Von der Nase ins Gehirn: SARS-CoV-2 als Hirnschädiger

Eine Reihe von Studien, die in den letzten Wochen veröffentlicht wurden, haben Indizien dafür geliefert, dass SARS-CoV-2 sich nicht damit begnügt, im Rachen eine Virenfabrik zu errichten, das Endothel, Lunge, Leber und Herz zu befallen, sondern seinen Weg auch ins Gehirn findet. Vor wenigen Tagen haben wir über eine Studie von Münchner Pathologen berichtet, die bei sechs Menschen, die an COVID-19 verstorben waren, erhebliche Schädigungen des Gehirns festgestellt haben:

“In summary, in addition to viral pneumonia, a pronounced CNS involvement with pan-encephalitis, meningitis, and brainstem neuronal cell damage were key events in all our cases. In patients younger than 65 years, CNS haemorrhage was a fatal complication of COVID-19.”

Die Ergebnisse können hier in Gänze nachgelesen werden.



Schon in einer früheren Studie aus China (Mao et al. 2020), die auf der Untersuchung von 214 hospitalisierten Patienten, von denen 88 ernsthaft an COVID-19 erkrankt waren, beruht, wurden neurologische Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit COVID-19 berichtet. So wurde bei 78 Patienten eine Beeinträchtigung des Zentralen Nervensystems festgestellt: Schwindel, Kopfschmerzen und Bewusstseinsstörungen waren am häufigsten vertreten. Hirngefässerkrankungen kamen in 6 Fällen vor. Relativ verbreitet scheinen auch Beeinträchtigungen des peripheren Nervensystems zu sein, ein Verlust des Geschmacks- und des Geruchssinns wird relativ häufig berichtet (n = 23). Auch Muskel-Skelett-Verletzungen waren unter den Patienten häufig zu finden (n = 23).

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie von Mao et al. (2020) können hier nachgelesen werden.

Die Indizien dafür, dass SARS-CoV-2 sich auch im Gehirn einfinden und dessen Funktion beeinträchtigen bzw. erheblich schädigen kann, verdichten sich somit.

In einem neuen Beitrag, der am 29. Mai im Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht wurde, berichten nun Letterio S. Politi, Ettore Salsano und Marco Grimaldi von einer Untersuchung in Echtzeit, die sie an einem 25jährigen Radiologen durchführen konnten. Der Radiologe an einem italienischen Krankenhaus wurde positiv auf SARS-CoV-2 getestet, ist aber nie über das Stadium von Husten als Symptom einer COVID-19-Erkrankung hinausgekommen. Er hat jedoch von Beginn an von einem Verlust des Geschmacks- und des Geruchsinns berichtet. Eine Magnetresonanztomographie des Gehirns hat Auffälligkeiten (MRT-Untersuchungen erbringen Auffälligkeiten, in der Regel weiße Flecken, die mehr oder weniger ausgeprägt sind) im Bereich des Gyrus Rectus und des Riechkolbens erbracht:

28 Tage später, in einer Folgeuntersuchung, waren die Auffälligkeiten, die oben zu sehen sind, verschwunden, SARS-CoV-2 nicht mehr nachweisbar und der Geruchssinn wieder hergestellt.

Die Auffälligkeiten, die auf dem MRT-Röntgenbild im Bereich des Riechkolbens zu sehen sind, haben die Autoren dazu veranlasst, über den Weg, auf dem SARS-CoV-2 ins Gehirn gelangt, zu spekulieren. Der Riecholben findet sich in der vorderen Basis des Gehirns. Er ist der Ort, an dem die Riechnerven enden, die an der Reichschleimhaut der Nase ihren Ausgangspunkt nehmen. Dass SARS-CoV-2 über Schleimhäute Zugang zum menschlichen Organismus findet, ist seit langem bekannt. Die Auffälligkeit am Riechkolben veranlasst Politi, Salsano und Grimaldi nun dazu, über den möglichen Weg von der Nase ins Gehirn, den SARS-CoV-2 nehmen kann, zu spekulieren:

“Based on the MRI findings, including the slight olfactory bulb changes, we can speculate that SARS-CoV-2 might invade the brain through the olfactory pathway and cause an olfactory dysfunction of sensorineural origin; cerebrospinal fluid and pathological studies are required to confirm this hypothesis”.

Über eine Studie von Pathologen, die zeigt, dass SARS-CoV-2 zu einer großflächigen Entzündung von Gehirn und Hirnhaut führt, haben wir auf ScienceFiles bereits berichtet. Den Autoren der vorliegenden Studie ist diese Studie offenkundig nicht bekannt. Die Frage, ob es im Bereich des Riechkolbens Besonderheiten gegeben hat, die die Hypothese von Politi, Salsano und Grimaldo bestätigen kann, wäre im Rahmen der Autopsien, die das Münchner Team durchgeführt hat, sicher zu beantworten gewesen, vielleicht ist sie sogar nachträglich beantwortbar. Sofern beide Autorengruppen bei uns mitlesen, wissen sie nun voneinander.


Politi, Letterio S., Salsano, Ettore & Grimaldi, Marco (2020). Magnetic Resonance Imaging Alteration of the Brain in a Patient With Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) and Anosmia. JAMA Neurology.



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