“Vergehen des Staates gegen die Demokratie”: Lance deHaven-Smith zum Gedenken
Der Versuch, Informationen als Verschwörungstheorien zu diskreditieren,
ist ein Ergebnis des zeitgleichen Versuchs, staatliche Vergehen gegen die Demokratie zu vertuschen,
auf die sich diese Informationen beziehen, die als Verschwörungstheorien diskreditiert werden sollen.
Im November des vergangenen Jahres, 2022, ist Lance deHaven-Smith nach jahrelanger Krankheit gestorben.
Sie haben noch nie von ihm gehört?
Der Name sagt Ihnen nichts?
Das ist bedauerlich, aber nicht überraschend,
Der im Jahr 1951 geborene U.S.-Amerikaner Lance deHaven-Smith, der seinen Doktortitel in Philosophie in der Politikwissenschaft an der Ohio State University erworben hat, zuletzt Inhaber des Reubin Askew Eminent Scholar Chair in Florida Government and Politics an der Reubin Askew School of Public Administration and Policy an der Florida State University gewesen ist, und der Autor von 14 Monographien – darunter sein bekanntestes Buch “Conspiracy Theory in America” aus dem Jahr 2013 – und einer Reihe von Fachzeitschriften-Aufsätzen ist, ist nicht so bekannt wie er es verdient hätte, jedenfalls nicht außerhalb der USA und speziell außerhalb der englischsprachigen Welt.
Sein Tod im November 2022 ist uns Anlass, an ihn und sein – vielleicht niemals so sehr wie heute – wichtiges Konzept von den Vergehen des Staates gegen die Demokratie, im englischen Original: „state crimes against democracy (SCADs)“ (deHaven-Smith 2006: 330), zu erinnern.
Die Notwendigkeit systematischer Untersuchung von staatlichen Vergehen gegen die Demokratie
Sein Konzept hat deHaven-Smith in einem Artikel mit dem Titel „When Political Crimes Are Inside Jobs: Detecting State Crimes Against Democracy“ aus dem Jahr 2006 vorgestellt, der in der Zeitschrift „Administrative Theory & Praxis“ erschienen ist. Der Ausgangspunkt für die Entwicklung des Konzeptes war die Ignoranz derer, die sich mit öffentlicher Verwaltung beschäftigen, – allen voran Verwaltungswissenschaftler und Politikwissenschaftler, aber auch Soziologen und Sozialwissenschaftler anderer Fachgebiete – gegenüber der Möglichkeit staatlicher Kriminalität in liberalen Demokratien. Bereits seit Anfang der 1970er-Jahre (im Zuge des Watergate-Skandals; s. deHaven-Smith 2006: 331) und bis heute pflegen öffentlich Bedienstete in liberalen Demokratien, die Möglichkeit staatlicher Kriminalität oder speziell: staatlicher Vergehen gegen die Demokratie in eben solchen Demokratien offiziell per se auszuschließen.
Wenn entsprechende Beobachtungen gemacht oder Verdachtsmomente geäußert werden, kommen sie deshalb in aller Regel von außerhalb der öffentlichen Verwaltung, die sie ihrerseits und ebenfalls in aller Regel als „Verschwörungstheorien“ irregeleiteter oder ahnungsloser Querulanten zu diskreditieren versucht. Hinzu kommt, dass die „Ermittler“ von außen gewöhnlich nicht den Zugang zu Informationen, Materialien und Personen haben, der ihnen eine gründliche und systematische Untersuchung der jeweiligen Angelegenheit ermöglichen würde, so dass es ihnen in vielen Fällen unmöglich ist, diejenigen Behörden oder Einrichtungen und öffentlich Bedienstete zu benennen, die in die – sagen wir bis auf Weiteres – Unregelmäßigkeiten verwickelt oder direkt für sie verantwortlich sind, oder eine überzeugende konsistente Darstellung der tatsächlichen Vorgänge zu liefern (deHaven-Smith 2006: 331) – was es wiederum einfacher macht, ihre Beobachtungen oder Verdachstmomente als realitätsferne „Verschwörungstheorien“ zu diskreditieren).
Oder die Unregelmäßigkeiten werden, wenn sie sich nicht aus der Welt diskreditieren lassen, in Ausschüssen oder Kommissionen untersucht, die durch öffentlich Bedienstete und oft genug durch oder zumindest von denjenigen besetzt sind, die im Vedacht stehen, selbst an den Unregelmäßigkeiten beteiligt gewesen zu sein oder von ihnen profitiert zu haben (deHaven-Smith 2006: 331). deHaven-Smith sah deshalb die Notwendigkeit, einen eigenständigen Zweig der Politik- und Verwaltungswissenschaft einzurichten, der sich speziell mit dem Phänomen von staatlichen Angriffen auf oder Vergehen gegen die Demokratie beschäftigt.
Was genau soll „staatliche Vergehen gegen die Demokratie“ bedeuten?
Aber was genau galt deHaven-Smith als Vergehen des Staates gegen die Demokratie? Er hat sie definiert als
Vergehen gegen die Demokratie wie die von deHaven-Smith beschriebenen müssen nicht notwendigerweise auf der Ebene der Staatsregierung oder der staatlichen Verwaltung begangen werden; sie können ebensogut auf Länder- oder Gemeindeebene begangen werden. Was zeichnet nach deHaven-Smith also Staatsvergehen bzw. Vergehen des Staates gegen die Demokratie aus? Die Antwort lautet:
„Staatliche Autorität“ soll dabei nicht als im Gegensatz zu nachgeordneten, lokalen Autoritäten oder übergeordneten, supranationalen Autoritäten stehend verstanden werden, sondern alle Verwaltungsstrukturen und -formen bezeichnen, die aus öffentlichen Geldern finanziert werden und zusammengenommen den politischen Organisationszusammenhang der Gesellschaft darstellen. Angesprochen ist damit also der Staatsapparat auf allen seinen Ebenen, der sich durch das Gewalt- bzw. Zwangsmonopol auszeichnet (vgl. Dixon, Spehr & Burke 2013: 14).
Beispiele für staatliche Vergehen gegen die Demokratie
Als ein historisches Beispiel für ein Staatsvergehen führt deHaven-Smith (2006: 333) u.a. die „State of the Union“-Ansprache von Präsident Bush im Jahr 2003, in der er falsche

Angaben über das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak gemacht hat, womit er den Kongress und die breite Öffentlichkeit getäuscht hat. Da bewusst falsche Angaben durch öffentlich Bedienstete zum Zweck der Erreichung bestimmter politischer Ziele unter die Definition von „state crimes against democracy“ fallen, wären aktuelle(re) Beispiele hierfür u.a. die Inszenierung des sogenannten Sturms auf das Kapitol im Januar 2021, die systematische mediale Unterschlagung der Joe Biden kompromittierenden Informationen auf dem Laptop von Hunter Biden im Vorfeld der U.S.-Präsidentschaftswahl im Jahr 2020.
Die illegale Überwachung von Bürgern oder die Überwachung der Kommunikation von Bürgern ohne deren Wissen, die Zensur der Kommunikation von Bürgern, teilweise ebenfalls ohne deren Wissen, das Einschmuggeln von Trollen in soziale Medien zwecks systematischer Beeinflussung oder Diskreditierung bestimmter Informationen, Meinungen oder Personen sind ebenfalls Beispiele für staatliche Vergehen gegen die Demokratie.
Die derzeit diskutierte Reform des Bundeswahlrechts qualifiziert sich aus Gründen, die hier nachgelesen werden können, ebenfalls als Vergehen gegen die Demokratie. Und natürlich sind die falschen Angaben und einseitigen Darstellungen, die öffentlich Bedienstete in sehr vielen Staaten auf der Erde über die Effektivität der sogenannten Impfstoffe gegen Covid-19 gemacht haben (und leider immer noch machen) und die Millionen von Menschen überall auf der Welt dazu veranlasst haben, sich einer unnötigen und für sie schädlichen Behandlung mit einem experimentellen Stoff zu unterziehen – und pharmazeutische Unternehmen sowie diverse Politiker, die u.a. viel Geld mit Masken im Zuge einer von ihnen verhängten Maskenpflicht verdient haben, reich gemacht haben – ebenfalls Vergehen gegen die Demokratie. Die „Fütterung“ der Bürger mit falschen oder einseitigen Informationen sowie die Unterschlagung oder Zensur bestimmter anderer Informationen zur Erreichung bestimmter politischer Ziele untergraben nämlich die Möglichkeit der Kontrolle der Regierung durch die Bürger (deHaven-Smith 2006: 334) und damit einen Grundpfeiler der Demokratie.
Was das zuletztgenannte Beispiel betrifft, so könnte man einwenden, dass Regierungen ihrerseits von ihren jeweiligen „Experten“-Beratern oder von den für die Gesundheit der Bevölkerung zuständigen Behörden getäuscht worden seien, aber dies würde nichts an der Einordnung dieser Angelegenheit als staatliches Vergehen gegen die Demokratie ändern:
Tatsächlich dürfte es ohnehin so gut wie ausgeschlossensein, dass ausnahmslos alle Organe der öffentlichen Verwaltung, sozusagen der ganze Staat in allen seinen Einrichtungen konspiriert, um die Demokratie zu beschädigen. Aber das macht Vergehen gegen die Demokratie nicht weniger relevant.
So kann z.B. die Schaffung sogenannter „iron triangles“ (deHaven-Smith & Witt 2009: 533), d.h. „eiserne Dreiecke“, bei denen Staatsbedienstete in ihrem speziellen Zuständigkeitsbereich rechtliche oder verwaltungstechnische Formalitäten manipulieren, um bestimmten partikularen finanziellen Interessen entgegenzukommen, erhebliche Folgen für alle Bürger haben, z.B. dann, wenn dadurch öffentliche Gelder in bestimmte Kanäle geleitet werden, z.B. in Form von Subventionen bestimmter Technologie (wie diejenigen zur Gewinnung von Windkraft) über die Köpfe der Bürger hinweg – und zu ihrem nicht nur finanziellen Schaden.
Typischerweise beinhaltet ein staatliches Vergehen gegen die Demokratie die Verselbständigung bestimmter Gruppen von öffentlich Bediensteten, Abteilungen oder Einrichtungen gegenüber den bislang und nach wie vor für andere öffentliche Bedienstete, Abteilungen oder Einrichrungen geltenden Verfahrensregeln, wodurch, wenn man so sagen will, der Staat sich gegen sich selbst richtet:
Das SCAD-Konzept bezieht sich auch, aber nicht nur, auf illegale Handlungen
Man könnte gegen das SCAD-Konzept einwenden, dass es unnötig sei; wären illegale Handlungen durch öffentlich Bedienstete doch durch Strafgesetze ahnbar. Aber deHaven-Smith hält fest, dass das SCAD-Konzept mehr als ungesetzliche Handlungen abdeckt und es gerade der Sinn des Konzeptes sei
In diesem Text wurde das Wort „Vergehen“ als Übersetzung von „crimes“ gewählt, wobei zu beachten ist, dass (1) im deutschsprachigen Kontext sowohl Vergehen als auch Verbrechen unter „crimes“ bzw. kriminelle Handlungen fallen würden und (2) „Vergehen“ – wie das Wort „crimes“ im Englischen – nicht auf seine juristische Bedeutung beschränkt verstanden wird, sondern auch gemäß seines Alltagsgebrauchs wie in „sich vergehen an/gegen …“ verstanden wird. Staatliche Vergehen gegen die Demokratie sind per definitionem also alle Handlungen öffentlich Bediensteter, die darauf abzielen oder den in Kauf genommenen Effekt haben, die Demokratie zu beschädigen, egal, ob diese Handlungen juristisch betrachtet gesetzlich oder ungesetzlich sind (s. deHaven-Smith 2006: 335).
Forschungsfragen, die im Zusammenhang mit SCADs untersucht werden sollten
sind nach deHaven-Smith (347-349) u.a.:
- Wer sind diejenigen, von denen staatliche Vergehen gegen die Demokratie vorrangig ausgehen bzw. diejenigen, die die besten Chancen dazu haben, sich von ihrer Position aus gegen die Demokratie zu vergehen?
- Wie verbreitet sind staatliche Vergehen gegen die Demokratie?
- Wie agieren die Gruppen von Personen, die sich gegen die Demokratie vergehen? Wie finden sie zusammen? Wie organisieren sie sich?
- Wie stabil sind einmal etablierte Netzwerke, in denen Vergehen gegen die Demokratie verübt werden?
- Wie wird in diesen Netzwerken vorgegangen, um die Kooperation von öffentlich Bediensteten in den Positionen zu sichern, die sie für ihre Pläne benötigen?
- Von wem geht die Bildung “eiserner Dreiecke” hauptsächlich aus, von Personen in öffentlichen Verwaltungen oder von Personen außerhalb der öffentlichen Verwaltung, also z.B. von Lobbyisten bestimmer Industiren?
- In welchen Positionen sind welche Anreize und Möglichkeiten gegeben, Vergehen gegen die Demokratie zu verüben?
Und vor allem:
- Wie können staatliche Vergehen gegen die Demokratie verhindert oder wenigstens erschwert werden?
Diesbezüglich wäre nach Reformmöglichkeiten im gesamten politischen System zu suchen. Z.B. könnte erwogen werden, die Organisatoren von Wahlen mit persönlicher Verantwortung für Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen auszustatten oder eine Gesetzesinitiative anzustrengen, durch die Wahlen, deren Ergebnisse aus welchen überprüfbaren Gründen auch immer nicht den Wählerwillen abbilden (oder im Stande sind, ihn abzubilden), automatisch wiederholt werden müssen.
Nach wie vor falscher Umgang mit Verschwörungstheorien in den Sozialwissenschaften

Vergehen gegen die Demokratie umfassen schwerlich den ganzen Staat, aber sie werden auch kaum durch einen einzelnen öffentlich Bediensteten erfolgen (können) (vgl. deHaven-Smith 2006: 347). An SCADs dürften daher in aller Regel mehrere Personen beteiligt sein, die ihre konzertierten Handlungen oder Absprachen bewusst verschweigen oder zumindest nichts unternehmen, um sie bekannt oder erkennbar zu machen. Wenn z.B. eine Regierung einen Vertrag mit Pharmaunternehmen abschließt, ohne dass der Inhalt des Vertrages den Bürgern bekanntgemacht würde oder der Vertrag veröffentlicht würde, konspiriert die jeweilige Regierung mit dem Pharmaunternehmen gegen die Bürger, um ihnen Informationen vorzuenthalten, die ihnen die Kontrolle ihrer Regierung ermöglichen würde.
Wenn man in solchen Fällen von Verschwörungen gegen die Bürger oder Verschwörungstheorien sprechen wollte, wäre dies der Sache in der Regel zwar angemessen, aber diese Wortwahl könnte dazu genutzt werden, berechtigte Fragen und Forderungen nach Offenlegung als von vornherein nicht gerechtfertigt abzuwehren – haben Regierungen und viele Akademiker doch alles in ihren Kräften stehende getan, um „Verschwörungstheorien“ als solche, einfach, weil sie Verschwörungen postulieren, für unsinnig oder lächerlich zu erklären:
Aber es kann hilfreich sein, den in manchen Kreisen diskreditierten Begriff „Verschwörungstheorie” in den entsprechenden Kontexten von SCADs zu umgehen und statt dessen eben von „staatlichen Vergehen gegen die Demokratie“ zu sprechen:
Wenn Sozialwissenschaftler sich daran beteiligen, „Verschwörungstheorien“ als solche, also allgemein und einfach deshalb, weil sie Theorien über die Existenz von Verschwörungen sind, zu diskreditieren, dann tragen sie nicht nur dazu bei, die Anschauungen derjenigen Bürger, die staatliche Verschwörungen vermuten, von vornherein als nicht ernstzunehmen zu charakterisieren und ggf. berechtigte und für die Bürger wichtige Fragen zu unterdrücken. Aber sie schädigen darüber hinaus die eigene Profession, und zwar insofern als sie sich selbst die Möglichkeit nehmen, Verschwörungen staatlicher Akteure als eine Gefahr für die Demokratie zu erkennen und sich ihrer Untersuchung zu widmen. Sie erweisen der Demokratie – und damit sich selbst als Bürger in einer Demokratie, die ihnen bestimmte Rechte und Freiheiten garantiert – einen Bärendienst.
Staatliche Vergehen gegen die Demokratie: eine Realität, aber (immer noch) kein sozialwissenschaftliches Forschungsgebiet

Und so kommt es, dass wir auch bald zwei Jahrzehnte nach deHaven-Smith‘s Vorstellung des SCAD-Konzeptes in der misslichen Lage sind, über keine systematische sozialwissenschaftliche Forschung über staatliche Vergehen gegen die Demokratie zu verfügen. Viele Sozialwissenschaftler tragen durch ihre Diskreditierung von Verschwörungstheorien in Bausch und Bogen wie gesagt dazu bei, staatliche Vergehen gegen die Demokratie unsichtbar zu machen – und dies wohl in den meisten Fällen ohne einen benennbaren Vorteil davon zu haben, wie sie ihn als Verschwörer in einem „eisernen Dreieck“ hätten.
Wir bedauern es sehr, dass es deHaven-Smith – nach einer kurzen Blüte, wenn man so sagen will, um das Jahr 2010 herum, während der das SCAD-Konzept in einer Reihe von Zeitschriften und Monographien behandelt wurde – nicht vergönnt war, die Entwicklung einer systematischen sozialwissenschaftlichen Forschung über staatliche Vergehen gegen die Demokratie erleben zu können. Der Mensch deHaven-Smith ist von uns gegangen, aber mit der Entwicklung des SCAD-Konzeptes hat er einen Pflock in die – nicht nur: sozialwissenschaftliche – Landschaft geschlagen.
Diesen Pflock mögen viele Sozialwissenschaftler (derzeit) ignorieren, viele mögen ihn umschiffen, so gut es geht, aber die Realität, die durch das Konzept angesprochen ist, besteht (weiter), und Menschen werden immer Begriffe finden oder auf bestehende Begriffe zurückgreifen, durch die sie die von ihnen beobachtete Realität beschreiben und fassbar machen können. Wenn Sozialwissenschaften ihre Arbeit nicht tun, wenn sie bestimmte Aspekte der Realität, die jeder beobachten kann, systematisch ausblendet, macht sie sich selbst irrelevant – sonst nichts. Sowohl die Realität als auch die Menschen, die sie beobachten, bestehen weiter – und mit ihnen Begriffe für Konzepte, die Menschen vor ihnen, die ähnliche Beobachtungen gemacht haben, erdacht haben.
Literatur:
deHaven-Smith, Lance, 2006: When Political Crimes are Inside Jobs: Detecting State Crimes against Democracy. Administrative Theory & Praxis 28(3): 330-355.
deHaven-Smith, Lance, & Witt, Matthew T., 2012: Conspiracy Theory Reconsidered: Responding to Mass Suspicions of Political Criminality in High Office. Adminstration & Society 45(3): 267-295.
deHaven-Smith, Lance, & Witt, Matthew T., 2009: Preventing State Crimes Against Democracy. Administration & Society 41(5): 527-550.
Dixon, John, Spehr, Scott, & Burke, John, 2013: State Crimes Against Democracy: A Clarification of Connotations, S. 10-26 in: Kouzmin, Alexander, Witt, Matthew T., & Kakabadse, Andrew, (Hrsg.): State Crimes Against Democracy: Political Forensics in Public Affairs. New York: Palgrave Macmillan.
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Die entscheidende Frage ist, ob es sich überhaupt noch um Demokratien handelt. Oder ob diese einstigen Demokratien in die Ochlokratie abgedriftet sind, die man im Englischen mit mob rule übersetzt.
Die alten Griechen verstanden darunter nicht den wütenden Mob mit Forken und Fackeln, sondern die Volksversammlung, die den offenen Rechts- und Verfassungsbruch demokratisch legitimiert. Was in einer Demokratie jeden Amträger zum Rücktritt zwingen würde, ist in der Ochlokratie der Normalzustand. Wer die öffentliche Meinung kontrolliert, besitzt absolute Macht. Weder Gesetze noch Checks und Balances können ihn aufhalten, da der Souverän, nämlich das Volk, selbst den Respekt vor dem Gesetz verloren hat.
Ja, einige Autoren gehen davon aus, dass Vergehen gegen die Demokratie in (noch oder formal) demokratischen Systemen häufig oder sogar normalerweise von relativ gut etablierten “oligarchic elites” (“oligarchischen Eliten”) – so schreiben Dixon, Spehr und Burke in ihrem in der Literaturliste genannten Text auf Seite 10 – begangen werden. Dann ist das eine graduelle Angelegenheit: ab wann sind formal demokratische Strukturen eher das Werkzeug einer Oligarchie als Werkzeuge, um das Schalten und Walten von Oligarchien (oder Parteien) zu kontrollieren? Vielleicht ist aber gar nicht so wichtig, hierauf eine einigermaßen klare Antwort zu geben. Zumindest für deHaven war wohl eher wichtig, dass Vergehen gegen die Demokratie als solche erkannt und sichtbar gemacht werden können – das wäre die Aufgabe von Sozial- und insbesondere Politikwissenschaftlern! -, damit eine öffentliche Diskussion darüber stattfinden kann, wie man “checks und balances” stärkt oder (ggf. wieder) zur Geltung verhilft.
“Vergehen gegen die Demokratie umfassen schwerlich den ganzen Staat, aber sie werden auch kaum durch einen einzelnen öffentlich Bediensteten erfolgen.”
Das ist richtig. Ich möchte daher den Personenkreis in den Raum werfen, der aus meiner Sicht maßgeblich zumindest in Deutschland an den Vergehen gegen die Demokratie verantwortlich ist. Es ist das Parteiensystem, das man problemlos der organisierten Kriminalität zuordnen kann. Parteien nehmen in jeder Hinsicht auf die Besetzung staatlicher Stelle Einfluss und installieren dort Personen, die den jeweiligen Parteien nahestehen und in deren und nicht im Sinne des Bürgers agieren.
Ja, Sie verweisen in diesem Zusammenhang völlig zu Recht auf Parteien. Der Text von deHaven-Smith und Witt aus dem Jahr 2009 (ist in der Literaturliste zum Text genannt) enthält einen Abschnitt, der mit “Political Parties as Oppressive Factions” überschrieben ist (auf Seite 531). Leider ist der Abschnitt nur kurz. (Zweifellos könnte man ein ganzes Buch unter diesem Titel verfassen.) U.a. wird in dem Abschnitt berichtet, dass schon George Washington festgehalten hat, dass es für die Demokratie sehr gefährlich ist, wenn Kontrolle über die Legislative, Exekutive und die Rechtsprechung (wie im Fall von Weisungsgebundenheit von Staatsanwälten in Deutschland) in die Hände einer einzigen Gruppe, konkret: in die Hände der die Regierung stellenden Partei(ggf.: -en) gelegt wird.
Vor allen Dingen ist es in unserer ach so schönen Demokratie, für Politiker vollkommen gefahrlos größten Blödsinn zu tun. Selbst Gesetze, welche sie mitgetragen haben, werden nicht eingehalten. Dazu gibt das Verfassungsgericht immer den Segen. Und wenn ein Politiker von “Verantwortung” redet, dann ist es die reinste Heuchelei. Verantwortung in Politiker Kreisen heißt, selbst bei größtem Schaden für das Volk, Gehalt und Pension läuft weiter. Ein Posten mit dickem Gehalt wartet schon in einer genehmen Firma, welche zuvor vo diesem Politiker bevorteilt wurde. Auch Korruption in Politikerkreisen hat das Verfassunsggericht abgesegnet.
Wer hier in deutschland das Wort Demokratie in den Mund nimmt, ist ein Einfallspinsel!
Ein sehr lebendiges Beispiel wie von Regierungsmitgliedern versucht wird, eine Demokratie zu unterwandern, läßt sich doch gerade anhand der neuen israelischen Regierung sehr offensichtlich beobachten. Dort gingen vor Tagen 80.000 Menschen ( Jüdische Allgemeine) gegen die Übergriffigkeiten von Netanyahu und Innenminister Deir in Tel Aviv auf die Straßen. Und die obersten Gerichte sprechen dort noch Recht! In Deutschland hat die Demokratie durch das Parteiensystem den Status einer Erbmonarchie erreicht. Sowie die Erbmonarchie die Monarchie einst zerstörte, so hat auch das Parteiensystem die Demokratie -nicht nur in Deutschland- zerstört. Jeder weiß, dass König Olaf korrupt ist, aber jeder Nachfolger wird genauso korrupt sein (müssen), um überhaupt den Thron besteigen zu dürfen. Wo ist der Ausweg?