Belügt die Bundesregierung das Parlament? Warum Stasi-Unterlagen nur im Schneckentempo rekonstruiert werden
Uns liegt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag vor, die die Wiederherstellung von Stasi-Unterlagen, die in den letzten Tagen der DDR eiligst zerrissen und geshreddert wurden, zum Gegenstand hat. Die Wiederherstellung dieser Unterlagen ist, wie es in der Antwort der Bundesregierung an mehreren Stellen heißt, eine gesetzliche Verpflichtung, die im Stasiunterlagen-Gesetz (StUG) schon in Paragraph 1 Absatz 1 zu finden sei. Auch nach dem Umzug der Stasi-Unterlagen aus Berlin ins Bundesarchiv nach Koblenz (wo sie sicher besser aufgehoben sind), ist die Rekonstruktion zerstörter Unterlagen eine gesetzliche Verpflichtung nunmehr des Bundesarchivs:
“Das Bundesarchiv hat nach Maßgabe dieses Gesetzes folgende Aufgaben und Befugnisse:
10. Rekonstruktion und Erschließung von zerrissenen Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes.”
Nun ist das mit den gesetzlichen Verpflichtungen so eine Sache. Man kann sie zuweilen einfach aussitzen, man kann im Bummeltempo vorankriechen, man kann allerlei Probleme, technische, rechtliche und praktische erfinden oder finden, wegen derer an eine derzeitige Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung nur eingeschränkt zu denken sei und vieles mehr.
Die Situation, die sich mit Bezug auf die Rekonstruktion von rund 16.000 Säcken voller geshredderter Stasi-Akten entfaltet, sie enthält Elemente von allem, was bislang genannt wurde. Verantwortlich für die Antwort auf die Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag zeichnet übrigens Monika Grütters, die als “Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin” fungiert, ob das die neue Bezeichnung für Haushaltshilfen ist, haben wir nicht eruiert.
Die Antwort auf die Frage, warum es mit der Wiederherstellung der Akten nicht vorangehe, obwohl Fraunhofer IPK bereits vor fast einem Jahrzehnt mit dem ePuzzler ein System entwickelt habe, das exakt auf die Zwecke der Rekonstruktion einer großen Menge von zerrissenen oder beschädigten Unterlagen zugeschnitten wurde und im Jahr 2013 den Europäischen Innovationspreis erhalten hat, lautet:
Die Software, die Fraunhofer IPG entwickelt habe, sei toll, aber der Scanner, man muss die Schnipsel ja irgendwie digitalisieren, dieser Scanner sei nicht geeignet um mit “vertretbarem Zeitaufwand” die Dokumente zu rekonstruieren: Im Orginalton:
“Während die E-Puzzler-Software funktioniert, konnte der im Pilotprojekt eingesetzte Scanner zwar eine für das digitale Puzzeln brauchbare Bildqualität bieten, war jedoch ingesamt für das angestrebte Massenverfahren zu arbeitsintensiv und zu langsam.”
Und an anderer Stelle:
“Im Projekt der virtuellen Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen ist die Verarbeitung großer Mengen von Unterlagen von herausgehobener Bedeutung.”
Und weiter:
“Nach dem derzeitigen Stand der Technik gibt es kein Verfahren, das in der Lage ist, die Gesamtmenge der beim BStU vorhandenen zerrissenen Stasi-Unterlagen in überschaubarer Zeit zusammenzusetzen.”
Wir fragen jetzt nicht, was eine “überschaubare Zeit” ist, um die Lächerlichkeit dieser Aussagen würdigen zu können, muss man nur wissen, dass die Behauptung, der Scanner, mit dem die Stasi-Unterlagenfragmente erfasst werden, sei zu langsam, nicht geeignet, zu arbeitsintensiv, beim Amt des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen dazu geführt hat, dass nunmehr die Schnipsel per Hand zusammengesetzt werden. Offenkundig ist das, was in der Antwort auf die Anfrage als das “händische Zusammensetzen” bezeichnet wird, im Gegensatz zu einem vollautomatisierten Verfahren, wie es der ePuzzler von Fraunhofer IPG darstellt, ein Verfahren, das mit vertretbarem Arbeitsaufwand, also nicht zu arbeitsintensiv, betrieben werden kann und das geeignet ist, als “Massenverfahren”, große “Mengen zerrissener Stasi-Unterlagen” zu verarbeiten und in “überschaubarer Zeit zusammenzusetzen”.
Man wünschte, dass die Lügen, die sich Offizielle ausdenken, zumindest Anzeichen dafür offenbaren würden, dass ein intelligentes Wesen daran beteiligt war, sie auszuhecken.
Nun könnte man die Sache hier bereits auf sich bewenden lassen und feststellen, dass man offenkundig die Rekonstruktion der Stasi-Unterlagen seitens der Bundesregierung verschleppen will: Wer weiß, was die eilends zerstörten Unterlagen der Stasi, die sicher nichts Nebensächliches zum Gegenstand haben, alles zu Tage bringen würden, würden sie rekonstruiert. Aber wir haben die Sache nicht auf sich beruhen lassen, uns vielmehr bei Fraunhofer IPG umgesehen und ein wenig nachgelesen, was der ePuzzler so alles kann. Dabei haben wir die folgende Broschüre aus dem Jahre 2019 gefunden, die dem ePuzzler gewidmet ist und in der sich folgende Seite findet:
Die ganze Seite ist der Darstellung der Probleme gewidmet, die sich mit dem Scannen von geshredderten Dokumenten verbinden: Wie sichergestellt wird, dass die Qualität ausreichend ist, wie sichergestellt wird, dass Vorder- und Rückseite gescannt werden und vieles mehr, so dass die Software, das Gehirn des ePuzzlers an die Arbeit gehen und die Dokumente nicht nur wiederherstellen, sondern gleich digital speichern kann. Die Probleme, von denen die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 10. März 2021 auf die Anfrage der AfD-Fraktion behauptet, sie seien nicht gelöst, sind offensichtlich schon seit Jahren gelöst, wie man der Broschüre des Fraunhofer Instituts aus dem Jahre 2019 entnehmen kann.
“Nach Kenntnisstand des BStU gibt es derzeit keinen sofort einsatzfähigen Scanner, der die besonderen Anforderungen des Projekts an die Scanqualität und vor allem an die Menge der zu verarbeitenden Schnipsel erfüllt”
Besonders peinlich für die Staatsministerin ohne besonderen Zuständigkeitsbereich ist, dass die Broschüre von Fraunhofer IPG, die allein dem ePuzzler gewidmet ist, ein Beispielprojekt aus Armenien anführt. In Armenien wird der ePuzzler eingesetzt, um Manuskripte des Maltenadaran – Mesrop Mashtots Research Institute of Ancient Manuscripts – zu sichern bzw. wiederherzustellen. Maltenadaran sitzt auf Zehntausenden alter Dokumente aus dem Mittelalter, die zum Teil durch physische Gewalt, zum Teil durch Naturkatastrophen in Mitleidenschaft gezogen wurden, darunter “St Gregory of Narek’s Book of Prayers”, das eine erhebliche Fragmentierung aufweist. Kein Problem für den ePuzzler, der Narek’s Book of Prayers nicht nur wiederherstellt, sondern auch sichert, so wie der ePuzzler das Material im Historischen Museum zu Köln, das 2009 eingestürzt ist, wiederhergestellt hat oder Unterlagen des 1994 in die Luft gesprengten Gebäudes der Asociatión Mutual Israelita Argentina, deren Zustand nach der Sprengung man sich ungefähr vorstellen kann.
Offenkundig sind der ePuzzler sowie der extra für den ePuzzler entwickelte Scanner sehr wohl in der Lage, Dokumente, hoch fragmentierte Dokumente, viele Dokumente wiederherzustellen. Ebenso offenkundig ist das, was in der Antwort auf die Anfrage der AfD angeführt wird, vorgeschoben, um die Tatsache zu verschleiern, dass die schnelle und effiziente Rekonstruktion der Stasi-Unterlagen, von denen man annehmen kann, dass sie noch die ein oder andere Bombe enthalten, auf den Sankt Nimmerleins Tag hinausgezögert werden soll.
Das Projekt, das in der Broschüre aus dem Jahre 2019 von Fraunhofer IPK besonders beworben wird, die Rekonstruktion mittelalterlicher Manuskripte in Armenien, wurde übrigens vom Bundesaußenministerium gefördert.
Die Frage, ob der ePuzzler eingesetzt werden soll, ist somit und ganz offenkundig von der Interessenlage abhängig.
Informationen wie diese, erhalten Sie in der Regel nur bei uns.
ScienceFiles lebt von Spenden.
Bitte unterstützen Sie uns, damit wir Sie auch weiterhin informieren können.
Vielen Dank!
[wpedon id=66988]
- Deutsche Bank
- Michael Klein
- BIC: DEUTDEDBCHE
- IBAN: DE18 8707 0024 0123 5191 00
- Tescobank plc.
- ScienceFiles / Michael Klein
- BIC: TPFGGB2EXXX
- IBAN: GB40 TPFG 4064 2010 5882 46

Folgen Sie uns auf TELEGRAM
Bleiben Sie mit uns in Kontakt.
Wenn Sie ScienceFiles abonnieren, erhalten Sie bei jeder Veröffentlichung eine Benachrichtigung in die Mailbox.
Wissenschaft und Information verständlich und in Klartext.
Unterstützen Sie ScienceFiles
Anregungen, Hinweise, Kontakt? -> Redaktion @ Sciencefiles.org
Wenn Ihnen gefällt, was Sie bei uns lesen, dann bitten wir Sie, uns zu unterstützen.
ScienceFiles lebt weitgehend von Spenden.
Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen:
Entweder direkt über die ScienceFiles-Spendenfunktion spenden [das ist sicher und Sie haben die volle Kontrolle über ihre Daten]:

Oder über unser Spendenkonto bei Halifax:

HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):
- IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
- BIC: HLFXG1B21B24
Wenn Sie ScienceFiles weiterhin lesen wollen, dann sind Sie jetzt gefordert.
Die Abbildungen in der Broschüre des Frauenhofer-Institutes zeigen allerdings ganz andere Fragmente von Manuskripten, als sie ein Papier-Häcksler produziert. Vielleicht haben sich die merkl-Prüfer auf die Bilder verlassen statt den Text zu lesen oder einmal beim Institut nachzufragen, wenn sie schon des Englischen so gar nicht mächtig sind, trotz aller Transatlantik.
Oder, vielleicht möchte ja merkl&Co gar nicht, daß allzuviele Details über Stasi-Mitarbeiter bekannt werden?
Es dürfte eher das zweite sein.
Zwischenzeitlich lassen sich statt dem Scanner vermutlich auch Kameras verwenden wo alle Papierschnipsel flach ausgerichtet über ein Transportband laufen. Könnte man das nicht ausschreiben und extern vergeben?
Ginge bestimmt, so ähnlich wie Autosorts in Müllsortieranlagen, und das Bestücken des Fließbandes könnten Aushilfkräfte erledigen (idealer Studentenjob, auch für Menschen ohne Sprachkenntnis geeignet).
Aber das würde sicher manches Geheimnis zu lüften helfen und genau das dürfte als “wenig hilfreich” eingeschätzt werden.
“Wenig hilfreich” ist wohl sehr milde ausgedrückt.
Wir würden uns bestimmt wundern, wie viele ehemalige STASI-Mitarbeiter es in die Politik und an strategisch wichtige Machtpositionen in Gesamtdeutschland geschafft haben.
Die Netzwerke der STASI funktionieren immer noch bestens, bis hinauf in Führungsebenen der linksrotgrünen Merkel & Co Allianz.
Diese Wahrheiten werden wir wohl nie erfahren und würde die Bevölkerung nur verunsichern.
“vielleicht möchte ja merkl&Co gar nicht, daß allzuviele Details über Stasi-Mitarbeiter bekannt werden?”
Achwas?!
Mir ist jetzt nicht klar, ob die Stasi Unterlagen zerrissen wurden oder durch einen Reisswolf geshreddert wurden.
Letztlich bin ich aber nach der Antwort auf die AfD Anfrage der Meinung, dass man die Unterlagen gar nicht wiederherstellen will.
Wer weiß. Vielleicht findet sich da so viel belastendes Material über Personen, die heute noch in einflußreichen Positionen sitzen.
Es hat seinen Grund, wenn Unterlagen in letzter Sekunde noch schnell vernichtet werden : zu wichtig, um sie vorher zu entsorgen, zu belastend (für einige) um sie nicht zu vernichten
Gehen Sie von händisch zerrissenen Papieren überwiegend des Formates DIN A 4 aus, da der Großteil der Akten halt aus mit Schreibmaschine beschriebenen Blättern bestand. Ich weiß aus eigenem Erleben, daß in den letzten Tagen vor der Öffnung der MfS-Dienststellen Mitarbeiter über Stunden im Keller saßen, um Akten zu zerreißen und das Tätigkeitsergebnis in Säcke zu stopfen, die des Nachts von den KD (Kreisdienststellen) in die BV (Bezirksverwaltung) gefahren wurden, um dort entweder gelagert oder zur professionellen Vernichtung in einen Naßschredder gegeben zu werden. Dies geschah auf Befehl von ganz oben (ob Mielke oder dessen Nachfolger weiß ich leider nicht mehr), sollte jedenfalls sicherstellen, daß keine Akten den Bürgerkommitees welche die Öffnung der Dienststellen zum Zwecke der Begehung erzwungen hatten in die Hände fallen.
Händisch zerrisssen dürfte die Rekonstruktion natürlich einfacher möglich sein, als bei geshredderten Unterlagen
Belügt die Bundesregierung das Parlament?
Welch eine herausfordernde Frage………….
Ich denke sowieso nicht, dass nach der Wiederherstellung von STASI-Akten viel herauskommen wird.
Von den Opfern des totalitären Regimes vielleicht schon, aber etwas über die Täter und die Hintermänner, -oder Frauen werden wir wohl niemals erfahren.
Weiß eigentlich jemand was mit der STASI-Akte unserer IM-Erika passiert ist.
Soweit ich mich erinnere wurde die doch sehr schnell vernichtet.
Oder bin ich da falsch informiert?
Ich würde eher darauf tippen, daß diese in einem Kompromatkoffer gelandet sind.
Da müssen einfach Leute ran, die das mit Engaschemäng betreiben und aber sowas von hinterher sind.
Ich denke da ganz heftig an eine Stasi-Mitarbeiterin der Amadeous Mozart Stiftung.
Oder halt jemand sonst aus dem Regierungsviertel in Berlin mit Kenntnis in der Materie 🙂
Und nun? War’s das mit der Anfrage und der blöden Antwort oder geht das noch weiter?
Wer ist denn zuständig dafür, dass das Stasiunterlagen-Gesetz erfüllt wird? Wem kann man denn eins auf die Löffel geben?
Wir sind hier in Merkel-Deutschland!
Was soll da die Bemerkung mit der Erfüllung von Gesetzen ?????
Sie schreiben “Staatsministerin ohne besonderen Zuständigkeitsbereich”. Die Dame ist “Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien” (vulgo Kulturstaatsminister) im Range eines Parlamentarischen Staatssekretärs, beim Bund Staatsminister genannt. Das ist die, die zusammen mit den SED(oder wie auch immer die gerade heißen)-Leuten aus Berlin an der Entfernung von Hubertus Knabe als Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen beteiligt war. Passt!
“Niemand hat die Absicht Stasi Unterlagen zu rekonstruieren. Das ist Alternativlos.” – Erika Dorothea Mierkel
Ich will hier keine Werbung machen, aber wenn man sich das da mal Anschaut müsste man erstmal wissen, welche Sicherheitsstufe die Aktenvernichter in der Stasibehörde damals hatten um zu Wissen, welche Schnittgröße die Puzzelteile haben und ob das dann immer noch mit dem ePuzzler funktioniert.
https://www.ideal.de/din-66399
Ab Sicherheitsstufe P-5 wird auch der ePuzzler an seine Grenzen stoßen, zumindest in vertretbarer Zeit.
Die Firma ist der Feind des ePuzzlers. 🙂
Ach, die gute Frau Grütters. Berlinern könnte sie bekannt dafür sein, immer nur über Landesliste in den Bundestag gekommen zu sein. An der Spitze der Berliner CDU konnte sie sich auch nicht lange halten. Dafür ist sie aber Professorin – als bloße Magistra Artium.
An der Entlassung von Hubertus Knabe war sie maßgeblich beteiligt, zusammen mit einer ähnlich tollen Koryphäe, Klaus Lederer.
Alltag in Merkel-Deutschland.
Schon seit Jahrhunderten ist die Vernichtung von Geheimpapieren ein zweistufiger Vorgang. Zuerst wird das Papier zerschnitten (heute durch mechanische Aktenvernichter) und anschließend physikalisch vernichtet, d.h. verbrannt. Die erste Stufe sollte sicherstellen, dass das in der Folge eingesetzte Personal Unterlagen nicht mehr lesen, kopieren oder fotografieren konnte. Aber erst mit der zweiten Stufe (seit vielen Jahren in Verwirbelungsöfen, um sicherzustellen, dass wirklich nur feinste Asche zurück bleibt) ist das Geheimmaterial tatsächlich vernichtet. Im Armageddon der DDR reichte aber für viele Unterlagen offensichtlich nicht mehr die Zeit für die zweite Stufe. In nun mehr als 30 Jahren hätten fleißige Forensiker wahrscheinlich schon einen guten Teil des Materials rein manuell wiederherstellen können. Wenn man es wollte, könnte nach meiner Einschätzung mit digitaler Unterstützung alles schon komplett erledigt sein. Fazit: die Bundesregierung will das nicht! Warum?
Mir ist die Vernichtung von Schriftgut im zweistufigen Verfahren bekannt:
1. Zerkleinerung durch Schreddern
2. Zermahlen des Schnittgutes unter Wasserzugabe zu einem Zellulosebrei
Aus dem Zellulosebrei war tatsächlich nichts mehr rekonstruierbar. Das Ganze stellte auf Grund der Technologie einen verhältnismäßig zeitaufwändigen Vorgang dar im Vergleich zum reinen Schreddern. In den letzten Tagen vor der Öffnung der Dienststellen war ein Nassschreddern bzw. besser gesagt die geschilderte Vernichtung in der Papiermühle zeitlich nicht mehr realisierbar. Die Papiermühle/Nassschredder stand nur zentral in der Bezirksverwaltung, nicht in den Kreisdienststellen. Selbst das reine Schreddern in Büroreißwölfen war auf Grund der schieren Aktenmengen zeitlich nicht mehr umsetzbar, daher das Provisorium in Gestalt des händischen Zerreißens.
Von Verbrennungen ist mir nichts bekannt. Möglich, daß in Objekten mit Heizhäusern auch verbrannt wurde. Wir hatten Fernwärme, Verbrennen mangels entsprechender Voraussetzungen oder eventuell gar im Freien war keine Option, zumal die unvermeidliche Rauch- und Geruchsentwicklung die Öffentlichkeit alarmiert hätte, was nun absolut unerwünscht war.
Dies war die spezifische Situation beim MfS, konkret aus der Sicht einer Kreisdienststelle, in den Tagen des Herbstes 1989. Diese Ausnahmesituation erklärt den Unterschied zum Normalverfahren, da der Geheimdienst nicht mehr die Kontrolle in der Hand hatte.
Ich will damit sagen: es gibt mit Sicherheit noch Hunderte von Säcken, die keine gehäckselten Fragmente enthalten sondern einfach nur zerrissene Papiere. Die Rekonstruktion sollte für den Fraunhofer-Scanner ein Leichtes sein. Der von SF berichtete Zustand kann meiner Ansicht nach nur die Folge einer politischen Vorgabe darstellen. Und das ist zutiefst beunruhigend.