Einer der entscheidenden Vorteile von Kooperation besteht darin, dass man gemeinsam einfach mehr Ressourcen einsetzen kann als man das alleine könnte, was z.B. im arbeitsteiligen Vorgehen seinen Ausdruck findet. Arbeitsteilung bewährt sich ständig im täglichen Leben: Da, wo man einfach zum Bäcker oder in ein Restaurant geht, da, wo man die Mülltonne vor das Haus stellt und selbstverständlich davon ausgeht, dass sie geleert wird, da, wo man in akademischen Netzwerken Informationen, z.B. in downloadbaren Artikeln bereitstellt und von manchen Lesern dadurch belohnt wird, dass der entsprechende Artikel besprochen, kommentiert, kritisch diskutiert oder gar verbreitet wird. Im Kern ist somit alle Arbeitsteilung durch Reziprozität beschrieben.
Reziprozität setzt wiederum voraus, dass man etwas zu bieten hat, etwas, was man in einem Tausch oder in einer arbeitsteiligen Beziehung einsetzen kann. Reziprozität setzt voraus, dass man sich dessen bewusst ist, dass man etwas einzusetzen, etwas anzubieten hat. Und Reziprozität setzt voraus, dass es jemanden gibt, der das, was man anzubieten hat, auch nachfragt. Diese Reihe von Kriterien ist dafür verantwortlich, dass manche Zeitgenossen versuchen, Reziprozität zu umgehen und sich in eine Position zu bringen, in der sie Empfänger von Leistungen sind, für die sie keine Gegenleistung anbieten müssen, für die sie von ihrem Teil der Arbeitsteilung freigestellt sind. Politiker tun dies sehr erfolgreich, in dem sie sich als Personen inszenieren, die für sich in Anspruch nehmen, sie würden dafür, dass sie hohe Gehälter und Abfindungen kassieren, eine Gegenleistung derart bringen, dass sie den Wohlstand derer, die sie finanzieren, nicht etwa reduzieren (z.B. durch Steuern und die Notwendigkeit, ihr Gehalt aufzubringen), sondern gar steigern.
Eine andere Methode, um sich selbst zum Empfänger von Leistungen zu machen und von aller Konkurrenz mit anderen und aller notwendigen Gegenleistung freizustellen, besteht darin, sich selbst als Opfer zu inszenieren und in den öffentlichen Diskurs mit der Forderung zu treten, für diese Opferrolle kompensiert zu werden. Wer nun an das Opfer-Abo, Kachelmanns Unwort des Jahres, denkt, der hat den Nagel auf den Kopf getroffen.
Genderisten spielen diese Form der Vorteilsnahme und versuchen sich Vorteile zu verschaffen, dadurch, dass sie sich als von einem Patriarchat, das es wie Dr. habil. Heike Diefenbach gezeigt hat, nicht gibt und das historisch nicht nachweisbar ist, unterdrückt wähnen. Sie spielen diese Form der Vorteilsnahme dadurch, dass sie für sich eine ikonische Repräsentation schaffen, die darin besteht, dass behauptet wird, das Geschlecht würde zwischen allen Frauen mehr Gemeinsamkeit schaffen als all die vielen sonstigen Eigenschaften, die man als weiblicher Mensch so haben kann, im Stande wären, Differenz zu schaffen. Und sie versuchen diese Opferrolle dadurch zu zementieren, dass sie sich in der Öffentlichkeit und in den Medien als Opfer von Aggressionen aller Art darstellen, bei denen es sich in den allermeisten Fällen um sexuell konnotierte Aggressionen handelt, was Sigmund Freud sicher interessiert hätte. Sie zun dies, in dem sie den öffentlichen Diskurs mit ihren Opfer-Geschichten penetrieren. Bei all den Versuchen, sich als Opfer zu stilisieren, darf jedoch nicht vergessen werden, dass das eigentliche Ziel darin besteht, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen und dass die Opfer-Rolle deshalb gewählt wird, weil die enstprechenden Opfer-Darsteller von sich wissen, dass sie im Wettbewerb mit anderen nicht bestehen können und in arbeitsteiligen Beziehungen nichts anzubieten haben.
Im Gegensatz dazu ist die Trans-Gender-Arbeitsteilung bei ScienceFiles eine sehr fruchtbare Arbeitsteilung, die davon profitiert, dass wir gewöhnlich unterschiedliche Gegenstände bearbeiten, aber aufgrund einer gemeinsamen Art zu Denken und vor allem aufgrund geteilter Überzeugungen immer wieder bei bestimmten gemeinsamen Projekten ankommen. Und so arbeitet Dr. habil. Heike Diefenbach derzeit über Vorurteile und ist dabei auf das folgende Zitat gestoßen, das mich wiederum zu diesem post veranlasst hat, da es in hervorragender Weise erklärt, warum Genderisten so gerne für sich die Opferrolle reklamieren.
Das Zitat stammt von Teun A. van Dijk (in feministischen Kreisen sehr beliebt). Er erklärt in seinem Zitat, welche Geschichten welche Personen erzählen, um sich und die eigene Gruppe zu Opfern einer anderen Gruppe zu stilisieren. Das Zitat zielt also auf die Geschichten, die im öffentlichen Diskurs von Personen, die sich zu bestimmten Gruppen zugehörig fühlen, erzählt werden. Was van Dijk als Geschichte beschreibt, ist somit nichts anderes als die Selbstdarstellung von z.B. Genderisten im öffentlichen Diskurs.
“Unlike other stories, these stories do not have a Resolution category. Again, this is in line with what may be predicted from the underlying model structures: Resolutions usually feature heroic, courageous or lucky acts of protagonists, defeat of opponents, or solutions of a problem. For prejudiced speakers, none of these can be the case. Because they see and represent themselves as victims, and not as heroes, the villains continue to be a problem for them. In other words, there is no solution to what they see as the … problem, and this is probably also how … situations are represented in their models. Despite the formal constraints of narrative structure, storytellers therefore will tend to omit the Resolution category. They tell what may be called a ‘complaint story’ which focuses on the Complication rather than on the Resolution”. (van Dijk, 1989, S.133)
Und in Deutsch: “Im Gegensatz zu anderen Geschichten, sind diese Geschichten keine Geschichten, die auf eine Konfliktlösung ausgerichtet sind. Dies steht wieder im Einklang mit den im Modell vorhergesagten zugrundliegenden Strukturen: Eine Konfliktlösung bedarf in der Regel heldenhafter, mutiger oder glücklicher Handlungen der Protagonisten, der Niederlage der Gegner oder der Lösung des Problems. Für vorurteilsbehaftete Erzähler ist nichts davon erreichbar. Weil sie sich als Opfer sehen und darstellen, und eben nicht als Helden, sind die Bösen für sie ein fortdauerndes Problem. In anderen Worten, für das was sie als ihr Problem ansehen, gibt es keine Lösung, und dies ist vermutlich auch die Art, wie sie alltägliche Situationen in ihrem Denken abbilden. Ungeachtet der formalen Bedingungen narrativer Erzählungen werden diese Erzähler also keine Lösung für ihre Problem präsentieren. Sie werden statt dessen eine “Beklage-Geschichte” erzählen, die auf Komplikation und nicht auf Lösung des Problems zielt.” (van Dijk, 1989, S.133)
Es ist demnach zentral für Genderisten, dass sie sich als Opfer darstellen. Es ist zentral für sie, dass sie sich als Personen darstellen, die von Bösen bedrängt und geschädigt werden. Es ist zentral für sie, dass es für die Probleme, die sie behaupten, keine Lösung im Rahmen der vorhandenen Gegebenheiten gibt und geben darf. Es ist deshalb für sie zentral, weil es sich bei ihnen um Personen handelt, die vorurteilsbehaftet gegenüber denen auftreten, die sie als ihre Feinde stilisieren und aufbauen (die Bösen), also gegenüber den hegemonialen Männern. Und es ist vor allem wichtig für sie, weil sie in einer normalen reziproken, auf Arbeitsteilung ausgerichteten Gesellschaft untergehen würden, da sie nichts zu bieten haben – jedenfalls denken sie das und das denken sie vermutlich deshalb, weil sie in ihrem Leben noch keinen konstruktiven Beitrag gebracht haben, der anderen etwas genutzt hätte, auf den andere Wert gelegt hätten. Entsprechend ist Genderismus eine einzige Projektion der eigenen Unzulänglichkeit und der eigenen Ängste auf den Feind, den man so sehr beneidet, dass man das eigene Opfersein derart auf ihn ausrichtet, dass man gar nicht mehr ohne ihn leben kann (und die Angst vor Wettbewerb und Konkurrenz erklärt sich entsprechend).
Es sei noch nachgetragen, dass Teun A van Dijk eine, wenn nicht die anerkannte Größe in der Diskursanalyse ist. Seine Forschung befasst sich weitgehend mit Personen, die dem politisch rechten Spektrum zuzuordnen sind, was vermutlich seine Beliebtheit in feministischen Kreisen erklärt. Seine Ergebnisse lassen sich aber nahtlos auf Genderisten übertragen, was wiederum zeigt, dass Vorurteile, wie sie sich im öffenlichen Diskurs niederschlagen, Ausdruck einer bestimmten (gestörten) Persönlichkeitsstruktur ist, die nicht nach ideologischen Lagern unterscheidet.
Literatur
van Dijk, Teun A. (1989). Structures and Strategies of Discourse and Prejudice. In: van Oudenhoven, J. P. & Willemsen, T. M. (eds.). Ethnic Minorities. Social Psychological Perspectives. Amsterdam: Swets & Zeithinger, pp.115-138.
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2. Verachtung. Das tatsächliche oder vermeintliche Opfer wird seiner Wehrlosigkeit wegen nochmals ausgenutzt, attackiert, erniedrigt.
3. Moralische Aufwertung, wie im Artikel beschrieben.
Die m.W. erste sehr gute Bescheibung von letzterem Fall findet sich übrigens bei F.Nietzsche, “Genealogie der Moral” (1887), Auszüge. Er spricht von der “Sklavenmoral”, in welcher das Ressentiment parasitär schöpferisch wird.
Voraussetzung für eine Verbreitung von Fall (3) scheint mir ein Klima des ethischen Relativismus und der religiösen Hoffnungslosigkeit zu sein. Dies ist Kennzeichen der Postmoderne. Wenn jeder sich benachteiligt, verlassen und erniedrigt fühlt, dann wird der zum König oder Helden, der diese Befindlichkeiten in sich maximiert hat und sie am eindringlichsten zu artikulieren versteht. Er fungiert dann als Chef-Ankläger Gottes oder des fehlenden Vaters.
Hinter dem berufsmäßigen Opfer, wie er heute fundierendes Element im Genderismus (beschönigend für: Sexismus) ist, steht m.E. also nicht nur ein genuiner schäbiger Hedonismus und Parasitismus, sondern vor Allem Anklage; die Bezogenheit auf etwas, das dem Menschen erst einen Stellenwert gibt. Dieses Etwas (in meinem Verständnis Gott, der Vater, oder das männliche Element schlechthin) wird erlebt als schuldhaft abwesend, seinen Auftrag verratend.
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Voraussetzung für eine Verbreitung von Fall (3) scheint mir ein Klima des ethischen Relativismus und der religiösen Hoffnungslosigkeit zu sein. Dies ist Kennzeichen der Postmoderne. Wenn jeder sich benachteiligt, verlassen und erniedrigt fühlt, dann wird der zum König oder Helden, der diese Befindlichkeiten in sich maximiert hat und sie am eindringlichsten zu artikulieren versteht. Er fungiert dann als Chef-Ankläger Gottes oder des fehlenden Vaters.
Hinter dem berufsmäßigen Opfer, wie er heute fundierendes Element im Genderismus (beschönigend für: Sexismus) ist, steht m.E. also nicht nur ein genuiner schäbiger Hedonismus und Parasitismus, sondern vor Allem Anklage; die Bezogenheit auf etwas, das dem Menschen erst einen Stellenwert gibt. Dieses Etwas (in meinem Verständnis Gott, der Vater, oder das männliche Element schlechthin) wird erlebt als schuldhaft abwesend, seinen Auftrag verratend.
Den Artikel gibt es übrigens als PDF, der erste Googletreffer für den Titel.
Schöne Aufbereitung!
Ähm heute morgen gings ueber Twitter.. Kachelman sagt er wars nicht mit Opferabo.. Fragt Ihn doch mal…