Ohne Kapitalismus kein Respekt
Derzeit ist es en vogue, sich vom Kapitalismus zu distanzieren. “Die Krise heißt Kapitalismus” titelt die “Gruppe soziale Kämpfe” deren Ziel darin besteht, Re-Kommunalisierung und Verstaatlichung durchzusetzen, also Sozialismus einzuführen. Eine andere Sektion der so genannten “Occupy Bewegung” ist gar der Ansicht “Echte Demokratie – das geht nur ohne Kapitalismus” und ein weiterer Blick zeigt, dass auch hier die “echte Demokratie” im Sozialismus und einer “radikalen Umverteilung des Reichtums” besteht.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass diejenigen, die heute nach dem Ende des Kapitalismus rufen, Profiteure des Kapitalismus sind, die – hätte die kapitalistische Wirtschaftsweise nicht über die letzten Jahrhunderte einen Reichtum geschaffen, der seines gleichen in der Menschheitsgeschichte sucht, vermutlich eher damit beschäftigt wären, ihren Lebensunterhalt zu sichern als sie es sind. Ich habe mich immer gefragt, wer es sich eigentlich leisten kann, die Umverteilung von Reichtum zu fordern und für den aus seiner Sicht “kleinen Mann” einzutreten, während er sich Monate lang auf öffentlichen Plätzen einnistet. Leider gibt es keine Befragung unter so genannten Occupy Bewegten, der man den sozialstrukturellen Hintergrund der “Aktivisten” entnehmen könnte, aber die Tatsache, dass sie es – wie gesagt – Monate lang auf öffentlichen Plätzen aushalten, ohne dass sie an einem Arbeitsplatz vermisst werden, lässt doch zumindest den Schluss zu, dass sie nicht zu denjenigen gehören, die morgens um 6.00 Uhr zu ihrem Arbeitsplatz z.B. in Ludwigshafens BASF fahren, von dem sie nach einem 8 Stunden Werktag abends und zu müde zum Aktivist spielen zurückkehren. Occupy Aktivisten sind offensichtlich freigestellt von den Zwängen des täglichen Unterhaltserwerbs und finanzieren sich über Transferzahlungen – anders formuliert: Sie leben von den Steuern derjenigen, die täglich malochen, während Aktivisten Proteste feiern.
Angesichts dieses Zeitgeistes, der Kapitalismus dämonisiert und in dem die Irrationalität selbst bei der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft sich als “nachhaltiges Wachstum” eingefunden hat, ist es wohltuend, den Beitrag des Professors für Philosophie und Ökonomie der Ysehiva University in New York, James R. Otteson, zu lesen, der mit: “An Audacious Promise: The Moral Case for Capitalism” überschrieben ist. Darin macht Otteson zwei starke Argumente für den Kapitalismus. Das erste der beiden Argumente, wurde in diesem post und in diesem blog bereits mehrfach gemacht: Ohne Kapitalismus hätten wir nicht den Reichtum, der unsere Gesellschaften auszeichnet. Von 1800 bis 2011 ist die Weltbevölkerung um das Sechsfache gewachsen. Im gleichen Zeitraum ist das Pro-Kopf-Einkommen um das 16fache gewachsen, und die Armut auf dem Erdball deutlich zurückgegangen, wie sich u.a. daran ablesen lässt, dass die Anzahl der Menschen, die mit weniger als $1 pro Tag auskommen müssen, weltweit deutlich gesunken ist und daran, dass zwischenzeitlich Hungersnöte und Hungertote die Ausnahme und nicht mehr die Regel sind.
Das zweite Argument, das Otteson für den Kapitalismus macht, scheint mir fast noch wichtiger zu sein als der beschriebene wirtschaftliche Erfolg, der dem Kapitalismus geschuldet ist. Ohne Kapitalismus, so meine Zuspitzung des Arguments von Otteson, gibt es keinen Respekt zwischen Menschen. Kapitalismus gibt Anreize zum Handel. Handel beschreibt den Austausch von Produkten oder Dienstleistungen zwischen Fremden. Entsprechend erweitert Kapitalismus den sozialen Kreis, in dem sich Individuen bewegen, er trägt dazu bei, dass über kulturelle, soziale und ethnische Grenzen hinweg, Interkationen zum Austausch von Gütern aufgenommen werden. Er wirkt insofern befriedend, denn Menschen, mit denen man handeln will, kann man nicht feindlich begegnen: “The social characteristics that in other times and under different institutions [different to capitalism] would lead to conflict – even violent, bloody conflict – become, under capitalism, irrelevant – and thus no longer cause for discord” (2) [Die sozialen Merkmale, die unter anderen Wirtschaftsformen als Kapitalismus zu Konflikt, auch gewalttätigem, blutigem Konflikt führen würden, sind im Kapitalismus irrelevant und daher keine Ursache für Unstimmigkeiten.]
Dass Kapitalismus die Gruppe der möglichen Handelspartner über die unmittelbare Umgebung hinaus erweitert, hat im Gegensatz zu dem, was uns die so genannte feministische “Ökonomie” weiß machen will, einen deutlich positiven Effekt auf das Wachstum, denn persönliche Beziehungen mögen für die Pflege und den eigenen Selbstwert relevant sein, sie sind es nicht, wenn es darum geht, den eigenen Lebensstandard zu erhöhen. Wer also Arbeiten am räumlich Nächsten vor den Handel und Austausch im Rahmen eines kapitalistischen Systems stellt, der reduziert damit den Lebensstandard der gesamten Gesellschaft.
Schließlich, und das ist der Kulminationspunkt der Argumentation von Otteson, ist ohne eine kapitalistische Austauschbeziehung kein Respekt zwischen Menschen möglich. Dies ist eigentlich ein einfacher Gedanke, denn der Austausch von Gütern oder Leistungen setzt voraus, dass man am Austausch und nicht an der Person des Austauschenden interessiert ist. Beide Austauschpartner verfolgen dabei eigennützige Interessen, wie Adam Smith dies bereits vor Jahrhunderten formuliert hat: “It is not from the benevolence of the butcher, the brewer or the baker, that we expect our dinner, but from their regard to their own interest. We address ourselves, not to their humanity but to their self-love, and never talk to them of our own necessities but of their own advantages” [Unser Lebensunterhalt hängt nicht vom Wohlwollens des Metzgers, Brauer oder Bäcker, sondern davon ab, dass sie ihr eigenes Interesse verfolgen. Wir wenden uns nicht an ihre Menschlichkeit, sondern an ihre Eigenliebe. Wir sprechen nie über unsere eigenen Notwendigkeiten, sondern von deren eigenem Vorteil.]
Die zitierte Stelle von Adam Smith beschreibt keine Selbstsucht, sondern Respekt. Im kapitalistischen Austausch treten sich Akteure gegenüber, die sich gegenseitig respektieren. Unabhängig von der Hautfarbe, der sozialen Klasse, der Bildung oder der Augenfarbe findet ein freiwilliger Austausch zwischen gleichen und gleichberechtigten Vertragspartnern statt. Dies ist der deutlichste Widerspruch zu allen sozialistischen und wohlfahrtsstaatlichen Wirtschaftsformen, die auf der folgenden Prämisse basieren: “‘We do not believe that you are competent to lead your own life, so we shall do it for you’. Mit Respekt hat dies nichts zu tun: ” That may be a proper way to treat children or the mentally infirm, but it is a demeaning and disgraceful way to treat adults – and unacceptable for a free people” (3) [Wir glauben nicht, dass Du kompetent genug bist, ein eigenständiges Leben zu führen, deshalb führen wir Dein Leben für dich. Das mag eine angemessene Art der Behandlung von Kindern oder geistig Behinderten sein, aber es ist eine erniedrigende und erbärmliche Art, Erwachsene zu behandeln – und es ist inakzeptabel für freie Menschen.]
Kapitalismus ist die einzige Wirtschaftsform, die freie, würdevolle, selbstsichere und kompetente Akteure zulässt, Kapitalismus ist Gegensatz zu Paternalismus, denn: freie, würdevolle, selbstsichere und kompetente Akteure sind keine Akteure, die sich vom Wohlfahrtsstaat und den Agenten seiner paternalistischen Eingriffe vorschreiben lassen, wie sie zu leben und was sie zu tun haben. Entsprechend haben Staaten, Wohlfahrtsstaaten im Besonderen, kein Interesse an eigenständigen Menschen und sie haben keinen Respekt für ihre Bürger, denn hätten Sie Respekt, sie würden nicht in deren Leben intervenieren. Somit steht am Ende dieses posts die Feststellung, dass Wohlfahrtsstaaten, Sozialismus und alle anderen Formen der paternalistischen Bevormundung von Bürgern nicht nur auf der Prämisse basieren, dass Bürger nicht kompetent und selbstsicher genug sind, ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, sie stimmen auch in einer anderen Prämisse überein: Sie haben keinerlei Respekt vor ihren Bürgern.
Epilog
Dadurch dass Wohlfahrtsstaaten mit ihren Transferzahlungen Individuen davon freistellen, in Austausch mit anderen zu treten, drehen sie die emanzipierende Leistung des Kapitalismus zurück. Empfänger von Transferzahlungen haben keine Notwendigkeit, Respekt für andere zu haben und Respekt für sich selbst in eigener Leistung zu begründen. Sie können sich in räumlicher Kleinstgruppe einrichten und Vorurteile gegen andere aufbauen, die sie nicht kennen, und mit denen in Austauschbeziehungen zu treten, sie nicht nötig haben. Und so befördern Wohlfahrtsstaaten die Rassismen und Ethnozentrismen, die Vorurteile und Abwehrreaktionen, die die Menschheit im Laufe ihrer Geschichte und im Rahmen eines kapitalistischen Wirtschaftssystem gerade dabei war, zu überwinden.
Bildnachweis:
Frugal Cafe
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Ein guter Artikel – insbesondere die Implementierung von Adam Smiths Theorem ist sehr gelungen. Solche Zeilen würde ich gerne in der Tagespresse lesen – denn auf die Reaktionen wäre ich sehr gespannt.
Hi,
mal wider ein kleiner Kommentar. Mal modulo der Überspitzzungen bin ich im bei vielem der gleichen Meinung wie im Artikel ausgedrückt. Mich stört an dem Artikel eigentlich nur eine Kleinigkeit, nämlich, dass du die ganze Zeit von *dem* Kapitalismus schreibst. Mir scheint, dass es viele Formen von Kapitalismus gibt, und viele des Sozialismus. Aber in einer Gesellschaft freier Menschen, kann man wohl kein kapitalistisches Wirtschaften verhindern. Sobald Menschen einigermaßen frei Verträge aushandeln können, entsteht irgend eine Form von Kapitalismus. Es gibt keinen Grund einem Investor in einer freien Gesellschaft allgemein zu verbieten in etwas Sinnvolles und Gewinn trächtiges zu investieren, im Regelfall gibt es da entweder nur Gewinner oder der Kapitalist ist der Verlierer. Ausnahmen stellen da die Grundidee nicht in Frage, sondern allenfalls die genaue Wahl des kapitalistischen Systems.
Also im Grunde genommen würde ich nur einen zentralen Satz von dir umdrehen. Aus
“Kapitalismus ist die einzige Wirtschaftsform, die freie, würdevolle, selbstsichere und kompetente Akteure zulässt” würde ich
“Wenn man freie, würdevolle, selbstsichere und kompetente Akteure zulässt, entsteht immer eine Form von Kapitalismus” machen.
Das ist schlicht eine folge davon das Menschen unterschiedlich sind und kooperieren müssen um größere Projekte umzusetzen. Kurz: “Freiheit impliziert Kapitalismus”, oder äquivalent “kein Kapitalismus impliziert Unfreiheit”.
Deine Verwendung von “Wohlfahrtsstaat” finde ich immer noch irritierend, und warum bezahlte Arbeit oder die Einkünfte aus Kapital/Grundbesitz ohne nennenswerte Arbeit die einzige Quelle von Respekt sein sollte ist mir auch nicht verständlich. Aus deiner Formulierung im Epilog folgt, dass schwer Kranke oder Behinderte, die ihren Unterhalt nicht selbst erbringen können keine Notwendigkeit haben für sich oder andere Respekt zu empfinden. Denkst du das wirklich?
Beste Grüße,
Eike
Hallo Eike,
wie kommst Du auf die abstruse Idee, es gäbe unterschiedliche “Kapitalismen”. Kapitalismus ist ein Konzept, das in seinem Kern seit Jahrhunderten gleich definiert wird, und es ist eines der wenigen Konzepte, über dessen Verwendung sich Ökonomen und Philosophen einig sind. Milton Friedman hat die Bedeutung von Kapitalismus nach meiner Ansicht am knappsten und besten beschrieben: “The possibility of co-ordination through voluntary co-operation rests on the elementary – yet frequently denied – proposition that both parties to an economic transaction benefit from it, provided the transaction is bi-laterally voluntary and informed. Exchange can therefore bring about co-ordination without coercion. A working model of a society organized through voluntary exchange is a free private enterprise exchange economy – what we have been calling competitive capitalism” (Freedman, Milton (2002) Capitalism and Freedom. London: Routledge, p.13).
Wenn Du den post aufmerksam liest, wirst Du feststellen, dass die Quelle von Respekt in eigener Leistung besteht. Und, ja, ich bin der Überzeugung, dass Respekt von Leistung abhängt oder wirfst Du mit Respekt um Dich und differenzierst nicht damit, was es letztlich wertlos macht, von Dir respektiert zu werden…?
Hallo Michael,
Nun wie schon gesagt, denke ich, dass in unterschiedlichen kapitalistischen Gesellschaften,
unterschiedliche Transaktionen erlaubt sind, bzw die Art und Weise wie diese abgewickelt, insbesondere besteuert, werden, unterschiedlich ist. Weiter ist unterschiedlich was die Gesellschaft mit ihren Steuereinnahmen finanziert. Also alles verschiedene Formen des Kapitalismus, und auf alle trifft die von dir zitierte Definition zu. Es gibt Kapitalismus mit Sozialstaat, es gibt den Kapitalismus ohne Sozialstaat. Es gibt den speziellen Kapitalismus in China usw. In diesem Spektrum sollte man doch wohl unterschiede erkennen können.
Nun Respekt gibt es sicher für Leistung, aber auch für solche die sich nicht finanziell auszahlen.
Warum sollte ich einen Idealisten der andern Leuten hilft ohne dafür Geld als Gegenleistung nimmt, nicht respektieren? Nur weil er arm ist und ich nicht mit ihm Handeln kann?
Ferne hängt mein Respekt nicht von der Absoluten Leistung einer Person ab, sondern von der Leistung relativ zu den Möglichkeiten der Person. Aber am Markt zählt nur der Preis als absoluter Wert usw …
Also wir stimmen überein, dass man sich Respekt verdienen muss. Das hat aber nichts mit Kapitalismus zu tun, und wäre auch in nicht kapitalistischen Gesellschaften so.
Ich weiss nicht, wie ich mich noch verständlich machen kann: Kapitalismus ist eine Gesellschaftsform die auf Austauschbeziehungen zwischen freien Individuen basiert. Das hat erst einmal gar nichts mit Geld und monetärem Leistungen zu tun, sondern mit Tausch, barter, Handel …Geld vereinfacht den Tausch, mehr nicht. Damit löst sich auch Dein Respektproblem in Luft auf, denn Respekt hat somit etwas damit zu tun, dass jemand etwas zum Tauschen anbieten kann, was andere nachfragen, eine eigene Leistung, wieder hat Geld nichts damit zu tun. Du hast ein völlig verqueres Verständnis davon, was Kapitalismus ist… Es ist eine TAUSCHWIRTSCHAFT freier Menschen, die durch das Vorhandensein von Geld erleichtert wird, mehr nicht. Warum denkst Du wohl stelle ich Kapitalismus immer in Gegensatz zu Sozialismus? Weil Sozialismus keinen Tausch zwischen freien Menschen erlaubt, und an die Stelle von freiheitlichem und symmetrischem Austausch den erzwungen und asymmetrischen Austausch setzt, was mich zum Sozialstaat bringt, der, wie Du jetzt einfach deduzieren kannst, kein kapitalistisches System sein kann, weil hier kein TAUSCH stattfindet. Im Sozialstaat erhalten Personen Leistungen ohne einen Beitrag erbracht zu haben, das ist keine Form des Wirtschaftens, sondern eine Form des Almosens.
Hallo Michael,
gemäß Popper werde ich mich nicht mit dir über die definition von Kapitalismus streiten. Das ist etwas das Kritische Rationalisten nicht tun sollten.
Du hast im übrigen gerade das Kapital aus dem Kapitalismus heraus definiert, du redest von Marktwirtschaft (eigentlich nur noch Tauschwirtschaft) und die Definition von Friedman im Prinzip auch nur. Das ist mir aber egal, mir ist auch dein verzweifeltes gegenüberstellen von Kapitalismus und Sozialismus egal und unverständlich. Ich werde mich deiner, auf einer simplen Dichotomie beruhenden Einteilung, nicht anschließen, weil sie nicht geeignet ist Lösungen für die Probleme zu finden, die sich im Angesicht der Realität ergeben, wenn man eine liberale Gesellschaft an humanistischen Grundwerten ausgerichtete Gesellschaft erhalten und/oder erreichen will.
Du hast mich gefragt warum ich meine dass du Kapitalismus und Sozialismus immer gegenüber stellst, nun um ehrlich zu sein denke ich dass du dich da schlicht weg nicht von einem Black-or-White Fehlschluß lösen kannst. http://www.fallacyfiles.org/eitheror.html
Ich werde dir nicht in diese falsche Dichotomie folgen. Diese starke aussage muss ich wohl ordentlich Begründen, also:
Nehmen wir einfach mal dein unteres Argument und arbeiten analytisch sauber (ja ich stehe auch der Tradition der analytischen Philosophie sehr nahe)
Du hast, so scheint es mir, mit folgenden Prämissen Argumentiert:
1.) Sozialismus erlaubt keinen freiheitlichem und symmetrischem Tausch zwischen freien Menschen
2.) Sozialismus setzt an die Stelle von freiheitlichem und symmetrischem Austausch den erzwungen und asymmetrischen Austausch
3.) Der Sozialstaat benötigt den erzwungen und asymmetrischen Austausch.
4.) Kapitalismus impliziert freien und symmetrischem Austausch den
Schlussfolgerung: Kapitalismus und Sozialstaat können nicht gleichzeitig gegeben sein,
da sonst folgt, dass gleichzeitig “erzwunger und asymmetrischer Austausch” und
“freier und symmetrischer Austausch” gegeben sind.
Das sieht logisch korrekt aus, ist es aber im allgemeinen nicht. Es gilt nur für einen Spezialfall.
Um zu das zu klären man erstmal die Bedeutung der Prämissen strukturell erfassen. Außerdem benötigt man deontische Logik.
Damit der obige Schluss richtig ist benötigst man, dass es im Sozialstaat/Sozialismus *keinen* freiheitlichen und symmetrischen Tausch gibt der erlaubt ist, dann stimmt offensichtlich dein Argument
Wenn nun es nun aber in einer Gesellschaft sowohl freiheitliche und symmetrische Täusche, sowie andere erzwungene und unsymmetrische Täusche gibt. Kann es wieder einen Kapitalismus mit freiem Markt, bezüglich der freien und symmetrischen Tauchoperationen geben, sowie Sozialismus/Sozialstaat bezüglich anderen nicht freien und asymmetrischen Operationen. Damit bricht die Dichotomie zwischen Sozialismus/Sozialstaat und Kapitalismus als mindestens nicht notwendig zusammen. Wie ich schon mehrfach angemerkt habe, ist die Dichotomie nur für den ideologischen politischen Kampf im Rahmen von Propaganda notwendig, mit kritischer Wissenschaft hat das meines erachtens nicht das geringste zu tun.
Du kannst darauf bestehen, dass es im Kaptitalismus keinen einzigen erzwungenen und asymetrischen Tausch geben darf. Das kannst du machen, es ist dann aber durchaus rational und wissenschaftlich dir da nicht zu folgen.
Beste Grüße,
Eike Scholz
Klingt gut. Strebst Du eigentlich eine Karriere als Politiker an? Wenn man die Hülsen in dem Satz betrachtet, könnte man das fast glauben.
Um es noch – ein letztes Mal – in der Sprache Deiner Welt zu versuchen: Ich definiere Natrium über seinen Platz im Periodensystem und Du kommst ständig gelaufen und erzählst mir, das Natrium gäbe es nicht, vielmehr gäbe es Natriumchlorid, Natriumkarbonat, Natriumbromit …
Um ehrlich zu sein, Deinen Verweis auf den black-and-white Fehlschluss halte ich für “crab”, es gibt Dinge, die sind entscheidbar und es gibt Dinge, die stehen sich unversöhnlich und diametral gegenüber. Zwischen Kapitalismus und Sozialismus vermittelt nichts, auch kein dritter Weg.
Du hast mein Argument schön nachgezeichnet, gefällt mir. Und es sieht nicht nur logisch korrekt aus, es ist korrekt. Wenn Du mich davon überzeugen willst, dass es ein Spezialfall ist, dann reicht es nicht, dass Du behauptest, man müsse die “Bedeutung der Prämissen strukturell erfassen” wozu man die deontische Logik benötigt. Tu’ mal Butter bei die Fische: Was willst Du damit sagen? Konkret, meine ich?
Und um den Rest des Argumentes abzukürzen. Wir leben in keiner statischen, sondern einer dynamischen Welt … alles verändert sich, wie Heraklit so resigniert festgestellt hat. Und wenn sich alles verändert, dann bedeutet das zwangsläufig, dass Du in der Welt keine “Reinheit” in der Weise vorfinden wirst, wie Du sie zu suchen scheinst. Anders formuliert: Meine Definition von Kapitalismus ist eine Nominaldefinition, keine Realdefinition und mehr noch, ich verbinde mit der Definition einen normativen Anspruch: Freier Tausch unter freien Bürgern ist für mich eine noramtive Forderung, die unverträglich einer normativen Forderung, die den planenden Eingriff in den freien Tausch zwischen freien Bürger vorsieht, gegenübersteht. Hier vermittelt nichts – gar nichts. Und jetzt verstehst Du vielleicht auch, dass ich überhaupt nicht darauf bestehe, dass es im Kapitalismus keinen asymmetrischen Tausch gibt, das gibt es sicher, denn es gibt keine perfekten Systeme. Es geht hier um die prinzipielle Funktionsweise. Funktioniert ein Markt nach kapitalistischen Prinzipien, dann sind asymmetrische Tausche etwas, das man vermeiden will. Entsprechend werden Akteure mit anderen, von denen sie über den Tisch gezogen wurden, nur einmal tauschen oder sich zusammenschließen, um die schlimmsten Verstöße gegen die Regel der Symmetrie zu verhindern. Im Sozialismus ist das umgekehrt. Hier gilt der asymmetrische Tausch als die Norm und entsprechend wird der freie und symmetrische Tausch unterbunden. Es besteht, um es noch einmal zu sagen, ein diametraler Gegensatz zwischen Kapitalismus und Sozialismus.
Sie schreiben, „Es ist eine Ironie der Geschichte, dass diejenigen, die heute nach dem Ende des Kapitalismus rufen, Profiteure des Kapitalismus sind, …“
Für die Beschreibung von solchen Widersprüchen, meinen Dank.
Neben dieser in Ihren Ausführungen überzeugend dargelegten Unterlegenheit, sozialistischer Planwirtschaften gegenüber einem freien Wirtschaftsverhalten, was sich zu optimieren sucht, ist der dafür verwendete Begriff „Kapitalismus“, seit den Anhängern eines Karl Marx in Umlauf und negativ besetzt worden.
Die Tatsache, dass die Arbeiter und die Unternehmer nur gemeinsam und miteinander erfolgreich sein können, ist dem sogenannten „Kapitalisten“ als Unternehmer zwar klar, aber das muss dem Gewerkschaftsfunktionär oder „sozial“ motivierten politischen Aktivisten nicht ein- oder auffallen und das eröffnet noch einen Blickwinkel.
Der Erfolg der in einer freien Konkurrenz entsteht ist unterschiedlich aber in der Summe eben enorm größer, als wenn die freie Konkurrenz der Wirtschafts-Teilnehmer eingeschränkt wird, auch das ist eine historische Tatsache. Ich denke, ja eher aus dem Garten, als aus einer wissenschaftlichen Bibliothek und auf Zitate gestützt und interessiere mich für Ursachen und Auswirkungen richtiger bzw. unkluger Erklärungen und Aktivitäten.
Wenn also Karl Marx in seinen Theorien, die Überlegenheit des erfolgreichen Unternehmers störte, ihn die Abhängigkeit des „Proletariers“ von seinem
„Kapitalisten“ als ungerecht störte, dann hatte Marx zwar eher ein emotionales Engagement, weil er persönlich sich auch auf der Seite derer befand, die sich als die zu kurz gekommenen einschätzen. Wer sich demnach als Verlierer betrachten muss, braucht sehr sehr einfache Alibis für seine Unterlegenheit, ansonsten wäre das Eingeständnis nötig, weder irgendwelche intellektuellen Talente noch einfache Fertigkeiten entwickelt zu haben, mit denen man erfolgreich am Wirtschaftsleben Teilhabe entwickeln und finden kann.
Damit ist der marxistische Ansatz für mich ein Konstrukt von fehlender Klugheit und nur attraktiv, für Menschen mit noch weniger Klugheit und scheitert in jeder praktischen Anwendung, trotz aller entsetzlichen Härte die gegen die Bevölkerung in den sozialistischen Regimen notwendig wird, weil sonst dieses theoretische Sozialismuskonzept, sofort an seiner Untauglichkeit zerbricht. Auch das ist mittlerweile eine historische Tatsache, die ein völlig Unkluger nicht gelten lassen mag, da er sich seinen Zustand lieber von denen finanzieren lassen möchte die erfolgreich sind und sie beschimpfend als Alibi benutzt.
Noch trauriger ist es, dass die dem Sozialismus, als einer minderklugen Ansicht Anhängende, nun in Allen die erfolgreicher, weil eben Klügeren, einen Gegner und Feind ausmachen. Da der Minderkluge sich nicht durch Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung zu behelfen wusste, wird er handgreiflich und skandiert wenig kluge Parolen, um seine Optionen zu pflegen, den Erfolgreichen zu diskreditieren, zu schikanieren und sich an seinem Vermögen zu vergreifen (heute mit dem Mantra „soziale Gerechtigkeit“) und der immer gleichen Unterstellung, ihm sei etwas entzogen oder entwendet worden.
Früher war der Kapitalist der Böse, dann der erfolgreiche jüdische Mitbürger, dem ein „verbrecherisches Verhalten“ unterstellt wurde, was Progrome moralisch rechtfertigen sollte, um jüdisches Vermögen, „dem arischen Volksvermögen wieder zuzuführen“.
Da ist meiner Ansicht nach eine Schnittstelle, wo der „Klassenfeind“ des Sozialisten – schon in dessen Schulzeit, der klügere Nachbar war – und es nur ein kleiner Schritt zum Volksfeind war oder zur Anfeindung eines intellektuellen, jüdischen Establishment, das zur deutschen Geschichte und Kultur soviel beigetragen hatte und von den nationalistischen Sozialisten, in der tödlichen Dummheit einer irrsinnig anmaßenden Minderbegabtheit zum Ausbruch kam. So dass, Deutschland alles das verlor, was in seiner Kultur in Kunst und Wissenschaft eine Identität entwickelt hatte, als dieser Nationalsozialismus seine Menschenverachtung zeigte.
Kein kapitalistisches System ist in der Lage, seine Bevölkerung so zu behandeln wie ein sozialistisches und die Verweise auf die Ausbeutung, im Kolonialismus, wo der Kapitalist eine möglichst gesunde Bevölkerung und geordnete Verwaltungen benötigte, um erfolgreich zu sein entlasten den Sozialismus von seiner Untauglichkeit und realen Menschenverachtung.
Es ist auch völlig folgerichtig, das ein Karl Marx für seine untauglichen Theorien, seines umstürzlerisches Anliegens die Religion als „Opium“ für das Volk bezeichnete, welches er ja zu Mord und Totschlag anstiftend, mit der Umschreibung „Revolution“, zum Hass auf die Herrschaft seiner Gesellschaft, die er in Klassen aufgeteilt hatte, aufrief.
Der so begründete Atheismus, der sich ja vor allem von den ethisch- moralischen Menschenrechten, die im Christentum es nicht gut heißt seine Feinde zu erschlagen, sondern gebietet sie zu lieben, ist bis heute eine Komponente, die den Atheisten, nicht unbedingt als Menschenfreund auszeichnet, falls seine Gläubigkeit nicht nur eine andere zu „Gottersatzkonstrukten“ darstellt, denen er sich verpflichtet und schuldig fühlt aber dennoch missionierend auftritt, z.B. als Pantheist, der das Klima anbetend beeinflussen will und sich selbst zum „Schädling“ des Planeten erklärte.
Unter diesen Blickwinkeln erscheinen mir Sozialisten nicht vertrauenswürdig was Klugheit betrifft, in dem sie einer liberalen Freiheit ihre Gegnerschaft antragen und in ihrem Respekt vor der Freiheit ihrer Mitmenschen überhaupt nicht zuverlässig bleiben zu können. Denn ihr Konzept kann nur mindergut funktionieren, weil sie die Erfolgreichen und deren materielles Vermögen nur als „Beute“ betrachten. Damit beweisen die Sozialisten, das ihre Bescheidenheit doch meist eine Tarnung einer tieferen Gier bemäntelt, sie auf die Bühnen und in die Vermögensliga der Reichen möchten, aber über die Hintertreppe, per politischer Karriere, um sich im Glanz einer Eitelkeit zu sonnen.
Lieber Herr Meier,
ich möchte an dieser Stelle noch eine Kleinigkeit anfügen, die Karl Marx noch wusste, den heutigen Zeitgeist-Sozialisten und Wohölfahrtsstaat-Günstlingen aber entfallen zu sein scheint: Für Marx war es vollkommen klar, dass die Voraussetzung für das, was er Kommunismus genannt hat, der wiederum von der Diktatur des Proletariats (der Begriff Diktatur ist hier kein Zufall) vorbereitet wird, ein erfolgreicher bürgerlicher Kapitalismus ist. Der bürgerliche Kapitalismus muss nämlich im historischen Materialismus von Marx erst den Wohlstand schaffen, der dann in der Diktatur des Proletariast umverteilt und im Kommunismus verprasst werden kann…
Lieber Herr Klein, danke für Ihre sachlich ergänzende Antwort.
Seit ich in Ihrem Blog lese und schreibe erstaunt mich, wie wenige Zeitzeugen sich unvoreingenommen zeigen, wie emsig Sie Thematiken sehr gründlich und mit Sachkenntnis so zuspitzen, dass sich daraus Debatten ergeben und Sie sich die „Sporen geben“, Ihre klare, rationale Linie zu behaupten. Danke für dieses Engagement eines älteren Herren (wie ich annehme), der sich auch anders positionieren könnte aber seinem Geist nun die fröhliche Freiheit gönnt, wobei Sie, auf – wie ich es erfahren habe – mehr oder weniger „Verbretterte“ treffen, die sich in ihren Studienzeiten links solidarisierten und dort stehen geblieben sind. Weil ihnen keine Gnade einer klügeren Einsicht zur Verfügung steht und darum „linksgeblieben“ sind. Weil sie ein Mehr, an differenzierten Zuordnungen schon überfordert und darum mit hartnäckiger Verbissenheit an ihren „geliebten“ Sichtweisen festhalten. Wer sich zu einer klügeren, weil realistischeren Sichtweise entwickeln wollte, riskiert in dieser Melange dabei seinen Freundeskreis, der objektiv betrachtet zwar ein Kreis von Losern ist, zu verlieren, darum bleiben sie subjektiv in ihrer Sozialisation, in den gleichen Mitgliedschaften, den Vereinen, Gewerkschaften sowie ihrer Partei, wobei sie all das, wie ein „Quoten-Prädikat“ zum Aufstieg einsetzen, um auf der Hühnerleiter einer Hirachie, eins weiter oben zu hocken.
Dieses „Aufgockeln“ gipfelt in ihren Forderungen nach Quoten, nach Ausweitung von öffentlichen Institutionen wo Hennen und Hähne, mit zu „dünnen Köpfen“ den Schnabel ungeniert aufsperren können.
Kurzum, es scheint mir ein Turnier in der Pflegestufe zu sein und da versuchen Sie mehr Licht einzuschalten, was Manche nervös macht, die nun seltsam, wie „anders“ geblendet herumeiern.
Ich find`s gut.
Politik ist…
…der a priori aussichtslose Versuch, etwas „regeln“ zu wollen, was nicht geregelt werden kann, solange es sich durch das vom Kapitalismus befreite Spiel der Marktkräfte nicht selbst regelt. Um Politik – egal welcher ideologischen Richtung – betreiben zu können, muss ein Politiker naiv genug sein, um die prinzipielle Sinnlosigkeit seiner „politischen Handlungen“ nicht zu erkennen. Dazu ist es hinreichend, den elementaren Gegensatz von Marktwirtschaft (Selbstregulation) und Privatkapitalismus (Störfaktor) nicht zu verstehen und auch gar nicht erst verstehen zu wollen. Dies bewirkt eine künstliche Programmierung des kollektiv Unbewussten, die vor Urzeiten erforderlich war, um den Kulturmenschen durch selektive geistige Blindheit an das Geld anzupassen – lange bevor diese seitdem grundlegendste zwischenmenschliche Beziehung wissenschaftlich erforscht war:
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2011/07/die-ruckkehr-ins-paradies.html