Hier wedelt der Schwanz mit dem Hund

Die individuelle Freiheit ist das höchste Gut, das es für Liberale gibt. Mit der Freiheit verbindet sich jedoch auch Verantwortung, das scheinen manche zu vergessen.

Ein kleines Gedankenexperiment:

Dorain GrayStellen Sie sich vor, sie haben sich in ihr Spiegelbild verliebt. Die Leidenschaft ist so groß, Sie können ohne Ihr Spiegelbild nicht mehr sein. Es begleitet Sie Tag und Nacht, in Bus und Bahn, in Gaststätten, Kino oder Theater, immer sitzt Ihr Spiegelbild neben Ihnen. So innig ist die Beziehung zu Ihrem Spiegelbild, dass Sie für Ihr Recht streiten, eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu erreichen. In der Öffentlichkeit fühlen Sie sich durch befremdete Blicke und seltsame Fragen nach Ihrem Spiegelbild diskriminiert. Deshalb streiten Sie für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung von Spiegelbild-Partnerschaften. Um auch noch im Hinblick auf den letzten bürgerlichen Wert gleichgestellt zu sein, bestellen Sie entweder eine Leihmutter oder von einer Samenbank Fortpflanzungsmaterial und gründen eine Spiegelbild-Familie.

Kommt Ihnen an dieser Geschichte etwas seltsam vor? Außer dem Spiegelbild? Z.B. die Tatsache, dass die Abweichung, die die Verliebtheit in das eigene Spiegelbild, jedenfalls die Intensität dieser Verliebtheit, darstellt, vom Abweichenden mit dem Anspruch in die Gesellschaft getragen wird, doch als normal akzeptiert zu werden?

Ist das nicht seltsam, dass jemand gezielt abweicht, um dann im nächsten Moment zu fordern, als nicht-abweichend in die Gesellschaft all derer, von denen er gezielt abweicht, aufgenommen zu werden? Interessanter noch ist das Fehlen jeglicher Begründung, das Fehlen jeglicher positiven Begründung, die denen, von denen abgewichen wird, zeigt, was sie davon haben, den, der abweicht, nicht als abweichend anzusehen, obwohl er abweicht. Man kann dies auch anders formulieren und sich fragen, warum jemand zuerst gezielt abweicht und dann alles tut, um dem bürgerlichen Idealtypus zu entsprechen. Was ist der Witz an der Abweichung? Ist das Ganze nur ein narzistisches Spiel, in dem die eigene Persönlichkeit durch Abweichung konstruiert wird und gleichzeitig, ob dieser Abweichung so fragil , dass die Angst über die eigene Abweichung den Abweichenden zurück in die Arme der Mehrheitsgesellschaft und ihrer Konventionen treibt?

Abweichungen sind eben auch nicht mehr das, was sie einmal waren. In den 1970er Jahren, da waren Abweichungen noch ernst gemeint. Da war man Baghwan-Jünger oder nicht, und nicht Baghwan-Jünger, von, sagen wir 16 bis 21 Uhr und ansonsten Sachbearbeiter für die Buchstaben AA bis AF im Finanzamt Eckernförde. Man war etwas aus Überzeugung und nicht, um etwas auszuprobieren. Man wich von der Mehrheitsgesellschaft aus Überzeugung ab und hat die Verantwortung für diese Überzeugung übernommen, mit allen Konsequenten, die sich daraus ergeben haben, z.B. dem Verzicht auf Transferleistungen des Staates, dem Verzicht darauf, sich vom Staat für seinen Lebensentwurf belohnen, ja kaufen zu lassen.

Die heutigen Abweicher wollen zwar abweichen, aber nicht zu viel abweichen, nur soviel, dass es ausreicht, um eine soziale Identität zu bauen und dennoch in der Mehrheitsgesellschaft zu verbleiben. Eine wicklich seltsame Ambiguität, die bei den davon Betroffenen nicht einmal zu kognitiven Dissonanzen führt, denn: Sie finden es normal, abzuweichen und doch nicht abzuweichen oder: sich bewusst gegen etwas zu entscheiden, aber die Folgen davon nicht tragen zu wollen. Vielmehr erwarten sie, dass andere, die Gesellschaft, die Folgen schultern und finanzieren.

Treiben wir das Gedankenexperiment noch etwas weiter und fragen, welche Menge, in ihr Spiegelbild Verliebter bzw. in Lebenspartnerschaft mit ihrem Spiegelbild Lebender notwendig ist, um eine steuerliche Gleichstellung der Spiegelbild-Lebenspartnerschaft zu begründen, um Studien zu initiieren, die die Antwort auf Fragen suchen wie: Werden Spiegelbild-Lebenspartnerschaften diskriminiert? Wenn ja, wie und von wem und warum? Wieviele Spiegelbild-Verliebte sind notwendig, um politische Parteien wie Hühner im Hühnerhaus umeinander laufen zu lassen und im vollen Ernst der artifiziellen Aufregung nach den Lebensbedingungen der Spiegelbild-Verliebten zu fragen?

Anfrage GrueneNun, die letzte Frage können wir für die Spiegelbild-Verliebten nicht beantworten, aber für so genannte Regenbogen-Familien können wir sie beantworten: Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage im Bundestag von, richtig: Bündnis90/Grüne hervorgeht, leben derzeit 68.268 Menschen in Deutschland in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft, also rund 3000 weniger als jedes Jahr an einer ischämischen Herzkrankheit (Arteriosklerose) sterben. 40.601 der Lebenspartnerschaften bestehen aus zwei Männern, 27.667 setzen sich aus zwei Frauen zusammen. In diesen Lebenspartnerschaften leben 3.794 Kinder, was, verglichen mit der Zahl der Kinder, die 2012 vom Jugendamt in Obhut genommen wurden, einem Anteil von 9,4% entspricht.

68.268 Menschen in Lebenspartnerschaften, Menchen, die eigentlich von der Normalität abweichen wollen, aber nicht so weit, als dass sie tatsächlich die volle Verantwortung für ein alternatives Leben übernehmen würden, und 3.794 Kinder, die deutschlandweit in sogenannten Regenbogenfamilien aufwachsen, geben den Anlass dazu ab, nicht nur schulische Curricula umzukrempeln, sondern auch Kampagnen gegen die Diskrimierung dieser seltenen Population, von deren Angehörigen, der Mehrheit der Bevölkerung in der Regel niemand bekannt sein wird, zu finanzieren und zu starten.

Man hat massiv den Eindruck, dass hier der Schwanz mit dem Hund wedelt, vor allem, wenn zudem Fragen der Abstammung gelöst werden müssen, denn es ist natürlich wichtig zu wissen, ob in lesbischen Beziehungen beide Frauen rechtlich als Mutter gelten können, und wie man das Problem der Abstammung umschifft, also das Problem, das sich daraus ergibt, dass auch lesbische Frauen keine Selbstbefruchter sind. Ob demnächst in der Männerbewegung (sofern es sie gibt) jemand auf die Idee kommt, ein Recht auf den eigenen Samen zu fordern?

Fast wichtiger als die Frage, wer denn nun Mutter ist, sein soll, sein muss, sein darf, ist die Frage der Abstammung, denn Abstammung ist in Deutschland kein soziales, sondern ein rechtliches Problem. Da ist sie wieder, die Frage der Verantwortung. Also: Kann man ein Kind, das künstlich von gespendetem Samen geschaffen wurde, bei Nichtgefallen, z.B. weil es nicht gesund ist oder die falsche Augenfarbe besitzt, zurückgeben und vom Samenspender Regress verlangen, ob der mangelhaften Ware, die geliefert wurde?

Oder wie ist das in schwulen Partnerschaften, die sich einer Leihmutter bedienen. Sind mit der Bezahlung der Leihmutter alle Ansprüche beseitigt, die aus biologischer Verbindung erwachsen? Oder haben Leihmütter auch einen rechtlichen Anteil an ihren Auftragskindern? Und wie ist es mit der Haftung für Nachwuchs, der nicht der Norm entspricht, der sich z.B. mit 14 Jahren als delinquent, faul, oder, schlimmer fast: heterosexuell entpuppt: Wer haftet dafür?

Fragen über Fragen und wer Lust hat, sich mit derart interessanten Fragestellungen, die sein tägliches Leben betreffen, zu beschäftigen, der sei auf die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Grünen (und ihres Bündnisses) verwiesen.

Und wer sich fragt, wie es soweit kommen konnte, dass der Hund mit dem Schwanz wedelt, der sei wiederum auf die Verantwortung verwiesen, die ausgerechnet diejenigen, die sich entschlossen haben, von der Norm abzuweichen, nicht für ihren Entschluss übernehmen wollen.

Und nein, wir sind nicht homophob, wir gehören nur zu einer abweichenden Mehrheit, die  weder politisch korrekt noch in logischem Widerspruch oder Widerspruch mit der Realität leben will.

 

 

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