Lehrer müssen Führer sein – Die EU harmonisiert wieder
Androulla Vassiliou ist in der Europäischen Kommission für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend verantwortlich. Vassiliou sitzt für Zypern in der Europäischen Kommission und ist ansonsten durch ihr Studium der Juristerei und internationaler Beziehungen und anscheinend bestens geeignet, um sich für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend stark zu machen. Und stark gemacht für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend oder auch nur für Bildung, vielleicht auch für Mehrsprachigkeit und Jugend oder Kultur?, wie auch immer stark gemacht hat sie sich gerade mit einer Rede anlässlich der Lithuanian Presidency Conference on Educational Leadership in Vilnius. Aufgrund der begrenzten Mehrsprachigkeit der EU liegt die Rede nur in englischer und französischer Fassung vor, so dass ich aus der englischen Fassung zitieren muss.
Warum ist die Rede überhaupt interessant? Zwei Gründe haben mich bewogen, die Rede zu besprechen: Der erste Grund liegt darin, dass “die Vision” eines Lehrer-Führers, die in der Rede entworfen wird, einen Einblick in die Welt der EU-Kommission gibt, in der das gesprochene Wort, die reale Welt längst ersetzt hat. Der zweite Grund liegt darin, dass die Dystopie des Lehrer-Führers ein weiteres Beispiel dafür ist, wie die EU-Kommission mit “best practice Harmonisierung” auch noch den letzten Halm an Individualität niedertrampelt.
Die Rede beginnt wie alle Reden von EU Kommissaren mit ein paar Daten, die Eurostat liefern musste, in diesem Fall Daten über rund 7,5 Millionen 15 bis 24jähriger in Europa, die weder in Ausbildung noch in einem Beruf tätig sind. Tatsächlich gibt es in Europa rund 5,56 Millionen unter 25jähriger, die als arbeitslos gemeldet sind. In jedem Fall gibt es Millionen unter 25jähriger, die offensichtlich nichts tun und das, so Vassiliou, das muss geändert werden. Und wie immer, wenn etwas geändert werden muss, dauert es nicht lange, bis das geflügelte Wort “Change” auftaucht. “Wandel” ist gut, Wandel ist wünschenswert, und Wandel im Zusammenhang mit 7,5 Millionen 15 bis 24jähriger, die nichts tun, bedarf in erster Linie eines Wandels an Schulen. Da sage noch einer, EU-Kommissare hätten keine Phantasie!
Deshalb ist sich EU-Kommissar Vassiliou mit den Bildungsministern Europas auch ganz einig darüber, dass es besonders wichtig ist, die “teaching profession” zu unterstützen. Bislang wissen wir also, dass rund 7,5 Millioen 15- bis 24jähriger nichts tun, dass deshalb Wandel wichtig ist, und es wiederum deshalb wichtig ist, die “teaching profession” zu unterstützen. Und weil es wichtig ist, die “teaching profession” zu unterstützen, sind Lehrer ganz wichtig, denn Lehrer spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Schulleistung zu verbessern und zu verhindern, dass Schüler zu früh die Schule verlassen (also am besten sie bleiben bis zum Alter von 25 Jahren in der Schule, und schon ist die Statistik bereinigt).
Aber, so weiß Vassiliou plötzlich ganz genau: Wir brauchen keine Manager-Lehrer, sondern Lehrer-Führer, Lehrer-Führer, die eine Vision haben, so ihre Vision – und weiter: Lehrer-Führer, die andere inspirieren können, andere, d.h. andere Lehrer, Schüler, Eltern und lokale Gemeinschaften (nur nicht die EU-Kommission!). Denn man müsse als Lehrer-Führer andere inspirieren, wenn man eine Vision in die Wirklichkeit übertragen wolle.
Aber, so gibt Vassiliou zu bedenken: “[r]unning an educational institution is a very challenging job”. Deshalb könne ein Lehrer-Führer nicht nur ein Lehrer-Führer sein, nein, er müsse strategisch denken können und ein Experte in Pädagogik sein, aber nicht nur das, er müsse Ressourcen managen können, ein guter Kommunikator sein, Probleme lösen können wie nichts, er müsse mutig, optimistisch, resilient, tolerant sein, emotionale Intelligenz, Energie, Commitment und, vor allem Lust am Lernen haben. Ja, das alles müsse der Lehrer-Führer.
Und damit der Lehrer-Führer, der all das kann und ist, herangezüchtet werden kann, müsste die EU-Kommission und müssten alle EU-Länder die notwendigen Bedingungen, die ein innovatives und inspirierendes Lehrer-Führertum begünstigen, herstellen. Der Lehrer-Führer kommt dann von ganz alleine, wenn die EU-Kommission ihm sein Nest gemacht hat. Aber was sage ich: “ihm”, nein nicht ihm – ihr: “One aspect of this involves breaking down the gender gap, which has become over the years very entrenched; we need to attract more women to leadership roles at secondary level, and more men to leadership at primary level”.
Wir sehen, das Allheilmittel für alles: Für 15- bis 24jährige, die nichts tun, für Lehrer-Führer-Mangel, für Wandel, für Innovation, für Klimawandel, Krieg, die hohen Preise für Kaffee, die schlechte Bezahlung von EU-Kommissaren oder die Benachteiligung von Jungen im deutschen Schulsystem ist eine Frauenquote. ich bin mehr denn je der Überzeugung, dass EU-Kommissare im Mittelalter von Dorf zu Dorf gefahren wären, um dort Krötentrunk gegen alle körperlichen Leiden feil zu bieten. Doch zurück zu Vassiliou.
Sie ist zwischenzeitlich in ihrer Rede bei der Erkenntnis angekommen, dass es schwierig ist, gute Lehrer-Führer als solche zu halten, da, wie sie fürchtet, gute Lehrer-Führer offensichtlich auch woanders gesucht und geschätzt werden. Und wie hält man gute Lehrer-Führer? Nicht etwa durch eine entsprechende Bezahlung, nein, wie materialistisch von mir und wie wenig innovativ, nein, man hält sie, so meint Frau Vassiliou, durch Teamarbeit und kollaboratives Lehrer-Führertum. Das ist nun zwar das Gegenteil von Lehrer-Führertum, aber was soll’s, es ging nur darum, eine Rede zu füllen und ein paar gut klingende Begriffe unter die Meute zu schleudern, in der vermutlich die meisten sowieso nicht zugehört haben.
Die Welt der Konferenzen und Veranstaltungen, in der sich EU-Kommissare mit ihren Zuhörern treffen, ist eine symbolische Welt. Man trifft sich, um Worte auszutauschen und sich gegenseitig mit sprachlichem Wohlklang zu beeindrucken. Die Zeiten, in denen Reden gehalten wurden, um etwas mitzuteilen, sind ganz offensichtlich vorbei.
Problematisch ist nur, dass zuweilen wohlklingende Begriffe, mit denen die EU-Kommission hausieren geht, in der realen Welt aufgenommen werden. Dafür sorgt eine große Zahl EU-abhängiger und von der EU finanzierter Institutionen, die sofort zur Stelle sind, wenn es darum geht, Fördergelder abzugreifen und die eigene Vorstelung davon, was ein Lehrer-Führer ist, unters Volk zu bringen. Dann nimmt ein verbaler Wohklang Fahrt auf, wird zum Generator für Einkommen und zur Triebkraft der Harmonisierung.
Wir werden entsprechend den Lehrer-Führer mit seinen vielfältigen Kenntnissen über kurz oder lang auch als best practice in deutschen Schulen begrüßen können, d.h. das, was man jeweils als Lehrer-Führer ansieht. Das Lehrer-Führertum wird wie so viele verbale Schöpfungen der EU-Kommission und ihrer Adepten, man denke nur an das Gender Mainstreaming, dazu genutzt werden, Rollen und Rollenerwartungen zu standardisieren und den Freiraum, den Lehrer vielleicht einmal hatten, durch die Institutionalisierung der Lehrer-Führer-Rolle zu beseitigen. Bleiben werden wie immer Hülsen und einstellen werden sich über kurz oder lang Probleme, die sich dann wieder in Zahlen bei Eurostat niederschlagen, z.B. im Anteil der Illiteraten, der europaweit steigen wird. Und diese Zahl wird auf einen EU-Kommissar treffen, der sie zu hoch, zu gering, zu dick oder zu dünn findet und in jedem Fall nach Wandel rufen wird, was ihn wiederum zu der Erkentnis bringen wird, das etwas getan werden muss, eine Erkenntnis, in die die europäischen Bildungsminster unisono einstimmen werden. Und weil etwas getan werden muss, wird eine neue Initiative aus Brüssel die best practice dieses Mal vielleicht beim Schulsozialarbeiter-Führer verorten und so weiter und so fort.
Vermissen Sie eigentlich etwas? Schüler zum Beispiel. Nun, Schüler kommen in der Welt der Bürokraten und EU-Kommissare nicht vor. Sie sind die Verfügungsmasse, auf deren Grundlage Programme zur Beschreibung der best practice zur Förderung von vielleicht einmal zu rekrutierenden und hoffentlich dann vorhandenen Lehrer-Führern bezahlt werden. Sie sind Mittel zur eigenen Beweihräucherung und Bereicherung. What more can they ask for?
P.S.
Es sei nur nebenbei bemerkt, dass die Vision vom Lehrer-Führer, die Vassiliou hier entwickelt, ein müder Abklatsch des Konzepts des transformationalen Führers ist, das Bass (1985) in Anlehnung an Burns (1978) entwickelt hat. Man könnte es auch als noch müderen Abklatsch des charismatischen Führers, den Max Weber idealtypisiert hat, ansehen, aber da Charisma in der Welt der EU-Kommission nicht vorkommt, ist diese Übereinstimmung sicher nur zufällig.
Bass, Bernhard M. (1985). Leadership and Performance Beyond Expectations. New York: Free Press.
Burns, James M. (1978). Leadership. New York: Harper & Row.
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Da wird also wieder mal der perfekte Lehrer erschaffen. Ganz was neues. Und als nächstes stellen wir fest, dass sich Palestinenser und Israelis gegenseitig als kulturell bereichernd empfinden müssen und schon ist der Konflikt auch gelöst……
Aber zurück zum Thema. Es soll also wieder die lehrende eierlegende Wollmilchsau geschaffen werden. Dass das noch nie funktioniert hat (und unmöglich ist) stört anscheinend nicht. Statt dessen werden den Lehrern einfach neue Lehrkonzepte verpflichtend vorgeschlagen, die sich aber in schönen Absichtserklärungen und Zielsetzungen erschöpfen. Mit der Frage „und was wenn’s nicht klappt“ lässt man die Lehrer dann alleine.
Um konstruktiv zu werden hier ein Vorschlag zur Verbesserung der Lehrqualität in den Schulen:
a) Verbesserung der Ausbildung: Jeder, der an der Uni Pädagogik und Didaktik unterrichten will muss vorher als Lehrer an einer Schule von den Schülern (NUR den Schülern) bescheinigt bekommen haben, dass er überdurchschnittlich gut als Lehrer ist.
Die Leute die dann an der Uni unterrichten könnten ihre Sache dann auch.
b) Schüler suchen sich aus von wem sie unterrichtet werden wollen. Passt der Lehrer nicht, wechselt man einfach. Ein Großteil der Probleme ist dann weg, und man muss nicht mehr die eierlegende Wollmilchsau erfinden. Dann geht die Regel: Auf jeden Topf passt ein Deckel.
c) Jede Vorgabe von Politikern oder Experten muss auf ihre Nützlichkeit empirisch überprüft worden sein und deren Anwendung ist freiwillig.
Ich denke, dass deine Vorschläge für eine Verbesserung der Lehrqualität völlig unrealistisch sind. Denn Schüler in einem Gymnasium interessieren sich, falls du hast vergessen haben solltest, bis frühstens Anfang der 10ten Stufe nicht für die Schule und Lehrer werden fertig gemacht und ignoriert, zumindest ist das bei uns so.
Das würde wohl eher zu einer Verschlechterung der Lehrqualität beitragen. Ich glaube auch nicht dass sich viel verändern würde, wenn man sich die Lehrer aussuchen könnte, denn es gibt gute Lehrer und schlechte Lehrer, und Lehrer die vielleicht besser an einer Universität als auf einer Schule aufgehoben wären, da sie sich in der Schule schlicht und ergreifend nicht durchsetzen können gegen eine Meute hormongesteuerter Jugendlicher.
Der letzte Punkt, eine sachlich korrekte und politikwissenschaftliche Instanz für die Überprüfung von Gesetzgebung und politischen Akten finde ich allerdings irgendwie gut!
Selbstverständlich sollten – auch – Lehrer Führer sein.
ALLE Erwachsenen sollten wahre, kompetente, realitätskonforme, zukunftsfähig-nachhaltige usw. Führer sein. Sind aber nicht. Nicht nur nicht “alle”, sondern die allerwenigsten.
Vor allem sollten auch die Eltern schon wahre usw. Führer sein. Aber das kann man nur, wenn man wahrhaft erwachsen ist. Sind die allermeisten Eltern aber nicht. Und können deshalb ihre Kinder auch nicht zu wahrhaft Erwachsenen, zu guten Führern, erziehen.
Ursache: Die “Kollektive Zivilisations-Neurose”; die Entfremdung / Selbst-Entfremdung des typischen zivilisierten Menschen. Eine zwar weitgehend unbewußte, allermeist verdrängte, aber dennoch exponentiell wachsend grassierende schwere, letztlich zum kollektiven Tode führende Krankheit.
Die Krankheit selbst ist problemlos heilbar; auch im letzen Stadium – wie Krebs und andere “schwere” Krankheiten auch. Man liest es ja immer wieder mal.
Das große Problem an der Kollektiven (Zivilisations-)Neurose sind die Symptome “Angst”, “zwanghafte Verdrängung” und “Krankheitsuneinsichtigkeit”.
Aber durch eine großflächige Aufklärungsaktion müßte es möglich sein, einen – auch kollektiven – Heilungs-Impuls zu geben.
Das ist in gewisser Weise eine Abkehr von Lehrer-Konzepten, die noch bis neulich in der Schule galten. So sollte bisher der Lehrer weniger der Führer sein, sondern nur der “Lern-begleiter” oder der “Lernmaterial-Organisator”, denn, so die Begründung, die Schüler müssten das eigentliche Lernen ja selber machen. Zudem sollten die Lehrer den Schülern das “lernen lernen” beibringen, also etwa: wie bringt sich ein Schüler selber bei zu lernen. Der Lehrer sollte eben seine Führer-Rolle zurücknehmen und nur noch eine Art sehr wissendes Mitglied der Lerngruppe sein, der höchstens hin und wieder mal die Richtung korrigiert.
Jetzt soll der Leher also wieder Führer sein. Aha.
Lehrer in deutschen Schulen sind Einzelkämpfer. Angeblich ist das in anderen Ländern anders, angeblich wird dort der Unterricht im Team vorbereitet, also alle sitzen an einem Tisch und bereiten Unterricht vor. Ich habe da allerdings meine Zweifel. Denn gemeinsam vorbereiteter Unterricht muss dennoch an die jeweilige Klasse und an die dort anwesenden “special needs” angepasst werden. Zudem heißt “Team” schlicht
t.oll
e.in
a.nderer
m.achts
Wie gesagt, ich habe da so meine Zweifel, dass die Konzepte, die von Ministerien und Schulbehörden vorgegeben werden, funktionieren können. Ich habe bei der sogenannten Inklusion erlebt, dass ein Schüler, der schon 2 Jahre älter war, in der 5. Klasse im Mathe-Unterricht saß und nicht mitkam, obwohl die Lehrerin an seinem Tisch saß und ihm geholfen hat. Der Rest der Klasse wurde währenddessen mit einem Arbeitsblatt beschäftigt. Es ging darum, eine Gerade rechtwinklig so an eine Linie anzuzeichnen, dass sie durch einen vorgegebenen Punkt hindurchging. Das hat er nicht hingekriegt. Vielleicht hätte eine stark vergrößerte Kopie geholfen. Aber ich dachte damals nur, dass dieser Schüler an einer Förderschule vielleicht besser aufgehoben wäre. In einer anderen Stunde sollten in einer Inklusionsklasse Jahrgang 5 die Schüler einen Steckbrief zu einem Tier schreiben, die Infos sollten sie sich aus einem Lexikon holen. 25 Schüler aus der 30er Klasse waren nach 30min fertig, die restlichen 5 Inklusionsschüler schafften die Aufgabe auch nicht in der 2. Stunde. Jeder dieser Schüler hatte Konzentrationsprobleme und sollte zum Teil aus Schülerlexika, bedruckt mit Schriiftgröße 8 Informationen heraussuchen, die stark abgekürzt waren, wie “bengal. Tiger”. Was ist “bengal.” ? Diese Frage sollte ein 5-Klässler mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und Lese-Rechtschreib-Schwäche selbstständig bearbeiten.
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Da wird also wieder mal der perfekte Lehrer erschaffen. Ganz was neues. Und als nächstes stellen wir fest, dass sich Palestinenser und Israelis gegenseitig als kulturell bereichernd empfinden müssen und schon ist der Konflikt auch gelöst……
Aber zurück zum Thema. Es soll also wieder die lehrende eierlegende Wollmilchsau geschaffen werden. Dass das noch nie funktioniert hat (und unmöglich ist) stört anscheinend nicht. Statt dessen werden den Lehrern einfach neue Lehrkonzepte verpflichtend vorgeschlagen, die sich aber in schönen Absichtserklärungen und Zielsetzungen erschöpfen. Mit der Frage „und was wenn’s nicht klappt“ lässt man die Lehrer dann alleine.
Um konstruktiv zu werden hier ein Vorschlag zur Verbesserung der Lehrqualität in den Schulen:
a) Verbesserung der Ausbildung: Jeder, der an der Uni Pädagogik und Didaktik unterrichten will muss vorher als Lehrer an einer Schule von den Schülern (NUR den Schülern) bescheinigt bekommen haben, dass er überdurchschnittlich gut als Lehrer ist.
Die Leute die dann an der Uni unterrichten könnten ihre Sache dann auch.
b) Schüler suchen sich aus von wem sie unterrichtet werden wollen. Passt der Lehrer nicht, wechselt man einfach. Ein Großteil der Probleme ist dann weg, und man muss nicht mehr die eierlegende Wollmilchsau erfinden. Dann geht die Regel: Auf jeden Topf passt ein Deckel.
c) Jede Vorgabe von Politikern oder Experten muss auf ihre Nützlichkeit empirisch überprüft worden sein und deren Anwendung ist freiwillig.
Ich denke, dass deine Vorschläge für eine Verbesserung der Lehrqualität völlig unrealistisch sind. Denn Schüler in einem Gymnasium interessieren sich, falls du hast vergessen haben solltest, bis frühstens Anfang der 10ten Stufe nicht für die Schule und Lehrer werden fertig gemacht und ignoriert, zumindest ist das bei uns so.
Das würde wohl eher zu einer Verschlechterung der Lehrqualität beitragen. Ich glaube auch nicht dass sich viel verändern würde, wenn man sich die Lehrer aussuchen könnte, denn es gibt gute Lehrer und schlechte Lehrer, und Lehrer die vielleicht besser an einer Universität als auf einer Schule aufgehoben wären, da sie sich in der Schule schlicht und ergreifend nicht durchsetzen können gegen eine Meute hormongesteuerter Jugendlicher.
Der letzte Punkt, eine sachlich korrekte und politikwissenschaftliche Instanz für die Überprüfung von Gesetzgebung und politischen Akten finde ich allerdings irgendwie gut!
Selbstverständlich sollten – auch – Lehrer Führer sein.
ALLE Erwachsenen sollten wahre, kompetente, realitätskonforme, zukunftsfähig-nachhaltige usw. Führer sein. Sind aber nicht. Nicht nur nicht “alle”, sondern die allerwenigsten.
Vor allem sollten auch die Eltern schon wahre usw. Führer sein. Aber das kann man nur, wenn man wahrhaft erwachsen ist. Sind die allermeisten Eltern aber nicht. Und können deshalb ihre Kinder auch nicht zu wahrhaft Erwachsenen, zu guten Führern, erziehen.
Ursache: Die “Kollektive Zivilisations-Neurose”; die Entfremdung / Selbst-Entfremdung des typischen zivilisierten Menschen. Eine zwar weitgehend unbewußte, allermeist verdrängte, aber dennoch exponentiell wachsend grassierende schwere, letztlich zum kollektiven Tode führende Krankheit.
Die Krankheit selbst ist problemlos heilbar; auch im letzen Stadium – wie Krebs und andere “schwere” Krankheiten auch. Man liest es ja immer wieder mal.
Das große Problem an der Kollektiven (Zivilisations-)Neurose sind die Symptome “Angst”, “zwanghafte Verdrängung” und “Krankheitsuneinsichtigkeit”.
Aber durch eine großflächige Aufklärungsaktion müßte es möglich sein, einen – auch kollektiven – Heilungs-Impuls zu geben.
Das ist in gewisser Weise eine Abkehr von Lehrer-Konzepten, die noch bis neulich in der Schule galten. So sollte bisher der Lehrer weniger der Führer sein, sondern nur der “Lern-begleiter” oder der “Lernmaterial-Organisator”, denn, so die Begründung, die Schüler müssten das eigentliche Lernen ja selber machen. Zudem sollten die Lehrer den Schülern das “lernen lernen” beibringen, also etwa: wie bringt sich ein Schüler selber bei zu lernen. Der Lehrer sollte eben seine Führer-Rolle zurücknehmen und nur noch eine Art sehr wissendes Mitglied der Lerngruppe sein, der höchstens hin und wieder mal die Richtung korrigiert.
Jetzt soll der Leher also wieder Führer sein. Aha.
Lehrer in deutschen Schulen sind Einzelkämpfer. Angeblich ist das in anderen Ländern anders, angeblich wird dort der Unterricht im Team vorbereitet, also alle sitzen an einem Tisch und bereiten Unterricht vor. Ich habe da allerdings meine Zweifel. Denn gemeinsam vorbereiteter Unterricht muss dennoch an die jeweilige Klasse und an die dort anwesenden “special needs” angepasst werden. Zudem heißt “Team” schlicht
t.oll
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a.nderer
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Wie gesagt, ich habe da so meine Zweifel, dass die Konzepte, die von Ministerien und Schulbehörden vorgegeben werden, funktionieren können. Ich habe bei der sogenannten Inklusion erlebt, dass ein Schüler, der schon 2 Jahre älter war, in der 5. Klasse im Mathe-Unterricht saß und nicht mitkam, obwohl die Lehrerin an seinem Tisch saß und ihm geholfen hat. Der Rest der Klasse wurde währenddessen mit einem Arbeitsblatt beschäftigt. Es ging darum, eine Gerade rechtwinklig so an eine Linie anzuzeichnen, dass sie durch einen vorgegebenen Punkt hindurchging. Das hat er nicht hingekriegt. Vielleicht hätte eine stark vergrößerte Kopie geholfen. Aber ich dachte damals nur, dass dieser Schüler an einer Förderschule vielleicht besser aufgehoben wäre. In einer anderen Stunde sollten in einer Inklusionsklasse Jahrgang 5 die Schüler einen Steckbrief zu einem Tier schreiben, die Infos sollten sie sich aus einem Lexikon holen. 25 Schüler aus der 30er Klasse waren nach 30min fertig, die restlichen 5 Inklusionsschüler schafften die Aufgabe auch nicht in der 2. Stunde. Jeder dieser Schüler hatte Konzentrationsprobleme und sollte zum Teil aus Schülerlexika, bedruckt mit Schriiftgröße 8 Informationen heraussuchen, die stark abgekürzt waren, wie “bengal. Tiger”. Was ist “bengal.” ? Diese Frage sollte ein 5-Klässler mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und Lese-Rechtschreib-Schwäche selbstständig bearbeiten.