Vermeintliche Armut ist an allem schuld – Junk Science aus dem Hause Bertelsmann
“Armut ist Risiko für Entwicklung von Kindern”, so steht es in der Überschrift einer Pressemeldung aus der Bertelsmann-Stiftung. Die Überschrift soll die Ergebnisse einer Studie zusammenfassen, die Bertelsmann finanziert hat. Geforscht haben im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung Forscher am Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung der Universität Bochum. Beforscht haben sie Schuleingangsuntersuchungen.
Naja, nicht wirklich beforscht – eher ausgezählt, bivariat, mit Kreuztabellen. Dies jedenfalls ist der Eindruck, den die Pressemeldung vermittelt. Bleiben wir noch eine Weile bei der Pressemeldung. “Ein Auwachsen in Armut beeinträchtigt die Entwicklung von Kindern”, so wird behauptet, bevor bivariate Ergebnisse für “armutsgefährdete Kinder” berichtet werden.
Und eigentlich könnte man hier die Pressemeldung schon in den Mülleimer werfen, denn offensichtlich sollen die Ergebnisse genutzt werden, um Stimmung zu machen, um all die guten Menschen aus ihren Löchern zu holen, die beim Wort “Armut” so richtig erregt werden und etwas brauchen, um ihre Gutheit daran abzuarbeiten. Dazu eignet sich Armut immer besser als Armutsgefährdung, heißt doch Armutsgefährdung, dass die Armut drohen könnte, aber noch nicht da ist, und entsprechend sind wir alle von Armut gefährdet. Da ist Armut schon besser als Begriff.
Betrachten wir, was in der Pressemeldung über armutsgefährdete Kinder, die nach der Logik von Maria Dropp, die die Meldung wohl verbrochen hat, zwar armutsgefährdet sind, aber dennoch in Armut leben, berichtet wird:
“Während 43,2 Prozent der armutsgefährdeten Kinder mangelhaft Deutsch sprechen, wurde dies nur 14,3 Prozent der nicht-armutsgefährdeten Kinder attestiert. Probleme in der Körperkoordination haben 24,5 Prozent der Kinder aus SGB-II-Familien (Übrige: 14,6). Ähnliches gilt für die Visuomotorik, der Koordination von Auge und Hand (25 zu 11 Prozent). 29,1 Prozent der armutsgefährdeten Kinder haben Defizite in ihrer selektiven Wahrnehmung (Übrige: 17,5), Probleme beim Zählen haben 28 Prozent (Übrige: 12,4). Adipös, also deutlich übergewichtig, sind 8,8 Prozent der Kinder, die von staatlicher Grundsicherung leben (Übrige: 3,7).”
Und an all dem, so verkünden die Bertelsmänner, ist die Armut, also die Armutsgefährdung, bzw. der SGB-II-Bezug, nein die staatliche Grundsicherung schuld. Nur, wie macht die Armut das? Oder war es die Armutsgefährdung, der SGB-II-Bezug oder die staatliche Grundsicherung, die verhindert, dass Kinder richtig sprechen lernen, keine normal entwickelteVisumotorik haben und sich konzentrieren können? Wie auch immer, irgendwie wird es schon die Armut sein.
Es ist wirklich erstaunlich, wie gerne man in Deutschland Entitäten wie Armut oder Armutsgefährdung bemüht, um konkrete Befunde von Forschungen zu erklären. Es ist insofern erstaunlich, als es eigentlich naheliegen würde, nicht eine abstrakte Situationsbeschreibung wie Armut oder Armutsgefährdung als erklärende Variable einzuführen, sondern konkrete Bedingungen, unter denen Kinder aufwachsen.
Wenn Kinder mit 6 Jahren, wenn sie der Einschulungsuntersuchung unterzogen werden, nicht richtig sprechen können, nicht richtig zählen können, die Koordination zwischen Augen und Hand nicht richtig hinbekommen, fett sind, motorische Störungen aufweisen und sich nicht konzentrieren können, dann liegt eigentlich der Schluss nahe, dass die entsprechenden Kinder vernachlässigt wurden: Niemand scheint mit ihnen gesprochen zu haben. Niemand scheint sich mit ihnen zu bewegen. Niemand scheint mit ihnen zu zählen, niemand sich schlicht um sie zu kümmern.
Da fragt sich: Wer ist dieser Niemand, der sich nicht um Kinder kümmert?
Sind es die Angestellten in den Kindertagesstätten, die die Kinder spätestens ab dem vierten Lebensjahr besuchen? Oder sind es am Ende die Eltern? Muss man am Ende das Undenkbare denken: Nicht jeder, der sich fortpflanzen kann, ist in der Lage oder willig, Kinder auch zu erziehen. Bringen manche Eltern schlicht nicht die menschliche Reife, die geistige Reife, das Humankapital, die Fähigkeit oder den Willen mit, um Kinder zu erziehen? (Ähnliche Fragen lassen sich für Angestellte in Kindertagesstätten formulieren.)
Nein, derartige Fragen stellen wir lieber nicht. Es ist viel bequemer eine Entität zu erfinden, nennen wir sie Armut, und die Verantwortung auf die Armut abzuschieben, dann muss man nicht überlegen, ob finanzielle Anreize für Kinderbesitz die Ursache dafür sind, dass Kinder von Personen in die Welt gesetz werden, die keinerlei Interesse, außer vielleicht einem finanziellen an diesen Kindern haben. Nein, derartige Fragen stören die Reinheit staatlicher Kinderalimentierung, und entsprechend werden sie nicht gestellt.
Und außerdem zeigt ja die Studie der Bertelsmänner, dass Kinder, die in Armut oder Armutsgefährdung (ist ja wurtscht, eines von beiden) aufwachsen, häufiger unter denen zu finden sind, die nicht richtig sprechen, sich nicht richtig bewegen, nicht richtig zählen und dergleichen können, als Kinder, die nicht in Armut oder Armutsgefährdung oder was auch immer aufwachsen.
Aber zeigt sie das wirklich?
Die Studie, auf die sich die Pressemeldung bezieht, haben Thomas Groos und Nora Jehles erstellt, und man findet die Studie tatsächlich frei zugänglich bei Bertelsmann, was ungewöhnlich ist.
Ein erster neugieriger Blick in die Studie, um zu erfahren, was denn nun gemessen wurde, Armut oder Armutsgefährdung, zeigt: Keines von beiden. Gemessen wurde, ob Kinder in einer Familie aufwachsen, die eine Grundsicherung nach SGB-II beziehen. Das hat nun mit Armut überhaupt nichts zu tun, nicht einmal mit Armutsgefährdung, wie eine einfache Rechnung zeigt:
- Zwei Erwachsene, die SGB-II beziehen, erhalten 720 Euro;
- Für ein Kind unter 6 Jahren erhalten sie zudem 234 Euro;
- Eine Wohnung für drei Personen wird mit 542 Euro bezuschusst;
- Ohne sonstige und Sonderzahlungen kommt ein Dreipersonenhaushalt somit nach SGB-II auf: 1.496 Euro im Monat.
- Im Jahr 2013 beträgt das Bruttoäquivalenzeinkommen 19.582 Euro. 60% geben die mathematische Grenze an, die willkürlich gesetzt wurde, um von Armutsgefährdung sprechen zu können. 60% von 19.582 Euro macht ein monatliches Haushaltseinkommen von 979,10 Euro und somit deutilch weniger als in der Beispielrechnung nach SGB II.
Wie sich zeigt, wird in der Studie der Bertelsmannstiftung zwar von Armut gesprochen, aber es wird keine Armut gemessen. Dennoch haben Groos und Jehle in ihrem Bericht kein Problem, das Wort “Armut” 181 Mal zu verwenden. Dagegen kommt der Begriff “Armutsgefährdung” überhaupt nicht vor. Er muss entsprechend als Erfindung dessen angesehen werden, der die Pressemeldung erstellt hat.
Aber was soll man von einer Studie halten, in der schlicht behauptet wird, SGB-II-Bezieher (Hartz-IV) wären arm und nicht nur das, die Armut, in der sie leben, wäre dafür verantwortlich, dass die Kinder dieser armen Hartz-IVler, also die armen Kinder der armen Eltern erhebliche Entwicklungsdefizite aufweisen? Und überhaupt, wie hat man sich das vorzustellen? Haben Hartz-IV-Eltern weniger Zeit als andere Eltern, um ihren Kindern vorzulesen, mit ihnen zu spielen, zu zählen, mit ihnen zu sprechen, damit sich Motorik, Sprachvermögen usw. bei diesen Kindern normal entwickeln können?
Nein, derartige Fragen stellen Groos und Jehle nicht. Sie haben sich vorgenommen, Armut zu finden und Armut für alles verantwortlich zu machen, was sie sonst noch an Negativem finden. Sie haben sich nicht vorgenommen, eine wissenschaftliche Untersuchung durchzuführen und zu erklären, wie es dazu kommen kann, dass die Kinder von Hartz-IV-Beziehern so vernachlässigt sind.
Und in ihrem Bemühen, Armut verantwortlich zu machen, übersehen sie ihre eigenen Ergebnisse, die sie in den – wie könnte es anders sein – logistischen Regressionen finden könnten, die sie berechnet haben. Ein Blick auf die Tabellen A1 bis A4 im Anhang reicht aus, um zu sehen, dass die Erklärung mit der Armut nicht nur deshalb Humbug ist, weil Groos und Jehle gar keine Armut gemessen haben.
Denn:
- Jungen haben häufiger als Mädchen Koordinationsstörungen, Konzentrationsstörungen und Probleme mit dem Zählen;
Es ist schon erstaunlich, dass die von Groos und Jehle herbeiphantasierte Armut auf Jungen stärker wirkt als auf Mädchen. Glaubte man wirklich, dass das, was Groos und Jehle hier berichten, kein Humbug ist, man müsste der Stadt Mühlheim, von der die Daten stammen, empfehlen, vornehmlich Jungen aus Hartz-IV-Familien zu fördern. Das wird natürlich nicht geschehen.
Es ist auch nicht notwendig, denn die Ergebnisse sprechen für sich:
- Mangelhaftes Deutsch steht mit allen Entwicklungsstörungen in Zusammenhang. Wer mit sechs Jahren nicht richtig sprechen kann, der kann auch nicht richtig zählen, hat Konzentrationsstörungen, Koordinations- und motorische Störungen.
- Kinder mit den entsprechenden Problemen finden sich vornehmlich bei Eltern, die unterdurchschnittlich gebildet sind und Hartz IV beziehen.
Daraus muss man den Schluss ziehen, dass eine latente Variable erklärt, warum Eltern ihre Kinder so vernachlässigen, dass sie die beschriebenen Störungen haben, die erklärt, warum Eltern nur gering gebildet sind und die erklärt, warum die Eltern keinen Arbeitsplatz haben. Was liegt näher als anzunehmen, dass es Probleme in der Persönlichkeit der Eltern sind, die sie in gleichem Maße unfähig oder unwilig machen, eine Arbeit aufzunehmen und Kinder zu erziehen. Der Bezug von Hartz-IV wäre entsprrechend das Ergebnis der Persönlichkeit der Eltern, die Vernachlässigung der Kinder ebenso. Nicht Armut ist deshalb der Grund dafür, dass Kinder nicht richtig sprechen können, motorische Störungen und Koordinationsstörungen aufweisen, sondern das Pech, das sie mit ihren Eltern hatten, ist die Ursache, denn diese Eltern sind schlicht nicht in der Lage oder schlicht nicht willig, ihre Kinder zu erziehen.
Man muss eigentlich nicht lange nachdenken, um zu diesem Schluss zu kommen. Er drängt sich quasi auf, normaldenkenden Menschen drängt er sich auf, nicht Politikern, die denken, wenn sie finanzielle Anreize für Fertilität setzen, dann wären sie nicht verantwortlich für die Vernachlässigung von Kindern.
Eigentlich ist es an der Zeit, die Politiker, die mit ihren finanziellen Geschenken dafür verantwortlich sind, dass Kinder vernachlässigt werden und bereits bei der Einschulungsuntersuchung deutlich ist, dass die entsprechenden Kinder ohne Chance in ihrer Gesellschaft sind, zur Rechenschaft zu ziehen, für die vielen Kollateralschäden, die ihren Weg pflastern.
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Hat dies auf Aussiedlerbetreuung und Behinderten – Fragen rebloggt und kommentierte:
Glück, Auf, meine Heimat!
Das Moralisieren hier, dass arme Leute ihre Kinder doch besser erziehen sollten, kommt offenbar direkt aus dem 19.Jahrhundert -so wurde schon damals von den Bessergestellten über “die da unten” hergezogen. Hat nicht geholfen.
Geholfen haben Einkommenssteigerungen. Die letzten zwei Dekaden gabs unten aber immer weniger davon… die untere Hälfte musste sogar Realverluste hinnehmen -daher auch der abgesackte Median der Einkommen: reichlich zynisch, den jetzt herzunehmen, um nach dem Motto “denen gehts ja zu gut” gegen Hartz IV-Opfer zu schimpfen. Ob bei alll den schlauen Berechnungen H4-Opfer, die zu 1-Euro-Jobs gezwungen werden, auch mitgezählt wurden? Was ist mit deren Kindern?
Und ganz tief unten findet man absolut Verelendete und Verzweifelte, teilweise psychisch Kranke, oft im Alkohol-, Tabletten- oder Drogenrausch. Die brauchen keine naseweisen Belehrungen, dass sie doch eigentlich genug Zeit haben, um ihre Kinder zu erziehen… die bräuchten konkrete fachkundige Hilfe -von den Tausenden Sozialarbeitern, die wg. Steuersenkungen nebst Sparpolitik leider gefeuert wurden.
Oh stop this sanctimonious crap.
Wenn die vermeintlich Verelendeten ganz unten etwas nicht brauchen, dann die “fachkundige Hilfe von Tausenden Sozialarbeitern”, die nichts anderes tun, als dafür zu sorgen, dass die Vereledenten auch verelendet bleiben und am Leid der Verelendeten noch verdienen.
Aber es ist immer wieder gut zu sehen, dass es in Deutschland eine Klasse von Elends-Schmarotzern zu geben scheint, deren vordringliches Ziel nicht darin besteht, Kindern, die als Opfer von Eltern, die sich ganz offensichtlich nicht um sie kümmern, denn wie sonst soll man erklären, was vor Jahren schon der Amtsarzt in Torgau festgestellt hat, nämlich dass die Mundmuskulatur von Kindern unterentwickelt ist, weil niemand mit ihnen redet, zu helfen, sondern darin, aus dem vermeintlichen Elend der Verelendeten noch eine Einkunftsquelle zu machen.
Es ist klar, dass es Eltern gibt, die sich nicht um ihre Kinder kümmern.
Dies kommt auch bei Gutverdienern vor, nicht nur bei Hartz-4-Empfängern und “bildungsfernen Schichten”.
Übrigens sind viele Hartz-4-Empfänger Abiturienten und teilweise sogar Akademiker, denn es gibt momentan etwa 10 Millionen Arbeitslose, denen etwa 500.000 offene Arbeitsplätze entgegenstehen.
Nicht nur, dass Arbeitsplätze durch die Globalisierung für immer aus Deutschland verschwinden (weil in Pakistan und Indien usw. für einen Tageslohn von 50 Cent dieselbe Arbeit von Sklaven verrichtet wird), sondern noch viel mehr Arbeitsplätze gehen für immer aufgrund der Automatisierung verloren.
Heinz Buschkowsky fällt als Lösung für die verwahrlosten Kinder der bildungsfernen Migranten und sonstigen bildungsfernen Deutschen nur ein, den Eltern die Kinder so früh wie möglich wegzunehmen.
Am besten schon im Alter von einem Jahr raus aus dem primitiven Elternhaus und rein in die Kita.
Diese “Lösung” hört sich zuerst einmal vernünftig an und leuchtet jedem ein.
Denn in der Kita arbeiten doch echt gut ausgebildete Erzieherinnen, die haben alles ausführlich gelernt, wie man jedes Kind in jeder Altersstufe optimal fördert.
Leider scheitert diese “Lösung” an der brutalen Realität.
Es wurden Fälle bekannt, wo die zwangsbetreuten Kinder extrem von den Erzieherinnen vernachlässigt wurden und deshalb Verhaltensstörungen entwickelten.
Und nein, das sind keine Einzelfälle.
Denn es fehlt – wie kann es anders sein – am Geld.
Eigentlich bräuchte man 10 Erzieherinnen, um diese süssen kleinen Kinder altersgerecht fördern zu können, aber das Budget reicht nur für 2 Erzieherinnen plus einem Zivildienstleistenden, der kocht und putzt und Kindern vorliest und mit ihnen spielt.
Und dann ist da noch das Ding, dass bei dieser Zwangsmassnahme solchen Eltern das eigene Kind weggenommen wird, welche sich mit Herz und Liebe optimal mit ihren Kindern beschäftigen würden.
Das finde ich absoluten Terror und einer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft nicht würdig.
Dann gibt es noch die moderne Bindungs-Wissenschaft, welche festgestellt hat, dass Kinder, welche optimal in Kitas und Kindergärten gefördert wurden, viel mehr Aggressionen und asoziales Verhalten aufweisen, als Kinder, die zuhause ohne Förderung des Staates aufgewachsen sind. Das passt den Kita-Ideologen überhaupt nicht ins Konzept und wird deshalb totgeschwiegen.
Wie soll denn der Staat feststellen, welche Eltern ihre Kinder verhunzen werden und welche nicht ?
Müssen da Gesinnungsprüfungen abgelegt werden oder sollen Nachbarn aufpassen, ob mit Kleinkindern ausreichend gesprochen und gespielt wird und im Bedarf Meldung ans Jugendamt machen ?
boha, die Kohle hätten wir auch gerne, wir sind halt blöd und gehen arbeiten
Hat dies auf psychosputnik rebloggt.
Die Studie hab ich jetzt nicht gelesen, aber dass die blosse Feststellung (ungerichteter) Korrelationen keinerlei Kausalwirkung anzeigt, wissen Sozialforscher eigentlich seit dem Grundstudium und wird hier auf dem Blog ja auch bei jeder Gelegenheit wiederholt.
Ich vermute (und hoffe) daher, dass im ‘Hintergrund’ der Studie schon noch differenziertere theoretische Annahmen zur Begründung von Zusammenhangshypothesen formuliert bzw. aus der Lit. zitiert wurden. Die in Ihrem Beitrag angesprochene Erziehungsinkompetenz der Eltern kann etwa als Ausdruck immaterieller Armut (nämlich an Minimalbildung, fehlender Werteorientierung bzw. Bildungsaspiration) interpretiert werden. Dieser ‘bildungsarmer’ Habitus einer an Sozialleistungen ‘gewöhnten’ Leistungsempfängergemeinschaft ist symbiotisch an der staatlichen ‘Anreizstruktur’ entlang-gewachsen: (monetäre) Bedarfsoptimierung statt (kulturelle) Selbstoptimierung! Es ist also ein letztlich ‘weiches/kulturelles’ Phänomen, das eher mit qualitativen Methoden zu erkunden wäre. Einkommensarmut spielt dafür als ‘Rahmenhandlung’ insofern eine Rolle, da deren Annahme sowohl den Staat wie auch sein Sozialleistungsklientel wechselseitig von Verantwortung für die Situation entbindet: “Wir sind halt Opfer der Verhältnisse – nicht unserer Fehlleistungen.”
Noch ein Anmerkung zur Einkommensarmut sei gestattet: Letztlich bildet der Hartz IV-Satz schon die gesetzte ‘Armutsschwelle’, Ihr Vergleich mit dem 60% Medianeinkommen hinkt, da Sie Zahlen einer dreiköpfigen (!) Bedarfsgemeinschaft mit dem ‘Solo-Einkommen’ lt. Armutsdefinition in Relation setzen; bei drei Leuten läge ja auch die 60% Armutsschwelle entsprechend höher, weil ein anderer Median anzusetzen wäre, oder? Ich denke Bertelsmann sollte sich eher auf Studien zu ‘weichen’ Armutsformen konzentrieren: Bildungsarmut, Erziehungswilligkeitsarmut, Motivationsarmut, Sozialkontaktsarmut usw. usf.. Alle diese Formen haben zu unterschiedlichen Anteilen sicherlich AUCH am Rande finanzielle Ursachen, zielen aber im Kern auf die Verantwortlichkeit der Familien bzw. Eltern für ihre Kinder ab. Wenn es hier Fehlleistungen gibt, sind die auch nicht durch noch so hohe staatlich Alimentierung zu beheben…
Hier liegen Sie falsch, wie die Definition des Statistischen Bundesamtsamts zeigt:
Ich frage mich, warum Konzerne mit Stiftungen Studien politische Entwicklungen fördern?
Was ist das grundsätzliche Motiv für einen Medienkonzern, der auch Schulmaterial anbietet und dafür öffentliche Bezahlung hilfreich finden kann, um den eigenen Umsatz zu stabilisieren. Ein Konzern der die Helfer-Industrie mit Bildungs-Material auf Steuerzahler-Kosten bestückt.
Das gleiche Muster, nach dem weitere Stiftungen, wie z. B. Merkator oder Europian Klimate Foundation, effiziente Lobby-Organisationen die sich in halb-staatliche Funktionen positionieren wie z. B. „agora“, zeigt doch ganz klar, unter welchen Absichten die Mittel für diese Werbe-Ausgaben der finanzierenden Großhändler, Umsatz-steigernd und Regierungs-Politik maßgeblich strukturierend, eingesetzt werden.
Es macht doch einen Unterschied, ob man mit denen die sich keine Bildungsausgaben leisten, ein Geschäftsfeld eröffnet, was nur wie „Perlen vor die Säue“ verplempert wird, aber immerhin den „guten politischen Image-Willen“ zur Legitimation vorschiebt, oder akzeptiert, das sich beim besten Willen, bei den genetisch intellektuell Benachteiligten, die Realität zeigt, die nicht mit Wunschdenken zu ändern ist.
Um Umsatz zu gewährleisten, braucht man Kunden, ganz gleich woher die kommen und wer denen die Mittel für die täglichen Existenzbedürfnisse finanziert.
Das Interesse der Großhändler ist eher nüchtern und wird durch romantische Helfer getragen. Vom Klimahelfer bis zum Bildungs- oder Integrationshelfer, hip hip hurra es lebe die Branche der Helfer-Missionare.
Dieser Artikel legt den Finger in die Wunde. Eltern, die von Transferleistungen leben, hätten theoretisch und praktisch viel mehr Zeit, sich um die Kinder zu kümmern; in puncto Bildung, Sport und Bewegung, aber auch bzgl. gesunder Ernährung. De facto ist es aber häufig genau anders – die Kinder werden in bildungsfernen Schichten eher wenig betreut. Meine Frau, die als Sozialpädagogin in einem Jugendamt arbeitet, erlebt dies immer wieder. Insofern ist nicht die vermeintliche Armut schuld, sondern es sind die Eltern, bzw. häufig auch Alleinerziehende. Anstatt aber die Erziehungsberechtigten in die Verantwortung zu nehmen, setzt dann die Betreuungsindustrie (Caritas, Diakonisches Werk, Paritätischer Wohlfahrtsverband) zur Übernahme an. Hier werden bundesweit viele Milliarden Euro umgesetzt. Und als Folge der “Betreuung ” ist der Anreiz der Eltern, selbst aktiv zu werden, noch geringer. Ein Teufelskreis.
Als ich von der Bertelsmannstudie im Radio hörte – eine Nachricht, die am Freitag im Viertelstundentakt wiederholt wurde – dachte ich mir schon, dass da Stereotype bedient werden. Schließlich hat Armut nichts mit der Sprachunfähigkeit eines Kindes zu tun, sondern mit fehlender Ansprache. Die Ursache für fehlende Ansprache liegen in der Isolation der Kinder. Egal, wie diese Isolation aussieht. Wer mehr darüber wissen will, sollte also dorthin gehen, wo diese Kinder aufwachsen, und nicht in irgendwelchen Erhebungen blättern und unsinnige Schlüsse ziehen.
Ich bin ein Nachkriegskind, und damals waren wir mehr oder minder alle arm, zum Teil auch bitter arm. Wir verfügten aber allesamt über einen reichhaltigen Wortschatz. Man sprach also mit uns und wir sprachen untereinander – trotz Armut.
Liebe ScienceFiles,
die Sache mit der Vernachlässigung der Kinder durch gestörte Eltern kann nicht die (alleinige) Ursache für die mangelnde Entwicklung dieser Kinder sein.
Weshalb nicht ?
Weil ich mit 4 Geschwistern in einer Familie aufgewachsen bin, in welcher die Eltern keine einzige Minute bei uns Kindern irgendetwas gefördert haben.
Es wurde kaum mit uns gesprochen, es wurde niemals mit uns gespielt.
Es wurde nie etwas vorgelesen oder gerechnet oder gezählt. Nichts. Nada. Null.
Wie erklären Sie sich dann, dass ich schon in der Grundschule fast nur Einsen hatte, während meine Geschwister sich mit befriedigend und ausreichend begnügen mussten ?
Ich kam zusammen mit dem Nachbarsjungen als Einzige aus dem Dorf aufs Gymnasium und meine Eltern haben mir keine einzige Frage während des Besuchs des Gymnasiums beantwortet. Meine Mutter sagte immer, wenn ich sie etwas fragen wollte, dass sie “das nicht weiss und zu dumm dafür ist”.
Trotzdem machte ich ein Abitur mit 2,3 Notenschnitt.
Dabei war ich äußerst faul. Während des Unterrichts machte ich meistens Blödsinn mit dem Sitznachbarn, wie es auch viele andere Klassenkameraden taten.
Zuhause lernte ich nie, sondern schrieb die Hausaufgaben von einem Mitschüler ab, der ein sehr guter Schüler war.
Trotzdem schrieb ich meistens bessere Noten als viele Mitschüler, die so richtig fleissig waren und zuhause mit ihren Eltern lernten.
Also, da ist etwas faul mit dieser These, dass die Intelligenz der Kinder keine Rolle spielen soll, sondern Glück oder Unglück davon abhängen soll, ob sich die Eltern anständig mit dem Kind beschäftigen.
Sicher hätte ich noch bessere Noten, wenn ich in diesem Sinne bessere Eltern gehabt hätte … keine Frage, doch da gibt es eben noch andere Faktoren.
Und mit welchem Notenschnitt hatten ihre vier Geschwister das Abitur gemacht?
Meine 4 Geschwister haben schon in der Grundschule schlechte Noten gehabt und kamen deshalb nicht für das Gymnasium in Frage.
2 Geschwister absolvierten die Hauptschule mit einem Notenschnitt von befriedigend, die anderen beiden die Realschule mit befriedigend.
Meine Frau wurde von ihren Eltern zu den Großeltern abgegeben, weil die Mutter keine Lust hatte, sich um das Kind zu kümmern und der Vater hatte nichts zu melden.
Die Großeltern waren sehr arm, sie waren beide Rentner, aber sie kümmerten sich liebevoll um ihre Enkeltochter. Meiner Frau wurden Geschichten vorgelesen, es wurde viel mit ihr gesprochen und auch gespielt … also völlig anders als in meiner Familie.
Meine Frau hatte – trotz der grossen Armut – in der Schule nur Einsen, dann studierte sie Linguistik und weil das Geld nicht reichte, musste sie nebenher noch als Sekretärin und als Putzhilfe arbeiten. Die Universität schloss sie mit einem Einser-Schnitt ab, das nennt sich wohl Summa cum laude ?
Das hängt aber ganz sicher nicht nur mit dem Vorlesen der Großeltern zusammen, es hat etwas mit der Intelligenz zu tun, denn sonst würden alle Kinder, deren Eltern sich intensiv bemühen, solche Einser-Kinder produzieren. Dem ist aber nicht so.
Seltsamerweise sucht man gerade in den ärmeren Regionen dieser Welt vermeintlich dringendst benötigte Fachkräfte. Sind die dort anders arm oder ist gar letzten Endes die These von Bertelsmann mal wieder blanker Unfug und mit ideologiedurchtränkten Halbwahrheiten gespickt?