Die sündigen Söhne des Ethikrats

Moralphilosophen haben die “Moral” als Zusatz vor ihrer “Philosophie”, weil sie sich mit den Prinzipien beschäftigen, die ein vertretbares menschliches Handeln, einen angemessenen Umgang mit einander determinieren. Moral umfasst zumeist Handlungskonventionen und -muster, z.B. solche, wie sie in den 10 Geboten, die man als christliche Moral ansehen kann, niedergelegt sind. Während Moral Handlungsregeln in allgemeiner Form festschreibt, richtet sich die Ethik auf die praktische Umsetzung dieser Regeln, gemeinhin in die Frage verpackt, “was sollen wir in einer bestimmten Situation tun”. Beide, Moral und Ethik, haben eine gewisse Bedeutung für die Fähigkeit von Menschen, friedlich zusammenzuleben. Am prägnantesten hat Thomas Hobbes dies auf den Punkt gebracht, der Moral auf zwei Grundsätze reduziert, denen er den Status einer Regel der Vernunft zuweist:

  • Jedermann hat sich um Frieden zu bemühen, solange dazu Hoffnung besteht. Kann er ihn nicht herstellen, so darf er sich alle Hilfsmittel und Vorteile des Krieges verschaffen und sie benützen.
  • Jedermann soll freiwillig, wenn andere ebenfalls dazu bereit sind, auf sein Recht auf alles verzichten, soweit er dies um des Friedens und der Selbstverteidigung willen für notwendig hält, und er soll sich mit so viel Freiheit gegenüber anderen zufrieden geben, wie er anderen gegen sich selbst einräumen würde.

Das hat Hobbes in der Mitte des 17. Jahrhunderts geschrieben. Wer seitdem alles bei ihm abgeschrieben hat … Im ersten Grundsatz wird ein Naturgesetz, “Suche Frieden und halte ihn ein”, mit einem Selbstverteidigungsrecht, das keinerlei Beschränkung der Mittel zu eben dieser Selbstverteidigung kennt, kombiniert. Im zweiten Grundsatz werden Individuen aufeinander verpflichtet und es wird versuch, über das, was Kant später den kategorischen Imperativ genannt hat, eine Balance zwischen dem Verzicht auf das Recht auf Anwendung aller Mittel und zwangsläufig damit einhergehenden Verzicht auf Freiheit herzustellen. Hobbes nennt seine beiden Grundsätze auch Prinzipien der Vernunft, weil er der Ansicht ist, dass ein vernünftiger Akteur früher oder später zu der Einsicht gelangen muss, dass seine eigene Existenz nur dann gesichert ist, wenn er sich nicht das Recht nimmt, die Existenz aller anderen dauerhaft zu bedrohen.

Diese Auffassung von Ethik und bei Hobbes rudimentärer Moral, zwischen Verhaltensgrundsätzen und deren konkreter Anwendung, sie ist so meilenweit von dem entfernt, was heute von Leuten, die in einem Ethikrat sitzen, ihm vorsitzen, als ethisches Verhalten präsentiert wird, dass man die Idee von Karl Raimund Popper, derzufolge Gesellschaften eine Abfolge von Wissensbeständen darstellen, die dem Spotlicht gleichen, das mit einer Taschenlampe in eine dunkle Garage geworfen wird, um einmal diesen, einmal jenen Spot zu erhellen, leicht verstehen kann. Offenkundig hat das Spotlicht, das Alena Buyx auf ethisches Verhalten wirft und für das sie sich als Mitgiled des “deutschen Ethikrats” bezeichnen lässt, nichts mehr mit Ethik und Moral zu tun, wie beide Begriffe gemeinhin und bislang gefasst wurden, sondern mehr mit einem käuflichen Relativismus, der die Mittel mit Blick auf den Zweck heiligt.

Einmal abgesehen, dass Buyx ihre Machtposition als Erziehungsberechtigter gegenüber ihren Söhnen ausnutzt, um Geld zu erpressen und diese Erpressung auch noch dreist als Form des normalen Umgangs zwischen Eltern und Kinder verkaufen will, lässt sich mit dieser Variante des Ablasshandels so ziemlich jede Sauerrei nachträglich per Buße oder Spende für eine Menschenrechtsorganisation legitimieren. Das hat zur Konsequenz, dass Ethik und Moral zu Gegenständen werden, die auf käuflicher Grundlage an die Wünsche dessen angepasst werden, der gerade bezahlt, denn beide sind grundsätzlich käuflich. Vorbei sind die Zeiten, in denen beide den Charakter eines Grundsatzes hatten und man auf Basis entsprechend fester Überzeugungen etwas getan oder eben nicht getan hat. Heute ist alles tu-bar, wenn man die Moneten bereithält, um seine Untaten anschließen per Ablasshandel aus der Welt zu schaffen.

Man kann sich so ungefähr vorstellen, wie es im Buyx-Haushalt zugeht:

  • Einmal lügen, 2 Euro Strafe;
  • Einmal stehlen, je nach Bestohlenem 10 Euro Strafe oder 10 Euro Belohnung;

Aber was soll man anderes erwarten von der Vorsitzenden eines Ethikrates, der sich regelmäßig damit hervorgetan hat, Ethik und Moral zu an den politischen Zeitgeist verschacherbaren Gütern zu erklären:

Erinnern Sie sich noch an die Wahl zum Denkbehinderten der Woche vom 27. Januar 2022.
Dumme Frage, natürlich nicht.
Deshalb zur Erinnerung:

Startnummer 7 trägt Alena Buyx, die immer noch der Ansicht ist, sie sei Vorsitzende eines Ethikrates, obschon der deutsche Ethikrat wohl die Organisation ist, deren Ethik die Abwesenheit von Ethik voraussetzt. Dialektik, wo man hinschaut. Dass der Ethikrat nichts mit Ethik am Hut hat, das hat Buyx in einem Interview, das beim ZDF unter der Rubrik “volle Kanne” läuft – wir konnten nicht klären, ob es sich dabei um eine direkte Beleidigung oder um eine Zustandsbeschreibung handelt – wie dem auch sei: verlautbart.

Darin spricht die Ethikratvorsitzende den folgenden denkwürdigen Mist, um das Umfallertum des Rats der Ethik der Nichtethik zu erläutern: Man habe damals, als man sich gegen eine Impfpflicht ausgesprochen habe, noch gedacht, dass sich “mehr Menschen impfen lassen” und nichts von Varianten gewusst, die hohe Impfquoten erfordern.

Ethik als solche beschreibt Handlungsprinzipien. Die Ethik des Ethikrats basiert nicht auf Prinzipien, sondern auf Gefügigkeitsschätzungen und einer Travestie auf Wissenschaft, die man erst einmal verdauen muss, denn es geht schon ins Absurde, wenn Buyx kraft Ahnungslosigkeit über die “Impfquote” fabuliert, gemeint ist die Grenze zur Herdenimmunität, über die Wissenschaftler seit Jahren diskutieren, mit dem Ergebnis, dass manche schon bei 20% Geimpfter, manche erst bei 75% Geimpfter die Grenze ziehen. Aber das Absurde wird noch dadurch getoppt, dass hier eine politische Unterwürfigkeit als “Ethik” verkauft werden soll. Gegen die Impfpflicht sei man gewesen, weil man dachte, es ließen sich ausreichend Menschen impfen. Es ist zum Haare ausraufen: Ethik ist für Buyx eine Frage der Mehrheitsverhältnisse, Opportunismus ist Ethik für Buyx. Der Fokus auf dem Rektum dessen, dem man dienstbar sein will, wird zum Ersatz für das Prinzip, das allein eine Ethik auszeichnen kann, denn Ethik ist praktische Moral, die Anwendung des Grundsatzes, dass die Maxime des eigenen Handelns allgemeines Gesetz werden könne. Aber das sind Böhmische Dörfer für Buyx, deren Ethik der UnNethik nicht über das politisch Opportune hinausreicht.

Eine auführliche Besprechung der unethischen Empfehlungen des deutschen Ethikrates findet sich hier.


Wer solche Ethik-“Experten” hat, der muss sich um Ethik und Moral keine Sorgen mehr machen, denn beide wurden entsorgt und durch die Grundsätze, der Zweck heiligt die Mittel und wer bezahlt, bestimmt, ersetzt. Beides ist nicht weit vom Naturzustand entfernt, den Hobbes einst als “einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz” beschrieben hat.

Und Spaß hat es auch nicht gemacht.


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