Kanzerlamtschef will Gunst der COVID-Stunde nutzen: Mehr Bürokratie, mehr Hass

Kanzleramtschef Helge Braun in seiner Darstellung beim ZDF:

  • Die Pandemie sei ein Nährboden für Rechtsextremismus.
  • Deutschland müsse wegen Corona-Betrugsfällen bürokratischer werden.
  • Er sei empört über die Betrugsfälle bei Corona-Hilfen.

Ist das nun Opportunismus oder Armseligkeit?

Die Transaktionskostentheorie von Oliver Williamson, sie ist nun auch schon ein paar Jahrzehnte alt. Man kann sie kennen. Man muss sie kennen, wenn man über öffentliche Mittel verfügen kann. Die Transaktionskostentheorie ist eine gut bestätigte Theorie, die wie alle drei Teilbereiche der Neuen Institutionenökonomie auf einem ebenfalls gut bewährten Menschenbild aufbaut, dessen wesentlicher Bestandteil in der Aussage besteht, dass Menschen danach streben, ihren Nutzen zu maximieren. Alle. Ausnahmslos, sofern es sich bei ihnen um rationale Akteure handelt, sofern sie also keine geistigen Defekte haben. Wer etwas anderes behauptet, behauptet, er sei jemand, der nicht danach strebe, den einenen Nutzen zu maximieren, der behauptet das entweder, weil er denkt, mit dieser Behauptung seinen eigenen Nutzen maximieren zu können oder weil er nicht ganz dicht ist. Andere Möglichkeiten gibt es nicht. Die Maximierung des eigenen Nutzens hat viele Formen, vom Streben nach Geld über das Streben nach Status bis zum psychologischen Nutzen.

Eine zweite sehr plausible Annahme, auf der die Neue Institutionentheorie basiert, lautet: Niemand, der eine Entscheidung trifft, hat vollständige Informationen. Alle Entscheidungen werden unter mehr oder weniger Unsicherheit getroffen. Das wird besonders dann relevant, wenn man mit anderen in Austauschbeziehungen tritt, Verträge mit ihnen schließt, denn diese Verträge sind notwendiger Weise unvollständig. Es gibt Dinge, die nicht vorhersehbar sind, deshalb fehlen sie in den Verträgen. Es gibt privates Wissen, das Vertragsparteien vorenthalten wollen. Und es gibt privates Wissen um das, was in Verträgen fehlt, das eine Vertragspartei nutzen kann, um die andere Vertragspartei über den Tisch zu ziehen, in Form von moral hazard.

Moral Hazard beschreibt die Ausnutzung von Informationsasymmetrien (eine Vertragspartei weiß etwas Vertragsrelevantes, enthält es dem Vertragspartner aber vor) durch eine Vertragspartei zum Schaden der anderen Vertragspartei. In diesen Fällen spricht Williamson von opportunistischem Verhalten, und er beschreibt es als “…self-interest seeking with guile. This includes but is scarcely limited to more blatant forms, such as lying, stealing, and cheating”, als Selbstinteresse, das mit Arglist verfolgt wird. Das umfasst, ist aber selten darauf reduziert, eher krasse Formen wie Lügen, Stehlen und Betrügen.

Opportunistisches Verhalten, das weiß man eigentlich aus Lebenserfahrung, wird immer da zu finden sein, wo Akteure denken, mit Betrug, Lügen, Stehlen, Selbstbereicherung davonkommen zu können. Basiert die Auszahlung von Corona-Hilfen z.B. auf Angaben, die leicht manipulierbar sind, dann ist vorhersehbar, dass es zu Betrügerein in mehr oder weniger großem Stil kommen wird. Dass ein Kanzleramts-Chef dann, nachdem eingetreten ist, was vorhersehbar war, so tut, als sei er gerade vom Baum gefallen, als sei er so rein in seiner Seele (oder so naiv), dass ihm noch nie ein Gedanke an Betrug und Korruption gekommen sei, dann ist das nachgerade lächerlich bzw. nachgerade gefährlich. Es ist lächerlich, weil man davon ausgehen kann, dass bei Festsetzung der Modalitäten der Corona-Hilfen bekannt war, dass deren Ausgestaltung eine bestimmte Anzahl von Betrügen hervorbringen wird. War dies nicht klar, dann muss man diejenigen, die über öffentliche Gelder verfügen, ihrer Ämter entheben, denn sie haben offensichtlich nicht einmal die grundlegendsten dazu notwendigen Kenntnisse.

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Möglicherweise sind die Akteure im Kanzleramt auch mehr vom Ausmaß des Betrugs als vom Betrug als solchem überrascht (bzw. darüber empört). In diesem Fall müsste man dann auf die Heuchelei aufmerksam machen, die darin besteht, dass Polit-Darsteller offenkundig denken, nur sie seien zu opportunistischem Verhalten in großem Stil fähig: Parteien schaufeln seit Jahrzehnten Milliarden in die eigenen Taschen und die Taschen ihrer parteieigenen Vereine, die sie aus Gründen der Tarnung, “politische Stiftungen” nennen. Ministerien unterhalten Selbstbedienungsprogramme wie “Demokratie leben”, um politische Vasallen auf Kosten von Steuerzahlern durchzufüttern, politische Vasallen, die jederzeit aktivierbar sind, um z.B. eine Erzählung darüber zu verbreiten, wie sehr doch der “Rechtsextremismus”, die Mitte unterwandert habe [wodurch er per definitionem zwangsläufig zur Normalität wird und nicht mehr “Extremismus” ist], Erzählungen darüber, wie wichtig es sei, Mittelschichtsfrauen, die nicht in der Lage sind, aufgrund ihrer Qualifikationen einen Job zu finden, in Aufsichtsräte von Unternehmen zu stopfen und dies als “Gleichberechtigung” auszugeben, Erzählungen darüber, dass es in Fragen von Corona und Klimawandel einen “Konsens” gebe, der von einer Reihe regierungsdienlicher Wissenschaftsmimen inszeniert wird.

Und damit sind wir zurück bei Helge Braun, der die “Pandemie zum Nährboden für Rechtsextreme” erklärt und auch den Verweis auf “Verschwörer” nicht vergisst. Nun ist Rechtsextremismus ein Begriff, den Politikwissenschaftler geprägt haben, um eine extreme Variante von Ideologie zu bezeichnen, was notwendig voraussetzt, dass diejenigen, die sie sich zu eigen gemacht haben, nicht häufig sind, denn sind sie häufig, sind sie z.B. in der “Mitte der Gesellschaft” zu finden, dann ist nichts mehr extrem, an ihrer Ideologie, denn sie ist zur Mehrheitsideologie geworden. Wissenschaftsmimen, die beklagen, dass “rechtsextreme Einstellungen” in der Mitte der Gesellschaft angekommen seien, also von einer Mehrheit geteilt würden, entziehen sich somit selbst den Boden ihrer Erregtheit über Extremismus, oder sie sind ein Beispiel für extreme Blödheit.

Nun hat das, was Braun mit “Rechtsextremismus” bezeichnet, nichts mit dem Begriff zu tun, den Politikwissenschaftler einst eingeführt haben, um ein politisches Phänomen zu beschreiben, das auf Versatzstücken einer Lehre aufbaut, die menschliche Gesellschaften als lebende Meta-Organismen ansieht, in denen Individuen einen vorbestimmten Platz haben, sofern sie einen haben. Für Braun ist “Rechtsextremismus” einfach ein Begriff, der synoym zu “schlecht”, “verwerflich”, “abzulehnen” usw. ist, den er verwendet, um Positionen, mit denen er sich argumentativ nicht auseinandersetzen kann, als ungegehbares Terrain zu markieren, um daran zu erinnern, dass die Kritik und die Ideen, die als “rechtsextremistisch” etikettiert sind, außerhalb des Kanons dessen liegen, was das Politbüro im Zentralkomitee als akzeptabel ansieht, dass es Ideen und Kritik sind, die von “Systemfeinden”, wie es in der DDR hieß, geäußert werden. Warum sonst sollte man eine Bewegung wie die Querdenker, die sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Personen zusammensetzen, als rechtsextrem labeln wollen, wenn nicht, um Kritik zu diskreditieren, in der Hoffnung, man könne die Kritik damit erledigen.

Rechtsextremismus ist eine der mit der größten Verzweiflung betriebenen Inszenierungen der heutigen Gesellschaft. Mit der Rechtsextremismus-Erzählung verdienen sich Rechtsextremismus-Unternehmer wie die Amadeu-Antonio-Stiftung ein Auskommen. Ohne diese Erzählung gäbe es keine öffentliche Förderung. Öffentliche Förderung gibt es, damit eine Erzählung, die der Politik dienlich ist, aufrecht erhalten und genutzt werden kann, um jede Form von Kritik an Regierungshandeln in einer Kakophonie bezahlter Claqueure zu ersticken. Folglich erweitert sich der Inhalt von Rechtsextremimus stetig. Der Begriff wird zum leeren Eimer, der jedem, der die Regierung oder linksextreme Projekte wie den staatliche finanzierten Genderismus kritisiert, übergestülpt werden soll. Ein solches Handeln ist natürlich ein opportunistisches Verhalten, wie es Oliver Williamson beschrieben hat. Ein staatlicher Akteur wie Helge Braun nutzt das Informationsdefizit, das in Teilen der Bevölkerung im Hinblick auf die Häufigkeit und Bedeutung von Rechtsextremismus vorhanden ist (ganz einfach, weil sich die meisten Bürger nicht für diesen Unfug interessieren), um seine Erzählung zu verbreiten, dass der Rechtsextremismus ein ganz furchtbares Problem sei, das durch die Pandemie neuen “Nährboden” erhalten habe. Durch die Vagheit seiner Aussagen trägt Braun nicht nur dazu bei, Hass zu säen, er macht sich auch den “Nährboden” zunutze, den die unsäglichen Mitte-Studien, jener Ausverkauf lauterer Wissenschaft für 30 Silberlinge von der Heinrich-Böll oder der Friedrich-Ebert-Nicht-Stiftung bereitet haben, um jede Form von legitimer Kritik an der Politik der Bundesregierung unter den Generalverdacht des Rechtsextremismus zu stellen, in der Hoffnung, sie damit diskreditieren zu können.

Das ist ein Paradebeispiel für “self-interest seeking with guile”, wie es Williamson beschrieben hat. Und natürlich sind nur Akteure dazu bereit, ihr Eigeninteresse auch unter absichtlicher Schädigung Dritter zu verfolgen, die denken, sie seien jeder Form von Konsequenz enthoben, befänden sich in einer unangreifbaren Position. Auch diese Art von Irrtum ist unter denen, die Theorien wie die Transaktionskostentheorie nicht kennen (wollen), weit verbreitet. Offenkundig ist die Feststellung, dass Interaktionen in einem Rahmen stattfinden und dass dann, wenn man den Rahmen der Interaktionen beschädigt, z.B. weil man Hass in einer Gesellschaft säen will und dadurch unvoreingenommene Kooperation, die Grundlage jeder Gesellschaft zerstört, notwendig auch die Bereitschaft zur Interaktion beschädigt wird, im Falle von Regierungen ist es das Vertrauen, das als erstes geht. Ist Vertrauen in Regierungen erschüttert, sinkt die Legitimation von Regierungshandel und damit die Legitimation von Gesetzen, die diese Regierung erlässt. Mit sinkender Legitimation und einem Vertrauensverlust geht eine Zunahme opportunistischen Verhaltens einher, denn einer Regierung, der man nicht traut, muss man zuvorkommen, der muss man die Gelegenheiten beschneiden, sich auf Kosten der Steuerzahler zu bereichern. Eine Vielzahl von Prozessen mit unterschiedlichen Ausgangspunkten wird am Ende dazu führen, dass Leute wie Helge Braun einen Scherbenhaufen hinterlassen. 

Wie wenig Braun von solchen Prozessen gesellschaftlichen Niedergangs weiß, das zeigt sein Versuch, die Gunst der Corona-Betrugs-Fälle zu nutzen, der Betrugs-Fälle die ein eindeutiges Ergebnis politischer Unfähigkeit sind oder die in Kauf genommen wurden, wofür nun niemand der Amstquallen verantwortlich sein will. Seine Lösung: Mehr Bürokratie, mehr Personal in Ämtern, mehr Kontrolle… Es wirkt, als habe sich ein kurzsichtiger Bogenschütze, dem es nicht gelingt, die Zielscheibe zu treffen, davon überzeugt, dass die Lösung für sein Problem mehr Pfeile sein müssten.

Transaktionen erfolgen in Williamsons Theorie über Schnittstellen hinweg. Schnittstellen beschreiben z.B. die Stellen, an denen eine Transaktions-Leistung von einem Akteur an einen anderen übergeben wird. Jede Schnittstelle innerhalb von Handlungsketten, die Gegenstand eines Vertrages sind, bietet eine Möglichkeit für opportunistisches Verhalten. Deshalb wird ein rationaler, ein vernünftiger Akteur versuchen, die Anzahl der Schnittstellen, die für seine Transaktion notwendig sind, auf das notwendige Minimum zu beschränken, denn mit zunehmender Anzahl von Schnittstellen steigt die Gefahr von opportunistischem Verhalten, von Betrug. Helge Braun will die Anzahl der Schnittstellen nicht etwa reduzieren, er will sie erhöhen, will noch mehr Bürokratie, noch mehr Bürokraten, noch mehr Hände ins Spiel einführen. Er will die Wahrscheinlichkeit von opportunistischem Verhalten somit erhöhen, nicht reduzieren, er verhält sich somit opportunistisch. 

Warum er das will, ist eine jener eine Million Super-Challenge-Fragen: Entweder opportunistisches Verhalten ist ihm so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass er gar nicht anders kann oder die beschriebenen Zusammenhänge sind ihm vollkommen unbekannt. In beiden Fällen ist er vollkommen ungeeignet, ein Amt mit Verantwortung auszufüllen.


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