Die Folgen sozialökologischer Romantik: Ohne Wachstum ist der Mensch des Menschen Wolf
Wohlstand hat einen Nachteil: Menschen werden träge und Ideen, die man nicht anders bezeichnen kann als als abgrundtiefen Unsinn, verbreiten sich und finden Anhänger, ganz einfach deshalb, weil die Langeweile einer satten Existenz dazu führt, dass man die Not, einer Existenz in Armut nicht mehr kennt und entsprechend die Mittel und Anstrengungen, die den Weg aus dem Elend von Armut ermöglichen, weder respektiert noch ihnen mit Wertschätzung begegnet.
Die satte Existenz, in der sich manche suhlen und die in der Regel von Arbeitenden subventioniert wird, hat diese Manchen dafür freigestellt, sich in in ihrer Oberflächlichkeit kaum mehr zu überbietende Gedanken über das Wachstum zu machen. Im Ergebnis sind sie zu dem Schluss gekommen, dass eine „Politik ohne Wachstum“ als Weg in die “sozial-ökologische Gesellschaft” notwendig sei.
Mit einer „Wirtschaftswende“, die dem Wachstum den Kampf ansagt, sollen „wachstumsunabhängige gesellschaftliche Strukturen und Institutionen geschaffen werden“. Was Grünen/Bündnis90 und anderen sozialökologischen Romantikern hier vorschwebt, das ist die Welt des Naturzustandes, den Thomas Hobbes beschrieben hat, die Welt, in der Verteilung ein Nullsummenspiel ist. Warum: Weil es kein Wachstum mehr gibt und ohne Wachstum kann man nur noch verteilen, was schon da ist, und zwar mit dem Ergebnis, dass immer weniger da ist, das verteilt werden kann und sich immer mehr um das Wenige streiten – gewalttätig.
Um den Irrsinn zu verstehen, der hinter der Phantasie der wachstumsfreien Gesellschaft steckt, muss man sich zunächst einmal klar machen, wo Wachstum herkommt. Das geht am einfachsten mit einem kleinen par force Ritt durch die Geschichte der Wachstumstheorien.
Fangen wir bei David Ricardo an: Wachstum kommt bei ihm aus Spezialisierungsgewinnen, daraus, dass man, wenn man sich auf die Produktion von Etwas spezialisiert, dieses Etwas immer besser, schneller und effizienter produziert werden kann. Economies of Scale sagen Ökonomen dazu, und der Preisverfall bei Computern und Smartphones und Soundbars ist ein Ergebnis davon (nur deshalb haben heute fast alle Zugang zu Computern).
Wenn Kapital eingesetzt wird um Waren zu produzieren und diese Waren konsumiert werden, dann stellt sich im Modell von Robert Solow automatisch Wachstum ein, weil Kapital über Konsum eine Rendite erwirtschaftet. Technologie, neue Technologie, hat Paul Romer hinzugefügt und gezeigt, wie neue Technologie notwendig Wachstum nach sich zieht. Eli Heckscher und Bertil Ohlin haben den internationalen Handel ergänzt und gezeigt: Internationaler Handel hat notwendig Wachstum zur Folge, schon wegen der Spezialisierungsgewinne, die Ricardo bereits beschrieben hat. Gene Grossman und Elhanan Helpman haben die Direktinvestitionen in anderen Ländern als weitere Größe eingeführt, die Wachstum zur Folge hat.
Und mit all dem Wachstum ist es in nur wenigen Jahrhunderten gelungen, nicht nur ein Bevölkerungswachstum ungeahnten Ausmaßes zu verkraften, sondern auch dafür zu sorgen, dass der größte Teil der Menschheit nicht mehr weiß, was Armut tatsächlich ist, nicht mehr weiß, welches Problem ein zusätzliches Maul, das gestopft werden mus, darstellen kann.
Manche sind gar so satt und so bar jeder Kenntnis davon, wie sich Armut anfühlt, dass sie ihre gelangweilte Blasiertheit mit einem unsinnigen Gedankenallerlei anfüllen, dessen Ziel darin besteht, eine Gesellschaft ohne Wachstum zu schaffen, also eine Gesellschaft, die nicht wächst, auch nicht in Bevölkerung, eine eingefrorene Gesellschaft, die notwendig gegenüber Investitionen aus dem gesellschaflichen Ausland geschlossen ist, die nicht mit anderen Gesellschaften handelt, in der kein Kapital investiert werden darf, keine Spezialisierung stattfindet, keine neuen Technologien entwickelt werden, kurz: Eine Gesellschaft, in der die Verbliebenen sich um die Verteilung des Wenigen streiten müssen, das noch zur Verteilung vorhanden ist.
Wenn man linke oder grüne und ihre utopischen Wirtschaftskonzepte betrachtet, dann muss man bedauern, dass es heute möglich ist, auf Transfer und von der Arbeit anderer in Stiftungen sein Dasein zu fristen und unsinnige Ideen zu entwickeln, deren Externalitäten nicht nur die Grundlage der eigenen gemütlichen Existenz beseitigen, sondern die derjenigen, von denen man bislang lebt, gleich mit.
Entsprechend kann man es gar nicht oft genug sagen: Eine Gesellschaft ohne Wachstum ist eine Gesellschaft, in der notwendig der Krieg aller gegen alle stattfindet, homo homini lupus, wie Thomas Hobbes geschrieben hat oder in den Worten von Karl-Heinz Paqué, einem der letzten aufrechten deutschen Wissenschaftler, die die rationale Welt gegen den Ansturm der Irrationalen verteidigen:
“Mit der Zunahme der Skepsis gegenüber dem Wachstum nahm der Glaube an den Fortschritt der Gesellschaft ab. Das kann nicht überraschen, denn ohne Wachstum reduziert sich Politik auf ein Nullsummenspiel, in dem jemand nur gewinnen kann, wenn er jemand anderem etwas wegnimmt. Dies verschärft den Verteilungskonflikt ungemein, und es macht eigentlich dadurch die Vorstellung eines gesellschaftlichen Fortschritts schon konzeptionell schwierig: Denn wie sollen wir von Fortschritt sprechen können, wenn es den einen nur auf die Kosten der anderen besser gehen kann? Ein gesellschaftlicher Fortschritt ist dann zumindest auf Dauer kaum zu erreichen, denn irgendwann stößt die Umverteilung gedanklich an Grenzen – und zwar spätestens dann, wenn eine perfekte Gleichheit erreicht ist, nach welchem Kriterium auch immer.
Ohne Wachstum ist also letztlich Fortschritt sehr schwer möglich, es sei denn, man überzeugt die Menschen, dass sie tatsächlich gerne und freiwillig verzichten” (Paqué, 2009: 250).
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Na, da machen wir doch einfach mal ein wissenschaftliches Experiment und lassen die Leute, die kein Wachstum mehr wollen, in einem abgeschlossenen Gebiet ihre Theorie ausprobieren. Dann verifizieren bzw. falsifizieren wir damit die Hypothese, dass eine “Politik ohne Wachstum” ein Weg in die “sozial-ökologische Gesellschaft” sei. (Allerdings bedarf es vorher noch der klaren Definition, was eine “sozial-ökologische Gesellschaft” sein soll.)
Oder wir schauen einfach mal in die Geschichtsbücher, um festzustellen, dass fehlendes Wachstum zu Armut führte, damit zu Frust, Neid und Unzufriedenheit, und in der Folge zu einer eher asozialen, kriegerischen, oft genug diktatorisch geführten Gesellschaft, die einen Scheiss auf ökologische Belange legte.
Hmmmm. Gab es da nicht mal eine Gesellschaft, die sogar trotz detaillreicher Planung von Wachstum und regelmäßiger Planerfüllung, scheiterte? Führten die 5-Jahres-Pläne zu Gerechtigkeit, Freiheit und Wohlstand für alle? War alles schön sauber und ökologisch? Oder schmeckte die Milch nicht grauenhaft nach Silage und stank, dass einem speiübel wurde? War die Luft nicht schön parfümiert im Winter, von all dem Braunkohlerauch? Deutsch war sie, demokratisch sollte sie sein, aber wie die Pläne und die angebliche Planerfüllung stand das nur auf dem Papier…
Volker
Auf welche Frage ist denn das die Antwort?
Warum wir nicht immer weiter wachsen können?
Und die abgeschlossenen Gebiete gibt es noch. Man muss nur bei den Naturvölkern kucken, die i.W. bestehen, ohne zu wachsen, bzw., sie wachsen und anschließend bauen sie das Gewachsenen wieder ab.
Die Frage ist, ob sie zufrieden sind oder nicht.
Welche “Naturvölker” bestehen denn, ohne zu wachsen? Meinen Sie die Masaai, die ihre Rinderherden zwischenzeitlich mit Smartphones koordinieren?
Wie kommen Sie darauf, dass ich auf eine Frage antworte? Ich trage zum Thema nur ein paar Gedanken dazu bei…
Aber mal im Ernst, ohne permanentes Wachstum wären wir immer noch auf dem Stand des Neandertalers, um es mal drastisch auszudrücken. Seit dem Neandertaler haben die Menschen – von kurzzeitigen Rückschlägen abgesehen – im Trend in jeder Hinsicht Wachstum gehabt.
Ich denke, anhand dieser Veranschaulichung ist nachvollziehbar, dass die Menschheit sogar ein gigantisches Wachstum hingelegt hat, das es uns heute erlaubt, dass einige Menschen sogar gar nichts mehr arbeiten müssen, und trotzdem ein Auskommen haben.
Diese verallgemeinernde Aussage heißt nicht, dass es nicht einzelne (sehr seltene) Gruppen gibt, deren Wachstum eher gering ausfiel. Aber all jene, die sich dem Fortschritt nicht verweigerten, haben das geschafft…
Warum wir also als Menschheit nicht auch in Zukunft immer weiter wachsen können sollten, erschließt sich mir bisher nicht. Man mag Recht haben, wenn man sagt: “So, wie heute können wir nicht ewig weiter machen.”, aber das ist eine andere Aussage, als dass Wachstum in Zukunft nicht mehr möglich sein soll.
All jene, die dies behaupteten, waren stets Lineardenker, die eigentlich nur ersteres meinen und denen schlicht die Phantasie fehlt, Nichtlinearitäten zu berücksichtigen. Aber das war – glaube ich – in jeder Generation schon so, dass Einige dachten, den Zenit der Entwicklung zu erleben und dass “in naher Zukunft” nur noch Ungemach drohe. Perfekte Geschichten für Sekten- und sonstige Anführer, aber zum Glück oft nicht realitätsnah. Geht ein Rohstoff aus, substituieren wir. Erkennen wir ein Problem, steuern wir dagegen. Übertreiben wir, ruft uns die Natur alleine zur Ordnung und beschert uns eine Phase der Rezession (Naturkatastrophen, Seuchen, etc.). Aber langfristig dürfte der Trend noch etliche Jahrtausende halten? Ich bin Optimist.
@ Volker
“Übertreiben wir, ruft uns die Natur alleine zur Ordnung und beschert uns eine Phase der Rezession (Naturkatastrophen, Seuchen, etc.).”
Und da wir immer schneller wachsen wollen, weil die Bosse den Hals nicht vollkriegen, werden uns die Katastrophen – egal welcher Art – ganz schnell überrennen und irgendwann, in nicht allzu ferner Zeit völlig ausrotten.
Eine erfahrene Krankenschwester, die ich kenne und die auf der Intensivstation arbeitet, tippt – bereits in naher Zukunft – auf einen verstärkten Virus von MRSA, der nicht mehr gestoppt werden kann.