ARD-Phantasie in Labour Stimmengewinnen: Die tägliche Desinformation
Wenn es um den Brexit geht, dann erhalten Konsumenten öffentlich-rechtlicher Medien im Austausch für ihre Gebühren, Halbwahrheiten, Phantasien und krude Lügen. Wir haben das in der Vergangenheit bereits mehrfach dokumentiert (z.B. hier und hier).
Heute ist uns Holger Beckmann über den Weg gelaufen, nicht in Person, sondern in dem, was er schriftlich absondert, ein Requiem in unbeabsichtigten Folgen, aufgelöst in einem Largo der Fake News.
First things first.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Theresa May sehenden Auges die britischen Konservativen zerstört? Vielleicht ist sie unfähig und so entscheidungsschwach, dass sie hilflos dabei zusieht, wie sich Parteimitglieder, die jetzt eigentlich Türklinken putzen sollten, weil im Mai eine Kommunalwahl ansteht, weigern, dasselbe zu tun. Ihr eigener Ärger über Mays Brexit-Unfähigkeit und der Ärger, der ihnen hinter jeder Tür, an der sie klingeln, begegnet, hat diese historisch einmalige Situation geschaffen.
Vielleicht ist May auch ein Manchurian Candidate, eine Puppe der EU, die, wie ein Mitglied der ScienceFiles-Redaktion schon mehrfach ausgeführt hat, mit dem Ziel programmiert wurde, die konservative Partei zu zerstören, als Strafe dafür, dass David Cameron einfach den Briten die Möglichkeit gegeben hat, in einem Referendum über die Zugehörigkeit zum heiligen römischen Reich europäischer Nation abzustimmen. Sind die Tories erst einmal Geschichte, so die Theorie der EU-Verschwörung, die etwas für sich hat, dann kommt Labour an die Macht, dreht das Rad zurück und kehrt mit dem Vereinigten Königreich zurück in das europäische Großreich.
Die Idee hat etwas für sich, zumal wir regelmäßig über Sätze, Absätze und Ausführungen in deutschen Medien stolpern, die der Hoffnung, Labour (ausgerechnet der Chaos-Verein von Jeremy Corbyn) werde den Brexit stoppen, verhindern, ein zweites Referendum durchsetzen (von dem scheinbar angenommen wird, dass es mit einer Mehrheit für einen Verbleib enden würde) – in jedem Fall dafür sorgen, dass die 13 Milliarden Euro, die nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs im Haushalt der EU fehlen, erhalten bleiben.
Holger Beckmann, dessen Bild man einfach gesehen haben muss (siehe rechts), um zu wissen, wie man sich nicht präsentieren soll, hat heute einen verhältnismäßig langen Beitrag zum Brexit geschrieben, in dem er sich mit den unbeabsichtigten Folgen davon beschäftigt, dass man bei der EU ein Withdrawal Agreement diktiert hat, dem ein souveränes Land schlicht nicht zustimmen kann. Der derzeitige Limbo, der vom Diktat und einer Fehlbesetzung im Amt des Premierministers verursacht ist, hat einmal mehr zu einer Verschiebung des Brexit geführt und jetzt ist es passiert:
Wir nehmen (vermutlich, mit hoher Sicherheit) an der Europawahl teil. 73 Sitze der 751, die es im Europäischen Parlament gibt, gehen an Abgeordnete der Insel. 73 Sitze, die wie Beckmann befürchtet, die Chance des Manfred Weber, Kommissionspräsident zu werden, zunichte machen könnte. Denn: Nigel Farage, der „EU-Gegner“ will „wieder für das Europaparlament kandidieren – Zurückhaltung ist … kaum zu erwarten“, meint Beckmann mit Blick darauf, dass die Abgeordneten aus dem Vereinigten Königreich, so es sie denn geben wird, auch abstimmen, schließlich sind die 73 Abgeordneten nicht von Sinn Fein, die sich regelmäßig in das Britische Unterhaus wählen lassen, nur um nicht zu erscheinen.
Das ist wirklich dumm, dass sich Abgeordnete, wenn sie gewählt sind, so aufführen wollen als wären sie gewählte Abgeordnete. Aber, Leute wie Beckmann haben natürlich immer einen Trost parat:
„Aus Sicht der europäischen Sozialdemokraten wäre das erfreulich. Denn derzeit prognostizieren Meinungsumfragen in Großbritannien der Labour Party bei einer Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament deutliche Gewinne. Und Labour gehört dort zur sozialdemokratischen Fraktion.”
Was Beckmann hier schreibt, ist FAKE NEWS, es ist schlicht und ergreifend nicht wahr.
Beginnen wir mit einem Ereignis, das die deutschen Medien bislang weitgehend unterschlagen haben. Seit dem gestrigen Freitag, dem 12. April ist die BREXIT Party, die Nigel Farage gerade gegründet hat, bei Europawahlen, sofern es sie im Vereinigten Königreich gibt, wählbar.
Die kurze Zeit, die es die Brexit Party gibt, hat ausgereicht, um in der neuesten YouGov-Umfrage vom 12. April (Feldzeit: 10-11 April; wenn man relevante Umfrage-Ergebnisse aus dem UK haben will, dann ist YouGov eine der, wenn nicht die beste Adresse/n) mit 15% bereits an dritter Stelle der Parteien zu rangieren, vor UKIP, die 14% der Befragten bei der Europawahl wählen wollen. Die Tories, denen die Wähler zur Brexit-Partei und zu UKIP davonlaufen, kommen nur auf 16%.
Und Labour? Hat Labour die Zugewinne, die Beckmann gerne hätte? Nein. Auch Labour lässt erheblich Federn und verliert Stimmen an die Brexit Party und UKIP, vor allem in den Labour Heartlands, die mehrheitlich für einen Brexit gestimmt haben. Mit 24% ist Labour zwar derzeit noch stärkste Partei (was sich mit Sicherheit bis zur Wahl ändern wird), aber die 24% sind in keiner Weise ein Stimmengewinn, wie ihn Beckmann gerne hätte. Bei der letzten Europawahl 2014 kam Labour auf 24,4% der Stimmen. Nach allen Regeln der Mathematik ist das, was YouGov für Labour prognostiziert, ein Verlust, kein „deutlicher Gewinn“.
Welchen Meinungsumfragen Beckmann die deutlichen Gewinne von Labour entnommen haben will, ist uns ein Rätsel. Wir kennen keine und er sagt nicht, wo er seine diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen haben will. Der Verdacht liegt nahe, dass hier der Wunsch, Vater des Gedankens war, dass Beckmann seine deutlichen Labour Gewinne einfach erfunden hat.
Tatsächlich hat YouGov die Meldung zu den gerade dargestellten Ergebnissen mit “Conservatives and Labour set to perform poorly in European elections” überschrieben (Für Konservative und Labour zeichnet sich ein schlechtes Ergebnis bei den Europawahlen ab).
Tatsächlich teilen die Parteimitglieder von Labour, die eigentlich Canvassing betreiben sollten, also für die Kommunalwahlen werben und von Tür zu Tür gehen, das Los der Tories. Der Ärger darüber, dass sich die Politiker in Westminster unfähig erwiesen haben, einen Brexit durchzuführen, entlädt sich auch auf der Labour Party. Für alle die der englischen Sprache mächtig sind, haben wir einen Text von Lewis Goodall verlinkt, in dem er u.a. das Leid der Tories und Labour-Mitglieder im lokalen Wahlkampf beschreibt.
Wir sehen derzeit im Vereinigten Königreich die Anfänge eines neuen Parteiensystems, in dem Tories und Labour nicht mehr die Rolle spielen, die sie gewohnt sind. Es sei denn, es gelingt einem Politiker, das Steuer herumzureißen und nach Lage der Dinge kann das nur Boris Johnson sein. Schließen wir diesen Post mit einer Horrorgeschichte für die EU, die in den letzten Tagen durch die britischen Medien gegangen ist und gar nicht so unwahrscheinlich ist.
Theresa May tritt noch im April zurück, Boris Johnson wird neuer Premierminister, schon weil er in der Bevölkerung und unter Mitgliedern der Konservativen Partei die meiste Unterstützung aller Kandidaten hat (und sich in den letzten Wochen in Diplomatie geübt hat). Eine der ersten Amtshandlungen von Johnson besteht darin, eine Snap-Election anzusetzen, aus der die Tories, weil Labour unter Jeremy Corbyn in weiten Teilen degeneriert ist, mit deutlicher Sitzmehrheit in Westminster hervorgehen. Dann können Premierminister Johnson und Außenminister Rees-Moog schalten und walten wie sie wollen und plötzlich sind alle Optionen wieder auf dem Tisch und vor allem der Hard Brexit.
Schöne Erzählung.
Hintergrund dazu:
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Schön, auf die aktuelle Aufklärung habe ich gewartet. Man kann sich ja diesbezüglich nur noch über schweizer Medien informieren. Hier bleibt der Eindruck betoniert dass alle in GB die Hosen voll haben und “heim ins Reich” wollen und Theresa May völlig unfähig ist.
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Ich liebe diese Horrorgeschichte, und dann treten die richtigen noch dem europäischen Bündnis der Patrioten (EAPN) bei und ich grinse breit… am Schluss die EU mit heruntergelassenen Hosen und für die Nationenhasser eine vergeigte EU-Wahl.
Wie wird die Arbeit von Frau May in GB bewertet?
Startseite zum Durchklicken:
https://yougov.co.uk/topics/politics/explore/public_figure/Theresa_May
So in etwa habe ich mir das gedacht, wenn man in den Artikeln der Lumpenpresse die emotionalen Entgleisungen ausblendet und ich die Faktenfitzel summiere ist mein Eindruck “gutes Handwerk” und “gute Haltung”. Kein Vergleich zu unseren Polit-Avataren, Chemnitz hat bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinsichtlich des Grades der Korruptheit dieser bis in die höchsten Spitzen hinterlassn.
Zu Chemnitz gibt es Interessantes bei Publico:
https://www.publicomag.com/2019/04/presserat-weist-beschwerden-zu-hetzjagd-falschmeldungen-ueber-chemnitz-zurueck/
“…Einige Leserinnen und Leser zweifelten dem Presserat gegenüber sogar generell am Wahrheitsgehalt von Artikeln.“
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Echt jetzt, wieso denn das?
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Einer dieser (zu)vielen Räte die aufgelöst gehören!
Ein wirklich guter und erhellender Artikel.
Und die Leserbriefe sprechen eine klare Sprache.
Seit langem ist hier vieles im Argen, aber ich hätte nie damit gerechnet in einem derart heruntergekommenen grünlinks versifften kooperatistischen Altparteienloch alt werden zu müssen.
Ganz ehrlich, der Brexit und diese überhebliche Respektlosigkeit vieler Deutscher gegenüber den Briten war ein wesentlicher Treiber, weshalb ich den Linken den Rücken gekehrt hab. Man kann Meinungsverschiedenheiten haben, aber dieses Lügen, Halbwahrheiten verbreiten, May (die mir aus anderen Gründen Bauchschmerzen macht) als ein dummes Kind zu beschreiben, das mal von Teutonen belehrt werden müsse, … das alles geht viel zu weit.
Neulich hab ich auf einem Geburtstag gehört, dass das Referendum doch wegen der Lügen (wohlgemerkt der Brexiteers; die anderen sind da ja gar nicht …) wiederholt werden müsse. Ich hab gefragt, “Welche Lüge (Einzahl) wurde denn erzählt?” Und es kam wie zu erwarten das Gepiesel wegen des Vorschlags, statt Geld an Brüssel zu überweisen es in die NHS zu investieren. Das hab ich natürlich in der Luft zerflückt. Mich erschrickt aber einfach das Ausmaß der Einfältigkeit. Man weiß schon, was ein anderer sagen wird, bevor er es sagt.
Sozialismus ist Überheblichkeit / Anmaßung – von Moralin-Ariern und Bessermenschen, die überzeugt sind, Ansprüche gegen andere Menschen zu haben, weil mehr Moralin getankt.
Ui, Boris Johnson und Rees-Mogg, die Lieblinge der deutschen Qualitätsmedien. Dann haben die endlich noch jemand außer Trump und Orban, an dem sie sich abarbeiten können.
Und Putin, bitte nicht vergessen!
Es sieht schon sehr danach aus, daß es T. May darum geht, den Brexit zu hintertreiben oder zumindest hinauszuzögern. Und genau das ist ja das einzige sichtbare Ergebnis.
Immer wieder dasselbe Theater mit der Abänderung von (für einen souveränen Staat) inakzeptablen EU-Vorgaben, die aber nicht abgeändert werden, außer daß Zeit verstreicht.
Hinzu kommt, daß eigentlich ein bestehendes Gesetz (der Austritt zum Ende März) nicht respektiert bzw. gebrochen wird – was aber für die EU mittlerweile Standard ist.
Wer also zieht die Fäden in diesem Zusammenspiel der AkteurINNEN und wer steht über dem Willen der Wähler und über dem Willen ihrer (in GB teilweise auch noch in den etablierten Parteien vorhandenen) “Volksvertreter”?
Trotzdem wird es für die Damen im FührerINNENbunker ungemütlich, weil die Realität zwar Hausverbot hat, diese aber außen die frische Luft atmet und innen die Vorräte an Glaubwürdigkeit, Reputation, Geld, Arbeitsplätzen, Industrialisierung – also EU-Stabilität – zunehmend verloren gehen. Nun gut, die Sitze in diesem “nichts-sagen-könnenden” prächtig alimentierten EU-Parlament seien den Briten mehr gegönnt als denen, die sich bereits Hoffnung darauf machten. Für den deutschen Michel dürfte das vorübergehend besser sein, wenn GB mithaftet und abdrückt und der Knoblauchgürtel nicht komplett die Herrschaft übernimmt. Was aber wenn bei der EU die alte, nun potenzierte Finanzkrise, die Folgen der geplanten, in Gesetze gegossenen verstärkten Migrationswellen und die daraus folgenden weiteren massiven Verwerfungen anklopfen? Erst dann kommt der richtige Stimmungsumschwung und der bleibt nicht auf GB beschränkt. denn wenn bei den vielen anderen (z.B. Polen, Italien etc.) keine Nettogeldder mehr fließen, dann ist die “Facebook-Party” namens “EU” Geschichte.
Wer dann wieder “schuld ist”, wer aufräumt, wer bezahlt, wer trotzdem am Pranger steht, das dürfte allen in der EU klar sein – außer wieder den 90% Allesgläubigen in Deutschland.