Und Rosenbrock zum Allerletzten – hoffentlich …
Der Kommentar, den Dr. habil. Heike Diefenbach zu “Rosenbrock zum Letzten” geschrieben hat, ist mir zu wertvoll, als dass ich ihm nicht einen eigenen Thread einräumen möchte. Es ist so etwas wie der allerletzte Versuch, die wissenschaftliche Kenntnislosigkeit, die die Heinrich Böll Stiftung und all ihre Adepten fest im Griff hat, zu durchbrechen und der Vernunft zum Einzug zu helfen. Der folgende Kommentar von Dr. habil. Heike Diefenbach stellt daher die Fortsetzung der uralten Suche nach Vernunft dar, die schon Bertrand Russell wie folgt beschrieben hat:
“It has been said that man is a rational animal. All my life I have been searching for evidence which could support this.”
Wie UNENDLICH MÜDE einem diese Clownerien der Böll-Stifung machen! Dieses bis in die Absurdität gesteigerte Ausmass an Trotz erinnert mich an einen Zweijährigen, der, wenn er nicht bekommt, was er will, so lange schreit, bis er rot anläuft und an der Folgen der eigenen Hysterie zu ersticken droht.
Um der Böll-Stiftung diesen unschönen (Reputations-)Tod zu ersparen, will auch ich trotz der bleiernen Schwere, die ich angesichts dieser unsäglichen Angelegenheit empfinde, noch einmal eine Entwicklungschance bereitstellen:
Herr Klein hat recht: Die Diskreditierung Andersdenkender durch Worte wie “diffamiert” und ähnliche Kampfbegriffe mag als verzweifelter Versuch derjenigen durchgehen, denen es an Argumenten mangelt und die in ihrer Not zu einer Art Wortmagie (um nicht zu sagen: rituellem Singsang) greifen, von dem sie glauben, sie würde die Argumente der Andersdenkenden irgendwie “bannen”, so wie die Gesänge der Druiden auf dem Schlachtfeld den Kampf gewinnen sollten. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass Leute, die ernst genommen werden möchten, dermassen ins Lächerlich-Kultische abdriften. Also, lassen Sie uns das korrigieren und noch einmal versuchen, in die Normalität zurückzukehren!
Die Normalität beinhaltet die Möglichkeit der Kritik. Kritik ist berechtigt, wenn sie mit den Tatsachen übereinstimmt. So ist die Kritik, die auf diesem blog geäussert wurde, dass der Text von Herrn R. in keiner Weise ein wissenschaftlicher Text ist, schon deshalb berechtigt, weil der Text von Herrn R. eben insofern keinerlei wissenschaftlichen Standards genügt: Er hat eine intuitive, von keinerlei methodischen Überlegungen im Vorfeld geleitete Vorgehensweise bei der Auswahl seines Datenmaterials und seiner Interpretation desselben gewählt. Das kann jede/r. Das ist nicht Wissenschaft. Und in aller Klarheit muss festgehalten werden, dass es hierüber nichts zu diskutieren oder zu verhandeln gibt. KEINE mir bekannte wissenschaftliche Schule verzichtet auf eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit von Vorgehensweisen oder Interpretationen. Natürlich kann man auf diesen Anspruch verzichten, aber dann spricht man in Zungen, stellt sich jedenfalls außerhalb jeder Wissenschaft.
Dieser blog stellt – anders als Seiten der Böll-Stiftung – die Möglichkeit zum Kommentar bereit. Also hätte es denjenigen, die die Wissenschaftlichkeit von Herrn R.s Text behaupten, ein Leichtes sein müssen, ihre Argumente hier vorzustellen und mit den Kritikern in einen Austausch zu treten. Die Frage ist: Warum taten sie dies nicht?
Die einfache Antwort muss lauten: Sie wissen, dass sie es nicht können, und zwar deshalb, weil die geäußerte Kritik für jeden, der den Text von Herrn R. vor sich hat, nachprüfbar ist und sich bei dieser Prüfung unweigerlich zeigen muss, dass die Kritik berechtigt ist: Sie stimmt mit den Tatsachen überein.
Wir Kritiker geben den Verteidigern des Textes von Herrn R. erneut Gelegenheit, ihre Argumente vorzubringen. So sollten Sie u.a. die folgenden Fragen beantworten:
- Was genau war die Forschungsfrage, die im Text von Herrn R. behandelt werden sollte?
(Die Plausibilisierung der Belegung Andersdenkender mit abwertenden Adjektiven ist keine Forschungfrage, und insbesondere kann sie keine Grundlage dafür sein, dass jemand mit einem akademischen Grad ausgestattet wird.)- Wie genau ist Herr R. bei der Stichprobenauswahl und der Auswahl des von ihm betrachteten Datenmaterials vorgegangen? Wie ist die Auswahl begründet?
- Welche Interpretations- oder Analysemethoden hat Herr R. gewählt? Welche Kategorien hat er für seine Interpretation vorher bestimmt? Welche Operationalsierungen zur Messung welcher Größen hat Herr R. im Vorfeld bestimmt? Welcher Ankerbeispiele (um mit Mayring zu sprechen) hat er im Vorfeld für die Zuordnung von Textstellen zu seinen Kategorien verwendet? Warum hat er all dies dem Leser nicht berichtet? Das sind doch wissenschaftliche Mindeststandards?
- Wie und mit welcher Begründung hat Herr R. den Transfer von Zuordnungen von Textstellen zu Kategorien in Bewertungen vorgenommen?
- Wie begründet Herr R., dass er pauschale Beurteilungen über Sachfragen vornimmt, wenn er von diesen Sachfragen gar nichts versteht? Konkret:
- Wie kommt er zu der Einschätzung, Frauen würden keine Gewalt gegen Männer ausüben, oder jedenfalls irgendwie “weniger” Gewalt oder Gewalt, die er anscheinend nicht so schlimm fände, wenn eine Vielzahl von empirischen Studien genau dies falsifiziert?
- Wie begründet er seine Einschätzung, nach der man nicht von Jungen als Bildungsverlierern sprechen könne, wenn empirisch belegt ist, dass Jungen im Aggregat sowohl im Vergleich mit sich selbst im Zeitverlauf (also von Jungen mit Jungen über die Zeit hinweg betrachtet) als auch im Vergleich mit Mädchen hinsichtlich verschiedener Indikatoren für Bildungserfolg schlechter abschneiden (als früher)? Dies ist Faktum, das sich aufgrund von Verteilungen ergibt, die die amtliche Bildungsstatistik ausweist. Verteilungsstatistiken sind keine Allaussagen, und deshalb ist z.B. die Ausweisung von Mittelwerten, von Spannweiten usw. nicht deshalb “falsch”, weil es Jungen gibt, die ein Abitur machen. Vielmehr sind diese 20 Prozent in diesen Verteilungsmaßen bereits enthalten – gerade das macht diese Befunde aussagekräftig!
- Wie rechtfertigt Herr R., dass er sich Urteile über solche Fragen wie unter Punkt 5 genannt erlaubt, wenn er offensichtlich über keinerlei Grundausbildung in quantitativer Statistik verfügt?
- Wie rechtfertigt Herr R. dass er sich Urteile über die Argumente derer, die er als Angehörige einer Männerbewegung einordnet (warum eigentlich?), erlaubt, wenn er deren Aussagen keinerlei methodischer Inhaltsanalyse unterzieht?
Ich denke, dass sind die wichtigsten, aber sicherlich nicht die einzigen Fragen, die überzeugend beantwortet werden müssten, damit Herrn R.s Text den Anspruch erheben kann, ein wissenschaftlicher Text zu sein. Leider sind all diese Fragen unbeantwortet geblieben.
“Diffamiere” ich hier jetzt einen Text, weil ich diejenigen Fragen an ihn stelle, die man normalerweise an einen Text stellt, der ein wissenschaftlicher Text sein soll? Wer dies bejaht, muss als Faschist bezeichnet werden, und zwar aufgrund meiner Definition von jemandem als Faschist, der kritische Nachfragen durch Belegung mit negativen Wertungen unterbinden will.
Last, but not least: Ich fühle seit mehreren Tagen das tiefe Bedürfnis, mich bei allen meinen ehemaligen Studierenden und Absolventen dafür zu entschuldigen, dass ich jemals irgendwelche Maßstäbe und Erwartungen an ihre wissenschaftlichen Arbeiten angelegt und sie entsprechend bewertet habe. Wie ich sehe, habe ich sie ungerecht behandelt, denn akademische Titel werden offensichtlich auch für Textsorten vergeben, die nicht den rudimentären Ansprüchen an wissenschaftliche Texte genügen, sondern bei denen es sich lediglich um ideologische Abhandlungen handelt. Ich kann nur hoffen, dass Sie die Maßstäbe, die ich an sie angelegt habe und denen sie gerecht werden mussten bzw. gerecht geworden sind, ihnen den Erfolg und die Anerkennung eingebracht haben, die sie verdient haben. Leider bin ich mir ziemlich sicher, dass dies zumindest bei der Böll-Stiftung nicht der Fall sein wird. Jedenfalls bleibt festzuhalten: Gemessen an den Maßstäben, die Herrn R.s Text setzt, sind alle meine Absolventen Nobelpreisanwärter!
Bildnachweis:
rationally speaking
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Die politische “Prostitution die Löhrstühle” etabliert sich offensichtlich und hat eine bedauerliche deutsche Tradition, in der sich der Zeitgeist per Politik spiegelt.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass an der These der Vererbung von “inneren Qualitäten” mehr stimmt, als allgemein akzeptiert. Denn die Kopie ähnlichen Vorgänge so mancher Nachfahren ihrer Vorfahren, passen peinlich ähnlich in schlimmste Phasen deutscher Geschichte.
Öhm- wie meinen? Nazikeule?
Herr Meier,
solche Tendenzen gibt es in JEDER menschlichen Gesellschaft.
Lustigerweise belegt der obige Autor das die Grünen, Linken und sonstigen Leute alle Faschisten sind. Stalin auch.
Templarii
Und da wundern sich Manche, warum die Reputation sozialwissenschaftlicher Lehrstühle – insbesondere Politikwissenschaft und Soziologie – im Keller ist. Man muss sich doch überhaupt nicht wundern. Viele “Wissenschaftler” haben die Reputation der Lehrstühle gefesselt, in den Keller geschleppt, ein Loch gegraben, die Reputation hineingeworfen und das Loch wieder zugeschüttet.
Lieber Herr Klein, wussten Sie, dass Didem Ozan selbst einen Doktortitel trägt?
http://didem-ozan.de/ Hmmmm… ich vermute, sie tut es gern. 🙂
Lieber Herr Oelemann,
wenn der Titel vorhanden ist, dann ist es zumindest einer, auf den man bei der HB-Stiftung keinen Wert legt…
Dafür mehr auf gezwungene Fröhlichkeit:
“Didem Ozan hat ihr journalistisches Ballgefühl bei der taz münster und dem Sender Freies Berlin entdeckt und arbeitet seit über zehn Jahren als freie Autorin für regionale Medien in Münster und Umgebung. Die promovierte Sprach- und Kulturwissenschaftlerin geht für die Chancengleichheit der Geschlechter gerne in die Offensive und in der Halbzeit auch mal selbst auf den Bolzplatz.”
Ich habe Renbrockens Arbeit gelesen und bin zutiefst schockiert, darüber wie unverblümt er darin bestimmte Personen der Männerechtsbewegung verhetzt und verunglimpft.
Ich hoffe, dass betroffene Personen, in Erwägung ziehen rechtliche Schritte gegen Rosenbrock einzuleiten. Alles muss man sich nicht gefallen lassen.
Auch versucht er Migranten gegen Männer aus zuspielen, indem er die Bildungsbenachteiligung von Jungen unter Berufung auf den Migrationshintergrund und “Schichtzugehörigkeit” abzuleugnen versucht, ungeachtet dessen, dass die “edecuation gap” zwischen Mädchen und Jungen mit Migrationshintergrund sogar (noch) größer ist als zwischen Jungen und Mädchen ohne Migrationshintergrund.
Wichtig ist, dass die Sozialwissenschaften und die Soziologie primär Geisteswissenschaften und keine Naturwissenschaften sind, und deshalb auch von Natur aus Ideologie-anfällig sind.
Die Soziologie hat deshalb nicht zuletzt deshalb den Ruf einer Pseudowissenschaft, der ihr in diesem Falle auch gerecht wird.
@mehmet
Sie sind m.E. zurecht schockiert – menschlich ebenso wie hinsichtlich dessen, was den “wissenschaftlichen” Aspekt des Textes von Herrn R. betrifft.
Und wie in so vielen anderen Hinsichten ist Herr R. auch hinsichtlich der Bildungsnachteile von Kindern aus Migrantenfamilien nicht auf dem Laufenden darüber, was die empirische Forschung ergeben hat: Längst ist empirisch belegt, dass Kinder aus Migrantenfamilien durchaus durch das Bildungssystem diskriminiert werden und ihre Nachteile nicht nur durch ihre eigenen Merkmale oder die ihres familiären Hintergrunds verursacht sind (Einschub für Herrn R., falls er dies liest: das bedeutet NICHT, dass ALLE, also JEDES EINZELNE Kind aus einer Migrantenfamilie benachteiligt wird). Ich darf, glaube ich, diesbezüglich auf mein nunmehr in der dritten Auflage erschienenes Buch über “Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien im deutschen Bildungssystem….” verweisen und darin auf das Kapitel mit dem Titel “institutionelle Diskriminierung” sowie auf die Kapitel zu anderen möglichen Erklärungen für die Bildungsnachteile der Kinder aus Migrantenfamilien, denen man entnehmen kann, dass die empirischen Befunde für Erklärungen durch die Merkmale der Kinder oder ihrer Familien doch ziemlich unbefriedigend sind. Das Buch ist erstmals im Jahr 2007 erschienen, so dass Herr R. hinreichend Zeit gehabt hätte, es zu lesen (wenn er sich schon nicht mit den einzelnen Studien zu diesem Thema beschäftigen möchte), sofern er daran interessiert gewesen wäre, seine Einschätzungen auf einer rationalen und keiner ideologischen Grundlage zu formulieren.
Aber so ist das eben mit gewissen Kreisen der sogenannten “Linken”: Sie sind nationalistisch und staatshörig (und u.a. deshalb anscheinend autoritäre Persönlichkeiten). Das System ist für sie daher über jeden Zweifel erhaben. Mißstände gibt es für sie nur, weil die Menschen so imperfekt, ja, fehlerhaft sind und obwohl das System doch sein Bestes tut, die Menschen an es selbst und seine eigenen Erfordernisse und inhärenten “Logiken” anzupassen. Wer das nicht kann oder nicht möchte, ist eben irgendwie “falsch” und daher an seiner Situation selbst schuld. Immerhin kann das System noch von ihm profitieren, wenn es diese “falschen” Menschen in seiner unendlichen Güte und Milde möglichst vielen “Förder”maßnahmen unterzieht – schaffen diese doch jede Menge Stellen für Mittelschichtsangehörige mit akademischen Ansprüchen, was das System weiter stabilisiert statt es in Frage zu stellen.
Kein Wunder, dass sich Teile der traditionellen Linken angesichts solch autoritärer und totalitärer Ansichten von diesen “Linken” differenzieren oder sie gleich ganz offen (und m.E. zutreffend) als der Neuen Rechten zugehörig identifzieren, ganz so wie sich zunehmend viele Leute bemühen, den Unterschied zwischen dem klassischen Feminismus als humanitär begründeter Emanzipationsbewegung und dem Hau-Ruck-Staatsfeminismus als Sozialklempnerei zum eigenen Vorteil klar zu machen.
Ersterer, also der Feminismus als humanitär begründete Emanzipationsbewegung hätte sicherlich einiges Verständnis für die Anliegen der so genannten Männerbewegung, denn diese Anliegen waren ja zumindest zum Teil durchaus auch ihre eigenen, wie z.B. Susan Faludi, eine “altgediente” Feministin, in ihrem sehr lesenswerten Buch “Stiffed. The Betrayal of Modern Man” deutlich macht, was ihr allerdings in den oben genannten totalitären Kreisen den Vorwurf eingebracht hat, sich ganz und gar vom “rechten” Feminismus abgewandt zu haben. Und das erspart einem dann natürlich die Auseinandersetzung mit ihren Argumenten – so einfach ist das in der “brave new world” der Staatsfeministen.
Vielen Dank für Ihre Texte und ihre Methodenkritik an Rosenbrock’s Arbeit. Ich habe sie erst vor ein paar Tagen gefunden und war nicht nur über den Inhalt entsetzt, sondern auch darüber wie sehr sich die Grünen als Partei die auch von Männern gewählt werden möchte hinter Rosenbrocks antimaskulistische und gendergläubige Positionen stellen.
Deshalb aus aktuellem Anlass (Wahlkampf) noch eine Erwähnung und ein Pingback: http://flederhund.tumblr.com/post/59662611334/die-mannerpolitik-der-grunen