Alles für …D – die Katz oder: Ist der Spiegel “Nazi”: Strafanzeige gegen Spiegel-Reporter wegen Verwenden verfassungsfeindlicher Kennzeichen

Ein Grundproblem politischer Justiz besteht darin, dass geltendes Recht instrumentalisiert werden soll, um den politischen Gegner straf-zu-verfolgen. Um Strafrecht instrumentalisieren zu können, muss man seinen Anwendungsbereich so verbreitern, dass der eigentliche Zweck eines Straftatbestands zwar mit Füßen getreten, seine Anwendung auf bislang normale und unbeanstandete Tätigkeiten oder Aussagen des politischen Gegners aber nunmehr möglich wird.

Indes, dieser ideologische Kunstgriff kommt mit einem Preis: Über kurz oder lang wird er dazu führen, dass Getreue aus dem eigenen ideologischen Lager oder unbescholtene und rechtstreue, vielleicht sogar nach wie vor -gläubige Bürger in das Fadenkreuz der ideologischen Ermittler aus politisch-instrumentalisierter Justiz geraten, weil sie, die Getreuen und die Bürger nicht mitbekommen haben, dass ein Straftatbestand gerade so ausgeweitet wurde, dass er nunmehr Allerweltshandlungen und -aussagen umfasst.

Staatsanwälte, die bereitwillig am Aushöhlen bestehender Rechtssätze im Dienste ihrer ideologischen Herren in den Justizministerien der Länder mitgearbeitet haben, stehen nun vor einem Dilemma: Halten Sie am Grundsatz: “Vor dem Recht sind alle gleich” fest, erweitern somit die Liste der Anklagbaren, Angeklagten und letztlich auch Verurteilten, denn der Zweck politischer Schauprozesse ist die Verurteilung, nicht die Führung des Prozesses, auf Personen aus dem eigenen ideologischen Lager und Bürger, die sich keiner ideologischen Abweichung schuldig gemacht haben, oder nicht? Erweitern Sie die Liste der Angeklagten, dann steht ihnen Ärger im eigenen ideologischen Haus und in der Bevölkerung ins Haus. Tun sie es nicht, dann entlarven sie sich als der politische Lakai, der sie sind und zeigen ganz offen, dass es nicht um die Durchsetzung von Recht, sondern um die Instrumentalisierung des Rechts zur Verfolgung politischer Gegner geht.

Kurt Daluege, Heinrich Himmler und Ernst Röhm; Quelle: 
Bundesarchiv, Bild 102-14886, CC BY-SA 3.0 de

Vor einem solchen Dilemma steht ein Staatsanwalt in Halle, der sich mit der Strafverfolgung von Björn Höcke nicht nur politische Browniepoints verdienen will, sich vielmehr mit der Art und Weise, in der seine Strafverfolgungswut in einer Anklageschrift Ausdruck gefunden hat, bereits jetzt am Rande der Lächerlichkeit bewegt.

Dessen ungeachtet hat das Landgericht Halle die Anklage gerade zugelassen, nicht um selbst zu verhandeln, nein, man hat sie, weil Landrichter das kostengünstig tun können, an einen armen Tropf von Amtsrichter in Merseburg, vermutlich einen, der zeitlich befristet eine Amtsrichterstelle innehat und deshalb leicht erpressbar ist, verwiesen. Der kann sich nun damit herumschlagen, ob der Ausdruck, “Alles für Deutschland”, eine Verwendung von verfassungsfeindlichen Kennzeichen darstellt (§ 86a StGB).

Für diejenigen, die in solchen Dingen nicht so beschlagen sind, wie z.B. manche Grüne, die wandelnde Lexika verfassungsfeindlicher Kennzeichen zu sein scheinen, und jederzeit deren Verwendung heraushören oder -lesen können: “Alles für Deutschland” war eine Parole der SA. Zwar wurde die SA 1934 in der Nacht der langen Messer [30. Juni / 1. Juli] komplett ihrer Führung entledigt. Offiziell wurden 83 Führer der SA und andere Leute wie Kurt von Schleicher oder Gregor Strasser von der SS unter Leitung von Heinrich Himmler ermordet. Inoffiziell liegt die Zahl der Opfer wohl eher in der Gegend von mindestens 150 Mordopfern. Die Parole “Alles für Deutschland”, von der nicht wirklich bekannt ist, ob sie nach dem erheblichen Bedeutungsverlust der SA [die Sturmabteilung schrumpfte von rund 4,5 Millionen Mitgliedern auf 900.000] nach dem sogenannten Röhm-Putsch von 1934 überhaupt noch weite Verbreitung gefunden hat, gilt weiterhin als verfassungsfeindlich [Wer es weiß, bitte als Kommentar; soweit uns bekannt, ist das Motto eher Teil eines “SA-Gesetzes, das “Gehorsam bis zum Tode dem Obersten S.A.-Führer Adolf Hitler! Gut und Blut, Leib und Leben, alles für Deutschland!” von den Braunhemden fordert, so jedenfalls hat es Ernst Röhm in einem Beitrag für die “Monatsschrift für Kulturpolitik und zwischenstaatliche geistige Zusammenarbeit” aus dem Jahre 1934, der kurz vor seiner Ermordnung erschienen ist, formuliert.]

Als solche, ist diese Parole, die Reihe aus Indefinitpronomen, Präposition und Hauptwort somit in Deutschland geächtet. Man kann über den Sinn des Verbots der Nutzung bestimmter Worte lange diskutieren. Belassen wir es bei dem Hinweis, dass die unter Strafe-Stellung der Verwendung von “Alles für Deutschland” einen Essentialismus voraussetzt, der diese drei Worte der deutschen Sprache in der nämlichen Abfolge für alle Ewigkeit “nationalsozialisiert”. Das ist eine große Ehre, die das Strafrecht den Nazis zuteil werden lässt, wird doch dadurch, dass jede anderweitige Verwendung, sofern nicht explizit erklärt, wie in diesem Beitrag: “Wir verwenden “Alles für Deutschland”, aber wir verwenden es nicht im Sinne der SA, sondern um die Verwendung von “Alles für Deutschland” zu diskutieren”, ausgeschlossen wird, den Nazis noch fast 80 Jahre nach ihrem Ende eine Definitionsgewalt über den Sprachgebrauch zugewiesen.

Aber natürlich benötigen diejenigen, die so furchtbar gute Antifaschisten zu sein glauben, derartige Begriffe, um ihre “Gutheit” zu feiern. Als Kollateralschaden sind diese Leute dafür verantwortlich, dass die Kombination der drei Worte dem deutschen Sprachschatz entzogen und ihrem ideologischen Zweck anheim gestellt wurde – auch eine Art, Nazi-Verehrung.

Wie dem auch sei, “Alles für Deutschland”, das hat Björn Höcke gesagt, genau hat er gesagt, “Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland”, und deshalb wird er von einem ganz eifrigen Staatsanwalt, vielleicht auch von einem besonders eifrigen Justizminister, der sich einen politischen Gegner vom Hals schaffen will, verfolgt, strafverfolgt, wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen.

Das an sich ist schon ein Grad an Lächerlichkeit, der sich nahtlos in das, was Schauprozesse auszeichnet, einreiht.

„Die Veranstaltung eines solchen Verfahrens [eines Schauprozesses] in aller Öffentlichkeit dient daher dem Ziel, eine oder mehrere Botschaften zu vermitteln. Um diese glaubhaft zu gestalten, wird die Illusion eines den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechenden Verfahrens aufrechterhalten. Die Botschaften selbst gehen über den verhandelten Tatbestand hinaus, sie transportieren vielmehr ein „von den Prozeßinitiatoren fabrizierte[s] Zerrbild der Wirklichkeit“. Dazu werden in der Anklage tatsächliche Ereignisse um fiktive Elemente ergänzt und in erdachte Kausalzusammenhänge gesetzt. Im Ergebnis wird so ein Narrativ konstruiert, das wesentliche Bestandteile dieser Weltanschauung beinhaltet: zu meist in Form eines Bedrohungsszenarios, in dem innere und äußere Feinde sich gegen den Staat und seine Bevölkerung verschworen hätten. Damit Anknüpfungspunkte für die Fiktion entstehen, werden bestimmte Ausschnitte der Biografien der Angeklagten uminterpretiert und realpolitische Probleme auf das Handeln der Angeklagten zurückgeführt. Der Verurteilte erfüllt über seine individuelle „Schuld“ hinaus noch eine symbolische Funktion: In ihm und seinem Handeln zeigt sich dabei das Vorgehen und Wesen des Systemfeindes.“

Das Zitat stammt von einer Seite der Heinrich-Heine-Universität, die heute mit einem Passwort geschützt ist. Nachlesen muss man daher im Web-Archive. Interessant, was heute alles durch ein Passwort geschützt werden muss. Fragt sich vor wem? Den neuerlichen Initiatoren von Schauprozessen?

Egal.

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Oben haben wir geschrieben, dass die Erweiterung eines Straftatbestands, so dass er hinreichend vage und somit jederzeit auf politische Gegner anwendbar ist, das Problem mit sich bringt, dass auch Gleichgesinnte und Unparteiische ins Fadenkreuz der Verfolgung geraten können, weil sie sich der Erweiterung bzw. der Strafbarkeit bestimmter Wortansammlungen nicht bewusst sind, schon weil “Alles für Deutschland” eher wie ein Allerweltsmotto wirkt, und die Tatsache, dass nur drei Worte zum Motto notwendig sind, die Gefahr einer unbewussten Zusammenstellung der doch von manchen Staatsanwälten und anderen Fetischisten der Nazi-Kultur als verfassungsfeindlich angesehenen Wortfolge, erhöht.

Es ist nur eine Frage der Zeit.
So wie man vorhersehen kann, dass das unter Strafe Stellen von Handlungen, die keinerlei Schaden anrichten, jenseits des ideologischen Schadens, den sich manche einbilden, zu politischer Instrumentalisierung der jeweiligen Strafnormen führen wird, so kann man vorhersehen, dass die Verwendung von “Alles für Deutschland”, durch andere als den politischen Feind, nur eine Frage der Zeit ist.

Und in der Tat:

Ja.
Auch der Spiegel ist Nazi.
Und natürlich gilt in diesem Fall, da eine Redaktionskonferenz den Text abgenickt hat und ein Chef vom Dienst ihn gesetzt hat: Sippenhaft. Der Spiegel ist Nazi.

Indes hat es ein uns namentlich bekannter Rechtsanwalt dabei belassen, Strafanzeige und Strafantrag gegen Stefan Kuzmany vom Spiegel zu stellen, und zwar wegen Verwendung von Verfassungsfeindlichen Kennzeichen nach § 86a StGB. Denn natürlich sind vor dem Recht alle gleich. Wenn die Verwendung von “Alles für Deutschland” als Motto der SA auch im Jahre 2023 noch strafverfolgt wird, dann muss der Staatsanwalt, der sich bereitgefunden hat, Björn Höcke anzuklagen, nun auch ein Ermittlungsverfahren gegen Stefan Kuzmany vom Spiegel einleiten. Und die Strafanzeige nebst Strafantrag wurde bei der Staatsanwaltschaft Halle eingereicht und somit exakt bei der Staatsanwaltschaft, die sich bereits mit der Strafverfolgung von Höckes “Alles für Deutschland” einen Namen, was für einen auch immer, machen will.

Nun wird der Anwalt von Björn Höcke u.a. damit argumentieren, dass der Kontext, in dem eine Aussage getätigt wird, natürlich wichtig ist, um eine Strafbarkeit sicherzustellen, dass also klar sein muss, dass die verfassungsfeindlichen Kennzeichen im verfassungsfeindlichen Sinne verwendet wurden. Eine dieser juristischen Kröten, die man nicht Schlucken kann, so dass daraus die Forderung an den, der “Alles für Deutschland” verwendet, geworden ist, keinerlei Anlass zu geben, an eine beabsichtigte historische Kontinuität zur SA zu denken.

Oder in den Worten des Verfassers der Strafanzeige, zugleich des Strafantrags gegen Stefan Kuzmany:

“Der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation in einer Darstellung, deren Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt, läuft dem Schutzzweck der Vorschrift ersichtlich nicht zuwider und wird daher vom Tatbestand des § 86 a StGB nicht erfaßt. Da sich in einem derartigen Fall die gegnerische Zielrichtung bereits aus dem Aussagegehalt der Darstellung selbst ergibt, erstreckt sich der Tatbestandsausschluß grundsätzlich auf jeglichen Gebrauch der Kennzeichen, sei es Herstellung, Vorrätighalten, Verbreiten oder sonstiges Verwenden. Auf die Umstände des Gebrauchs kommt es dabei zur Begründung eines Tatbestandsausschlusses nicht an. Ein Tatbestandsausschluß ist nur gerechtfertigt, wenn die Gegnerschaft sich eindeutig und offenkundig ergibt und ein Beobachter sie somit auf Anhieb zu erkennen vermag. Ist dagegen der Aussagegehalt einer Darstellung mehrdeutig oder die Gegnerschaft nur undeutlich erkennbar, so ist der Schutzzweck des § 86 a StGB verletzt.

Eine derartige eindeutige Gegnerschaft ist hier [bei Kuzmany] aber nicht zu erkennen. Hinsichtlich sämtlicher Merkmale des objektiven Tatbestandes muss der Beschuldigte mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt haben. Seine inhaltliche Zustimmung zum Symbolgehalt des betreffenden Kennzeichens ist nicht erforderlich, MüKo StGB, 4. Auflage 2021, Rn.31.

Ich bitte Sie, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und mich über das Ergebnis zu informieren.”

Können Sie der Überschrift von Kuzmany “Alles für Deutschland”, dem der Hinweis folgt, dass der Deutschlandpakt erst der Anfang sei, entnehmen, dass er “Alles für Deutschland” nicht in Fortsetzung der sinngebenden Tradition der SA, sondern in Gegnerschaft zu dieser Tradition verwendet?
Der Rechtsanwalt, der die Strafanzeige erstattet und den Strafantrag gestellt hat, kann es nicht.
Wir auch nicht.

Und da ist es, das oben von uns angesprochene Dilemma, vor dem die Vollstrecker politischer Justiz früher oder später stehen. Was tun Sie?

Argumentiert der Staatsanwalt, dass im Falle Kuzmany eine Verwendung von “Alles für Deutschland” bar aller SA-Sinngebung erfolgt sei, also keine Fortschreibung von SA-Gedankengut erfolgt ist, dann muss er auch die Strafverfolgung von Björn Höcke einstellen, denn auch für seine Verwendung ist nicht ersichtlich, ob sie mit der Intention SA-Gedankengut fortzuführen erfolgt ist oder aus der schlichten Anwendung deutscher Sprache besteht.

Argumentiert der Staatsanwalt in der oben beschriebenen Weise für Kuzmany, nicht aber für Höcke, dann bricht er mit dem Grundsatz, dass vor dem Recht alle gleich sind, führt nach Ideologie differenzierte Strafverfolgung ein und stellt sich somit in eine Reihe all derer, die sich vor ihm zum Büttel politischer Herren gemacht haben, sei es unter Stalin, Hitler oder Ulbricht.

Hält er an seiner Argumentation im Falle Höcke fest und überträgt sie auf Kuzmany, was dann zwangsläufig zu einer Anklage gegen Kuzmany führen muss, dann ist ihm der Ärger der im Mainstream schreibenden Zunft sicher.

Die ganze Groteske zeigt zum einen, wie absurd die Strafverfolgung im Bereich des Paragraphen 86a ist, wie absurd jede Art von Strafverfolgung ohne nachweisbaren MATERIELLEN Schaden ist. Sie zeigt darüber hinaus, das Strafverfolgung ohne materiellen Schaden politischen Missbrauch geradezu einlädt, und sie zeigt, das Ausmaß an Irrsinn und Duckmäusertum, das in manchen Staatsanwaltschaften zu herrschen scheint.

Wie wird er sich entscheiden, der Haller Staatsanwalt?
Was ist im lieber, Lächerlichkeit oder in Fußstapfen zu wandeln, die diejenigen hinterlassen haben, die die letzte Unterordnung des Strafrechts unter die Zwecke einer korrupten politischen Klasse mitgetragen haben?

Wir halten Sie auf dem Laufenden.


 

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