Unsinn der Woche: Karin Priesters Gebrabbel

boohSie sind ein…
Populist!
Antifeminist!
Rechtspopulist!
Libertärer!
Ethno-nationalistischer Fremdenfeind!
Rechtsextremist!
Faschist!
Neoliberaler!
BUUH!

Sind Sie jetzt erschreckt? Zusammengefahren? Fühlen Sie sich jetzt schlecht? Sind Sie am Ende in sich gekehrt und denken gerade darüber nach, was Sie in Ihrem Leben so alles falsch gemacht haben? Finden Sie sich nicht so recht wieder, in diesen Begriffen? Oder sind Sie am Ende jemand, der nicht an die Magie von Worten glaubt? Jemand, der nicht auf die affektive Konnotation reagiert, die mit Begriffen, wie den zitierten angesprochen werden soll, sondern der immer noch denkt, Begriffe seien erfunden worden, um Informationen zu transportieren und sich zu verständigen? Dann gehören Sie entweder nicht auf die linke Seite des politischen Spektrums, sind nicht modern oder sie hängen noch einer veralteten und vor-konstruktivistischen Kommunikationstheorie an.

Das Problem, dass Begriffe Informationen transportieren sollen, kennt Karin Priester nicht. Für Priester sind Begriffe Vehikel, die das transportieren, was sie gerade fühlt bzw. an affektiver Ladung über andere ausgießen will. Sie kennen Karin Priester nicht? Macht nichts. Ich kenne Karin Priester auch nicht. Dr. habil. Heike Diefenbach kennt sie nicht. Wir und fast alle die wir gefragt haben, hatten noch nie etwas von Karin Priester gehört. Aber Karin Priester scheint eine Anhängerschar in Wikipedia zu unterhalten, die immer wieder gerne auf einen Artikel zurückgreift, den Priester in APuZ veröffentlicht hat und den man immer dann gebrauchen kann, wenn man BUUH machen und Leser mit Begriffen erschrecken will.

Oh No!APuZ, das ist das Blättchen, das der Wochenzeitschrift “Das Parlament” beigelegt wird, und in dem eine wechselnde Schar von – wie auch immer ausgewählten – Autoren zu bestimmten Themen etwas schreiben darf. APuZ, Aus Politik und Zeitgeschichte, hat keinen wissenschaftlichen Anspruch wie man leicht der Tatsache entnehmen kann, dass selbst Karin Priester dort ein Forum findet. So hat sie im Heft 44/2010 einen mit “Fließende Grenzen zwischen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus in Europa?” überschriebenen Text veröffentlicht.

Man muss den Text nicht lesen. Er ist eine Ansammlung von Begriffen wie “ethno-nationalistische Fremdenfeindlichkeit”, “nationalsozialistische Traditionalisten”, “anti-Establishment Rhetorik” und so weiter. Der Text besteht geradezu aus derartigen Klassifizierungen, die Priester oder ein Autor, der das auch gesagt hat und den Priester zitiert, angemessen findet und mit denen er/sie BUHH machen, seine/ihre Leser erschrecken will und mit denen natürlich die so Bezeichneten als böse identifizieren werden sollen. Warum Priester die entsprechenden Benennungen angemessen findet, was damit beschrieben wird und warum es so beschrieben werden kann, wie es beschrieben wird, das alles bleibt Priesters Geheimnis, denn das, was einen ernstzunehmenden Text auszeichnet, die Nachvollziehbarkeit von Bewertungen, der Beleg mit Quellenmaterial, dies alles fehlt. Der Nachname, Priester, ist offensichtlich Programm (Es findet nicht einmal eine Doppelnamen-Relativierung statt).

blurred bordersDie fließenden Grenzen zwischen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus, die Priester sieht, verlangen entsprechend nicht viel intellektuelle Fähigkeit, um bestimmt zu werden: Rechtsextremismus ist dann, wenn die Wähler einer Partei “unterdurchschnittlich gebildet sind” (35), rechtspopulistisch ist eine Partei dann, wenn sie in “ehemals linke Wählerschichten” eindringt (35). Das Weltbild von Priester ist recht schlicht: Die entsprechenden Wähler sind entweder dumm oder sie werden verführt, nur eines sind die entsprechenden Wähler von Parteien, die Priester rechtsextrem oder rechtspopulistisch findet nicht, Individuen mit eigenem Willen, die Respekt verdienen. Die Missachtung individueller Freiheit und das schlichte Weltbild von Karin Priester findet seine Verdichtung in dem im Folgenden zitierten Absatz:

RE [Rechtsextremismus] spricht unterdurchschnittlich formal gebildete Schichten an, mit denen sich das Bürgertum nicht gemein macht. Anti-Establishment-Protest artikuliert sich hier als Kampf für einen staatsfreien Kapitalismus. … In Deutschland findet er ein Forum in der Zeitschrift ‘eigentümlich frei’, die sich als ‘Marktplatz für Liberalismus’ versteht. Ihre ideologischen Leitfiguren sind Murray Rothbard und die Philosophin Ayn Rand, die Eigennutz und Egoismus moralphilosophisch als Tugenden legitimiert. Ziel ist die staatlich ungehinderte Nutzenmaximierung neuer ‘Leistungsträger’ in Finanz-, Marketing-, Management- und Akademikerkreisen oder im PR- und IT-Bereich. … Als ideologisches Bindeglied zwischen Libertarismus und RE fungiert der Sozialdarwinismus als Ideologie der naturgewollten Überlegenheit der Starken gegenüber den Schwachen, der Eliten gegenüber der Masse”.

Ich habe noch selten etwas gelesen, das mich mehr erheitert hat. Der Unsinn, der aus diesen Zeilen trieft, wird nur dadurch übertroffen, dass es dieselbe Priester ist, die sich auf mehreren Seiten über die dummen Wähler rechtzsextremer Parteien ausgelassen hat, die nunmehr beklagt, dass Libertarismus eine Herrschaft der Elite über der Masse propagiert und die Verbindung zwischen Ayn Rand und Rechtsextremismus findet Priester dann auch im Sozialdarwinismus, der für sie vermutlich nur ein anderes Wort für Eigennutz und Egoismus ist, in ihrer engen Welt auch nichts anderes als die Herrschaft der Starken über die Schwachen.

Aber anhand dieses Absatzes kann man einiges über Karin Priester lernen: Sie scheint zu egoman, oder sollte ich egoistisch sagen, um auch nur einen Moment lang auf die Idee zu kommen, dass das, was sie sich unter “Egoismus und Eigennutz” vorstellt, nicht das ist, was Ayn Rand damit bezeichnet. Priesters Streben nach Eigennutz und ihr Versuch, ihren eigenen ideologischen Nutzen zu maximieren, geht so weit, dass sie uns einen guten Einblick in ihre kleine Welt gibt, in der Freiheit gefürchtet wird, in der ein Kapitalismus ohne staatliche Umverteilung nicht vorstellbar ist, weil damit das Fundament der eigenen Heilslehre beseitigt wäre und der deutsche Mensch nicht mehr Sklave seines Staates, sondern umgekehrt, der Staat Dienstleister seiner Bürger wäre. Alles schreckliche Vorstellungen für staatsgläubige wie Priester.


Rand Virtue of Selfishness
Nun, was macht man mit derartigem Unsinn, mit einer Rabulistik, die vor lauter ideologischer Selbstsucht nicht bemerkt, dass Ayn Rand zwar im Titel eines Buches vom “virtue of selfishness” schreibt, dass dahinter aber ein (moral)philosophisches Gebäude steht, das mit Sozialdarwinismus ungefähr soviel gemein hat, wie Karin Priester mit Anstand? Hätte Priester etwas gemein mit Anstand, sie hätte mehr als einen Buchtitel von Rand gelesen. Aber für ideologisch geschlossene, dogmatische Persönlichkeiten, wie Milton Rokeach derartige Persönlichkeiten genannt hat, geht es nicht darum, anderen gerecht zu werden, sondern ausschließlich darum, eine Folie zur Verbreitung der eigenen ideologischen Überzeugung zu finden und wie bei vielen Linken, so ist diese Folie bei Priester und in schöner verlogener Regelmäßigkeit die Folie der altruistischen guten Menschen, die sich voller Eigennutz um die Schwachen und Armen kümmern, um die Minderbemittelten, sofern diese nicht “RE” wählen oder sind.

Und die guten Altruisten aus dem Reich der Linken sind natürlich auch aufgeschlossen genug, um sich mit Argumenten auseinanderzusetzen und können sofort angeben, warum Sozialismus keine Cliquenherrschaft ist, warum Sozialismus allen und nicht nur denen, die ihn propagieren, zu Gute kommt, und vor allem, warum Sozialismus nicht der Zwilling von Faschismus ist, der Menschen paternalisiert, bevormundet und als Mittel zum Zweck der Bereicherung der eigenen Günstlinge, der Nutzenmaximierung seiner Günstlinge ansieht. Dies alles sind übrigens Attribute, die dem Sozialismus von Ayn Rand ebenso zugeordnet werden, wie sie sie dem Faschismus zuordnet. Beide sind für Rand nämlich nur zwei Seiten der selben Medaille. Kein Wunder, dass Linke nicht gut zu sprechen sind auf Ayn Rand (Bitte erinnern Sie sich daran, dass man in linken Kreisen nicht argumentiert, sondern “affektiviert”, wie man sagen könnte, also nicht auf die Inhalte, sondern auf die vermeintliche affektive Konnotation reagiert). Aber vielleicht ist es bei den Anhängern sozialistischer Parteien auch einfach nur so, wie es Priester für die Anhänger rechtsextremer Parteien konstatiert: Sie sind zu dumm, um die entsprechenden Zusammenhänge zu verstehen (Das ist eine faktische und somit prüfbare Aussage, die man leicht widerlegen kann, in dem man nicht mit Ärger auf diesen Text reagiert, selbst wenn man sich als politisch links betrachtet!).

Bildnachweis
James Baird

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