was die behavioural economists um Shleifer dazu meinen, im Gleichgewicht. So, das war die programmatische Aussage über das Modell. In der Realität frage ich mich, ob es einen Unterschied macht, ob ich denke, Märkte sind stabil oder nicht, wenn ich mich einmal auf diese Terminologie einlasse, obwohl ich sie für unglücklich halte, denn stabile Märkte gibt es nicht, aber ich denke, ich weiß worauf Du mit dem Adjektiv hinaus willst.
Die Frage des Kündigungsschutzes ist auch keine diskrete, sondern eine kontinuierliche Frage, insofern stimme ich Dir zu, dass ein Mindestmaß an Schutz auf beiden Seiten des Arbeitsvertrages vorhanden sein muss, die Frage ist nur, wie viel Kündigungsschutz muss es sein? Und hier ist nach meiner Ansicht weniger mehr, d.h. Entlassung nicht von heute auf morgen, aber bis zum Ende der Woche … Warum heißt das eigentlich Kündigungsschutz? Es schränkt Mobilität auf dem Arbeitsmarkt ein und das heisst, es reduziert den Preis für Arbeit den diejenigen erzielen können, die mobil sind und reduziert zudem deren Möglichkeit, Stellen zu besetzen, da die entsprechenden Stellen dauerhaft unter Schutz stehen.
Hallo Michael,
also Entlassung bis ende der Woche wäre ok, wenn auch Einstellung bis Ende der Woche möglich wäre. Das sehe ich momentan nicht, wobei eben auch der Kündigungsschutz seinen Anteil daran hat, dass dies nicht möglich ist. Aber eine Woche ist z.b. zu Kurz um mit einer Familie umzuziehen.
Ich weiß nicht ob sich alle Märkte von Schocks erholt haben, dass wage ich stark zu bezweifeln, es sei den Systemzusammenburch und Neuaufbau sind auch “erholen”.
Warum ich auf der “Stabilität” der Märkte herumreite hat den folgenden Grund: Mir scheint ein wesentliches kausales Element der Finanz-Kriese zu sein, dass man die Finanzmärkte zu sehr dereguliert hat, die Volatilität war so zu sagen so groß, dass das freie und schnelle Verkaufen von Finanzprodukten, zu einer Resonanzkatastrophe geführt hat (In den Medien Domino-Effect genannt). Wohl gemerkt, die Finanzprodukte selber halte ich weniger für ein Problem.
Das damit verbundene Zusammenbrechen des Systems wurde mit Steuermitteln verhindert – und da stimme ich dir zu, wie das gemacht wurde war unverantwortlich und Geldverschwendung.
Um mal Begriffe zu klären: Der(Ein) Gleichgewichtspunkt ist derjenige Preis bei dem genau so viel Nachgefragt wie Angeboten wird. Für Stabil halte ich einen Preis, wenn er sich im wesentlichen in seinem Zeitverlauf beschränkt um (s)einen Gleichgewichtspunkt aufhält. Ein Markt ist Stabil wenn alle Preise der in Ihm gehandelten Dinge (in wesentlichen) stabil sind. Schocks sind nur relativ zu einem Model zu verstehen, und beschreiben (plötzliche) Kursabweichungen welche nicht durch das Model erklärt werden (können).
Diese Nomenklatur Problem, dass sich Zeitliche kaum Verändernde Preise, also so zu sagen auch “stabile” Preise geben kann, welche nicht einen der(den) Oben genannten Gleichgewichtspunkt(e) darstellen.
Meine Vermutung der Instabilität kommt übrigens nicht von den “behavioural economists” sondern aus meiner Erfahrung als “computational scientist”. Bei mir ist alles in der Regel sehr formal, strikt und logisch aber selten einfach und stabil. Die kleinen Ungenauigkeiten die z.B. Fließkommazahlen und beschränkte Reaktionszeit erzeugen führen regelmäßig zu Instabilitäten. Diese zu vermeiden erfordert sehr viel Sorgfalt. Märkte, allein mit ihren vielen kaum koordinierten autonomen Teilnehmern traue ich daher nicht zu stabil zu sein. Das ganze ist noch komplexer als viele der technischen Probleme mit denen ich mich rumschlage. Demnach denke ich auch nicht, dass sich Märkte sehr langfristig stabilisieren – meine Erfahrung sagt mir das Instabilitäten nur schlimmer werden, ohne das das irgendwas mit Menschlichem Verhalten und Irrationalitäten zu tun hat. Es ist schlicht die Erfahrung mit realen Umsetzungen von formalen Systemen. Wie angemerkt kann man diese intrinsische Instabilität der realen Umsetzung auch formal untersuchen, und die Ergebnisse machen wenig Hoffnung. Es mag Märkte geben die Stabil sind, je nach dem welche Regeln dort gelten, aber solche Regeln zu finden ist schwierig. Einfach zu glauben weniger regeln und mehr Freiheit würden zu mehr und insbesondere langfristiger Stabilität führen ist aus der Sicht eines angewandten Mathematikers ein wenig naiv. Das hat schon sehr oft nicht funktioniert. Das Gegenteil ist übrigens genau so naiv, mehr regeln und weniger Freiheit (im System) funktioniert genau so oft nicht. Und wenn es funktioniert weiß man oft theoretisch nicht mehr warum und kann auch nicht zeigen, das ein in der Praxis stabiles System in Zukunft stabil bleibt. Insbesondere glaube ich auch nicht dass man eine solche langfristige Stabilität für einigermaßen realitätsnah modellierte Märkte zeigen kann, man kann nur hoffen und meine Erfahrung lässt diese Hoffnung nicht mehr zu.
Also bleibt mir und vermutlich uns nur die Stückwerktechnik nach Popper um die geeigneten Regeln für Märkte zu finden. Ein einfaches vorgehen und suchen im Bereich von mehr oder weniger Freiheit halte ich nicht für Zielführend. Freiheit ist vielleicht (alleine) gar nicht eine ausreichend signifikante Größen die das Verhalten von Märkten bestimmt.
Hallo Eike,
woher nimmst Du die Idee, dass das System durch die Finanzkrise zusammengebrochen wäre? In ABS, dem Hauptproblem der Krise, waren vor der Krise knapp 14 Billionen US-Dollar angelegt und nach der Krise knapp 12 Billionen (Financial Stability Board), das ist zu viel für einen Systemzusammenbruch. Ein paar Banken hätten sich aus dem Betrieb verabschiedet, sicher, oder sie hätten ihre vielen Government Bonds verkauft, um sich zu retten, nicht gerade das, was ein Wohlfahrtsstaat brauchen kann. Dass das ganze aber teurer geworden wäre als alle Rettungsaktionen, die es bislang gegeben hat und alle, die es noch geben muss, wage ich zu bezweifeln.
Ich habe deinen Begriff von Gleichgewicht schon verstanden, aber Gleichgewicht macht aus meiner Sicht nur “theoretisch” Sinn, nicht empirisch. Ich halte es deshalb auch nicht für sinnvoll von stabilen Märkten zu sprechen, das leistet nur der “die Märkte sind außer Rand und Band” Rhetorik Vorschub. Märkte funktionieren immer dann gut, wenn sie nicht reguliert werden und wenn die Volatilität durch die Anzahl der Transaktionen quasi kompensiert wird. Dass es ab und zu einen Bubble gibt, ist normal und für Staaten erst da zum Problem geworden, wo sie die größten Gläubiger der deshalb systemrelevanten Banken geworden sind.
Und woher nimmst Du die Idee, die Finanzmärkte seien dereguliert? Seit Jahrzehnten werden Märkte gesetzlich penetriert. Einen deregulierten Markt gibt es nirgends. Lies’ mal meinen neuen Post zum Thema “Schattenbanken”, um einen Eindruck von den “deregulierten” Märkten zu gewinnen.
Ansonsten habe ich mit deinem Stabilitätsmodell kein Problem, nur die Übertragbarkeit auf einen Markt mit VIELEN Teilnehmer, die UNTERSCHIEDLICHE Interessen haben, scheint mir nicht ganz sinnvoll, denn das Problem von Menschenansammlungen war noch immer, dass sie sich kaum vorhersagbar entwickeln, das ist das Risiko, aber es ist auch die CHANCE.
Hallo Michael,
mit Deregulierung spreche ich nicht die Anzahl der unsinnigen Regeln an die Irgendwelche Leute beschäftigen, sondern die relevanten Einschränkungen, die den Marktteilnehmern tatsächlich auferlegt sind. Beides hat gar nichts mit einander zu tun. Wir haben eine Massive Regulierung von unrelevanten Details. Für wichtig im Sinne der Krise halte ich insbesondere das Konkursrecht und eine konsequente “No-Bailoutregel” für Firmen. Das heißt nicht, dass der Staat nicht mit viel Geld in so einer Krise gegensteuern darf. Wenn es wirklich starke Binnenwirtschaftliche Probleme durch massive Arbeitslosigkeit in der Bankenbranche gegeben hätte, hätte man die entlassenden (nicht gut verdinenen) Arbeitnehmer auch eine festgelegte endliche Zeit, die zum neuen Job suchen, und eventuell um Umziehen und sich neu qualifizieren reicht, direkt mit Geld versorgen können. Damit könne man, so es den nötig ist die Binnennachfrage auch stabilisieren und die Zeitliche Beschränkung der Hilfe sollte auch genug Motivation geben sich einen Neuen Job zu suchen.
In deinem Artikel oben Schreibst du doch selbst wo die Finanzmärkte zu “dereguliert” oder besser nicht ausreichend reguliert waren, insbesondere die “Nutzung derselben Sicherheit in mehreren Transaktionen”. Eine Sicherheit ist ein Juristisches Konzept, wäre die Regelung da Klar (und nicht *mehr*) gewesen hätte das nicht möglich sein sollen, da die “Nutzung derselben Sicherheit in mehreren Transaktionen” dem eigentlichen Sinn einer Sicherheit entgegensteht. Wenn sich Firmen mit ABSs Verspekulieren sollte man sie einfach nicht auf Steuerzahlerkosten rauskaufen.
Mir ist Dein Konzept der Deregulierung nicht ganz klar… Die einzige Deregulierung, die ich kenne, bezieht sich auf eine Öffnung der Märkte für internationalen Handel, aber das ist eigentlich keine Deregulierung, weil es nur die Anzahl der Marktteilnehmer und die Verflechtung der Märkte erhöht hat, entsprechend zählt es eher als Integration der Märkte.
Die Mehrfachtnutzung von Kollateral, auf die Du anspielst, ist keine Frage von Deregulierung, da gab es nichts zu deregulieren, denn diese “Hypothecation” hat sich mit der Schaffung neuer Finanzinstrumente eingestellt, noch bevor Regulierer überhaupt wussten, was Hypothecation überhaupt ist. Das ist der eigentliche Punkt hier: Wie willst Du etwas regulieren, das Du noch nicht kennst? Man kann nicht Eventualitäten regulieren. Regulierer kommen immer hinterher gelaufen, hauen mit dem Spaten auf eine Fussel und nehmen in Kauf, die Blumen um den Fussel herum gleich mit zu zerstören. Das halte ich für keine gute Strategie. Zudem führen Regulationen IMMER zu höheren Transaktionskosten. Und was macht ein Akteur, der mit hohen Transaktionskosten konfrontiert ist, vor allem dann, wenn er seinen Grenzkosten reduzieren will? Er sucht nach Auswegen, nach Handelsformen, bei denen die Transaktionskosten nicht anfallen. So betrachtet bedingt jede Regulation eine Innovation, die von den Regulierern nicht vorhergesehen werden konnte und nach einiger Zeit selbst wieder regulierungsbedürftig ist und irgendwann reguliert wird und so regulieren sie vor sich hin und machen den Markt immer enger und die Ausweichsbestrebungen immer dringlicher und am Ende gibt es nur die Alternative den Markt durch einen Plan zu ersetzen, denn Sozialismus ist die logische Folge aller Regulationen. Und ich würde die Wette halten, dass die (Opportunitäts-)Kosten der Regulationen die Kosten der Finanzkrise um ein Vielfaches übersteigen.
Es braucht keine no bailout Regel, eine solche Regel basiert bereits auf der falschen Prämisse, denn anscheinend wird der Eingriff in den Markt als normal gesetzt und die Abweichung davon, die no bailout Regel, müsse reguliert werden. Warum lässt man Märkte nicht in Ruhe – vielleicht deshalb, weil Regierungen und systemrelevante Banken viel zu eng verflochten sind, aber niemand wissen soll, wie sehr der Wohlfahrtsstaat davon lebt, dass im private Investoren, z.B. die als Heuschrecken diffamierten hedge fonds, Geld pumpen, damit er seine Exkapaden finanzieren kann?
Hm,
das führt jetzt schnell sehr weit. Soweit, dass ich das kaum in Kommentaren weiter bearbeiten kann. Ich versuche es trotzdem zumindest ein wenig:
Wenn es sich den überprüfen lassen würde, würde ich gegen deine Wette halten, dass die (Opportunitäts-)Kosten der Regulationen die Kosten der Finanzkrise um ein Vielfaches übersteigen. Sofern damit eine Regulierung gemeint ist die solche Krisen verhindern, oder sehr abschwächt.
Wobei wir offensichtlich unter Regulation nicht das selbe verstehen. Auch verstehe ich dein Argument gegen Regulierung nicht. Das ist so, als würde man Argumentieren, man könne fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge nicht als Gesellschaft Bekämpfen, weil es beliebig viele Möglichkeiten gibt dieses durchzuführen. Genau in diesem Sinne ist auch Mein No-Bailout Kommentar zu verstehen. Es entstehen natürlich immer neue Möglichkeiten jemanden “Fahrlässig umkommen zu lassen”, dass heißt aber nicht, dass nicht gesellschaftliche Regelungen geben kann die das mehr oder weniger wahrscheinlich werden lassen, trotz entsprechender Innovationen.
Was die höheren Transaktionskosten angeht, das ist meines Erachtens nicht immer schlecht, die dürfen halt nicht zu hoch werden, versteht sich. Den Verlust von einigen Marktteilnehmern kann man in einen gewissen Rahmen verkraften.
Ferner halte ich den Eingriff in den Markt wirklich für normal und für notwendig, da ich den “freien” Markt wie gesagt für inhärent instabil halte. Ferner sind der Markt und die Gesellschaft ja nun keine Gegensätze, also greift Politik immer in den Markt ein. Ich habe zwar starke Sympathien für Anarchistische Konzepte leider funktionieren sie in der Praxis oft nicht oder nur beschränkt. Also keine stabile Gesellschaft ohne entsprechende Regeln, als “Korollar” gilt das dann auch für “Märkte”.
Was deine Probleme mit unserm/jedem/einem (?) “Wohlfahrtsstaat” angeht verstehe ich deine Position und die häufigen Seitenhiebe nicht. Mir kommen deine Seitenhiebe darauf immer ein wenig merkwürdig vor. Unser Staat zahlt ja offensichtlich nicht nur Eskapaden des Wohlfartsstaats sondern auch von Banken und anderen Unternehmern die gute “Kontakte” zur Politik haben. Das würde aber heißen dass hier eine Form von “Korruption” das primäre Problem ist.
In wie fern hedge fonds – als Gesamtheit – nützlich für den Wohlfartsstaat sind und diesem Geld pumpen müssten sehen ich nicht im geringsten, sie sind eigentlich völlig überflüssig um die Existenz eines Wohlfartsstaates zu garantieren (oder zu gefährden). Das das momentan z.T. anders ist hat was mit Politik aber nicht mit irgendwelchen Notwendigkeiten zu tun.
Sie zahlen halt steuern, und kaufen teilweise Staatsanleihen, mehr sehe ich da nicht. Eher sehe ich bestimmte Geschäfte die sie machen als problematisch an, das wurde aber erst durch Schröders Deregulierungen erlaubt.
Als Liberaler dem die Freiheit des Individuums am Herzen liegt und als Naturwissenschaftler, der weiß dass die Gesetze der Welt erbarmungslos walten – ohne irgendwelche Rücksicht auf menschliche Bedürfnisse, Fairness oder Gerechtigkeit – ist mir eigentlich klar, dass eine Liberale Gesellschaft einen Wohlfartsstaat in dem Rahmen umsetzen muss, der diese durch die Regeln der Natur gegebenen Unfreiheiten und Ungerechtigkkeiten im gewissen Rahmen auffängt. Natürlich kann diese Auffangen nicht komplett stattfinden, da sonnst der Staat die Freiheit mehr einschränkt als die Natur. Deshalb kommen mir deine Seitenhiebe auf den Wohlfartsstaat immer ein wenig eigenartig vor.
Ich habe ein Hobbesches Verständnis von Regulation: Soviel wie unbedingt notwendig und nicht mehr, denn jede Regulation erfordert eine Abgabe von individueller Freiheit. Dein Analogieschluss ist falsch, denn die Folgen eine fahrlässigen Körperverletzung stellen sich tatsächlich ein, sie sind negativ und jeder von uns hat ein Interesse daran, nicht Opfer eines unaufmerksamen Idioten zu werden. Entsprechend gibt es einen guten Grund dafür, die individuelle Freiheit, unaufmerksam zu sein, aufzugeben. Bei Regulierungen in Märkten ist das anders. Ich es halte nach wie vor für eine empirische Frage, ob die staatlichen Hilfen mehr genutzt als geschadet haben. Wenn Du die Geschichte des Great Crash und er vielen Keynesianischen Gegenmaßnahmen, alle in Form von regulierenden Eingriffen in den Markt, betrachtest, dann haben die Eingriffe, die Depression, die dem Crash nachfolgte (a) verursacht und (b) verlängert. Wir wissen nicht, wie sich etwas in Zukunft entwickelt, entsprechend sollten wir mit unseren regulativen Eingriffen vorsichtig sein und nicht jeden Pippifax regulieren wollen.
Wie kommst Du auf die Idee? Aber gut, gehen wir davon aus, ein Eingriff in den Markt sei notwendig. Gemessen woran ist er notwendig? Wessen Interessen gilt es zu schützen? Wessen Interessen können wir dem Eingriff opfern? Wie bestimmen wir, was ein funktionierender und regulierter Markt ist? Mein Marktkonzept hat überhaupt nichts mit Anarchie zu tun. Ich hänge der evolutorischen Ökonomie wie sie Hayek oder Schumpeter formuliert haben, an. Entsprechend ist ein Markt ein Ort, an dem ein Regelungsmechanismus “der Preis”, als Korrektiv und Anreiz funktioniert und auf dem Marktteilnehmer mit gleichen Rechten und Möglichkeiten unterwegs sind. Jeder staatliche Eingriff, jede Regulation schafft notwendig Privilegien und stellt somit den einen Marktteilnehmer (z.B. Bauern, deren Waren weit über dem Marktpreis gehalten werden) gegenüber anderen Marktteilnehmern (z.B. Müllfahrer, deren Dienst relativ zu Bauern weit unter dem Marktwert gehandelt werden) und auf deren Kosten besser.
Nun, dann will ich Dich mal “erhellen”. Ich habe mit einem Wohlfahrtsstaat, der ohen Sinn und Zweck umverteilt und dessen einziges Bemühen darin besteht, überkommene Institutionen aufrecht zu erhalten, ein Problem. Zum einen verstößt ein Wohlfahrtsstaat gegen meine Vorstellung von Equity, die Auszahlungen in Relation zur Anstrengung sieht, zum anderen vernichtet ein Wohlfahrtsstaat Lebenschancen und Ressourcen, weil er Ressourcen falsch zuweist und Lebenschancen durch staatliche Alimentierung und damit die Festschreibung von bestimmten Bevölkerungsgruppen als “minderwertig” zerstört. Ganz davon abgesehen ist der derzeitige Wohlfahrtsstaat eine einzige Rent seeking Veranstaltung, bei der verschiedene Gruppen versuchen (Sozialarbeiter, Politiker, Genderisten, Bauern…you name it), so viel wie nur möglich auf Kosten der Steuerzahler aus einem “gemeinsamen” Topf zu entnehmen. Dass “unser” Staat auch die Banken ausgebailt hat, war, wie Du Dich vielleicht erinnerst, eine meiner Kritiken. Dieser Wohlfahrtsstaat bringt das Schlechteste aus Menschen heraus und wiegt sie in der Sicherheit, sie könnten Ihr Leben Mutter Staat anvertrauen.
Wenn Hedge Fonds noch Staatsanleihen kaufen würden, nicht nur der deutsche Finanzminister würde Freudentänze aufführen. Sie tun es leider nicht mehr oder nur noch in geringem Maße – zu riskant. Hedge Fonds sorgen dafür, dass Finanzmärkte liquide sind. Liquide Finanzmärkte sind Märkte, die nicht gleich zusammenbrechen, wenn ein Unternehmen insolvent wird. Es sind Märkte, auf denen Aktionäre, die ihre Aktien verkaufen, kein Problem haben, einen Käufer zu finden. Hedge Fonds investieren Venture Capital in neue Unternehmen. Silicon Valley ist in vielen Teilen ohne Hedge Fonds nicht zu denken. Hedge Fonds bieten institutionellen Anlegern, also den Verwaltern von US-Amerikanischen und britischen Pensionfunds (der Alterssicherung der kleinen Leute) die Möglichkeit, Risiken, die sie z.B. in einer Position (long) in einem Markt halten, mit einer Position in einem anderen Markt zu sichern (short). Und jetzt bin ich gespannt, welche Geschäfte von Hedge Fonds, Du als problematisch ansiehst. Bitte nicht die alte Leier mit der Spekulation, denn, wie selbst schon in deutschen ökonmischen Journals steht: “Ein ähnlicher Anachronismus ist die Vorstellung, Krisen würden durch die Aktivitäten von Spekulanten ausgelöst, weswegen die Spekulation zu verbieten sei. Eine Variante
ist das Verbot von Leerverkäufen. Denn wie könne man mit einer Aktie handeln, die man gar nicht besitzt? In dieser modernen Variante des aristotelischen Zinsverbots übersieht man gerne, dass Leerverkäufer marktwirksam ihre Meinung zum Ausdruck bringen, dass ein bestimmtes Wertpapier überwertet ist. Insofern leisten sie einen wertvollen Beitrag, um Übertreibungen der Märkte abzubauen” Burghof, Hans Peter (2012). Füllhorn oder Pandorabüchse? Woher kommen die neuen Vorschläge zur Bankenaufsicht? Wirtschaftsdienst 92(2): 88-91.
Hallo Michael,
ich habe diese Woche noch eine Deadline für zwei Abstracts, ich melde mich dann nochmal.
Der Finanzmarkt ist derzeit der Markt, mit den niedrigsten Transaktionskosten! Darum können Sie diese sehr gut erhöhen, ohne dass es Substitute gibt.
ABS waren nicht das Hauptproblem der Krise, sondern deren Verwertung, Bewertung und Bilanzierung (besonders die Bilanzierungfreiheiten !). bei einem Autounfall ist in der Regel auch nicht das Auto schuld, sondern der Fahrer.
Prima Transaktionskosten-Logik: Wenn dem so ist, dann gilt auch: logisch äquivalent: In Baden-Baden gibt es derzeit die wenigsten Gewaltverbrechen pro Kopf gemessen für alle deutschen Städte, deshalb können Baden-Badener ab sofoert gerne etwas heftiger draufschlagen.
Dass ABS an sich das Hauptproblem der Krise waren, hat auch niemand behauptet.
Erstens sind ABS nicht bilanzierungsfrei, sie tauchen nur nicht in den Bilanzen von Banken auf, in den Bilanzen der entsprechenden SPV oder SVI schon ; zweitens hat die Frage, ob ABS bei Banken bilanziert werden oder nicht überhaupt nichts damit zu tun, dass die underlyings von ABS einen akuten Wertverlust erlitten und damit manche Securities kurz vor nichts mehr wert waren.
Es ist ein Unterschied ob ich bilanzierungsfrei oder Bilanzierungsfreihet schreibe. Ersteres meint die Freiheit es nicht in der Bilanz zu dokumentieren und letzteres meint die Anwendungsfreiheit innerhalb der Bilanz.
Weiterhin haben ich auch nicht behauptet, dass es jemand behauptet hat. Ich habe es lediglich aufgeführt.
Baden-Baden: Ein seltsamer Vergleich. Aber ja, sie können mehr draufhauen, wenn es erstrebenswert ist, den Schnitt zu erreichen. Wobei dieser durch die Zunahme natürlich erhöht werden würde. Inwieweit dies logisch äquivalent zu den Transaktionskosten sein soll erschliesst sich meiner Kreativität nicht. Aber Fakt ist – und das werden selbst Sie nicht bestreiten können – dass der Finanzmarkt die niedrigsten Transaktionskosten aufweist. kein anderer Handel mit solch einem Volumen hat solch hohe Spannen durch niedrige Kosten. Insofern ist das künstliche Anheben der Kosten nicht sofort mit einer Substitution verbunden – denn dies würde eine bessere Alternative voraussetzen. Die es aber nicht gibt! Und die Argumenattion, auf andere Standorte auszuweichen (wie es oft proklamiert wird) funktioniert nur in sehr wenigen Fällen – das Gros der Transaktionen ist schon Kostenoptimiert. In Europa finden wir dies eben in der Britischen Systematik. Aber dass Sie so argumentieren, wundert mich nicht – eben wie genannt.
Well, what is there more to say, wenn Sie die Analogie nicht sehen können, dann bin ich mit meinem Latein am Ende – wenn jemand nicht verstehen WILL, dann kann man sich nicht argumentativ auseinandersetzen.
Ich habe übrigens nie bestritten, dass die Transaktionskosten im “Finanzmarkt” (welchen meinen Sie eigentlich? Derivate, Bonds, OTC, Geldmarkt …?) im Vergleich zu einem von Ihnen nicht näher bezeichneten Vergleichsmarkt geringer sind, wie könnte ich das, da ich nicht weiß, womit Sie gerade den “Finanzmarkt” vergleichen.
Finanzmarkt = Oberbegriff = Märkte, an welchen Finanzprodukte gehandelt werden – jedweder Form und Art.
Das hat mit wollen nichts zu tun, das unterstellen Sie einfach. Ihre Analogie ist m.E. schlicht keine. Betrachten Sie es ganz einfach so: Bei einer Erhöhung der Transaktionskosten profitieren die nicht am Gewinn Beteiligten Personen durch Anteilnahme durch die Transaktionskosten an der Haftung. Zu deutsch: Die zusätzlichen Kosten können (könnten) zur Risikoreduzierung beitragen. Der Akteur kann die Grenzkosten nicht senken, weil er keine Alternative hat – er generiert 0,00 Opportunitätskosten, wenn er im legalen Handel bleibt. Dies setzt voraus, dass die Transaktionskosten entsprechende bemessen werden.
Im Gegensatz haben wir jedoch seitens der Staaten enorme Opportunitätskosten durch zB nicht erhobene Transaktionssteuern – aber dennoch eine latente Haftung. Dieses Ungleichgewicht in anzupassen, und es stellt keine große Herausforderung, ausser dem Sturm der Entrüstung an den Finanzmärkten.
Aber wer profitiert von den Baden-Badener Vandalen? Wo definieren Sie hier eine Analogie – gerne lasse mich aufklären, wenn ich bei dieser Analogie blind bin.
Herr Neuer,
Sie können sich offensichtlich überhaupt nicht vorstellen, dass jemand Ihre Prämissen und vor allem Ihre Bewertungen nicht teilt. Ich teile ihre Bewertung, nach der eine Transaktionssteuer eine positiven Effekt hat, in keiner Weise. Entsprechend ist eine Transaktionssteuer für mich analog zu Diebstahl, staatlich subventioniertem Diebstahl. Veilleicht haben Sie es ja jetzt verstanden.
Und noch mehr food for thought: Wenn eine nicht erhobene Steuer bereits Opportunitätskosten auslöst, dann würde es mich interessieren, wie sie dagegen argumentieren, wenn ich fordere, dass man eine Kindersteuer erhebt: Kinder verursachen Lärm, erhöhen den CO2-Ausstoss, führen morgens und spätnachmittags zu Staus auf den Zubringerstraßen zu Kindergärten usw usw. Wenn alle nicht erhobenen Steuern tatsächlich Opportunitätskosten bedeuten, dann haben Sie gerade die Büchse der Pandora geöffnet, das ist Ihnen klar – oder?
Ansonsten macht mich diese Staatsgläubigkeit und die Gegenüberstellung von “Staaten” und uns im Gegensatz zu “den Märkten” müde. Wer sind denn “die Staaten”? Sie, ich? Wer sind “die Märkte”? Sie, ich? Es gibt hier wie dort Akteure mit Interessen und Sie sind offensichtlich der Ansicht, dass Sie Ihre Interessen eher durch eine Betonung von “den Staaten” und durch eine Zuordnung auf die Seite von “den Staaten” verwirklichen können. Das ist ok, aber hören Sie bitte auf, für sich den “moral highground” zu reklamieren, und ihre Interessen eben einmal zu “unseren” Interessen zu machen, sie dabei zu adeln und als berechtigter darzustellen, als irgendwelche Interessen von irgendeinem Broker in Frankfurt.
Kindersteuer entspricht nicht dem Verursacherprinzip.
Ihre Logik: Steuern = staatlicher Diebstahl
das kann man so sehen, muss aber auch die andere Seite erläutern: Wie kann ein Staat ohne Steuereinnahmen agieren?
Finanztransaktionen werden unterproportional belastet im Gegensatz zum Güterhandel? Mit welcher Begründung?
Einnahmen durch Finanzprodukte werden ebenfalls deutlich geringer belastet als Löhne. Mit welcher Begründung?
Wenn Sie meine Meinung nicht teilen, ist das doch durchaus in Ordnung. Da Sie keine positiven Effekt sehen, so denke ich, sehen Sie eher eine negativen Effekt: Welchen?
Ich habe Ihnen definiert wer die Finanzmärkte sind. Sie sollten wissen, dass Märkte durch Ihre Teilnehmer deifniert werden. Damit sind Märkte immer die Summe der Akteure.
Staaten: Sie sind genauso wie ich ein Teil eines Staates. Alleine schon durch Ihr Wahlrecht. Damit sind Sie unmittelbar der Staat. Nun müsste ich Ihnen noch die Gewaltenteilung und das Grundgesetz aufführen – das ist der Staat. Ich denke, die Begriffe sind Ihnen durchaus klar.
Aber wieso umgehen Sie stetig den Kern der Diskussion, indem Sie sich mit solchen Belanglosigkeiten aufhalten?
Wieso entsprechen Kindersteuern nicht dem Verursacherprinzip? Aber sicher tun sie das.
Meine Logik ist nicht Steuern = staatlicher Diebstahl, sondern ungerechtfertigte, weil nicht die Kernaufgaben eines Staates betreffende Steuern sind Diebstahl.
Wo sehen Sie positive Effekte, ich kann mich erinnern, dass Sie einen positiven Effekt genannt haben, der von einer Transaktionssteuer ausging, außer eingebildeten Opportunitätskosten.
Wenn überproportionale Steuerlast nunmehr das Kriterium sein soll, ok. Spielen wir nunmehr dieses Spiel: Reiche werden schon durch die Steuerprogression überproportional belastet, wie wäre es daher mit einer Armensteuer. Ich bin gespannt, wann Sie merken, dass Ihre Argumentation schief ist, aber wir können das meinetwegen bis zum St. Nimmerleinstag bzw. bis zum “nonsense”-Limit der daily allowance spielen.
Es gibt keine Staaten, es gibt nur einzelne Akteure, aber wenn ich nach Ihrer Ansicht unmittelbar der Staat bin, warum kann ich dann nur keine Gesetze erlassen?
Ei, ich umgehe den Kern der Diskussion. Nun, welchen Kern meinen Sie eigentlich? Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie bislang ein Argument vorgetragen haben, entsprechend sehe ich auch keinen Kern… zumindest was Ihre Kommentare angeht.
1) Kinder verursachen keine Staus, Sie haben gar kein Auto, also auch kein CO2-Ausstoss.
2) Diebstahl ist definierter Begriff und meint eine Straftat. Bezichtigen Sie den Staat (wer das auch ist…) einer Straftat bei einer Steurerhebung, weil diese, nach welchen Maßstäben auch immer, ungerechtfertigt ist. Wer definiert die Rechtfertigung?
3) Finanztransaktionen unterliegen zB nicht der MwSt., obwohl bei Aktienverkäufen immatrielle Güter gehandelt werden. Wie ist die Begrüdnung für diese monetären Vorteil?
4) Sie wählen, und die durch die demokratische Wahl Beauftragten verfassen stellvertretend die Gesetze. Sie sind ein Teil des Staates. Ob Sie wollen oder nicht.
5) Kern der Diskussion: Wieso werden Finanztransaktionen trotz niedriger Opportunitätskosten ( 0 Euro) nicht besteuert?
6) Es ist mir hinlänglich bekannt, dass Sie meine Kommentare nicht mögen. Aber es geht hier auch nicht um Sympathie.
Mir geht langsam die Geduld mit Ihnen aus. Deshalb betrachten Sie diese Antwort als final!
1) Warum stellen Sie sich dumm? Wollen Sie bestreiten, dass es Autofahrten gibt, die es ohne Kinder, die zum Kindergarten geliefert werden müssen, nicht gegeben hätte? Wollen Sie bestreiten, dass bei der Produktion von Kindernahrung Co2 anfällt, das nicht angefallen wäre, gäbe es keine Kinder? Und wollen Sie tatsächlich bestreiten, dass mit jedem Menschen mehr auf diesem Planeten eine Belastung der Umwelt einhergeht?
2) Wer hat wohl Diebstahl als Begriff definiert? Gott? Abraham? Gerd Müller? Regeln fallen nicht vom Himmel. Sie sind das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses, in dessen Verlauf Leute mit verschiedenen Interessen aufeinander getroffen sind.
3) Warum verlangen Sie eine Begründung für etwas was nicht gegeben ist. Ist die MWSt ein göttliches Gesetz, das nur in Ausnahmefällen anzuwenden ist? Sie bauen Ihre Welt verkehrt herum: Erst kommt die Freiheit und dann das Gesetz, nicht umgekehrt. Es braucht eine Begründung, wenn man Freiheit einschränken will, es ist nicht so, auch wenn manche Untertanen-Geister das gerne so hätten, dass es einer Begründung bedarf, warum eine Einschränkung von Freiheit gerade in diesem Fall aufgehoben werden kann. Oder sind wir etwa alle in “Zwang” geboren?
4) Nein, Irrtum, ich wähle nicht. Ich legitimiere keine Profiteure eines politischen System, die ich nicht wertschätze. Auch hier ist ihr Weltbild verkehrt herum. Sie mögen froh sein, wenn es einen Staat gibt, dem Sie sich zugehörig fühlen können. Für mich ist das umgekehrt, ich verlange vom “Staat”, dass er sich nach individuellen Bedürfnissen und Interessen richtet.
5) Ach, das war der Kern der Diskussion. Eigentlich liegen die Argumente auf der Hand – Wenn Sie in einem Markt Transaktionen besteuern und in einem anderen nicht, und Briten und Amerikaner werden nie zulassen, dass die LSE oder die NYSE eine Transaktionssteuer aufgebürdet bekommen, dann wandern Händler dahin, wo die Grenzkosten geringer sind. Also wird den kontinentaleuropäischen Börsen, die sowieso schon schlecht kapitalisiert sind, weiteres Kapital entzogen, was die Volatilität erhöht und dazu führt, dass kleine “runs” zur Regel werden. Im Ende wird sich eine Transaktionssteuer nicht rechnen, weil die Verluste, die durch Abwanderung und Kapitalvernichtung entstehen, höher sein werden als die Gewinne, die durch die Steuer eingezogen werden. Haben Sie sich auch nur eine Sekunde lang überlegt, warum ein rationaler Investor, der z.B. Deutsche Bank Aktien hält, auf eine Transaktionssteuer warten soll, wenn er seinen share in Euro verkaufen kann und in Deutsche Bank Aktien an der NYSE tauschen? Im Ergebnis ist die Deutsche Bank in Deutschland unterkapitalisiert und an der NYSE überkapitalisiert, was sie anfällig macht für Arbitrage, die wiederum die deutsche Börse volatiler macht und abermals die Wahrscheinlichkeit von miniruns erhöht. Warum fühlt sich in Deutschland nur jeder Hempel ohne Ahnung dazu berufen, die Grundlage des gemeinsamen Wohlstands zu vernichten?
6) Das ist auch gut so. Ich mag übrigens nicht ihr Kommentare nicht. Ich mag den Stil Ihrer Kommentare nicht. Dass man andere regelmäßig um Aufklärung ihrer Position bittet, ist das eine, aber so ab und zu sollte man auch selbst auf etwas eingehen, was andere schreiben und sich ab und an auch dazu bequemen, die eigene Position (sofern das möglich ist) zu begründen. Behauptungen aufstellen und auf ungleiche Verteilungen oder was auch immer hinweisen, das kann jeder. Schwierig wird es da, wo man begründen muss, warum die Behauptung richtig sein soll und warum die ungleiche Verteilung ungerecht sein soll. Dazu habe ich bislang noch nichts gehört: Wo ist z.B. noch einmal der Nutzen der Transaktionssteuer, der all die Kosten übersteigt, die ich gerade beschrieben habe?
@Simon Neuer
Ich teile ja ihre Ansicht, das ich einer nicht zu hohen Finanztranztransaktionssteuer positive Effekte zuschreiben würde. Aber warum wehren sie sich gegen den Vorschlag von Michael eine Steuer auf Kinder zu erheben? Momentan sind wir (auf der Erde) “Überbevölkert”. Wenn wir eine Gesellschaft mit Allgemeinen Wohlstand haben wollen, setzt das nun mal Voraus, das wir nicht zu viele sind, da unsere Ressourcen nun mal beschränkt sind. Sollten wir wirklich in den Bereich kommen wo man nach biologischen Kriterien von einem bedrohten Bestand Mensch (Von mir aus auch Deutsche) reden kann, könnte man die steuern ja anpassen.
Auch wenn Michael andere Meinung ist als ich stimme ich ihm zu dass es Argumentativ konsistent wäre Steuern auf Kinder mindestens in Betracht zu ziehen.
@ Erik Scholz
Herr Klein hat leider diesen Kommentar mit der Antwort nicht veröffentlicht. Hoiwever, was another story.
hier nochmals:
Weil die Kindersteuer auf das “Dasein” gerichtet ist, also pauschal auf das Kind. Demnach müsste man auch auf Jugendliche und Erwachsene Steuer setzen, also auf alle Menschen. Denn auch Jugendliche und Erwachsene lärmen, verschutzen und konsumieren – wo ist da der Unterschied? Herr Klein hat recht, dass durch die Anwesenheit eines Menschen die Umwelt in Mitleidenschaft gezogen wird. Es wäre also eine Personensteuer – ähnlich der Hundesteuer.
In Deutschland sind wir nicht überbevölkert, asiatische Länder explodieren. Darum gibt es dort sogar Strafen auf das zweite Kind – Ihr Gedanke ist also durchaus schon in der Realität umgesetzt worden (jedenfalls in China).
Auch deshalb werden bei uns sogar Prämien auf Kinder gesetzt – so wäre unser zweites Kind im Monet satte 8000 Euro wert – sponsored by Bundesland!!! Banken bieten vergünstigte Kredite bei Geburt eine Kindes, erlassen hohe Teile des Kredits bei dem zweiten Kind, es gibt Prämien beim Kauf von Grundstücken (bei uns in der Region 2000 – 10.000 Euro), usw.. Ja, das bezahlt alles der Steuerzahler. Darum haben manche Mütter viele Kinder – weil man sehr viel Geld vom Staat bekommt, der Anrwiz funktioniert. Und die sog. Herdprämie wäre ein weiteres Bonbon.
Was wir nicht vergessen dürfen: Der Kosnum der Kindern wird ja mind.mit der MwSt. besteuert. Das Benzin der Eltern für die Fahrt zum Kindergarten ist sogar mehrfach besteuert.
Ich sehe also gar kein Argument, warum spezifisch Kinder mit ihrer Anwesenheit besteuert werden sollten. Weiterhin müssten wir doch eher die Familien fördern, da wir bald ein ernstes Bevölkerungsproblem haben werden. Insofern verstehe ich diese arte der Besteuerung nicht – es macht für mich einfach keinen Sinn.
Also,
insgesamt haben wir bereits steuern aufs Mensch sein, z.B. durch die Mehrwertsteuer. Demnach ist eine Kindersteuer vielleicht nachvollziehbar aber nicht unbedingt zweckmäßig. In sofern stimmen wir Überein und Michaels Frage braucht man gar nicht ausweichen.
Das ist ein grober Fehler. Die Mehrwertsteuer wird nur bei KONSUM erhoben. Konsumieren sie nicht, zahlen Sie auch keine Steuer. Konsumieren Sie viel, zahlen Sie entsprechend viel.
Eine Menschensteuer würde Sie zb jährlich mit einem festen Satz belasten, völlig unabhängig ob Sie Geld verdienen, was oder wieviel Sie konsumieren – Sie zahlen immer! Denn Die besagten Menschensteuer wäre an ihr Dasein gerichtet, wie eine Hundesteuer.
Es gibt KEINE vergleichbare Steuer beim Menschen, welche sich völlig unabhängig von Einkommen, Konsum, Glauben oder sonstigen Begebenheiten begründet.
Und da diese Steuer völlig willenlos ist, ist es sinnfrei eine solche Pauschalsteuer auf Anwesenheit bzw. auf das Leben zu erheben. Denn dann frage ich Sie: Für was? Sie haben keinen Einfluss darauf, und das bringt uns zurück ins Mittelalter. Darum brauche ich auch nicht auszuweichen, denn ich suche das unstrittige Argument, das auch Sie mir nicht liefern können. Zumindest bis jetzt.
“Erst kommt die Freiheit und dann das Gesetz, nicht umgekehrt.”
Jaein. Wir sind soziale Wesen. Somit gibt es “Gesetze” schon immer die dieses Leben ermöglichen. Die Freiheit des Einen schränkt immer die Freiheit des Anderen ein. Sie dürfen jemanden anders nicht töten, oder sie dürfen sein Haus nicht betreten, etc. Es stellt sich für eine Gesellschaft die Frage, ob der Vorteil dieses Freiheitsverlustes jedes Einzelnen in der Summe mehr Vorteile als Nachteile bringt. So sieht immer der Startpunkt aus. Wenn ich ein Umweltgesetz mache, dann schränke ich den Einzelnen ein seinen Müll nicht überall abzuladen. Dafür haben alle aber saubere Straßen und der Verkehr wird nich durch herumliegenden Müll behindert. Bei Steuern sieht es ähnlich aus. Warum bringt es mehr Vorteile für die Gesellschaft Brot zu besteuern als Aktien? Warum ist die Einschränkung der Freiheit auf Lebensmittel (Lebensgrundlage) gerechtfertigt, aber eine Einschränkung der Freiheit des Aktienerwerbs (keine Lebensgrundlage) nicht. Im ersten Fall verlieren viel mehr Menschen teile ihrer Freiheit als im zweiten. Gesamtfreiheitlich gesehen, müssten sie für die Abschaffung beider Steuern oder die Abschaffung der Ersten und der Einführung der Zweiten sein Herr Klein.
Chriwi,
ich vermute, wir werden uns nie einig werden, wenn es darum geht, was als Freiheit oder Individualität zu gelten hat. Ich halte es, wie ich schon mehrfach gesagt habe, mit Hobbes und seinem Rechtspositivismus. Gesetze gibt es daher nicht per se und schon gar nicht als frei flottierende Entitäten im Sozial-Himmel. Es gibt ausschließlich freie Individuen, die sich entscheiden, einen Teil ihrer Freiheit, einen Teil ihres Rechts auf alles, abzugeben, weil es vernünftig ist und sie davon einen Nutzen haben – aus keinem anderen Grund. Insofern kenne ich auch die Gesellschaft, von der Sie reden nicht. Kollektive führen keine Existenz. Und Kollektive werden ausschließlich dann bemüht, wenn es darum geht, die Interessen von wenigen auf Kosten von vielen durchzusetzen. Ihre ganzen Steuerbeispiele belegen das eindrücklich und da sie mich kennen, aus einer mittlerweile schon ziemlich langen Reihe von Auseiandnersetzungen u.a. auf dem Ökonomenblog, wissen Sie auch meine Antwort: Eben weil mit Steuern immer einhergeht, dass man eine Gruppe bevorteilt und eine andere Gruppe benachteiligt, ist es wichtig, den Staat und seine gierigen Finger aus möglichst vielen Bereichen herauszuhalten. Deshalb gibt es zu Hayeks Vorstellung von freier Marktwirtschaft keine Alternative, ebenso wie es keine Alternative dazu gibt, Staaten auf rudimentäre Aufgaben, wie die Sicherung von Eigentum und Rechtssicherheit zu reduzieren.
Und nein, ich halte es nicht mit Platon oder Aristoteles, Menschen sind keine sozialen Wesen, keine zoon politikons, zumal das Soziale heutzutage immer dann vorgebracht wird, wenn man anderen über die Steuern ans Einkommen will – oder wie erklären Sie sich z.B. den erstaunlichen Umstand, dass es Solidarität immer nur von den “Reichen” mit den “Armen” gibt und nie umgekehrt, Solidarität somit ausschließlich monetär gefasst wird.
“Eben weil mit Steuern immer einhergeht, dass man eine Gruppe bevorteilt und eine andere Gruppe benachteiligt, ist es wichtig”
Das ist ja auch teilweise der Sinn der Steuern. Märkte sorgen nicht dafür, dass sich Wohlstand halbwegs gleichmäßig verteilt. Das ist aber für jeden Menschen wünschenswert. Wieso sollte sich eine breite Masse an Verlierern an die Regeln für Privateigentum halten? Das ist in meinen Augen auch ein Fehler in der Grundannahme Hayeks. Er setzt vorraus, dass alle freiwillig auf freien Märkten agieren und Besitz tolerieren. Das ist aber Unsinn. Unternehmen bestechen, treffen Preisabsprachen, verweigern Leistungen (da sie wissen das sie vor Gericht den längeren Atem haben), etc. Der Staat hat eine ausgleichende Funktion.
“Menschen sind keine sozialen Wesen”
Da sagt die Forschung etwas anderes. Sobald sie eine freie Marktwirtschaft fordern interagieren sie mit anderen Menschen und es entsteht ein soziales Gefüge. Das mag anders aussehen als heute mehr aber auch nicht.
“dass es Solidarität immer nur von den “Reichen” mit den “Armen” gibt und nie umgekehrt”
Indem die Armen auf einen Teil ihrer Freiheit verzichten und Reichtum und überschwängliches Privateigentum tolerieren sind sie Solidarisch mit den Reichen. Ohne einen Rechtsstaat ist es nicht möglich Unternehmen zu besitzen, oder viele Häuser. Wie wollen sie dieses Eigentum für sich beanspruchen, wenn sie nicht daneben sitzen und sagen: “Das ist meins”. Sie brauchen Urkunden einen Konsens, dass diese gelten.
“Solidarität somit ausschließlich monetär gefasst wird.”
Da ist was dran. Wie würden sie denn Solidarität fassen?
Erster Irrtum:
Ein Ergebnis, das die sozialpsychologische Forschung wieder und wieder bestätigt hat: Die meisten Menschen (von ein paar vernagelten Sozialisten einmal abgesehen, die aber sich selbst vermutlich als Ausnahme sehen würden) streben nicht nach Gleichverteilung, sondern nach gerechter Verteilung, equity nennt man das im Englischen. Und Equity meint, dass der Output, den man für seine Anstrengungen erhält, dem Input an Leistung entspricht und dass man, wenn man den eigenen Input mit dem von anderen vergleicht, bei gleichem Input nicht schlechter abschneidet. Das geht bei Ihnen grundsätzlich und regelmäßig durcheinander. Wo finden Sie die von Ihnen zitierte Grundannahme bei Hayek?
Grundlegend sind hier Homans und Adams. Am besten Sie lesen Adams, J. Stacy (1965). Inequity in Social Exchange. In: Berkowitz, Leonard (ed.). Advances in Experimental Social Psychology – Volume 2. New York: Academic Press, pp.267-299.
Zweiter Irrtum
Sie reden hier von sozialem Handeln, nicht von Sozialität (mein Verweis auf den zoon politikon war kein Zufall). Soziales Handeln und Interaktion mit anderen setzt mit nichten eine Sozialität voraus. Wäre dem so, Sie könnten sich gar nicht mehr über den vermeintlichen “Egoismus und Hedonismus” anderer aufregen.
Dritter Irrtum
Wow, die Toleranz der Armen, denn Sie könnten ja eine Revolution anzetteln und die Reichen in KZs sperren oder am nächsten Baum aufknüpfen. Sie haben ja vielleicht ein Menschenbild. Nun, da ich hier der kalte Rationalist bin, werde ich Ihr Bild von Solidarität einmal erweitern, um menschliche Solidarität, die man z.B. mit dem Wort “Empathie” einzufangen versucht. Solidarität kann man dadurch zeigen, dass man Rücksicht auf andere nimmt, versucht, sie nicht im Feindbild des Reichen festzunageln, sondern die Lebenszusammenhänge in Rechnung zu stellen, in denen sich Reiche befinden. Solidarität unter Arbeitern, um einmal diese olle Kammelle einzuführen, bestand darin, dass man sich gegenseitig über den Tag zieht, wenn einer z.B. in der Schicht nicht so konnte. Solidarität bestand in den Schulen, die eingerichtet wurden, um sich gegenseitig oder bei Krupp Schreiben beizubringen. usw. usw.
Es ist schon bezeichnend, dass Sie sich nichts anderes als monetäre Solidarität vorstellen können.
“streben nicht nach Gleichverteilung, sondern nach gerechter Verteilung,”
Mein Fehler. Mit gleichmäßiger meinte ich nicht gleich, sondern gerechter (sprich keine riesigen Unterschiede zwischen min und max.)
“Und Equity meint, dass der Output, den man für seine Anstrengungen erhält, dem Input an Leistung entspricht und dass man, wenn man den eigenen Input mit dem von anderen vergleicht, bei gleichem Input nicht schlechter abschneidet. ”
Dennoch spielen auch die absoluten Unterschiede innerhalb einer Gesellschaft eine Rolle. So wird nicht verstanden (zu Recht) wofür ein Hedgefondmanager eine große Prämie bekommt und wenig Steuern zahlt, obwohl er mit seinem Fond Verlusten gemacht hat.
“Soziales Handeln und Interaktion mit anderen setzt mit nichten eine Sozialität voraus.”
Ihr Aussage war, dass Menschen keine sozialen Wesen seien. Nun schreiben sie, dass Menschen sozial Handeln, dies als Grundlage aber nicht Sozialität benötigt. Das entspricht aber nicht ihrer vorhergehenden Aussage.
“Wow, die Toleranz der Armen, denn Sie könnten ja eine Revolution anzetteln und die Reichen in KZs sperren oder am nächsten Baum aufknüpfen.”
Gut das sie die Massen der französischen Revolution oder der Oktoberrevolution verdrängen können. Diese stürzten das herrschende System, da sie in Armut und Unterdrückung leben mussten. Im Kapitalismus ist der herrschende nun einmal der Kapitalist. Nicht umsonst gibt es den Ausspruch “Geld regiert die Welt”. Indem die Armen diesen Zustand tolieren zeigen sie Toleranz. Warum sie Toleranz zeigen ist damit natürlich nicht geklärt. Vielleicht profitieren sie von dem System mehr als ohne es. Auf jeden Fall akzeptieren sie das aktuelle System.
“Ihr Aussage war, dass Menschen keine sozialen Wesen seien. Nun schreiben sie, dass Menschen sozial Handeln, dies als Grundlage aber nicht Sozialität benötigt. Das entspricht aber nicht ihrer vorhergehenden Aussage.”
Soziale Wesen sind durch ihre Sozialität ausgezeichnet. Ich dachte, das sei klar.
Mir scheint, Sie sind nicht über die alten Klassenkämpfe hinausgekommen. Wer ist nach ihrer Meinung ein Kapitalist? Banker, kleine Gewerbetreibende, Otto von Habsburg, ich, Fussballspieler, Ronald Reagen, Bill Gates, die Queen, Mohammed El Erian?? Meinen Sie nicht, dass wir aus dem Stadium, in dem man eine heterogene Gruppe einfach einmal unter ein Label bringen konnte, heraus sind?
Hallo Michael,
wie angekündigt meine Ausführliche Antwort. Das mit dem Blog wird wohl bei mir nichts
es ist langfristig Zeitlich einfach zu viel, auch wenn es momentan gerade bei mir nicht so schlimm ist.
Du hast eine Essentielle Frage gestellt, die nach den Kriterien an denen Gemessen werden sollte,
woran ein Eingriff in den Markt notwendig ist. Um meine Position zu erläutern muss ich dann aber
ein wenig ausholen. Die Frage ist zwar einfach aber die Antwort *offensichtlich* nicht.
Die Frage beinhaltet zwei Komponenten eine normative in dem Sinne welche Zielsetzung der Eingriff
haben soll und eine Wissenschaftliche nach der angenommenen Funktionsweise von freien/regulierten Märkten.
Ich versuche die normativen Frage zuerst zu beantworten und dabei klar und systematisch aufzuzeigen, von
welchen Prämissen ich ausgehe, da ich vermute, dass wir in den Prämissen die größten Meinungsverschiedenheiten
haben werden.
1.0) Was sollte meines Erachtens das übergeordnete Ziel einer Gesellschaft sein:
Ich halte die Freiheit aller Individuen für das höchste Ziel der Gesellschaft.
Damit meine ich die Freiheit der momentanen und zukünftigen Individuen.
1.1)
Unter Freiheit verstehe ich die Möglichkeit sich, im Rahmen der durch die Naturgesetze gesetzten Grenzen,
gemäß seinen Bedürfnissen und Wünschen verhalten zu können.
Die Freiheit des einen findet dabei ihre Schranken in der Freiheit des Anderen.
D.h. die Gesellschaft soll jedem, im Rahmen der durch die Realität auferlegten Grenzen, das gleiche Mindestmaß
an Freiheit garantieren, unter dem “Constraint”, dass diese Garantie mit so wenig Einschränkungen der Individuellen
Freiheiten wie möglich umgesetzt wird.
Dabei sind folgende Dinge zu beachten: Die Freiheit die Ich meine ist als reale Möglichkeit sich
gemäß seinen Bedürfnissen und Wünschen verhalten zu können, zu verstehen. Nicht als gleiche Chancen, den
gleiche Chanzen auf Freiheit kann es auch in einer entsprechend geregelten Sklavengesleschaft geben.
Den Freiheitsbegriff mich Chancen zu verknüpfen halte ich im Rahmen einer Liberalen Philosophie für unhaltbar.
Das Ziel der Gesellschaft ist also so gut wie möglich ein Mindestmaß an Freiheit für alle zu garantieren, in einer Art und Weise,
die dem einzelnen möglichst wenig Verpflichtungen und damit Einschränkungen seiner Freiheit auferlegt.
1.2)
Der durch die Realität gesetzt Rahmen zeichnet sich durch die völlige Abwesenheit einer Just-World oder auch Unjust-World aus.
Die Regeln der Welt sind völlig unabhängig in ihrem Verlauf in den von ihr erzeugten Ergebnissen gegenüber den Wünschen, Zielen und Bedürfnissen der Menschen, insbesondere gegenüber dem Ziel 1.0. Folglich kann die Gesellschaft den Punkt 1.0 als Ziel definieren, ohne ihn
jedoch erreichen zu können. Falls er tatsächlich logisch erreichbar wäre, müsste man dazu die Realität exakt und vollständig verstanden haben.
Also kann man zusammenfassen, dass die liberale Gesellschaft (meines Erachtens) ein egalitärer Zusammenschluss von Menschen ist/sein soll, die Kooperieren um ihre Individuelle Freiheit, in einer Welt die eo ipso keine solche sicherstellt, zu Maximieren.
Gemessen an ihren Möglichkeiten besteht also die primäre Aufgabe der Gesellschaft folgendes sicherzustellen:
Z.1) Minimierung der unfreiwilligen Gesundheitlichen Schädigungen ihrer Mitglieder, sei es durch die Natur oder durch andere Individuen/Mitglieder. Gesundheit ist eine notwendige Bedingung für meinen Freiheitsbegriff.
Z.2) Handlungsfreiheit aller arten welche alle ihre Beschränkungen in den Freiheiten der anderen Finden. (Willensfreiheit gibt es, was mich
betrifft nicht wirklich.)
Aus Z.2 folgt das Recht auf Eigentum und die Vertragsfreiheit in entsprechenden Schranken, womit wir jetzt zum Markt kommen können:
2.1) Der Markt ist eine emergente Struktur in einer Gesellschaft, welche aus der Vertragsfreiheit der Individuen entsteht.
Da die Vertragsfreiheit und auch das Recht auf Eigentum gemäß Z.2 in einer freien Gesellschaft immer auch Beschränkungen unterliegt, ist es nicht Sinnvoll von einer Dichotomie freier/regulierter Markt auszugehen. In einer Freien Gesellschaft ist er immer Beides, die Regeln/Regulierungen des Freien Marktes, können aber immer nur als nach den obigen Zielen begründete Einschränkung der Individuellen Rechte, insbesondere der Vertragsfreiheit oder des Rechtes auf Eigentum, entstehen.
2.2) Als weiteres emergentes Konzept entsteht mit dem Markt auch das Konzept des wirtschaftlichen Erfolges. Der Wirtschaftliche
Erfolg läuft dabei im Rahmen der Gesetzen Regeln, welche Z.1. und Z.2. nach gegeben Wissen möglichst gut sicher stellen sollen,
als evolutionärer Prozess ab. D.h. insbesondere er ist, wie die Biologische Evolution, nicht individuell Zielgerichtet noch Individuell gerecht. Er belohnt im Einzelfall weder denjenigen mit den guten oder besseren Ideen/Verhalten, noch bestraft er den mit falschen oder schlechten Ideen/Verhalten (vgl. 1.2). Nur das definitiv nicht Funktionierende wird am Markt(wie in der Biologie) aussortiert. Dabei funktioniert der Markt beim Aussortieren schlechter als das Biologische Vorbild, da gescheiterte Marktstrategien immer wieder durch nicht ausreichend informierte Individuen wiederbelebt werden.
2.3) Sind die Regeln der Gesellschaft nicht passend formuliert wird der Markt eine Eigendynamik entwickeln, welche den zielen Z.1 und Z.2 entgegen läuft. Die Evolution am Markt verhält sich analog zur Evolution in der Biologie, es gibt eo ipso keine Garantie das Sich Dinge zum höheren oder besseren entwickeln. So wie die Evolution einen toten Punkt erreichen kann ab dem alles Ausstirbt kann der Markt einen Punkt erreichen an dem die freie Gesellschaft zusammen bricht. (Eine andere Annahme würde sich mit 1.2 nicht vertragen).
Mit diesem Vorbau kann ich dann hoffentlich auf deine Fragen eingehen. Ich hoffe du akzeptierst, dass ich schlicht die Unterscheidung zwischen Freiem/Regliertem Markt als unsinnige Dichotomie zurückweise. Das sind eigentlich mehr Politische/Ideologische Kampfbegriffe,
welche sich zur Analyse schlecht eignen. Leider zwingt ein der momentane Sprachgebrauch diese Begriffe auf, wenn man sich über Märkte unterhalten will, deshalb diese Umfangreiche Antwort.
Welche Interessen gilt es zu Schützen:
Die Freiheit der Individuen, insbesondere, sollte so weit wie möglich die in 2.3 angesprochenen Konsequenzen falscher Regelsetzung vermieden werden.
Wessen Interessen können wir Opfern:
Naja wir können/müssen die Rechte der Individuen teilweise einschränken, wie immer in einer koordinierten Gesellschaft.
Was die Hedge-Fond Geschäfte angeht, kann ich das jetzt auch beantworten:
Es kommt vor das Hedge-Fonds gesunde Unternehmen auf Kredit aufkaufen, und diesen Unternehmen dann die Zins- und Tilgungslast für diese Kredite von der Rendite abziehen. Der Markt ist Evolutionär, d.h. je nach Glück oder Pech des Unternehmens, kann diese Last dem Unternemen die Kraft rauben eine Kommende, nicht selbst verantwortete Turbulenz, nicht bewältigen zu können. Da In diesem Fall niemand im Unternehmen die eine Schuld an der Rentabilität des Unternehmens, trägt, sie jedoch die Konsequenzen zu tragen haben, sind solche Käufe/Verkäufe von Unternehmen Verträge zu lasten Dritter, und somit in einer freien Gesellschaft nicht statthaft. In der von mir jetzt abgelegten
Nomenklaur wäre der Markt nicht ausreichend “Reguliert”. Mit Hedge-Fonds an sich hat das aber nichts zu tun, mit dem Verbot von Leerverkäufen auch nicht (oder übersehe ich das was).
Ferner verstehen wir unter “Wohlfahrtsstaat” völlig unterschiedliche Dinge, du benutzt einen Definition die von Ideologen geschaffen wurde,
um den Öffentlichen Diskurs zu beeinflussen (Was glaubst du wie ich diese Behauptung begründen würde?).
Wir können hier nur aneinander Vorbeireden, das ist somit uninteressant. Ich würde das was du als Wohlfahrtsstaat bezeichnest eher als Kleptokratie bezeichnen. Über Definitionen brauchen wir aber nicht zu diskutieren, ich denke wir sind beide der Meinung dass unsere Gesellschaft stark Kleptokratische Züge trägt.
Zum Schluss habe ich eine Frage an dich:
Kannst du mir gemäß meinem oben dargelegten Verständnis erklären was du für eine Regulation/Bzw. einen Eingriff in den Markt halten würdest?