Aufmerksame Leser von ScienceFiles haben es gemerkt: Im letzten Post haben wir den Zusammenhang von Bildung und Zustimmung zum Bedingungslosen Grundeinkommen unberücksichtigt gelassen. Zum einen ist der Zusammenhang, selbst wenn Bildung wie im vorliegenden Fall als mehr oder weniger metrische Variable gemessen wird (Anzahl der Schuljahre verrechnet mit höchstem Abschluss) ziemlich gering, zum anderen fragen wir uns schon seit längerem, was man damit, dass man Befragte nach ihrem Bildungsabschluss fragt, eigentlich misst.
Für die drei Autoren vom DIW ist klar, was man misst: „Zustimmung für bedingungsloses Grundeinkommen eher bei jungen, bei besser gebildeten Menschen“, so schreiben sie. Sie setzen somit das Erreichen eines Bildungszertifikats mit Bildung gleich und je länger man seinen Hintern an Schulen oder an Hochschulen herumgedrückt hat, desto besser soll die Bildung sein, Abschluss (zumeist) vorausgesetzt.
Wir glauben nicht (mehr), dass mit einem höheren Bildungszertifikat auch MEHR Bildung einhergeht, dass ein Gymnasiast gebildeter ist als ein Hauptschulabsolvent mit bestandener Gesellenprüfung. Wir glauben nicht (mehr), dass ein Handwerksmeister weniger Bildung aufweist als ein Universitätsabsolvent oder ein Facharbeiter als ein Professor. Wir glauben das nicht (mehr), weil Bildungszertifikate in den letzten Jahren systematisch entwertet wurden.
Diese Entwertung haben wir auf ein paar griffige (vielleicht auch provokante) Aussagen gebracht:
1.
Allgemeine Schulbildung dient nicht (mehr) der Auslese der Besten, sondern der sozialen Stratifizierung, bei der Lehrerinnen aus der unteren und mittleren Mittelschicht versuchen, den eigenen Nachwuchs zu protegieren und zu verhindern, dass Kinder aus der Arbeiterschicht zur Konkurrenz für Mittelschichtskinder werden.
Die Daten belegen den Erfolg dieses Bemühens, denn Arbeiterkinder sind unter Absolventen von Gymnasien deutlich und unter Studenten noch viel deutlicher unterrepräsentiert. Nur rund 8% der Studenten stammen aus der Arbeiterschicht.
2.
Die allgemeine Schulbildung wurde durch die Überfrachtung der Curricula mit ideologischem Nonsens entwertet. Man kann heute nicht mehr voraussetzen, dass sich ein Abiturient fehlerfrei in der deutschen Sprache bewegen kann und den Satz des Pythagoras nicht für eine Art Aphorismus hält.
3.
Die allgemeine Schulbildung wurde nicht nur durch das unter 2. beschriebene Absenken von Standards entwertet, sie wurde auch dadurch entwertet, dass jeder, der es durch die soziale Auslese in Grundschulen schafft, auch ein Abitur erhält. Die Inflationierung des Abiturs trägt wesentlich zu dessen Entwertung bei.
4.
Auch Bildungstitel am oberen Ende, die einst mit Achtung und Würde verbunden waren, wie der Titel eines Professoren, wurden systematisch entwertet. Erst wurden die Professoren zu Hochschullehrern gestutzt, dann wurde über die unterschiedlichsten Programme der Frauenförderung dafür gesorgt, dass nicht mehr Leistung, sondern Geschlecht Kriterium von Stellenbesetzungen ist. Das Ergebnis sind Personen wie Ursula Birsl, die sich Professor nennen, auf einem Listenplatz der hessischen SPD kandidieren und tatsächlich denken, sie hätten Status. Dass der Status, der einst mit der Position „Professor“ verbunden war, durch genau die Personen beseitigt wird, die heute so versessen darauf sind, sich Professor zu nennen, ist eine ausgleichende Ironie der Geschichte.
5.
Auch für den Mittelbau an Universitäten kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass Position und Bildung in einem mehr oder weniger äquivalenten Verhältnis stehen. Positionsbesetzer, die sich für Professoren halten ohne das entsprechende Format zu besitzen, ziehen natürlich keine fähigen Mitarbeiter nach. Wer will schon für einen Chef arbeiten, dem er intellektuell überlegen ist und welcher minderbemittelte Chef will sich einen Mitarbeiter ins Umfeld holen, dem er nicht das Wasser reichen kann?
Das Ergebnis der von 1 bis 5 beschriebenen Prozesse, ist eine Degeneration von Bildungsinstitutionen, die im Ergebnis dazu führt, dass Bildung und Bildungstitel immer weiter auseinanderklaffen, so dass die Variable „Bildungsabschluss“ zwar die Zeit misst, die ein Befragter im Bildungssystem zugebracht hat, aber immer weniger Aufschluss darüber erlaubt, ob er die abgesessene Zeit auch dazu genutzt hat oder dazu nutzen konnte, Bildung zu erwerben.
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Als Statistiker sollten Sie den Zeitfaktor des Bildungsabschlusses berücksichtigen und eine entsprechende mathematische Funktion hinterlegen. Vermuten Sie eine lineare Reduktion oder finden sich sogar legislative Einflüsse?
Ich warte auf den Tag, an dem die erste Brücke vollständig von weiblichen Quoteningenieuren gebaut wird. Das ist der Tag, an dem ich mir ein Amphibienfahrzeug bestelle.
Besser wäre es, die politischen Quotenschreier nur noch durch Quotenpiloten der Flugbereitschaft fliegen zu lassen und durch Quotenleute als Personenschützer begleiten zu lassen. Dann hätte der Quotenspuk schnell ein Ende.
Im Fall von Renate Künast ergeht auch der Einsatzbefehl, im Falle eines Axtangriffs keine Schusswaffen zu verwenden.
“Satz des Pythagoras nicht für eine Art Aphorismus hält”
Sind Sie sich sicher, dass die Abiturienten noch wissen wer (was) Pythagoras ist und was ein Aphorismus ist?
Zu Punkt 1) würde ich noch einen gewissen Einfluss des Kohortenverhaltens hinzufügen. Nicht jeder intelligente Unterschichtler mag einen “Sesselpuper”, der den ganzen Tag nur faul herumsitzt, in der Familie haben. Andererseits dürften kognitive Defizite, spätestens in der 2. oder 3. Generation zum Absinken aus der Mittel- in die Unterschicht führen.
Das strukturelle Problem der Bildung dürfte etwas älter sein. Bereits in den frühen 1990’ern war (nicht nur) ich (DDR-Abitur), entsetzt über die Themen des “neuen” Naturkundeunterrichts in den Grundschulen. Unvergessliches Beispiel: “Der Frosch hüpft durch das grüne Gras. Was fühlst du.”
Auch wurde die berichtende Lehrerin gemaßregelt, weil sie den Unterricht so weiter führte, wie in der DDR. Das war aufgefallen, weil in einer Vergleichsarbeit am Ende der 2. Klasse die beiden Parallelklassen sich auf dem Niveau Ende der 1. Klasse der betreffenden Lehrerin befanden. Wohlgemerkt: Die Lehrpläne stammten aus Bayern oder Hessen, genau weiß ich das jetzt nicht mehr.
Von Brandenburg nach NRW gewechselten Akademikern ist mir auch in Erinnerung, wie sie sich über die dortigen Lehrpläne beschwerten, die selbst in den Naturwissenschaften auf Ausdruck/ Darstellung, nicht auf die Herleitung von Definitionen ausgerichtet waren. Das war um die Jahrtausendwende. Nicht nur, dass sich so die Mär vom dummen Ossi, der dem Wessi an Eloquenz unterlegen war, herausbildete. Die so aus”gebildeten” Generationen sind im Konkurrenzkampf mit den hart auf Naturwissenschaften gedrillten Asiaten hoffnungslos unterlegen. Dem ließe sich nur mit einem abrupten Wandel im Bildungssystem begegnen, welcher aber außerhalb der süd-/ östlichen Bundesländer nicht nur schwierig, sondern unvorstellbar wäre.
Andererseits sind Menschen, die emotionale Entscheidungen treffen, weil sie nichts anderes beigebracht bekamen, die perfekt lenkbare Masse für die kommenden Umbrüche im Rentensystem (welche meinem Wiwi-Dozenten schon 1991 bekannt waren) und den absehbaren Zusammenbruch des europäischen/ globalen Finanzsystems. Denn wenn man schon nicht alle “Bevölkernden” retten kann, dann doch wenigstens die Parteiaristokratie. Von Maos “Kulturrevolution” lernen, heißt siegen lernen.
Ich habe nie erlebt, dass Lehrerinnen ein Kind benachteiligen, weil es aus einer Arbeiterfamilie stammt, und könnte mir andere Gründe für den geringen Anteil von Arbeiterkindern vorstellen.
Vielleicht ist manches Arbeiterkind nicht so intelligent wie manches Mittelschichtskind – der IQ wird schließlich zu einem nicht geringen Anteil vererbt und es mag objektive Gründe haben, dass sein Papa nicht Arzt, sondern Arbeiter ist.
Vielleicht erhält es weniger Hilfe von seinen Eltern oder ist selbst weniger am Unterricht interessiert, weil ihm zu Hause kein großes Bildungsinteresse vorgelebt wird.
Asiatenkinder, die oft aus wenig gebildeten, aber traditionell sehr bildungsinteressierten Familien stammen, haben dennoch oft bessere Schulleistungen als deutsche Kinder. Meinen Sie, dass Lehrerinnen asiatische Arbeiterkinder nicht benachteiligen, sondern sich auf deutsche Arbeiterkinder beschränken?
Ich bin als ein Intellektuellenkind, das in der DDR wegen seiner sozialen Herkunft nicht die EOS besuchen und dort das Abitur ablegen durfte, etwas empfindlich, wenn die soziale Herkunft mit Bildungsmöglichkeiten in Zusammenhang gebracht wird. Arbeiter- und Bauernkinder konnten in der DDR auch bei schlechteren schulischen Leistungen eine weiterführende Schule besuchen – schließlich war die DDR ein Arbeiter- und Bauernstaat. Warum die Bildung nicht einfach von den Leistungen, die ein Kind zeigt, abhängig machen, und nicht von seiner sozialen Herkunft?
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Als Statistiker sollten Sie den Zeitfaktor des Bildungsabschlusses berücksichtigen und eine entsprechende mathematische Funktion hinterlegen. Vermuten Sie eine lineare Reduktion oder finden sich sogar legislative Einflüsse?
Ich warte auf den Tag, an dem die erste Brücke vollständig von weiblichen Quoteningenieuren gebaut wird. Das ist der Tag, an dem ich mir ein Amphibienfahrzeug bestelle.
Oder einen Fallschirm, je nach Höhe der Brücke …
Besser wäre es, die politischen Quotenschreier nur noch durch Quotenpiloten der Flugbereitschaft fliegen zu lassen und durch Quotenleute als Personenschützer begleiten zu lassen. Dann hätte der Quotenspuk schnell ein Ende.
Im Fall von Renate Künast ergeht auch der Einsatzbefehl, im Falle eines Axtangriffs keine Schusswaffen zu verwenden.
“Satz des Pythagoras nicht für eine Art Aphorismus hält”
Sind Sie sich sicher, dass die Abiturienten noch wissen wer (was) Pythagoras ist und was ein Aphorismus ist?
?
Aber dafür können insbesondere junge Mädchen mit affenartiger Geschwindigkeit per Daumen auf ihrem Handy tippen !
Was das Leben halt so fordert…
Zu Punkt 1) würde ich noch einen gewissen Einfluss des Kohortenverhaltens hinzufügen. Nicht jeder intelligente Unterschichtler mag einen “Sesselpuper”, der den ganzen Tag nur faul herumsitzt, in der Familie haben. Andererseits dürften kognitive Defizite, spätestens in der 2. oder 3. Generation zum Absinken aus der Mittel- in die Unterschicht führen.
Das strukturelle Problem der Bildung dürfte etwas älter sein. Bereits in den frühen 1990’ern war (nicht nur) ich (DDR-Abitur), entsetzt über die Themen des “neuen” Naturkundeunterrichts in den Grundschulen. Unvergessliches Beispiel: “Der Frosch hüpft durch das grüne Gras. Was fühlst du.”
Auch wurde die berichtende Lehrerin gemaßregelt, weil sie den Unterricht so weiter führte, wie in der DDR. Das war aufgefallen, weil in einer Vergleichsarbeit am Ende der 2. Klasse die beiden Parallelklassen sich auf dem Niveau Ende der 1. Klasse der betreffenden Lehrerin befanden. Wohlgemerkt: Die Lehrpläne stammten aus Bayern oder Hessen, genau weiß ich das jetzt nicht mehr.
Von Brandenburg nach NRW gewechselten Akademikern ist mir auch in Erinnerung, wie sie sich über die dortigen Lehrpläne beschwerten, die selbst in den Naturwissenschaften auf Ausdruck/ Darstellung, nicht auf die Herleitung von Definitionen ausgerichtet waren. Das war um die Jahrtausendwende. Nicht nur, dass sich so die Mär vom dummen Ossi, der dem Wessi an Eloquenz unterlegen war, herausbildete. Die so aus”gebildeten” Generationen sind im Konkurrenzkampf mit den hart auf Naturwissenschaften gedrillten Asiaten hoffnungslos unterlegen. Dem ließe sich nur mit einem abrupten Wandel im Bildungssystem begegnen, welcher aber außerhalb der süd-/ östlichen Bundesländer nicht nur schwierig, sondern unvorstellbar wäre.
Andererseits sind Menschen, die emotionale Entscheidungen treffen, weil sie nichts anderes beigebracht bekamen, die perfekt lenkbare Masse für die kommenden Umbrüche im Rentensystem (welche meinem Wiwi-Dozenten schon 1991 bekannt waren) und den absehbaren Zusammenbruch des europäischen/ globalen Finanzsystems. Denn wenn man schon nicht alle “Bevölkernden” retten kann, dann doch wenigstens die Parteiaristokratie. Von Maos “Kulturrevolution” lernen, heißt siegen lernen.
Ich habe nie erlebt, dass Lehrerinnen ein Kind benachteiligen, weil es aus einer Arbeiterfamilie stammt, und könnte mir andere Gründe für den geringen Anteil von Arbeiterkindern vorstellen.
Vielleicht ist manches Arbeiterkind nicht so intelligent wie manches Mittelschichtskind – der IQ wird schließlich zu einem nicht geringen Anteil vererbt und es mag objektive Gründe haben, dass sein Papa nicht Arzt, sondern Arbeiter ist.
Vielleicht erhält es weniger Hilfe von seinen Eltern oder ist selbst weniger am Unterricht interessiert, weil ihm zu Hause kein großes Bildungsinteresse vorgelebt wird.
Asiatenkinder, die oft aus wenig gebildeten, aber traditionell sehr bildungsinteressierten Familien stammen, haben dennoch oft bessere Schulleistungen als deutsche Kinder. Meinen Sie, dass Lehrerinnen asiatische Arbeiterkinder nicht benachteiligen, sondern sich auf deutsche Arbeiterkinder beschränken?
Ich bin als ein Intellektuellenkind, das in der DDR wegen seiner sozialen Herkunft nicht die EOS besuchen und dort das Abitur ablegen durfte, etwas empfindlich, wenn die soziale Herkunft mit Bildungsmöglichkeiten in Zusammenhang gebracht wird. Arbeiter- und Bauernkinder konnten in der DDR auch bei schlechteren schulischen Leistungen eine weiterführende Schule besuchen – schließlich war die DDR ein Arbeiter- und Bauernstaat. Warum die Bildung nicht einfach von den Leistungen, die ein Kind zeigt, abhängig machen, und nicht von seiner sozialen Herkunft?