Ein Stück mehr Demokratie in Italien: Das M5S lässt heute ihre Kandidaten durch direkte Befragung der Parteimitglieder bestimmen

Quelle

Am heutigen Tag wird in Italien ein Stück mehr Demokratie – „Demokratie“ im Sinn von „direkter Demokratie“ – verwirklicht, denn heute kann jedes einzelne Mitglied des „Movimento Cinque Stelle“ (M5S) zwischen zehn Uhr morgens und zehn Uhr abends online via SkyVote seine Stimme für die von ihm bevorzugten Kandidaten abgeben. Jedes Mitglied vergibt seine Stimme bzw. seine drei Stimmen auf einer Liste der Kandidaten für die Abgeordnetenkammer, einer Liste der Kandidaten und einer Liste der vom Partei-Präsidenten Giuseppe Conte ausgewählten Kandidaten.  (https://www.ilsussidiario.net/news/parlamentarie-m5s-diretta-voto-online-candidati-lista-elezioni-collegi-conte-ce/2389752/)

Jedem Mitglied wurde am Tag zuvor eine e-mail geschickt, die einen persönlichen link enthielt, der dem Mitglied den Zugang zur Abstimmung auf SkyVote ermöglicht (https://www.italiaambiente.it/2022/08/16/parlamentarie-m5s-oggi-il-voto-online-le-regole/).

Aber das ist noch nicht alles:

Die Kandidaten, die zur Auswahl stehen, sind keine Auswahl aus irgendwelchen Listen irgendwelcher Parteiorganisationen auf irgendeiner Ebene der innerparteilichen Verwaltung, sondern Selbstvorschläge. Auch die Namen, die auf der Liste von Präsident Conte stehen, sind solche von Personen, die „… bereits ihre eigene Kandidatur vorgeschlagen haben, …“ und denen Conte aufgrund von vorheriger politischer Erfahrung „Priorität“ einräumt. Auf der Liste von Conte stehen unter anderem die ehemalige Bürgermeisterin von Turin, Chiara Appendino, der ehemalige Staatsanwalt Federico Cafiero De Raho und mehrere Parteiführer, die als Conte nahestehend gelten, wie die Unterstaatssekretärin für Bildung Barbara Floridia und der stellvertretende Parteivorsitzende Riccardo Ricciardi.

Um diese „Präsidenten“-Liste gab es im Vorfeld einige Aufregung, bricht sie doch die Logik der Direktwahl von Kandidaten durch die Miglieder. Dementsprechend hat z.B. der ehemalige Minister Danilo Toninelli Conte vorgeworfen, Nominierungen “nach seinem Bild und Gleichnis” vorzunehmen, um sich mit Loyalisten zu umgeben. Immerhin können die Mitglieder im Zuge der heutigen Wahl diese Liste aber als Ganze annehmen oder ablehnen, sind also nicht gezwungen, ihre Stimme Kandidaten auf dieser Liste zu geben.

Das Verfahren des Selbstvorschlages hat dazu geführt, dass u.a. Experten mit konkreter Berufserfahrung zur Wahl stehen, die tatsächlich wissen, wovon sie (in der entspechenden Angelegenheit) sprechen und was die Implikationen verschiedenen Umgangs mit der Angelegenheit für die Leute sind. So hat z.B. Matteo Bassetti, Direktor der Klinik für Infektionskrankheiten am Krankenhaus San Martino in Genua, auf Instagram gepostet:

“Viele meiner Kollegen haben ihre Kandidatur für die Wahlen angekündigt. Ich bin der Meinung, dass sie im Bereich der Wissenschaft und der Öffentlichkeitsarbeit hervorragende Arbeit geleistet haben und daher heute dem Parlament wissenschaftliches Denken nahe bringen können. Wir wünschen ihnen viel Glück”.

Und auf seiner Facebook-Seite fügte er hinzu:

“Ich bin sicher”, dass sie, wenn sie stark sind, das Parlament kulturell und wissenschaftlich bereichern werden.“

Die Interessen, die durch den Selbstvorschlag repräsentiert werden, sind vielfältig. Sie reichen vom wissenschaftlichen Umgang mit Infektionskrankheiten bis zu ethischen Überlegungen, denen der älteste Kandidat von 82 Jahren, der sein Leben lang Priester gewesen ist, Geltung verschaffen wollen dürfte. Und natürlich sind die üblichen Gewerkschaftsinteressen ebenso repräsentiert wie der Kampf gegen organisierte Kriminalität.

Ein eher fragwürdiger Aspekt des Verfahrens ist jedoch, dass es eine Reihe von dem, was man als Familien-Kandidaturen bezeichnen könnte, gibt. So kandidiert z.B. in Kalabrien das Ehepaar Giuseppe Varano und Tiziana Costa für Sitze für verschiedene Wahlkreise, was dadurch ermöglicht wurde, dass das M5S erstmals in der Geschichte der Bewegung, die seit 2009 existiert, eine Kandidatur auch in einem anderen Wahlkreis, als dem, in dem jemand seinen Wohnsitz hat, erlaubt, wenn der Kandidat dort “den Schwerpunkt seiner Interessen” hat. Ein weiteres Beispiel: Ein Kandidat für die Abgeordnetenkammer im Wahlkreis Lombardei 1 ist Davide Buffagni, der 32 Jahre alte Bruder von Stefano, seinerseit Abgeordneter und ehemaliger stellvertretender Minister für wirtschaftliche Entwicklung.

Dennoch wertet auch (wie ich) Tiziana Beghin, die Leiterin der Delegation des M5S im Europäischen Parlament, die heutigen Wahlen positiv und als

“… ein[en] große[n] Test für die Demokratie. Wir sind die einzige politische Kraft in Italien, die ihre Mitglieder aktiv in den Prozess der Listenaufstellung einbezieht … Wir wünschen den zweitausend Kandidaten viel Erfolg und sind sicher, dass sie den großen Herausforderungen, denen sich unser Land stellen muss, gewachsen sein werden”.

Die Ergebnisse dieses heutigen „Tests“ für mehr direkte Demokratie werden heute nacht oder morgen bekanntgegeben (https://www.ilpost.it/2022/08/16/parlamentarie-m5s-voto/).


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