Staatliche Freiheitsberaubung – nächste Phase: Das Darknet
Thomas de Maizière hat, zugegebener Maßen ungeschickt, seine Absicht, den Amoklauf von München für gesetzgeberische Zwecke auszunutzen, bereits kundgetan. Für den Innenminister und Hobby-Psychologen ohne empirische Kenntnis, sind „Killer-Computerspiele“ die Ursache für den Amoklauf von Ali David Sonboli in München, und da nun bekannt geworden ist, dass sich Sonboli seine Pistole aus dem Darknet besorgt haben soll, kann man sich schon lebhaft vorstellen, was kommen wird, die Diskussion darüber, wie das Darknet kontrolliert werden wird, und die meisten, die sich an dieser Diskussion beteiligen werden, haben keinerlei Vorstellung davon, was das „Darknet“ eigentlich ist.
Als Sozialwissenschaftler können wir wieder einmal beobachten, wie ein prominentes Ereignis dafür missbraucht wird, die eigene Agenda zu befördern. Der entsprechende Missbrauchsprozess kann in die folgenden Schritte unterteilt werden:
Zunächst benötigt man ein Ereignis, das mit viel Emotionalität verbunden ist. Fußballspiele, die man wegen „Terrorgefahr“ absagen kann, sind sehr gut, ein Anschlag in einem anderen Land, der die Terrorgefahr woanders deutlich macht, noch besser und ein Terroranschlag im eigenen Land am allerbesten. Da es letzteren nicht gibt, muss man nutzen, was man hat: z.B. einen Amoklauf.
Zunächst muss man sich betroffen zeigen und natürlich schockiert sein, über die Opfer des Amoklaufes, um dann, nicht zu vergessen, sein Herz für die Angehörigen zu entdecken, Angehörige, die man zwar nicht kennt und nicht kennen will, aber das soll der eigenen Betroffenheits-Inszenierung keinen Abbruch tun.
Ist man erst einmal als generischer und authentischer Betroffener akzeptiert, dann muss man die Akzeptanz nutzen, um sich in Recht und Ordnung zu üben. Ganz so, als könne man einen Amoklauf durch Kontrolle verhindern, muss man zunächst in den Raum stellen, ob nicht eine Verschärfung von Gesetzen notwendig ist, um den nächsten Amokläufer, z.B. in Bornheim bei Landau, der schon jetzt plant, Amok zu laufen, verhindern zu können.
Um diese Kontrollillusion glaubwürdig zu gestalten, muss man sie mit eigenen Erklärungen anfüttert: Die Killerspiele sind sehr beliebt, denn Killerspiele und Killer haben etwas gemeinsam. Bei schlichten Gemütern reicht das aus, um ihnen Angst und Kausalität zu verschaffen. Besser noch als gewalttätig hergestellte Kausalitäten sind Hinweise auf dunkle Vorgänge an noch dunkleren Orten, wo dunkle Gestalten dunkle Geschäfte machen, Geschäfte, von denen der Staat und seine Schnüffler ausgeschlossen sind.
Bestens geeignet: Das Darknet. Das Darknet, die dunkle Seite des Internets, wie es nun heißt, es wird derzeit zum Mittel aufgebaut, mit dem die Kontrolle über das Internet ausgeweitet werden soll. Da die meisten nicht wissen, was das Darknet ist, eignet es sich dafür besonders gut. Und deshalb wird derzeit alles getan, um das Darknet als Ort von Kriminalität, Rassismus, Schwarzhandel und allerlei unaussprechlichen Dingen aufzubauen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Und weil der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind, deshalb wird die journalistische Meute, auf die man sich als Politiker immer dann, wenn Phantasie gefragt ist, bestens verlassen kann, losgeschickt, um den Bürgern die Verbindung: Darknet: Ort der Kriminalität, Ort der Kriminellen, Ort der Schwerverbrecher, Darknet: There are Monsters! in die Gehirne zu hämmern:
So z.B. bei der Süddeutschen Zeitung, die die folgende Beschreibung von Darknet gibt:
“Diese Waffe hat sich David S. im Darknet beschafft. Das Darknet ist eine Art geheimes Web, eine Parallelwelt zum Netz aus Facebook, Amazon und den Nachrichtenseiten, das die meisten Internetnutzer kennen. Die Seiten im Darknet lassen sich nur aufrufen, wenn man die richtige Software verwendet und genau weiß, wo man suchen muss. Häufig nutzen Kriminelle das Darknet, etwa, um dort mit Waffen, Drogen oder Kinderpornographie zu handeln.“
Geheimes Web, Kriminelle, Waffen, Drogen, Kinderpornographie, wow! Fehlt noch etwas, um den herkömmlichen Naivbürger, wie man ihn sich bei der Süddeutschen vorstellt, gegen das Darknet in Aufruhr zu versetzen. Das Darknet, es umgibt uns wie schwarze Materie, die Mafia scheint es aufgebaut zu haben, um im Darkent ihren dunklen Geschäften nachgehen zu können.
Bei heute.de wird noch eines drauf gesetzt:
“Ein Darknet ist ein Netzwerk, über das anonym gesurft werden kann. Sowohl der den meisten bekannte Teil des Internets kann mithilfe eines Darknet-Browsers besucht werden, aber auch ein weiterer, absichtlich versteckter Bereich – das Dark Web. Hier finden sich etliche Online-Marktplätze, die ähnlich wie eBay funktionieren: Händler bieten Waren wie Waffen, Drogen oder gefälschte Dokumente an. Der Kunde zahlt mit der virtuellen Währung Bitcoin. Erst wenn der Käufer seine Ware erhalten hat, wird die Zahlung für den Verkäufer freigegeben. Abschließend ist auch hier eine Bewertung des Händlers möglich.”
Kriminelle handeln in Bitcoins und wie bei Paypal gilt „pay after delivery“ im Schattenreich des dunklen Netzes, eines Netzes, in dem gefälschte Dokumente zu finden sind, Waffen und Drogen mit der Deutschen Bundespost verschickt und nach Erhalt bezahlt werden. Die Kindepornographie fehlt bei heute.de, die entsprechende Phantasie ist auf die Süddeutsche Zeitung beschränkt.
Nach dieser Vorbereitung wird Thomas de Maizière vermutlich im Kreise seiner Landeskollegen zu der Erkenntnis kommen, dass man das Internet stärker kontrollieren und vor allem das Darknet aufhellen müsse, denn: Die Monster leben nicht nur in Killerspielen, auch im Darknet leben sie.
Für alle, die es interessiert. Das Internet ist eigentlich ein Protokoll, einer schreibt etwas in einer bestimmten Sprache, macht es anderen zugänglich und diese anderen kommen dann, mit ihren Browsern und den entsprechenden Erwartungen und lesen, was zugänglich gemacht wurde. Entspricht der Text nicht den Erwartungen, kann er nicht gelesen werden und schon sind wir im Darknet. In den Anfängen des Internet, als es noch ARPANET war, gab es bereits einen Teil des Netzes, der nur mit bestimmter Software, bestimmter Konfiguration oder mit bestimmter Autorisierung zugänglich war.
Die Peer-to-Peer-Technologie, bei der zwei Computer miteinander kommunizieren, ohne dass ein Dritter mitlesen kann, ist ein Beispiel für eine Technologie, die Darknet-Technologie ist. Denn das Darknet wird in weiten Teilen von Leuten getragen und genutzt, die Privatheit und die Rechte, nicht vom Geheimdienst seiner eigenen Regierung ausspioniert zu werden, hoch schätzen. Ein Beispiel dafür ist TOR:
“Tor is free software and an open network that helps you defend against traffic analysis, a form of network surveillance that threatens personal freedom and privacy, confidential business activities and relationships, and state security.”
Tor ist genau das, was Regierungen und Geheimdienste nicht mögen, denn Bürgern ist nicht zu trauen, und wo kommen wir denn hin, wenn es Bürger gibt, die ihre Regierung oder ihren Geheimdienst daran hindern wollen, mitzulesen?
Das Darknet ist nicht nur Tor, es ist auch ein Teil des Netzes, in dem Wistleblowing stattfindet, in dem Regimegegner Kontakt zur Außenwelt halten, die Hackerszene ist im Darknet angesiedelt schließlich gibt es auch Kriminalität und andere Unappetitlichkeiten im Darknet, die es im Internet in gleicher Weise gibt. Kinderpornographie ist auch außerhalb des Darknets zu finden, bekanntermaßen auf Rechnern von Bundestagsabgeordneten zum Beispiel.
Der Krieg gegen das Darknet, der vorhersehbar nun erfolgen wird, er ist somit ein gutes Beispiel dafür, wie man sich eines Ereignisses bedient, das mit Emotionalität aufgeladen ist und es ermöglicht, die eigenen Zwecke dadurch zu verfolgen, dass man diese Emotionalität für sich ausnutzt. Dabei geht es nicht darum, die Bürger vor zukünftigen Amokläufern zu schützen, denn das ist schlicht unmöglich. Es geht auch nicht darum, Bürgern mehr Sicherheit zu verschaffen, denn dieselben, die heute von mehr Kontrolle für mehr Sicherheit schwärmen, sind die ersten, die morgen, nach einem neuerlichen Anschlag verkünden, dass es 100% Sicherheit nicht gibt. Es geht darum, die Freiheit von Bürgern einzuschränken und die Häscher des Staates auch in Bereichen einsetzen zu können, von denen sie bislang ausgeschlossen sind. Jedes Mittel scheint derzeit recht zu sein, um bürgerliche Freiheiten zu beseitigen. Selbst Toter wird sich bedient.
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Holt der IM sich jetzt Expertise von den Chinesen?
Internet ist zwar kein Protokoll (das sind vielmehr die Protokolle der “Internet-Protokoll-Familie” wie IP = Internet-Protokoll, TCP = Transmission Control Protocol, SMTP = Simple Mail Transfer Protocol für Mail, HTTP = Hypertext Transfer Protocol, also das Protokoll für das Web), sondern kommt von “Inter-Networking” und bezeichnet schlicht & einfach den Zusammenschluss mehrerer einzelner Netze und ARPAnet war auch nicht der “Vorgänger” des Internets, sondern eben nur eines dieser Teilnetze des frühen Internet und nichtmal das erste, aber der Rest der Beschreibung stimmt und ist sehr treffend beschrieben.
Der Iraner in München, ein nicht weiter spezifizierter Ausländer mit Messer im Zug, der Machetensyrer in Ba-Wü und jetzt der Bombensyrer in Ansbach, könnte ja noch ein heißer Sommer werden. Nebenbei, was wird die Bundesjunta wegen Ansbach verbieten wollen? Oder wenn der Sommer sich so fortsetzt, was wird dann nicht verboten werden, von all den Dingen die nichts mit dem Islam zu tun haben?
Früher “deutscher Herbst” – jetzt “syrischer Sommer” in Deutschland?
• S. Gabriel fordert Verschärfung des Waffenrechts
• de Maiziere fordert bessere Überwachung und Kontrolle des Internets
Eigenen Fehler werden nicht eingestanden und korrigiert sondern projiziert und mit Scheindebatten gefüllt.
Der illegale Waffenhandel über das Internet ist marginal und genau so wenig bekämpfbar wie der analoge illegale Waffenhandel. Mit Gesetzen lässt sich da nichts machen – den Verbrecher stehen außerhalb der Gesetze.
Es trifft – wie immer – die Falschen. Die Legalwaffenbesitzer und die Leute, die das Internet ganz legitim benutzen. Die Ignoranz und Inkompetenz unserer Politiker ist himmelschreiend.
Ist die Büchse der Pandora erst einmal geöffnet, bekommt man das was darin war, nie wieder hinein!
Schußwaffen kann sich der (Kriminelle), der sie unbedingt haben will und bereit ist, den Preis zu bezahlen, immer irgendwo besorgen. Um das zu verhindern, hätte man die Erfindung in den Anfängen verhindern müssen, aber dazu waren diese zur Massenvernichtung geeigneten Waffen für die Mächtigen der Millitärs viel zu interessant.
Das Ganze ist also ein Vorwand – Frankreich wird nach Nizza auch nicht Lastwagen oder zumindest den gewerblichen Autoverleih verbieten!
Es geht darum das “Darknet” so zu vernadern, daß es den Normalbürger abschreckt.Es folgt in etwa dem Muster, das man kennt, wenn z.B. AfD und NPD in einem Absatz genannt werden, ohne das ein Zusammenhang besteht.
Wobei sich natürlich eine ganz entscheidende Frage auftut: Gesetzt den Fall, ich habe mir einige Dinge im “darknet” bestellt, habe aber entweder Mängel / Grantieanspüche bzw. nicht den vollen Lieferumfang bekommen – GEHE ICH DANN GANZ NORMAL ZU STAATSANWALTSCHAFT, bzw. reiche eine Klage nach dem Handelsrecht ein 🙂 ?
Nope. In manchen Shops ist das Geld einfach weg. Manche sind Honeypots – da steht dann unter umständen die Polizei im Wohnzimmer und dekoriert um.
In anderen Shops gibt es ein Escrow-System. Das Geld bleibt bei einem Treuhänder bis der Kunde es freigibt. Kundenschutz und Kundenzufriedenheit ist bei den “seriösen” Shops oberstes Gebot – funktioniert erstaunlich gut.
Eins sollte man noch wissen, vorallem als Darknet- User: Der Entwickler von TOR ist zur NSA übergelaufen. Damit haben die Geheimdienste jedenfalls schon einen Fuß in der Tür.
“Der” Entwickler? Da arbeiten sehr viel mehr Leute dran, als nur einer. Und da die TOR-Software quelloffen ist weiß die NSA da auch schon lange drüber Bescheid.
Funfact: Die NSA (sowie andere Dienste) nutzen und finanzieren das TOR-Projekt, während gleichzeitig andere Abteilungen derselben Dienste es zu knacken versuchen. So homogen, wie man immer glaubt, sind die gar nicht.
Danke für die Infos