Kapitalismushetzer in guter Nazi-Tradition

Bleiben wir doch bei dem Begriff des Kapitalismushetzers, denn Kommentare wie der folgende, lassen keine Abschwächung des Begriffs zu.

“[…] Efrischend aber zu beobachten dass inzwischen auch weite Teile des rechten Millieus eine kritische Haltung zum Kapitalismus einnehmen.

Es ist einfach zu offensichtlich geworden dass Kapitalismus eine mörderische, gesellschaftszersetzende und planetenzerstörende bösartige Ideologie ist! […]”

Wie wäre es mit ein wenig Geschichte, damit Kapitalismushetzer wie unser Kommentator, die ein mythologisches Weltbild zu haben scheinen, in dem dämonische Ideologien arme Menschen heimsuchen, wissen, in wessen Tradition sie, die sie sich als links im politischen Spektrum wähnen, befinden.

Struve Elites against democracyZunächst etwas Definitorisches, damit wir auch alle wissen, wovon wir sprechen, denn mit dem Begriff “Kapitalismus” scheint sich zwar ein ganzer Rattenschwanz von aggressiver Ablehnung und emotionaler Empörung zu verbinden, aber sehr wenig Wissen, was Kapitalismus eigentlich meint.

Dabei reicht es, im Glossar ökonomischer Textbücher zu lesen, um zu erfahren, was Kapitalismus ist. So schreiben Baumol und Blinder: “Capitalism. Method of economic organisation in which private individuals own the means of production, either directly or indirectly through corporations”. Kapitalismus ist also eine Organisationsform der Wirtschaft, bei der die Produktionsmitteln in privater und nicht in staatlicher Hand sind.

Wer entsprechend gegen Kapitalismus ist, ist gegen privates Eigentum an Produktionsmitteln.

Mit Kapitalismus als Organisationsform verbinden sich eine Reihe von Institutionen, im Wesentlichen Märkte, auf denen freie Akteure miteinander tauschen (so wie sie Oliver Williamson 1985 beschrieben hat), Institutionen, die die Verwendung von Ressourcen und den Tausch auf Märkten organisieren (im Wesentlichen Unternehmen wie sie Ronald Coase 1937 beschrieben hat). Mit Kapitalismus als Organisationsform verbindet sich das Prinzip des Wettbewerbs als evolutionäres Prinzip, das Fortschritt und Wachstum bedingt, (so wie es Josef Schumpeter 1942 beschrieben hat) und mit Kapitalismus verbindet sich eine Ethik, die man als meritokratischen Tausch beschreiben kann, der für höhere und knappere Leistungen einen höheren Preis vorsieht.

Nun, nachdem wir Kapitalismus eindeutig bestimmt haben, müssen wir etwas gestehen, Kapitalismus und Liberalismus sind miteinander verwandt und beides sind Ideen, die in Deutschland seit Jahrhunderten als undeutsch beschrieben werden.

Damit kommen wir zur Tradition, in der sich die heutigen Kapitalismushetzer befinden, zur nationaler, zur national-sozialistischen Tradition.

Manche Kommentatoren haben immer einmal wieder darauf hingewiesen, dass Nationalsozialismus Sozialismus mit nationaler Färbung ist. Das ist nicht nur richtig, es ist auch lange bekannt. Friedrich August von Hayek hat es bereits 1944 in seiner Road to Serfdom im 12. Kapitel dargelegt, unter Bezug auf nationalsozialistische Heilige wie Moeller van den Bruck, der in seinen Schriften Liberalismus als undeutsch, als Feind alles Deutschen, Kapitalismus und Liberalismus als Ursache der Kapitulation Deutschlands im Jahre 1918 benannt hat.

Von ihm und vom Tat-Kreis hat sich dann eine spezifisch deutsche national-sozialistische Tradition entwickelt, die bis heute reicht.

Nehmen wir zum Beispiel die beliebte Kritik am Wachstum als Mittel, über das im Kapitalismus Fortschritt und Reichtum erwirtschaftet wird. Wachstum sei nicht nur umweltschädlich. Es sei auch nicht sozial, so liest man, es mache Bonzen reich und Arme ärmer, so lautet die Litanei und vor allem gehe es zu Lasten der nächsten Generationen. Die Wachtumsgesellschaft sei an ihre Grenzen gestoßen, so wie der Kapitalismus, jenes, wie unser oben zitierter Kommentator meint, bösartige System, das er so hasst, dass er die Errungenschaften des Kapitalismus jeden Tag ganz selbstverständlich benutzt.

Besagte Kritiker stehen in einer nationalsozialistischen Tradition, die mit dem Namen von Ferdinand Fried verbunden ist. Fried hat im Jahre 1931 in Leipzig sein Buch “Das Ende des Kapitalismus” veröffentlicht. Darin verkündet er, dass die Wachstumsidee, die dem Kapitalismus über seinen Mechanismus von Markt und Wettbewerb innewohnt, nicht nur an ihre Grenzen gestoßen sei, sondern die nationale deutsche Wirtschaft zerstöre. Entsprechend votiert er für ein staatliches Alimentierungssystem, das Unternehmen, die insolvent sind, am Leben erhält, da sie Bestandteil der nationalen deutschen Volkswirtschaft sind, deren Verfassung so völlig verschieden von Liberalismus und Kapitalismus, beides undeutsche Ideen, sei.

Es ist schon erstaunlich, dass man die Ideen von Fried heute, 84 Jahre später, bei der politischen Linken und anderen Kapitalismushetzern findet, die von sich denken, sie seien in jeder Weise vom Nationalsozialismus verschieden. Zumindest im Hinblick auf ihre Einstellung zum und Hetze gegen den Kapitalismus sind sie es in keiner Weise.

Und so ist es an der Zeit, die Worte zu widerholen, die von Hayek zum Ende seines 12. Kapitels und im Hinblick auf “Edelnazis” wie Fried, 1944 geschrieben hat:

Hayek Serfdom“Fight against liberalism in all its forms, liberalism that had defeated Germany, was the common idea which united socialists and conservatives in one common front. … In the later twenties and till the advent of power of Hitler a circle of young men gathered round the journal Die Tat and led by Ferdinand Fried became the chief exponent of this tradition in the intellectual sphere. Fried’s Ende des Kapitalismus is perhaps the most characteristic product of this group of Edelnazis, as they were known in Germany […] Conservative Socialism (and, in other circles ‘Religious Socialism’) was the slogan under which a large number of writers prepared the atmosphere in which ‘National Socialism’ succeeded.” (Hayek, 2007 [1944]: 185)

Und allen Linken, die sich darin gefallen, gegen den Kapitalismus zu hetzen und an dem Ast zu sägen, auf dem sie sitzen, kann man nur sagen: Nice company you keep!

Literatur:

Baumol, William J. & Blinder, Alan S. (1988). Economics. Principles and Policy. San Diego: Harcourt Brace Jovanovich.

Coase, Ronald H. (1937). The Nature of the Firm. Economica 16 (4): 386-405.

Schumpeter, Joseph A. (1942). Capitalism, Socialism and Democracy. New York: Harper.

Williamson, Oliver E. (1985). The Economic Institutions of Capitalism. New York: Free Press.

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